(Paris) Mit dem Schuljahr 2013/2014 wurde in allen französischen Schulen die antireligiöse Charta der Laizität eingeführt. Der Vorschlag kam 2012 vom ehemaligen Großmeister des Großorients von Frankreich. Sicher reiner Zufall.
Über die Initiative des französischen Unterrichtsministers Vincent Peillon haben wir bereits berichtet (siehe Bericht 1 und Bericht 2). Ab diesem Schuljahr ließ er an allen französischen Schulen die Charte de la Laicité anschlagen. Peillon war es auch, der den Vorschlag machte, an den Schulen eine „laizistische Moral“ zu lehren. Von wem aber hatte Peillon die Ideen zu seinen Initiativen für eine neue „republikanische Religion“?
Freimaurerische Idee
Fest steht, daß er Ideengeber und Einflüsterer hatte. Am 5. September 2012 veröffentlichte Jean-Michel Quillardet auf seinem persönlichen Blog einen Vorschlag. Quillardet ist kein geringerer als der ehemalige Großmeister des Großorients von Frankreich. Damals veröffentlichte er die Idee, „eine Charta der Laizität für die Schulen der Republik zu schreiben (…) die als Teil der Schulordnung an allen Schulen ausgehängt“ werden sollte. Der Vorschlag Quillardets sah auch vor, daß die Charta „am Beginn des Schuljahres von den Lehrern mit den Schülern gemeinsam gelesen und kommentiert“ werden soll.
Gleicher Inhalt 1
Der Großmeister der beschürzten Logenbrüder schlug einen Test vor, der – siehe da – mit der nun von Unterrichstminister Peillon an allen Schulen angebrachten Charta fast identisch ist. In der Charta Peillons liest man, daß „das Personal [an Schulen] die Pflicht zu strikter Neutralität hat: es darf nicht politische oder religiöse Überzeugungen während der Ausübung seines Dienstes bekunden“. In jener von Großmeister Quillardet hieß es ein Jahr zuvor, daß „an öffentlichen Schulen das gesamte Personal die Pflicht hat strikte Neutralität zu wahren und (…) das Bekunden persönlicher religiöser Überzeugungen während der Ausübung des Dienstes eine Verletzung dieser Pflicht ist“.
Gleicher Inhalt 2
Nicht nur das. Die Charta des Großmeisters sah vor, daß „die Schüler keine Symbole ihrer religiösen Zugehörigkeit zeigen dürfen und nicht die Schulprogramme im Namen ihrer Kultur oder ihrer religiösen Überzeugen ablehnen dürfen“. In der Charta Peillons kann nun jeder an allen Schulen lesen: „Niemand darf seine religiöse Zugehörigkeit dazu gebrauchen, um die an den Schulen der Republik anzuwendenden Regeln abzulehnen, an öffentlichen Schulen ist das Zeigen von Symbolen oder Uniformen, mit denen die Studenten offensichtlich ihre religiöse Zugehörigkeit bekunden wollen, verboten“.
Laizistische Moral
Damit noch nicht genug. Der einflußreiche Großmeister schlug 2012 im selben Blog-Beitrag vor, „den Lehrplänen einen Unterricht des Laizismus einzufügen“, „der sich perfekt in den Unterrichtsrahmen der laizistischen Moral einfügt“. Heute ist dieser Vorschlag in Frankreich durch Unterrichtsminister Peillon Realität geworden. Der Sozialist, Freimaurer und Jude Peillon hat vor allem eine Überzeugung: „Man wird nie ein freies Land aufbauen können mit der katholischen Kirche.“
Freimaurer schreiben Hollande
Es ist nicht das erste Mal, daß die sozialistische Regierung von Francois Hollande einen „direkten“ Draht zur Freimaurerei unter Beweis stellt. Im vergangenen Juli schrieb der amtierende Großmeister des Großorients von Frankreich, José Gulino, einen Brief an Staatspräsident Hollande, um gegen die Organisation Manif pour tous und besonders gegen „die Kundgebungen der Printemps francais und der Veilleurs Debout zu protestieren. „Diese Gewalt stellt die Laizität in Frage, die die Freiheit des Gewissens und die universale Eintracht ermöglicht“, so Großmeister Gulino. Der öffentliche Brief, eine von den Freimaurern selten gewählte Kommunikationsform, sollte der Öffentlichkeit und vor allem der Regierung deutlich machen, daß es den Logenbrüdern ernst ist. Die Bügerbewegung gegen die Legalisierung der „Homo-Ehe“ bekam die Härte des Staates zu spüren.
Text: Tempi/Giuseppe Nardi
Bild: Tempi