(Rom) Das Autorenduo Mario Palmaro und Alessandro Gnocchi antwortet in seinem jüngsten Beitrag auf den Aufsatz „Franziskus will uns nicht einbalsamiert. Lieber G&P, wehe man verstaubt Jesus mit einer ungastlichen Doktrin“, eines Regisseurs aus Bologna, der unter dem Künstlernamen Emmanuel Exitu bekannt ist. Den Angriff nehmen die beiden Autoren zum Anlaß, um auf eine Vielzahl gleichlautender Zuschriften zu antworten, die sie in den vergangenen Monaten, seit ihrer Kritik am Pontifikat von Papst Franziskus von katholischen „Normalisten“ und „Progressiven“ erreichte, einer seltsamen Allianz, die bis vor kurzem – oder sagen wir es präziser – unter dem Pontifikat von Benedikt XVI. noch undenkbar schien.
Palmaros und Gnocchis Kritik konzentriert sich vor allem auf einen Punkt: den Versuch die ewiggültig und präzise Glaubenslehre hinter einer verschwommenen, zweideutigen Pastoral der „Erfahrung“ verschwinden zu lassen. Sie wenden sich gegen einen konstruierten Gegensatz zwischen Theorie und Praxis und fordern deren zwingende Einheit, wie es die Kirche immer gelehrt hat. Die Kirche müsse stets und ohne Abstriche die klare Lehre Jesu Christi verkünden, die als einzige wirklich menschenfreundlich ist, und gleichzeitig den einzelnen Sünder barmherzig in die Arme nehmen, ihn unterweisen und ihm den Weg zur Einhaltung der Gebote weisen kann.
Wo die „Erfahrung“ und die „Praxis“ die Lehre verdrängen, befinde sich das Schiff des Petrus in einer bedrohlichen Schieflage. Bedroht sind dabei vor allem und in erster Linie immer die Seelen, deren Rettung aufs Spiel gesetzt wird. Emmanuel Exitu, der für sich in Anspruch nimmt, Papst Franziskus zu verteidigen und dessen Gedanken und Absichten zu kennen, konstruiert in Anspielung auf päpstliche Worte einen Gegensatz zwischen einer „fröhlichen“ Kirche und einer „einbalsamierten“ Kirche, die in die „stickige“ und „erstickende“ Enge der Kirchen „eingesperrt“ sei. Der Kritik von Exitu, die stark an einen anderen künstlichen Gegensatz von einer angeblichen „Machtkirche“ gegen eine angebliche „Liebeskirche“ erinnert, antworten Gnocchi und Palmaro mit literarischen Hinweisen auf Giovannino Guareschi und Gilbert Chesterton. Diesen könnte sich auch Ernest Hello (1828–1885) hinzugesellen, der sagte: „Der mediokre Mensch beklagt, daß die christliche Religion Dogmen hat. Er würde sich wünschen, daß sie die Moral lehrt und fertig. Und wenn du ihm sagst, daß die Moral der christlichen Kirche als logische Konsequenz ihren Dogmen entspringt, wird er dir antworten, daß du übertreibst“.
Da der mit Pseudonym auftretende Kritiker den Rechtsphilosophen Mario Palmaro und den Journalisten Alessandro Gnocchi als G&P in der dritten Person Einzahl anspricht und nicht als zwei Personen, haben sich die beiden Autoren entschlossen, auch als G&P in der ersten Person Einzahl zu antworten.
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Ohne Glaubenslehre gibt es keine Christen – Erfahrung, Faszination und Attraktion genügen nicht
von Alessandro Gnocchi und Mario Palmaro (in diesem Fall alias G&P)
Wäre da nicht das Funken des Schreibstils, würde sein leidenschaftlicher Blick auf Christus genügen, daß man dem Schurkenritt von Emmanuel Exitu zwischen den geistlichen Armseligkeiten von Gnocchi und Palmaro (G&P) Aufmerksamkeit schenkt. Auch wenn Emmanuel eben diesen leidenschaftlichen Blick einem Nächsten, dem er nie begegnet ist, präventiv und mit großzügigem, ein bißchen inquisitorischem und ein bißchen jakobinischem Eifer abstreitet.
Es stimmt, daß seine zehntausend Schlagwörter Themen, Argumente, Stehsätze, Totem und einstudierte Formeln wiederholen, wie sie vielen anderen Briefen aufgepropft wurden, die in dieser Zeit auf dem Schreibtisch von G&P gelandet sind: alle gleich, alle verzweifelt schon ab den ersten Zeilen auf die Disqualifizierung des Gegenübers fixiert, um dann, Wendung um Wendung, zur Begegnung mit Don Giussani zu gelangen, ohne daß der Adressat je das Prickeln verspürt hätte, ums Eck irgendetwas oder irgendwen Unerwarteten vorzufinden, ohne jeden Schauer, was épater le bigot könnte. Was für eine Langeweile.
Langweilige Kritik und ein Zeichen, das zumindest ein kleinwenig Menschlichkeit zugesteht
Hier aber spürt man die Leidenschaft und man spürt auch einen gewissen intellektuellen Atem, den der Absender verbirgt und nicht verbirgt. Nicht zufällig legt er sich schon mit dem Künstlernamen eine Identität zu, die einem literarischen Werk entliehen ist, mit dem er sich zu einem bloßen Zitat macht, aber es gelingt ihm an mehr als einer Stelle, der erdrückenden Umarmung des Denkens und des Lebens anderer zu entfliehen. Und sobald er sich ihrer befreit, spricht, sagt, schimpft, kratzt und – ohne die Sorge widerlegt zu werden – liebt er. Jenes G&P, abgehandelt in der dritten Person Singular, ist Zeichen eines Interesses, das dem Gegenüber zumindest noch ein kleinwenig Menschlichkeit zugesteht. Ein cadeau verpackt als kleine literarische Erfindung, die G&P nicht gleichgültig lassen, sondern veranlassen, in der ersten Personal Singular zu antworten: damit wir uns besser verstehen zu den Dingen, die wirklich zählen.
Die strahlende Helligkeit der Liturgie „erstickt“ nicht
Angefangen bei Jesus, den ich nicht zitiert hätte, der aber in Wirklichkeit Blut und Seele von jedem Buchstaben und jedem Leerzeichen ist, mit denen meine Seiten geschrieben wurden und die imstande waren, sogar eine auf den ersten Blick so nüchterne und unkonventionelle Kreatur wie Emmanuel Exitu zu schockieren. Es genügt, jene Zeilen noch einmal zu lesen, oder vielleicht sie einfach wirklich zu lesen, um sich bewußt zu werden, daß man nicht bei jedem Schritt von der „Begegnung mit Jesus“ schreiben muß, um den Sohn Gottes in den eigenen Adern und in der eigenen Seele zu spüren, und ihn sich im eigenen Leben zu eigen zu machen. Wenn ich die Worte von Giovannino Guareschi übernehme, um die Träne zu beschreiben, mit der der gekreuzigte Christus das Kind des Peppone heilt, dann „spiele“ ich nicht den Intellektuellen. Ich gebe nur der Scham eine Form, die mich unfähig fühlen läßt, nur mit meinen Worten meinen täglichen Blick auf Jesus am Kreuz zum Ausdruck zu bringen. Und vielleicht habe ich über diese, mit so perfekten Pinselstrichen gemalte Träne geweint, über sie meditiert, über sie nachgedacht: über sie gebetet. Deshalb fühle ich mich nicht „erstickt“, in der strahlenden Helligkeit jenes prächtigen Hauses, das die Heilige Liturgie ist, das schönste Gebäude, an dessen Errichtung der Mensch je mitgewirkt hat, weil es göttlichen Ursprungs ist.
Für ein Geschöpf gibt es keinen bezaubernderen Augenblick als den, in dem er das Haus bereitet, weil der Herr kommt, um noch einmal seinen Tod darzubringen und als Geschenk noch einmal sein Leben gibt. Alles zittert vor Erwartung, weil es nichts Größeres im Universum gibt und noch einmal riecht man das Nardenöl, das auf Jesu Füßen im Haus von Simon dem Aussätzigen am Abend vor dem Letzten Abendmahl ausgegossen wurde. Es gibt keinen anderen Moment, in dem ich mehr zum Kind werde, als wenn ich mit arglosester Naivität einen Tropfen des Weihwassers erheische, den der Priester, der alter Christus über das Kirchenschiff aussprengt, bevor er zum Altar Gottes hinaufsteigt, zum Gott der mich erfreut von Jugend auf. Es ist als wäre man an der Seite jener Frau, der es gelingt, den Zipfel von Jesu Mantel zu berühren, und es ihr gleichtut. „Tochter, dein Glauben hat dich gerettet. Geh in Frieden und sei geheilt und befreit von der Geißel deines Leidens“ (Mk 5,34). Und ich, der auf den Knien lag, erhebe mich und spüre den Frieden, weil Christus mich angeschaut hat.
Die unerfreuliche Szene, wo der Papst einen Ministranten maßregelt
In all dem ist nichts Sentimentales. Um an Körper und Seele gesund zu werden, braucht der Mensch, der ein rationales und daher liturgisches Geschöpf ist, weit mehr als das Gefühl. Der kleine aber unerfreuliche Vorfall des Kindes mit den zum Gebet gefalteten Händen, das vom Papst gemaßregelt wurde, hat Emmanuel hingegen beeindruckt. Er ging bei Youtube auf die Jagd nach der Videoaufzeichnung und vollzog dann die intellektuell sinnloseste Aktion, die man sich nur vorstellen kann: er versuchte sich die Gedanken des Papstes vorzustellen, während er den Ministrant mit den gefalteten Händen maßregelte. Er legte dem Papst den Gedanken in den Mund: „Wenn du die Hände so verleimt hältst, erleichtert es dir nicht, die Liebe zu erkennen“. Exitu hat nicht verstanden, daß es hier nicht um Worte, sondern um Gesten geht, um Gesten des heiligen Ritus. Wenn der Mensch die Notwendigkeit der Anbetung erkennt, die sich in seinem Herzen den Weg bahnt, dann demütigt sich die Vernunft, sie reinigt sich, sie zieht sich zurück und macht der Andacht Platz: sie spricht nicht.
Die Liturgie führt in eine himmlische Welt ein, in der Gesetze, Gesten und Worte ein für alle Mal von Gott festgelegt wurden. Diese sich zu eigen machen, bedeutet nicht, sich in „stickige Häuser einzuschließen“ und Opfer irgendwelcher „Einbalsamierer“ zu werden, sondern in ein schöneres und größeres Leben einzutreten, das durch eine rein menschliche Lebhaftigkeit getötet wird. Jenes Kind, das die Hände wieder zum Gebet faltete, nachdem der Papst sie ihm auseinandergedrückt hatte, hat das alles schon in seinem christlichen Blut, ohne „Gemeinschaftsschule“ und „exegetische Nächte“ zu den Texten von Don Giussani. Es genügte ihm, bei einem guten und frommen Lehrmeister das Ministrieren bei einer Heiligen Messe zu lernen.
Alle Heiligen sind heute und jetzt lebendige Zeugen
Natürlich braucht es auch die lebendigen Zeugen und Emmanuel nennt Missionspriester an den Enden der Welt, Laien, die eine Krankheit angenommen haben und bezeugt haben, daß es möglich ist, heilig zu sterben. Aber die Lehre von der Gemeinschaft der Heiligen versichert uns, daß alle Glieder der Kirche aller Zeiten wahrhaft leben, nicht nur diese Zeitgenossen: angefangen bei den Heiligen Augustinus und Benedikt, Ambrosius und Karl Borromäus, Franziskus und Dominikus, Philipp Neri und Ignatius von Loyola, Don Bosco und Pater Pio. Sie sind alle lebendiger als wir, sie bitten für uns und hören unser Gebet. Die gotischen Kathedralen sind gefüllt mit Statuen, die Tausende verstorbener Christen sichtbar machen, die lebendig sind im Geheimnis des Paradieses.
Urkirche hat kein Christentum Light erfunden, um unter den verlotterten Heiden Anklang zu finden
Diese Christen erzählen uns die Geschichte eines Glaubens, der verlangt, das eigene Leben zu ändern und den alten Menschen aufzugeben. Er verlangt nicht eine intellektuelle oder philosophische Nachfolge, er fordert aber eine Änderung des Lebens. Das Neue Testament zeigt eine Predigt, die auf moralischer Ebene buchstäblich ohne Rabatt ist. Paulus schreibt den verlotterten Heiden des korrupten Römischen Reichs, und dennoch unterschlägt er keine einzige Unterweisung, die notwendig ist für ein heiliges Leben. Es ist anzunehmen, daß es zu jener Zeit die Thessalonicher, Römer, Philipper und Epheser mit Blick auf das sechste und das neunte Gebot nicht so genau nahmen. Aber die Urkirche, die so gerne zitiert wird, um sie in einen fiktiven Gegensatz zur konstantinischen und der mittelalterlichen Kirche zu setzen, hat sich kein überarbeitetes und korrigiertes Christentum erfunden, um den hartnäckigen Sündern entgegenzukommen. Die Wahrheit Christi, seines Leidens und seiner Nachfolge muß unverkürzt und vollständig verkündet werden.
Die Gradualität kommt in der Vergebung und der Geduld des Beichtstuhls zum Ausdruck und nicht durch ein Umbiegen der Glaubenslehre, um sie von den Kanten zu befreien, die den Guarani-Indianern nicht gefallen und vielleicht auch nicht der Hausfrau in Gütersloh, dem Angestellten aus Winterthur [1]um zum Ausdruck zu bringen: irgendwo mitten unter uns; im italienischen Original steht die norditalienische Stadt Voghera, dem Journalisten aus Mailand oder dem Regisseur aus Bologna. Wenn die Kirche im Beichtstuhl die Sünde abwäscht und den Feind besiegt, dann warnt dieselbe Kirche auch von Kanzel und Ambo vor dem Schrecken der Sünde und zeigt die ganze Gefährlichkeit des ständigen Verführers auf.
Ohne Glaubenslehre wird man kein guter Christ
Ohne Doktrin, ohne die feinen Unterscheidungen, wird man kein guter Christ. Chesterton sagte es 1934: „Die theologischen Diskussionen sind subtil, aber nicht mager. In der ganzen Verwirrung der modernen Gedankenlosigkeit, die sich modernes Denken nennt, gibt es vielleicht nichts großartig Dümmeres als die Volksweisheit: ‚Die Religion darf nie von kleinlichen Lehrstreitigkeiten abhängen‘. Das ist als würde man sagen, daß ein menschliches Leben nie von kleinlichen Disputen über Medizin abhängen dürfe. Der Mensch, der sich darin gefällt, zu sagen: ‚Wir wollen keine Theologen, die Haarspalterei betreiben‘, könnte ja hinzufügen, ‚und wir wollen keine Chirurgen, die die Fasern noch genauer zu trennen verstehen‘. Es ist eine Tatsache, daß viele Menschen heute tot wären, wenn ihre Ärzte sich nicht auch der kleinsten Schattierungen ihrer Wissenschaft annehmen würden. Und es ist ebenso eine Tatsache, daß die europäische Kultur heute tot wäre, wenn ihre Doktoren der Theologie nicht auch die subtilsten Unterscheidungen der Glaubenslehre begründet hätten.“
Aber es hieße, den Menschen nicht zu kennen, angefangen bei sich selbst, wenn man denkt, es würde genügen, das Gute zu lernen, um sich immer dafür zu entscheiden. Das glaubte Sokrates und irrte sich, indem er einen Intellektualismus bekannte, der das Wissen von der moralischen Wahrheit mit einem kohärenten Leben gleichsetzte. Bereits Ovid sagte in den Metamorphosen: „Video meliora proboque, deteriora sequor“, ich sehe die besten Dinge und heiße sie gut, folge aber den schlechtesten. Petrarca bekannte: „Veggio ‚l meglio ed al peggior m’appiglio“, ich will das Beste und klammere mich an das Schlechteste. Und Paulus von Tarsus sagt im Brief an die Römer: „Ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist bei mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu verwirklichen. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will“ (Röm 7,18f).
Die Lehre allein genügt nicht, sie ist aber unveräußerliche Voraussetzung
Dieses Wissen um die menschliche Natur darf aber nicht zum logischen Umkehrschluß führen, daß die Kenntnis der moralischen Wahrheit nichts nützt: die Doktrin zu besitzen genügt allein noch nicht, sie ist aber unveräußerliche Voraussetzung. Wie Pascal sagen würde, es ist das gute Denken, das zum guten Handeln führt; und Chesterton ist sein Echo, wenn er sagt, daß die Straße zur Hölle mit allem möglichen gepflastert ist, vor allem aber mit guten Vorsätzen. Die Vernunft ergründet und sucht die Wahrheit und der Wille sucht die Gründe, die sie zum Guten drängt: die Liebe für Christus, die Leidenschaft für die anderen, in denen ich Jesus sehe, die Begegnung mit wahren Zeugen des Evangeliums. Gemeint ist die Erfahrung, da das Christentum nicht nur verlangt, gekannt, geglaubt und gedacht, sondern auch gelebt zu werden.
„Erfahrung“ ist eine zweideutige Vorstellung mit Gefahren
Die „Erfahrung“ aber ist eine zweideutige Vorstellung, die unvermeidbar eine gehörige Portion Subjektivismus mit sich bringt und Gefahr läuft, den Glauben zu relativieren. Wenn es stimmt, daß das Christentum Begegnung mit Christus ist, dann muß man die Menschen lehren, wo diese Begegnung gewöhnlich stattfindet: in der Kirche und in ihren Sakramenten. Natürlich kann der Herr andere Wege finden, um eine Seele zu erreichen, von der Schönheit eines Sonnenuntergangs bis zur Zuneigung einer „Gefährtin“. Aber Christus begegnet man in den Sakramenten, von der Taufe über die Beichte bis zur Eucharistie, und im Gebet. Deshalb gehe ich zur Heiligen Messe, knie nieder, bete und empfange die Heilige Kommunion. Denn im Laufe des Tages möchte ich Augen haben, um Jesus zu sehen, Ohren, um Jesus zu hören, den Mund, um Jesus zu loben und seine Wunden zu küssen, und Hände, um Jesus zu berühren, aber ich weiß, daß ich ohne Ihn, nicht die Kraft habe, es zu tun.
Gefahr eines fatalen Trugschlusses
Der Rest ist ein glattes Parkett mit der Gefahr, daß die Gefühle die Vernunft blenden und die Erfahrung die Wahrheit frißt. Ein Gelände, auf dem vibrierende und zweideutige Konzepte wie „Faszination“, „Attraktion“, „Antwort auf die Fragen des Menschen“ vorgaukeln können, daß Christus nachfolgen bedeutet, einen angenehmen, abschüssigen Weg zu unterstützen, während das genaue Gegenteil gefordert ist. Der Mensch muß gegen alle Triebe ankämpfen, die ihn von Jesus wegziehen. Er muß wachsam sein, damit die Sünde und das Böse nicht durch die Hintertür sogar zu einem privilegierten Vehikel werden, um bequem die Begegnung mit Christus und ein Leben fern der Zehn Gebote miteinander unter einen Hut zu bringen, indem man jene als Moralisten beschimpft, die auf diese Gefahr aufmerksam machen, und sich damit über Jesus lustig macht, der mahnt: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren“ (Joh 14,21).
Das ist eines jener Paradoxa, die das Christentum als die einzig wahre Religion ausweisen: das Christentum ist aufregend und erhebt, weil es allen den einfachen Horizont jener zugänglich macht, die der alte Chesterton die einfachen Christen nannte. Jener, die es richtig finden, ein Glas zu trinken, aber die Trunkenheit für tadelnswert, die die Ehe für normal halten und die Polygamie für abnormal, die den verurteilen, der als erster zuschlägt, und jenen freisprechen, der sich verteidigt. Jene kurzum, die denken und danach handeln, was die Lehre schon immer gelehrt hat, und die daher wirklich auf dem Weg ins Paradies sind.
Und so kommen wir zu den Grüßen, um ehrlich zu sein, verstehe ich, lieber Emmanuel, daß es für Sie geradezu peinlich sein muß, Grüße von einem „prämierten Einbalsamierungsunternehmen“ zu erhalten, das „unter dem Vorwand, mit den Quellen umgehen zu können, voller Ressentiments ist“, das als „unbarmherziges Maschinengewehr aus jeder Zeile schießt“ und Ausdruck eines „trübsinnigen Geistes“ mit „selektiver Wahrnehmung der Quellen“, „Verzerrung der Details außerhalb des Kontextes“ und einem „bewußt einseitigen Blick auf das Lehramt“ ist. Dennoch, und ehrlich gemeint, grüßt
Ihr G&P
Einleitung und Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Messa in latino
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↑1 | um zum Ausdruck zu bringen: irgendwo mitten unter uns; im italienischen Original steht die norditalienische Stadt Voghera |
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