(Regensburg) Bischof Rudolf Voderholzer von Regensburg ist der Meinung, daß man im Sprachgebrauch der Kirche die Bezeichnung Laien durch „Weltchrist“ ersetzen sollte, was soviel bedeuten sollte wie Christ in der Welt und Christ der Welt. Darin würde die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils von Rolle und Auftrag der Laien besser zum Ausdruck kommen.
Bischof Voderholzer, neues Mitglied der Glaubenskongregation in Rom, hält die Bezeichnung „Laien“ für getaufte, aber nicht geweihte Katholiken, wahrscheinlich mit Blick auf das allgemeine Priestertum, für diskriminierend. Die Aussage machte der Bischof am 31. Mai auf dem Katholikentag, der in seiner Diözese abgehalten wurde. Die Anregung erfolgte in Rahmen einer Diskussion über die Rolle der Laien in der Kirche. Veranstalter des Katholikentages ist das Zentralkomitee deutscher Katholiken (ZdK).
Der alle zwei Jahre stattfindende Katholikentag dient als Plattform für alle Katholiken Deutschlands, oder zumindest fast alle. Die Einschränkung ist notwendig, denn beherrscht wird die Großveranstaltung von progressiven bis radikalprogressiven Gruppen. Wer ein wirklich katholisches, glaubenstreues Angebot sucht, wird auf dem Katholikentag nicht auf Anhieb fündig. Ernsthaft gläubige Katholiken weichen deshalb schon seit einigen Jahren auf neue Veranstaltungen aus, wie den Kongreß Freude am Glauben des Forums deutscher Katholiken oder den Kongreß Treffpunkt Weltkirche von Kirche in Not. Der Katholikentag steht vor allem für ein sich verwässerndes, an den Rändern sich auflösendes katholisches Milieu, das mehr seine antirömischen Ressentiments pflegt, ständig über „struktuelle“ Reformen spricht, weil inhaltlich ohne Strahlkraft, und zur Kompensation hyperaktiv ist.
„Katholische Lesben“ statt Lebensschützer
Ein Blick ins Programm des Katholikentages „bei dem die Tabus fallen“ bestätigte jede Befürchtung. Während die nicht verhandelbaren Werte, deren Verteidigung Papst Benedikt XVI. mit Nachdruck eingefordert hatte, bestenfalls marginal vertreten waren, fanden „katholische Lesben“, „katholische Schwule“, „Frauen gegen den Zölibat“ und andere per definitionem antikirchliche Gruppen breiten Raum. Das ZdK unterstützt das staatliche Scheinberatungssystem für abtreibungsentschlossene Frauen, das in heuchlerischer Neutralität die staatlich ermöglichte und geförderte Tötungsmaschinerie akzeptiert. Bischof Voderholzer hatte anfänglich eine Teilnahme des gegen den Willen Roms gegründeten Vereins Donum vitae ausgeschlossen, war dann jedoch schnell vor dem ZdK eingeknickt. In einer gemeinsamen Erklärung von Bischof und ZdK hieß es dann: „Bei Aufrechterhaltung unterschiedlicher grundsätzlicher Standpunkte“ empfahlen beide Seiten, Donum vitae zum Katholikentag zuzulassen. Die von Kardinal Raymond Burke geforderte Position der Katholiken als „kompromißlose“ Lebensschützer mußte man auf dem Katholikentag suchen. Beim Zeitgeist anecken will das ZdK nicht, da setzt es lieber einen Lebensrechtler vor die Tür. Treffender würde ZdK daher mit „Zahnlose deutsche Katholiken“ übersetzt, oder noch zutreffender mit „Zeitgeistige deutsche Katholiken“.
Vor einigen Jahren veröffentlichte das ZdK eine Erklärung über die Juden, in der es heißt, daß Juden weder Christus noch die Kirche bedürfen, da sie bereits Angehörige des Alten Bundes seien, der nie aufgehoben worden sei. Letztlich eine Häresie, vor allem aber ein Betrug an den Juden, die um das Seelenheil gebracht werden.
Der Versuch Applaus zu erheischen
Bleibt die Frage, was Bischof Voderholzer mit seinem Vorschlag jenseits von Aktivismus und Reformeifer genau ausdrücken möchte. Warum sollten die Bezeichnungen „Katholik“ und „Christ“ nicht mehr ausreichen? Da der Anspruch in der Selbstbezeichnung Christ immer universal war und alle Grenzen von Völkern und Staaten überwindet, erscheint die Ergänzung zum „Weltchristen“ ein ebenso sperriger wie überflüssiger Pleonasmus. Oder sollen Priester und Ordensleute dem neuen Typus „Weltchrist“ das Kampffeld Welt überlassen? Will es sagen, daß die geweihten Vertreter der Kirche den Kampf um die nicht verhandelbaren Wert aufgeben und die Letztentscheidung darüber den „weltlichen Christen“ überlassen sollen?
Letztlich scheint der Vorschlag von Bischof Voderholzer ein ziemlich mißglückter Versuch, vom ZdK und anderen unzufriedenen progressiven Laien Applaus zu erheischen. Vielleicht greift der antikirchliche Verein Wir sind Kirche, jüngst durch die Exkommunikation seiner Vorsitzenden Martha Heizer in die Schlagzeilen geraten, den Vorschlag des Regensburger Bischofs auf.
Was bleibt vom Katholikentag in Regensburg außer einem „Bischof zum Anfassen“? Trotz der „neuen Offenheit“ durch den „Franziskus-Effekt“, den das ZdK auffällig wohlwollend „begrüßt“, wälzen die „mündigen Christen“, künftig vielleicht „Weltchristen“ genannt, auch nach mehreren Tagen Katholikentag frustiert dieselben „Probleme der Kirche ungelöst“ weiter. Eine Last, die sie nicht loswerden, wenn sie den Glauben der Kirche nicht gläubig annehmen, sondern meinen, da und dort ihn nach eigenen Wünschen zurechtbiegen zu wollen. Da hätte Bischof Voderholzer ein großes Publikum gehabt, dem er einige grundlegende Dinge des Christseins in Erinnerung rufen hätte können. Nur am Rande und damit laut ZdK-Vorstellungen passend sei erwähnt, daß man auf dem Kirchentagsspektakel mit insgesamt mehr als 1.000 Veranstaltungen eine Heilige Messe im Alten Ritus vergeblich suchte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana