(Islamabad) Die inzwischen 42jährige katholische Mutter wird seit 2009 zu Unrecht beschuldigt, den Islam beleidigt zu haben. Mit dieser Anschuldigung jemanden in Pakistan ins Gefängnis zu bringen, ist eine Leichtigkeit. Es drohen hohe Haftstrafen. Asia Bibi wurde in erster Instanz von einem ordentlichen Gericht sogar zum Tode verurteilt. Seither wartet sie in der Todeszelle auf die Berufungsverhandlung.
Seit 1.500 Tagen befindet sich Asia Bibi unschuldig in Haft. Ein „falsches“ Wort, die Weigerung, sich zum Islam zu bekehren und schon schnappt die Falle zu. Asia Bibi wurde von moslemischen Frauen angezeigt, Arbeitskolleginnen, die eigentlich Freundinnen sein sollten. Doch Asia Bibi haftet ein Makel an: sie ist Christin. Die Polizei verhaftete sie, angeblich zu ihrem Schutz, weil Moslems an ihr Lynchjustiz üben wollren. Eine nähere Überprüfung der Anschuldigung erfolgte nicht.
Der Skandal sorgte für weltweites Aufsehen. Der katholische Minderheitenminister Pakistans Shahbaz Bhatti setzte sich für ihre Freilassung ein und wurde von Islamisten ermordet. Der moslemische Gouverneur der Heimatprovinz von Asia Bibi, Salmaan Taseer setzte sich für die Familienmutter ein und wurde von Islamisten ermordet. Sein Mörder wurde als Held des Islam stürmisch gefeiert.
Gegen Asia Bibi wurde eine Fatwa erlassen, die jeden Moslem verpflichtet, die Katholikin zu ermorden. Die deshalb notwendigen Sicherheitsvorkehrungen machen das Leben im Gefängnis für die „Todgeweihte“ noch unerträglicher.
Papst Benedikt XVI. appellierte an die Regierenden und das pakistanische Volk. Die vatikanische Diplomatie bemühte sich, die Ausreise für Asia Bibi zu erreichen. Damit wäre sie als „Stein des Anstoßes“ aus dem Land entfernt, ihr Leben aber in Sicherheit. Doch die Islamisten haben um die Christin einen Todesstreifen der verbrannten Erde geschaffen. Kein pakistanischer Politiker wagt sich nach den Morden, den islamistischen „Volkszorn“ auf sich zu ziehen. Die westlichen Regierungen haben es bei symbolischem „Druck“ auf die pakistanische Regierung belassen. Pakistan gilt als wichtiger und historischer Verbündeter der USA in der Region. Das Nachbarland von Afghanistan könnte durch den Fall Asia Bibi den Islamisten in die Hände fallen. So die Befürchtung in westlichen Staatskanzleien. Die Strategie heißt: Ruhe vor Recht. Asia Bibi ist damit zum Symbol für die islamistische Geiselhaft eines Land geworden, in dem die Islamisten gar nicht an der Macht sind.
In der ersten Junihälfte wurde Asia Bibi vom Hochsicherheitsgefängnis von Sheikhupura in das Frauengefängnis von Multan verlegt. Für die Familienangehörigen bedeutet das zwölf zusätzliche Reisestunden für jeden Besuch. Fahrten, die die Familie unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen tätigt, um nicht erkannt zu werden und Islamisten in die Hände zu fallen. „Es klingt absurd, aber die Angehörigen leben derzeit in Freiheit fast gefährlicher als Asia Bibi hinter den schrecklichen Gefängnismauern“, so ein christlicher Anwalt der Familie. Wer Asia Bibi in den vergangenen Monaten besuchen konnte, bekam dieselben Worte zu hören: „Bitte, tut das Möglichste für meine Freiheit. Ich bin stark, aber ich werde von Tag zu Tag schwächer.“
Asia Bibi ist längst nicht der einzige aktuelle Fall der traurigen islamistischen Hetzjagd auf Christen. Die Zahl der Verfolgten ist lang und die getöteten Christen werden von Jahr zu Jahr mehr. Die junge Christin Rimsha Masih hatte Glück im Unglück. Sie wurde am Ende freigesprochen, weil nachgewiesen werden konnte, daß der sie beschuldigende Imam die Beweise gefälscht hatte. Ein seltener Glücksfall, bei dem Recht vor Islam ging. Eine Rückkehr in ihr Leben gab es für das junge Mädchen in Pakistan dennoch nicht mehr. Islamisten halten nicht viel von staatlichen Gerichten. Ihr Urteil steht fest, mit oder ohne Richter. Rimsha Masih erhielt in Kanada politisches Asyl und lebt seit kurzem mit ihrer Familie im nordamerikanischen Land. Allerdings auch dort unter falschem Namen und mit neuen Dokumenten, denn Islamisten gibt es inzwischen fast überall.
Das Schicksal von Asia Bibi könnte auch zwei anderen christlichen Frauen und ihren Familien drohen. In einem Ort der Südprovinz Sindh versuchte ein reicher moslemischer Grundbesitzer die Katholikin Nazia Masih zu entführen, um sie nach der Zwangskonversion zum Islam zu heiraten. Keine Seltenheit in Pakistan (aber nicht nur dort). Ihre Familie konnte mit Hilfe des Ortsbischofs zwar das Schlimmste verhindern. Seither leben Nazia und ihre Tante, die katholische Ordensfrau Schwester Marie Khurshid aber in Lebensgefahr. Die Islamisten haben Rache geschworen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi