(Dublin) Das „erste atheistische Curriculum der Geschichte“ kommt aus dem katholischen Irland. Auf der grünen Insel ist einiges in Bewegung geraten. Ausgangspunkt war ein konzertierter medialer Frontalangriff gegen die Kirche dort und in anderen Ländern im Zusammenhang mit dem sexuellen Mißbrauchsskandal von Kindern und Jugendlichen durch Kleriker. 2013 folgte die erste Aufweichung des irischen Lebensschutzes nach massivem internationalem Druck und einer inszenierten Medienkampagne rund um den Tod einer Inderin, die zu Unrecht jedoch absichtlich dem irischen Abtreibungsverbot angelastet wurde. Und nun legte der irische Unterrichtsminister Ruairi Quinn fest, daß alle nicht-konfessionellen Schulen Irlands allen Kindern zwischen vier und dreizehn Jahren Atheismus-Unterricht erteilen sollen.
Der Unterricht wird von der militant-religionsfeindlichen Atheist Ireland gestaltet werden. Unterstützt wird der Atheismusuntericht durch Educate Together, einem Provider für „nicht religiöse“ Bildungsdienstleistungen, wie die Tageszeitung Il Foglio berichtete.
„Dieser Kurs ist notwendig, weil das irische Schulsystem zu lange einseitig die religiöse Indoktrinierung gefördert hat“, so Michael Nugent, der Chef von Atheist Ireland, einer Organisation, die sich für die „Förderung des Atheismus, die Vernunft und den laizistischen Staat“ einsetzt.
Der Atheismus als Unterrichtsgegenstand ist keine Neuigkeit im angelsächsischen Raum. In den USA bieten zahlreiche Colleges, von der San Diego State University bis zur University of Chicago, an der US-Präsident Barack Obama bis 2004 Verfassungsrecht lehrte, eigene Lehrveranstaltungen zum Atheismus an.
Es ist allerdings das erste Mal, daß das Motto „Gott existiert nicht“, in die Lehrpläne von Pflichtschulen in einem Land der Europäischen Union aufgenommen wird. Irland übertrifft damit sogar den radikalen Laizismus Frankreichs mit seiner strikten Trennung von Staat und Kirche, wo ab dem nächsten Schuljahr „eine Stunde laizistische Moral“ in den Lehrplan eingefügt wird.
Ruairi Quinn, der seit 2011 für die Schulen Irlands zuständig war, kündigte bereits damals einen Plan an, mit dem Hunderte von katholischen Privatschulen der katholischen Kirche entzogen und unter die Kontrolle von „laizistischen und ausgewählten Einrichtungen“ gestellt werden sollten. Ein ehrgeiziges und ideologisch aufgeladenes Projekt zum Umbau der Gesellschaft, das Quinn damals an der Christian Brothers School in Basin Lane in Dublin verkündete. Die Christian Brothers School war die erste von Quinn „entchristlichte“ Schule, die er der Trägerschaft von Educate Together übergab. „Es ist die radikalste Veränderung des Grundschulwesens Irlands seit der Staatsgründung in den 20er Jahren“, erklärte Minister Quinn.
Die neue Atheismus-Stunde dauert 40 Minuten und wird wöchentlich stattfinden. Sie wird unter anderem die Lehre des Materialismus, die wissenschaftliche Sichtweise der Welt, die religiöse Apathie oder Agnostizismus umfassen. Dazu gibt es eigene Schulbücher. Educate Together bietet eine eigene atheistische Anwendung für Smartphones an, die allen Eltern angeboten wird, deren Kinder eine irische Grundschule besuchen.
Auf der Bücherliste der Schulstunde zur Entchristlichung Irlands scheint auch The Magic of Reality von Richard Dawkins, dem internationalen Star des Atheismus auf, der den Glauben als „Schnuller“ bezeichnete. Laut Dawkins sei es keine würdige Haltung für einen Erwachsenen mit einem Schnuller herumzulaufen. Dawkins sorgt derzeit für Schlagzeilen wegen seiner Autobiographie, in der er sich für die Legalisierung von Pädophilie ausspricht.
Ein Paradox, da gerade wegen und unter Verweis auf dem Pädophilieskandal als Anklage gegen gestrauchelte katholische Priester, der Angriff gegen die katholische Kirche begann. Ein Angriff, der zur Entchristlichung des Landes führt, um am Ende diesmal offiziell die Bücher eines Pädophilen-Propagandisten in den Schulplan aufzunehmen. Nach der atheistischen Logik Dawkins ist religiöse Erziehung nämlich für Kinder schädlicher als Pädophilie.
Ruairi Quinn, von Beruft Architekt und „Architekt“ der Entchristlichung Irlands gehört der Irish Labour Party an. Der Sozialist ist seit 2011 Unterrichtsminister in der Koalitionsregierung des Christdemokraten Enda Kenny (Fine Gael). Quinn gehört seit 1982 ununterbrochen dem irischen Parlament an. Von 1997–2002 war er sozialistischer Parteivorsitzender und bekleidete seit 1982 verschiedene Ministerposten. Seit 1998 ist Quinn stellvertretender Vorsitzender und Schatzmeister der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), in der 32 europäische sozialistische und sozialdemokratische Parteien zusammengeschlossen sind. Die SPE stellt 170 Abgeordnete zum Europäischen Parlament, wo sie als Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D) die zweitgrößte Fraktion stellt. Fraktionsvorsitzender ist der österreichische SPÖ-Vertreter Hannes Swoboda, der auf den bundesdeutschen SPD-Vertreter Martin Schulz folgte. Schulz ist seit 2012 Präsident des Europäischen Parlaments.
Text: CR/Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondeza Romana