(Vatikan) Im neuen Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium beschreibt Papst Franziskus einige Pathologien, an denen die Katholizität von heute leide. Dabei nannte er die „vermeintliche doktrinelle oder disziplinarische Sicherheit, die Anlass gibt zu einem narzisstischen und autoritären Elitebewusstsein, wo man, anstatt die anderen zu evangelisieren, sie analysiert und bewertet und, anstatt den Zugang zur Gnade zu erleichtern, die Energien im Kontrollieren verbraucht“ (EG 94).
Um eine Kontrolle ganz anderer Art geht es demnächst im Vatikan, nämlich um eine päpstliche Kontrolle.
Ab dem 1. Januar müssen alle Bediensteten des Kirchenstaates auf päpstliche Anweisung stempeln. Die neue elektronische Arbeitszeiterfassung betrifft alle Mitarbeiter der Römischen Kurie einschließlich aller Prälaten und Monsignori. Ausgenommen bleiben nur Kardinäle und Erzbischöfe. Dies berichtet das Wochenmagazin Panorama (vergleichbar dem deutschen Wochenmagazin Focus).
„So beginnt der Kampf von Papst Franziskus gegen die Taugenichtse, da die vatikanischen Angestellten bisher gewohnt waren, daß es keine Kontrolle über ihre Arbeitszeiten, über Arbeitsantritt und Arbeitsende gab“, so das Wochenmagazin.
Laut Panorama ist es Ziel der Maßnahme, „den Einsatz des Kurienpersonals zu optimieren und den einen oder anderen Priester für die Seelsorge freistellen zu können.“ Bisherige Versuche für mehr Kontrolle seien am Widerstand des Personals gescheitert, so das Wochenmagazin. Damit sei nun aber Schluß, denn Papst Franziskus habe die Sache selber in die Hand genommen und in Zusammenarbeit mit der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls, von der die Gehälter ausbezahlt werden, eine konsequente Kontrolle „für mehr Effizienz“ durchgesetzt.
Alle Mitarbeiter müssen ab 1. Januar eine Magnetkarte verwenden, um Zutritt zum Vatikan zu erhalten. Jeder Ein- oder Austritt wird elektronisch registriert, so Panorama. Papst Franziskus Haltung gegenüber der Römischen Kurie ist ambivalent. Bei verschiedenen Anläßen lobte er einerseits seine Mitarbeiter, im Scalfari-Interview bezeichnete er sie allerdings als „Lepra des Papsttums“. Inzwischen gab Scalfari bekannt, daß die Aussagen des Papstes im Interview von ihm formuliert wurden. Der Gründer von La Repubblica legt jedoch wert auf die Feststellung, daß das Interview inhaltlich „authentisch“ sei, dem Papst vor der Drucklegung vorgelegt und von diesem ausdrücklich auf Nachfrage gutgeheißen wurde.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Lettera43