(Madrid) Der spanische Kirchenhistoriker und katholische Blogger Francisco de la Cigoña nahm zur Entlassung des bekannten Historikers Roberto de Mattei durch Radio Maria mit einer Provokation und subtilem Humor gegen Papolatrie Stellung. Als Grund für die Entlassung nannte Programmdirektor Pater Livio Fanzaga eine „kritische Haltung gegenüber dem Pontifikat von Papst Franziskus“. „Wäre ich ein Mitarbeiter von Radio Maria Italien hätte der Programmdirektor meine Sendung genauso eingestellt wegen öffentlicher Meinungsverschiedenheiten mit dem Papst. Weil ich das aber nicht bin, habe ich Glück“, so de la Cigoña.
De la Cigoña hat traditionsverbundene Freunde, bezeichnet sich aber weder als traditionsverbundenen Katholiken noch besucht er den überlieferten Römischen Ritus. Der spanische Blogger, der die Entwicklung der Kirche in Lateinamerika aufmerksam verfolgt, gehörte zu den schärften Kritikern von Jorge Mario Kardinal Bergoglio, als dieser noch Erzbischof von Buenos Aires war. Er warf dem Erzbischof mehrfach vor, gegen Mißstände nicht vorzugehen. Die letzte Kritik im Zusammenhang mit einer Schändung der Kathedralkirche von Buenos Aires verfaßte er noch am Morgen des 13. März. Am Abend trat Kardinal Bergoglio als Papst Franziskus vor die Welt. „Der Papst ist der Papst, was Kardinal Bergoglio gestern war, war gestern. Heute gibt es nur mehr Papst Franziskus“, schrieb er damals.
„Ich weiche von der Meinung des Papstes ab. Werde ich nun auch entlassen?“
Seit der Papstwahl hielt sich der Kirchenhistoriker, der zu den bekanntesten katholischen Bloggern der spanischsprachigen Welt gehört, mit Kritik fast vollständig zurück. „Leser, die mir nicht besonders freundlich gesinnt sind, haben es mir schon fast seit einem Jahr prophezeit. Auch ich würde früher oder später gegen dieses Pontifikat Stellung beziehen. Nun ist dieser Augenblick gekommen.“ Grund für die Kritik sei die Aussage von Papst Franziskus, daß es keine „perfekte Familie“ gebe, keine „perfekten Väter“, „um nicht die Mütter zu nennen“. Das sei keine Weisheit, denn „perfekt ist nur Gott“. Und dennoch gebe es außergewöhnliche Menschen, die zeigen würden, wozu Menschen fähig sind und was ihnen möglich ist. Und diese gelte es als Vorbild aufzuzeigen und nicht Banalitäten zu wiederholen, die ohnehin jeder wisse. Die Kirche müsse hinaufführen und die Wege dazu aufzeigen. „Ich hatte eine wunderbare Mutter“, so de la Cigoña. „Sie war gut, intelligent, liebevoll, freundlich, wunderschön, religiös, von hervorragender Bildung, eine wahre Señora im besten Sinn des Wortes.“ Und so würden sicher andere auch zu berichten haben.
„So, Heiliger Vater, sehe ich mich gezwungen, von Ihrer Meinung merklich abzuweichen, so leid es mir tut. Wäre ich ein Mitarbeiter von Radio Maria Italien würde der Programmdirektor meine Sendung nun genauso wegen öffentlicher Meinungsverschiedenheiten mit dem Papst einstellen. Weil ich das aber nicht bin, habe ich Glück“.
„Wäre ich Ordensmann, würde man mir einen Kommissar schicken“
Auch de Mattei habe wahrscheinlich noch Glück gehabt. In Anspielung auf die Strafmaßnahmen gegen die Franziskaner der Immakulata schrieb de la Cigoña weiter: Wären de Mattei „oder ich ein Ordensmann, dann hätten mir der Präfekt der Ordenskongregation Braz de Aviz und der Sekretär dieser Kongregation José Rodràguez Carballo einen Kommissar geschickt, der als erste Maßnahme mir das Beten des Rosenkranzes verbieten würde. Glücklicherweise unterstehe ich aber nicht ihrer Jurisdiktion und kann daher auch weiterhin tun, was ich immer getan habe. Und wäre ich ein Priester, der die Alte Messe in Santa Maria Maggiore in Rom zelebriert, dann würde mich Kardinal Santos Abril, der so heilig ist wie ein April ohne Blüte, wahrscheinlich aus der Basilika verjagen, deren Erzpriester er ist.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La cigüeña de la torre