(Paris) Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sagt seinen Besuch im Museum von Rouen ab. Er verlangte von der Museumsleitung ein Gemälde an der Wand zu verhüllen, vor dem er seine Rede halten sollte, weil es ein christliches Motiv zeigt.
Die Flitterwochen zwischen dem Präsidenten und dem französischen Volk sind schon lange vorbei. Schuld dafür ist sicher die schlechte Wirtschaftslage und die Arbeitslosigkeit, die in Frankreich mit 3,24 Millionen Arbeitslosen einen neuen Höchststand erreicht hat. Der Sozialist Hollande versuchte durch gesellschaftspolitischen Wirbel von der ökonomischen Misere abzulenken und will die Homo-„Ehe“ und das Adoptionsrecht für Homosexuelle als „zivilgesellschaftliche“ Errungenschaft im Sinne des Evergreen Liberté, fraternité, egalité durchboxen. Die Linke kann bald auf ein Jahrhundert Erfahrung im Kampf um die kulturelle Hegemonie zurückgreifen, bei dem die eigene Meinung immer nobel, demokratisch und alle anderen Meinungen obskurantistisch, menschen- und freiheitsfeindlich und mindestens latent faschistoid sind, die es im Namen der „Freiheit“ zu bekämpfen gilt.
Nun scheint dem wenig charismatischen Staatspräsidenten ein weiterer Dachziegel auf den Kopf gefallen zu sein, wie die Zeitschrift Tempi berichtet. Am 28. April sollte Hollande, begleitet von drei seiner Minister eine Ausstellung impressionistischer Kunst im Musée des Beaux-Arts von Rouen eröffnen. Der Widerstand gegen die sozialistische Politagenda, der sich im ganzen Land regt, kündigte eine Protestkundgebung vor dem Museum an. Und Hollande sagte vor zwei Tagen den Termin ab.
War es die Angst, ausgepfiffen zu werden? Möglich. Aber laut einigen französischen Medien soll es noch einen anderen Grund geben. Im Vorfeld hatte eine Delegation der Präsidialkanzlei das Museum besucht, um alle Details für den Präsidentenauftritt zu klären. Sie stellten fest, daß das Rednerpult im Saal so steht, daß im Hintergrund an der Wand ein riesiges Ölgemälde mit religiösem Bildmotiv zu sehen ist. Mit christlichem Bildmotiv zu sehen ist, um genau zu sein. Ein Gemälde, das Teil der Museumsbestände ist. Es handelt sich um das 1864 von Joseph Desire Corte geschaffene Monumentalgemälde „Martyrium der Heiligen Agnes“.
Die Delegation verlangte von der Museumsleitung das Gemälde abzuhängen. Als sich dies wegen der Größe des Gemäldes als technisch nicht durchführbar erwies, forderten die Präsidentenvertreter, das Gemälde zu verhüllen. Hollande und seine Entourage scheinen es für eine Zumutung gehalten zu haben, vor einem christlichen Gemälde zu sprechen. Oder war es ein mulmiges Gefühl, ein christliches Gemälde im Nacken zu haben, das ihn schließlich veranlaßte, den Termin ganz abzusagen?
Allerdings war Hollandes Verhältnis zum Christentum nie sonderlich harmonisch. In den vergangenen Monaten provozierte er erhebliche Polemiken, weil der Sozialist und Laizist mit einer Botschaft die islamische Gemeinschaft in Frankreich zum Ende des Ramadan beglückwünschte. Etwas Vergleichbares war dem Hausherrn im Elysee-Palast zum christlichen Weihnachts- oder Osterfest noch nicht eingefallen. Die Laicité Hollandes hat einen antichristlichen und zudem islamophilen Einschlag, wie er für eine bestimmte Linke geradezu typisch scheint.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons