(Rom) Seit dem Abend des vergangenen 13. März, an dem Papst Franziskus der Welt als neues katholisches Kirchenoberhaupt vorgestellt wurde, steht der päpstliche Zeremonienmeister Msgr. Guido Marini in der Schußlinie hoher Prälaten. Einige Wähler von Papst Franziskus forderten umgehend seine Absetzung. Mit Papst Benedikts XVI. Amtsverzicht sollte auch dessen Bemühen um eine liturgische Erneuerung Vergangenheit sein. Dazu kam es nicht oder jedenfalls noch nicht. Nun geht am Tiber das Gerücht um, daß Papst Franziskus den päpstlichen Zeremonienmeister Guido Marini zum Bischof erheben und gleichzeitig aus Rom wegbefördern will. Dies berichtet der spanische Kirchenhistoriker und katholische Blogger Francisco de la Cigoña, eine fundierte Quelle in kirchlichen Personalfragen.
Epuration der letzten Siri-Epigonen? Kardinal Piacenza wurde bereits entlassen
Guido Marini stammt aus der Schule von Kardinal Giuseppe Siri. Ein anderer Siri-Schüler, Mauro Kardinal Piacenza, von Papst Benedikt XVI. zum Präfekten der Kleruskongregation berufen, wurde von Papst Franziskus bereits entlassen (siehe eigenen Bericht). Sollte auch Guido Marini wegbefördert werden, wäre die Epuration des Vatikans von den letzten Epigonen des einstigen „Kronprinzen“ von Papst Pius XII. abgeschlossen. Laut de la Cigoña soll Guido Marini zum neuen Bischof der italienischen Diözese Ventimiglia-San Remo ernannt werden. Die kleine Diözese liegt in Marinis Heimat Ligurien direkt an der Grenze zu Frankreich und hatte bereits bisher einen traditionsverbundenen Bischof, der die Niederlassung von Orden und Gemeinschaften förderte, die in der überlieferten Form des Römischen Ritus zelebrieren.
Marini war 2007 von Papst Benedikt XVI. an die Spitze des Amtes für die päpstlichen liturgischen Feiern nach Rom berufen worden. Der deutsche Theologenpapst wollte jemanden an seiner Seite, der seine Sensibilität für die Liturgie und ihre Sakralität teilt und mit dem er die liturgische Erneuerung einleiten konnte. Dazu entfernte er zuvor, allerdings nach Ablauf seiner regulären Amtszeit, den Zeremonienmeister seines Vorgängers Johannes Paul II., Msgr. Piero Marini.
Seit dem Abend, als auf der Loggia des Petersdoms die Wahl von Papst Franziskus der Welt verkündet wurde, hält sich das Gerücht, daß die Tage Guido Marinis als päpstlicher Zeremonienmeister gezählt seien (siehe eigenen Bericht). Und hatte es der Papst auch nicht selbst gesagt, so sagten es um so lauter einige Prälaten im engsten Umfeld des Papstes, die mit der Wahl des neuen Papstes einen Richtungswechsel nach Benedikt XVI. wollten. Papst Franziskus erzählte am 13. Mai in einer Audienz für die Bischöfe Apuliens, daß ihn sogar einige seiner Wähler sofort zur Entfernung Guido Marinis drängten (siehe eigenen Bericht). Papst Franziskus gab den apulischen Bischöfen zu verstehen, daß sich seine liturgische „Sensibilität“ von jener Guido Marinis erheblich unterscheide, er deshalb aber von diesem lernen könne. Bekanntermaßen hat Papst Franziskus einen recht funktionalen Zugang zur Liturgie, wie er jüngst selbst bekundete (siehe eigenen Bericht), und was sicher mit ein Grund ist, weshalb er wenig Verständnis für traditionsverbundene Katholiken und ihre Sehnsucht nach der überlieferten Liturgie aufbringen kann. Die Abneigung einiger Purpurträger gegen das Bemühen des deutschen Papstes, wieder die Sakralität der Liturgie zurückzugewinnen und an die unvergängliche, ewiggültige Tradition der Heiligen Handlung anzuknüpfen, muß wirklich groß sein und läßt etwas von dem Druck erahnen, der mit steigender Intensität auf Benedikt XVI. ausgeübt worden war.
Ein so plakativer Rauswurf gleich nach der Wahl hätte allerdings den ruhigen Übergang von einem Pontifikat zum anderen im gläubigen Gottesvolk schwer belastet. Sollte die Entfernung nur aus taktischen Gründen aufgeschoben worden sein? Auch mit Guido Marini an seinem Platz änderte Papst Franziskus nach seinem Empfinden einige „benediktinische“ Elemente. Ein zentrales ist die Kommunionspendung. Ein Teil der Priester hält an der von Benedikt XVI. angeordneten Praxis der ausschließlichen Mundkommunion fest. Andere Priester spenden, obwohl die Anweisung Benedikts nie aufgehoben wurde, wieder die Handkommunion und recken den Leib Christi sorglos über die Köpfe anderer hinweg. Jeder wie es ihm gefällt oder besser gesagt: nach seiner „Sensibilität“. Ein prägendes Vorbild für die weltweite Praxis läßt sich davon nicht ableiten.
Piero Marini seinerseits, hat Joseph Ratzinger seine Amtsenthebung von 2007, trotz Beförderung zum Kurienerzbischof und zum Präsidenten der internationalen Eucharistischen Kongresse, nie verziehen. Nach dem Amtsverzicht von Benedikt XVI. ließ der Kurienerzbischof keine Gelegenheit aus, um seine ganze Genugtuung und Freude über die „Befreiung“ Roms von der „sumpfig-stickigen Luft“ unter Ratzinger bekanntzugeben (siehe eigenen Bericht).
Die ungehaltene, öffentlich so demonstrativ zur Schau gestellte abschätzige Kritik an seinem Vorgänger, scheint Papst Franziskus nicht zu stören. Er empfing Piero Marini keine drei Wochen nach seiner Wahl in Audienz. Seither hält sich hartnäckig das Gerücht, daß Piero Marini wieder päpstlicher Zeremonienmeister werden könnte (siehe eigenen Bericht) oder vielleicht sogar neuer Präfekt des Gottesdienstkongregation (siehe eigenen Bericht) und damit in den Kreis der künftigen Kardinäle aufsteigen würde. Beides wäre ein unzweideutiges Signal des neuen Papstes, den Kern des Pontifikats Benedikts XVI., dessen liturgische Erneuerung, annullieren zu wollen, ungeachtet aller Beteuerung, es passe kein Blatt zwischen die beiden Päpste. Es wäre noch ein weiteres Signal: Piero Marini fiel seit der Resignation von Benedikt XVI. vor allem für seine homophilen Töne auf (siehe eigene Bericht).
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La cigüeña de la torre