(Kairo) Wie die Al-Azhar-Universität in Kairo bekanntgab, hätte sich die höchste religiöse sunnitische Einrichtung mit katholischen, orthodoxen und protestantischen Vertretern darauf geeinigt, daß Ägypten auch in der künftigen Verfassung als „islamischer Staat“ bezeichnet wird. Eine Bestätigung von christlicher Seite liegt allerdings nicht vor.
Die Änderungen an der 2012 von einer islamistischen Mehrheit aus Muslimbrüdern und Salafisten erstellten Verfassung sollen nicht die Definition Ägyptens als „islamischer Staat“ abschaffen. Dieses Ziel verfolgt die Al-Azhar-Universität und versucht die Christen des Landes davon zu überzeugen. Es ist die Universität selbst, die als renommierteste religiöse Einrichtung des sunnitischen Islams gilt, die die Nachricht von einem „Abkommen“ bekanntgab. Es herrscht jedoch einige Unklarheit darüber, ob die islamischen Gelehrten eine entsprechende Vereinbarung mit den christlichen Kirchen und Gemeinschaften Ägyptens bereits getroffen haben oder erst anstreben.
Al-Azhar sucht Abkommen mit den Christen
In einer Presseerklärung teilte die sunnitische Einrichtung mit, daß man in einem Abkommen mit den Katholiken, Orthodoxen und Protestanten des Landes eine Übereinkunft über die Verfassung suche, damit die „islamische Identität“ Ägyptens gewahrt bleibe. Die „islamische Identität“ sei, so Al-Azhar die „oberste Priorität für die nationale Versöhnung des Landes, unabhängig von allen politischen Überlegung oder Gruppeninteressen“. Eine Reaktion der Christen, vor allem der koptisch-orthodoxen und der koptisch-katholischen Kirche ist noch nicht bekannt. Die Patriarchen hatten bereits im Vorfeld bekanntgegeben, daß die Christen in Ägypten keine Bürger zweiter Klasse mehr sein dürften.
Neue Verfassungskommission
Anfang September ernannte Übergangspräsident Adly Mansour eine Verfassungskommission mit 50 Mitgliedern, die eine neue ägyptische Verfassung ausarbeiten soll. Grundlage bildet die Verfassung, die 2012 von der Muslimbruderschaft unter Ausschluß der Opposition durchgedrückt worden war. Die neue Kommission zählt zehn Prozent Frauen und überdurchschnittlich viele Christen. Ebenso gehören ihr mehrere Vertreter von Al-Azhar und der Salafisten an. Nicht vertreten ist die Muslimbruderschaft, die eine Zusammenarbeit verweigert.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi