Freimaurer suchen neuen Großmeister – Geht es Logen wirklich nur um Ethik oder auch um Politik?


Freimaurerei: die beschürzten Brüder.
Freimaurerei: die beschürzten Brüder.

(Rom) Ita­li­en hat am 25. Febru­ar ein neu­es Par­la­ment gewählt, das die Unre­gier­bar­keit des Lan­des aller­dings nur bestä­tigt. Die katho­li­sche Kir­che hat am 13. März einen neu­en Papst erwählt, der mit unglaub­lich selbst­be­wuß­tem Allein­gang han­delt und vie­le Fra­gen auf­wirft. Im poli­ti­schen Cha­os Ita­li­ens ist im Mai ein neu­er Staats­prä­si­dent zu wäh­len. Mit­ten in die­ses Sze­na­rio fällt auch noch der Beginn des Wahl­kamp­fes für die Wahl des neu­en Groß­mei­sters des Groß­ori­ents von Ita­li­en.

Anzei­ge

In der „Insti­tu­ti­on“ Frei­mau­re­rei, wie sich die beschürz­ten Brü­der selbst sehen, lau­fen die Fäden der Macht zusam­men: hohe Beam­ten­schaft, Finanz, Poli­tik, Justiz, Mili­tär und Uni­ver­si­tät. Vom 5.–7. April ver­wan­delt sich das Kon­greß­zen­trum der Adria­stadt Rimi­ni in einen rie­si­gen Frei­mau­rer­tem­pel. Am Frei­tag wur­de dort die Groß­lo­ge des Groß­ori­ents von Ita­li­en, der wich­tig­sten frei­mau­re­ri­schen Obö­di­enz auf der Apen­ni­nen­halb­in­sel eröff­net. Sie umfaßt 757 Logen mit etwa 22.000 „frei­en Mau­rern“, von denen 2000 sich in Rimi­ni ein­ge­fun­den haben.

„Institution“ Freimaurerei: Schnittpunkt der Macht

Groß­mei­ster Gustavo Raf­fi, Jahr­gang 1944, ein Rechts­an­walt aus Raven­na, der ganz im Geist des frei­mau­re­risch durch­tränk­ten Risor­gi­men­to steht und eine poli­ti­sche Ver­gan­gen­heit in der Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei Ita­li­ens auf­zu­wei­sen hat, been­det 2014 sei­ne drit­te Amts­zeit. Seit 1999 ist er Groß­mei­ster des Gran­de Ori­en­te d’Italia. 1968 fand sei­ne Initia­ti­on statt, seit 1970 ist er Mei­ster.  Die infor­mel­len „Vor­wah­len“ für sei­ne Nach­fol­ge sind bereits im Gan­ge und sor­gen für eini­ge Auf­re­gung, schließ­lich waren Ita­li­ens Frei­mau­rer schon immer recht streit­süch­tig, auch intern.

Die „Thron­prä­ten­den­ten“ drän­geln sich um den ober­sten Mei­ster­stuhl und bei den gegen­sei­ti­gen pole­mi­schen Angrif­fen bleibt das sonst behaup­te­te hohe mora­li­sche Niveau schon Mal auf der Strecke. Der Histo­ri­ker Pao­lo Pro­di, leib­li­cher Bru­der des ehe­ma­li­gen ita­lie­ni­schen Mini­ster­prä­si­den­ten und Prä­si­den­ten der EU-Kom­mis­si­on Roma­no Pro­di, kommt schon mal ins Schwär­men, wenn er über die Frei­mau­re­rei spricht, die er als „eine der wich­tig­sten Insti­tu­tio­nen“ bezeich­ne­te, die „in der Geschich­te des Westens Ethik hervorbrachte“.

Großorient von Italien sucht 2014 neuen Großmeister – Stuhlprätendenten drängeln sich

Siegel des Großorient von Italien
Sie­gel des Groß­ori­ent von Italien

Die gro­ße Fra­ge seit ihrem Ent­ste­hen vor mehr als 250 Jah­ren lau­tet: „Nur Ethik und kei­ne Poli­tik?“ Groß­mei­ster Raf­fi wird nicht müde zu wie­der­ho­len, daß die Poli­tik in den Logen­tem­peln nichts zu suchen habe. Nett gesagt, aber schwer zu glau­ben. Der Staat Ita­li­en hat näm­lich sei­ne Ent­ste­hung der Frei­mau­re­rei zu ver­dan­ken. Sie war die trei­ben­de Kraft hin­ter der ita­lie­ni­schen Eini­gungs­be­we­gung des 19. Jahr­hun­derts. In ihren Logen ver­sam­mel­ten sich Ita­li­ens „Patrio­ten“. Alle füh­ren­den Köp­fe des Risor­gi­men­to waren beschürz­te Brü­der, Giu­sep­pe Gari­bal­di, die bis heu­te mar­kan­te­ste Gestalt jener Zeit war sogar Groß­mei­ster des Großorients.

Raf­fi selbst bestä­tig­te jedoch die poli­ti­schen Vor­lie­ben der Logen, als er wäh­rend der letz­ten kur­zen Regie­rungs­zeit von Roma­no Pro­di als ita­lie­ni­scher Mini­ster­prä­si­dent (2006–2008) offen­bar­te: „Nicht ich, son­dern unse­re Geschich­te ist es, die sagt, daß unser Herz links schlägt“.

Aber die Mau­rer sind geschmei­dig und wis­sen sich an den Schalt­he­beln der Macht zu hal­ten, egal ob die lin­ke oder die rech­te Mit­te regiert, zumal sich sowohl das poli­ti­sche Per­so­nal als auch die gedul­de­ten poli­ti­schen Ideen immer mehr anglei­chen, was einer kon­ti­nu­ier­li­chen ten­den­zi­el­len Links­ver­schie­bung gleich­kommt und damit dem „links­schla­gen­den Her­zen“ der Brü­der ent­ge­gen­kommt. Daß dem so ist, dar­an sind sie ja kei­nes­wegs unschul­dig, denn „für uns“, wie Gustavo Raf­fi beton­te, „ist Päd­ago­gik sehr wich­tig“, will sagen: die „Erzie­hung“ oder bes­ser Umer­zie­hung des Volkes.

Für Freimaurerei ist „Pädagogik sehr wichtig“: Das Ziel heißt (Um)Erziehung des Volkes

Ent­spre­chend wuß­te sich die Frei­mau­re­rei ab 2008 trotz des Wahl­siegs von Sil­vio Ber­lus­co­ni mit Ver­tre­tern wie dem Poli­ti­ker und Ban­kier Denis Ver­di­ni (frü­her Repu­bli­ka­ni­sche Par­tei, seit 2008 Koor­di­na­tor von Ber­lus­co­nis Popo­lo del­la Liber­tà , 2001–2013 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter, im Ver­dacht eine Geheim­lo­ge Pro­pa­gan­da 3 auf­ge­baut zu haben), dem Gerichts­me­di­zi­ner und Ordi­na­ri­us an der Uni­ver­si­tät „La Sapi­en­za“ in Rom Nata­le Mario Di Luca und dem Poli­ti­ker Fabri­zio Cic­chit­to (frü­her Sozia­li­sti­sche Par­tei Ita­li­ens, mit Unter­bre­chun­gen seit 1979 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter, 2008–2013 Frak­ti­ons­spre­cher des Popo­lo del­la Liber­tà , 1980 Mit­glied der Geheim­lo­ge Pro­pa­gan­da 2) wie­der gut zu plazieren.

Wie gekonnt die Frei­mau­re­rei auf poli­ti­sche Ver­än­de­run­gen reagiert oder die­se erst her­bei­führt, die Din­ge las­sen sich wegen ihrer Geheim­hal­tung nicht immer leicht aus­ein­an­der­hal­ten, zeigt das jüng­ste Phä­no­men am ita­lie­ni­schen Poli­t­him­mel: der neu­en Bewe­gung Movi­men­to 5 Stel­le (Fünf­ster­ne­be­we­gung) des Polit­ko­mi­kers Beppe Gril­lo. Die Par­tei wur­de bei den Par­la­ments­wah­len im Febru­ar zur stim­men­stärk­sten Par­tei. Die Fra­ge wofür sie genau steht, ist jen­seits ihrer Fun­da­men­tal­kri­tik am „System“ nicht leicht beant­wort­bar. Der poli­ti­sche Kopf hin­ter dem Mei­ster­red­ner Gril­lo ist ein kaum in Erschei­nung tre­ten­der Gian­ro­ber­to Casa­leg­gio, der jedoch freund­schaft­lich mit dem ehe­ma­li­gen Groß­mei­ster des Groß­ori­ents Giu­lia­no Di Ber­nar­do ver­bun­den ist.

Die Freimaurerfreundschaften in Beppe Grillos neuer Partei

Großloge des Großorient von Italien (2010)
Groß­lo­ge des Groß­ori­ent von Ita­li­en (2010)

Di Ber­nar­do sag­te jüngst dem Wochen­ma­ga­zin Pan­ora­ma zu Casa­leg­gio befragt: „Sei­ne und mei­ne Sicht­wei­se sind sehr ähn­lich.“ Der „Inter­net­stra­te­ge“ (Beppe Gril­lo) und Unter­neh­mer Casa­leg­gio ver­faß­te ein Science-Fiction-„Zukunftsmanifest“ der Mensch­heit, laut dem es zu einen schreck­li­chen Welt­krieg kommt, in dem der Vati­kan zer­stört, die Welt­be­völ­ke­rung auf eine Mil­li­ar­de Men­schen redu­ziert, dann aber die Inter­net­de­mo­kra­tie ver­wirk­licht wird. Casa­leg­gio ver­tritt die Posi­ti­on der Über­be­völ­ke­rungs­theo­re­ti­ker von Mal­thus über Paul Ehr­lich bis John Hold­ren. Der Phy­si­ker Hold­ren war Bera­ter von US-Prä­si­dent Clin­ton und ist es jetzt wie­der unter Oba­ma. Mit Ehr­lich, dem Erfin­der der Theo­rie der „demo­gra­phi­schen Bom­be“ ver­faß­te Hold­ren eine Schrift, in der sich bei­de für eine Bevöl­ke­rungs­re­du­zie­rung aus­spra­chen, die durch Abtrei­bung und Ste­ri­li­sa­ti­on erreicht wer­den soll­te, unter ande­rem durch Ver­seu­chung des Trink­was­sers mit ste­ri­li­sie­ren­den Stof­fen. Wie Casa­leg­gio sagt auch Hold­ren in sei­nen Schrif­ten Kata­stro­phen vor­aus, um durch Panik­ma­che ver­schreck­te Unter­stüt­zer zu fin­den. Daß die fünf Ster­ne im Namen und im Logo der neu­en Polit­be­we­gung fünf­zacki­ge Ster­ne sind, mögen vie­le als Zufalls­pro­dukt abtun. Es kann, muß aber kein Zufall sein, daß die Ster­nen­dar­stel­lung jener der Logen­brü­der entspricht.

Daß die Frei­mau­re­rei im Kampf um die poli­ti­sche Macht immer ganz vor­ne mit­mischt, kann nur Nicht-Wis­sen­de erstau­nen, nicht aber Wis­sen­de wie Vale­rio Zano­ne, 1976–1985 Vor­sit­zen­der der Libe­ra­len Par­tei Ita­li­ens, 1984–1989 ita­lie­ni­scher Umwelt­mi­ni­ster, dann Indu­strie­mi­ni­ster und schließ­lich Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ster in sozia­li­stisch und christ­de­mo­kra­tisch geführ­ten Regie­run­gen, 1979–1994 Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter der Libe­ra­len Par­tei Ita­li­ens, 2006–2008 Sena­tor für die Links­de­mo­kra­ten (des Frei­mau­rers Herz schlägt eben links). Zano­ne gehört seit vie­len Jah­ren zu den Dau­er­re­fe­ren­ten der in Rimi­ni abge­hal­te­nen Groß­lo­gen. Der Phi­lo­soph gilt als einer der besten Ken­ner von Ago­sti­no De Pre­tis und des­sen Zeit. Der ita­lie­ni­sche Poli­ti­ker De Pre­tis gehör­te von 1876 bis 1887 der ita­lie­ni­schen Regie­rung an, davon drei­mal als Mini­ster­prä­si­dent. Nach sei­ner Logen­in­itia­ti­on, 1864, wur­de er 1866 Mei­ster und erreich­te 1877 den 33. Grad des Schot­ti­schen Ritus. Gemein­sam mit Giu­sep­pe Gari­bal­di zähl­te er zum Kreis der Hochgradfreimaurer.

Ideologisches Selbstbekenntnis: Des Freimaurers Herz schlägt links

Hochgradfreimaurer Giuseppe Garibaldi
Hoch­g­rad­frei­mau­rer Giu­sep­pe Gari­bal­di, Groß­mei­ster des Großorient

Dem schei­den­den Groß­mei­ster Raf­fi wirft die inter­ne Oppo­si­ti­on heu­te vor, Mit­schuld am „har­mo­ni­schen Knäu­el“ rund um eine der größ­ten ita­lie­ni­schen Ban­ken, der Mon­te dei Paschi di Sie­na (MPS), zu tra­gen, die mit ris­kan­ten Skan­dal­ge­schäf­ten in die Schlag­zei­len geriet. Der Mon­te ist nicht nur eine der größ­ten ita­lie­ni­schen Ban­ken, son­dern auch die älte­ste noch heu­te ope­rie­ren­de Bank welt­weit. Die ins Stru­deln gera­te­ne Bank wur­de mit Mil­li­ar­den­zu­schüs­sen an Steu­er­gel­dern gestützt, als Mario Draghi, der heu­ti­ge EZB-Chef, Ita­li­ens ober­ster Ban­ken­auf­se­her war. In der Tos­ka­na, einer tra­di­tio­nell roten Regi­on, koop­tier­ten die tra­di­tio­nell mehr­heit­lich den Links­de­mo­kra­ten nahe­ste­hen­den Frei­mau­rer ihre den Rechts­de­mo­kra­ten nahe­ste­hen­den Brü­der in wich­ti­ge Posi­tio­nen, wie es auch umge­kehrt der Fall ist. Im Ver­wal­tungs- und Auf­sichts­rat der Bank saßen die Brü­der ein­träch­tig zusam­men wie in ihren Logen, obwohl sie für die Öffent­lich­keit unter­schied­li­chen, ja geg­ne­ri­schen poli­ti­schen Lagern ange­hö­ren, Giu­sep­pe Mus­sa­ri neben Denis Ver­di­ni, um zwei kon­kre­te Bei­spie­le für den Mon­te zu nennen.

Groß­mei­ster Raf­fi, der selbst Rechts­be­ra­ter des Mon­te war, leug­net mit Nach­druck jeg­li­chen frei­mau­re­ri­schen Ein­fluß auf die Bank: Die Frei­mau­re­rei „hält nicht ihre Hand über dem Mon­te, sie kon­trol­liert nichts und ist auch gar nicht dar­an inter­es­siert, etwas zu kontrollieren“.

Wenn die Brüder „nichts“ kontrollieren, aber Banken kontrollieren

Aus der Tos­ka­na mit dem MPS kommt dann auch einer der poten­ti­el­len Nach­fol­ger Raf­fis als näch­ster Groß­mei­ster. Ste­fa­no Bisi, der Vor­sit­zen­de des Kol­le­gi­ums der ver­eh­rungs­wür­di­gen Mei­ster des Groß­ori­ents der Tos­ka­na, bestä­tig­te bereits öffent­lich sei­ne Bereit­schaft für das Amt.

Aber die Liste der Prä­ten­den­ten ist lang. Zu ihnen gehört Mor­ris Ghez­zi, Groß­red­ner des Groß­ori­ents von Ita­li­en, Pro­fes­sor der Rechts­so­zio­lo­gie an der Staat­li­chen Uni­ver­si­tät von Mai­land, Vor­stands­mit­glied der Huma­ni­sti­schen Gesell­schaft und der Gesell­schaft für die Feu­er­be­stat­tung. Bis hier­her eine eini­ger­ma­ßen typi­sche Frei­mau­rer­ge­schich­te, wäh­rend sei­ne poli­ti­sche Geschich­te auf den ersten Blick kurio­ser verlief.

1994 war Ghez­zi mit­ten im Schmier­geld­skan­dal Tan­gen­to­po­li, der Ita­li­ens Par­tei­en­land­schaft kol­la­bie­ren ließ, für nur vier Tage Kurz­zeit­vor­sit­zen­der der Sozia­li­sti­schen Par­tei Ita­li­ens in der mäch­ti­gen Pro­vinz Mai­land. Ghez­zi hat­te hin­ter den Kulis­sen bereits einen Wech­sel zu Sil­vio Ber­lus­co­ni vor­be­rei­tet, der damals mit sei­ner Par­tei For­za Ita­lia gera­de neu in den poli­ti­schen Ring stieg, um nach dem Zusam­men­bruch der tra­di­tio­nel­len Regie­rungs­par­tei­en eine kom­mu­ni­sti­sche Macht­über­nah­me zu verhindern.

Viele Bewerber, doch die Schwergewichte müssen erst noch aus der Deckung treten

Neben Ghez­zi fin­det sich mit Mas­si­mo Bian­chi noch ein wei­te­rer ehe­ma­li­ger Sozia­list unter den Bewer­bern um den Groß­mei­ster­stuhl. Auch Bian­chi, der­zeit stell­ver­tre­ten­der Groß­mei­ster, stammt aus der Tos­ka­na und war stell­ver­tre­ten­der Bür­ger­mei­ster von Livor­no. Obwohl er sich sehr um die Geschich­te der Frei­mau­re­rei bemüht und erst vor kur­zem gemein­sam mit den Links­de­mo­kra­ten der Tos­ka­na eine Stu­di­en­ta­gung über den Frei­mau­rer Adria­no Lem­mi orga­ni­sier­te, den Ban­kier, der das Risor­gi­men­to finan­zier­te, gilt er nicht als Favorit.

Auch die Logen von Nea­pel stel­len mit Gio­van­ni Espo­si­to, einem Wirt­schafts­be­ra­ter und stell­ver­tre­ten­den Schatz­mei­ster des Groß­ori­ents mit beson­de­rer Nähe zu Sil­vio Ber­lus­co­ni, einen Bewer­ber. Aus dem Süden kommt aber auch Anto­nio Semi­na­rio und zwar aus Kala­bri­en, das die zweit­größ­te Zahl an Logen­brü­den im gesam­ten Süden auf­wei­sen kann. Semi­na­rio steht dem Kol­le­gi­um der Mei­ster des dor­ti­gen Groß­ori­ents vor. Er orga­ni­sier­te soeben ein Semi­nar, um den Stuhl­mei­stern, den Logen­red­nern und den Zere­mo­nien­mei­stern ein­zu­schär­fen, wie man sich bei den Logen­ar­bei­ten zu ver­hal­ten habe.

Auf der Lin­ken tritt mit Gioele Magal­di an, um Groß­mei­ster Raf­fi zu beer­ben. Maga­li ist ein über­zeug­ter Sozia­list. Sein Vater war KP-Mit­glied. Mag­da­li ist ein eben­so über­zeug­ter Anhän­ger von Keynes und Roo­se­velt, ein „Nicht-Jude mit jüdi­schem Namen, weil schon mei­ne Eltern pro-israe­lisch und juden­freund­lich ein­ge­stellt waren“. Magal­di, der mit dem „Demo­kra­ti­schen Groß­ori­ent von Ita­li­en“ eine eige­ne frei­mau­re­ri­sche Rich­tung gegrün­det hat, baut sein Image auf Kri­tik an der der­zei­ti­gen Ver­men­gung von Poli­tik und Macht auf und prä­sen­tiert sich als Sau­ber­mann. Kon­kret rich­tet sich sei­ne offen links­ge­strick­te Kri­tik aber nur gegen Sil­vio Ber­lus­co­ni, den Lieb­lings­feind nicht nur der ita­lie­ni­schen Lin­ken, den Magal­di in einer Rei­he von „Offe­nen Brie­fen“ immer als „Bru­der Sil­vio“ anspricht. Chan­cen auf den Groß­mei­ster­stuhl wer­den ihm aller­dings kei­ne eingeräumt.

„Kardinal Martini wollte als Freimaurer initiiert werden“

Magal­di wid­me­te Car­lo Maria Kar­di­nal Mar­ti­ni SJ nach des­sen Tod einen „brü­der­li­chen“ Nach­ruf, der vor allem eine Ankla­ge gegen Papst Bene­dikt XVI. war. Dar­in behaup­te­te er, Kar­di­nal Mar­ti­ni, „beein­flußt von der gro­ßen geist­li­chen und mora­lisch pro­gres­si­ven Gestalt von Pater Pedro Arru­pe“, habe „Neu­gier­de für das frei­mau­re­ri­sche Wis­sen gezeigt und woll­te als frei­er Mau­rer initi­iert werden“.

Dem­nächst soll im Ver­lag Chia­re­let­te­re ein Buch von Magal­di erschei­nen, in dem er – laut Ankün­di­gung – die Namen zahl­rei­cher Frei­mau­rer bekannt­ge­ben will. Man darf eini­ger­ma­ßen sicher sein, daß er nur Namen von Frei­mau­rern ent­hül­len wird, die ande­ren inter­nen Rich­tun­gen ange­hö­ren. Ein Kapi­tel soll auch Kar­di­nal Mar­ti­ni gewid­met sein.

Die wirk­lich star­ken Kan­di­da­ten um die Groß­mei­ster­wür­de wer­den sich erst in die­sen Tagen in Rimi­ni zu erken­nen bzw. ihre Unter­stüt­zung für einen der Genann­ten bekannt geben.

Die Groß­lo­ge in Rimi­ni zeigt zudem, daß auch Frei­mau­rer mit der Mode gehen. Beson­ders In ist in die­sem Jahr die „Trag­ta­sche für den zusam­men­ge­fal­te­ten Schurz“, die von Eras­mo Noti­zie, dem Infor­ma­ti­ons­dienst des Groß­ori­ents bewor­ben wird. Sie besteht aus einer gro­ßen Tasche mit Reiß­ver­schluß und drei klei­nen Taschen, in denen man, so die Wer­bung, „ide­al den Schurz, die Hand­schu­he und ande­re Acces­soires“ unter­brin­gen könne.

Talk-Runden mit beschürzten Universitäts-Brüdern

Neben den „Arbei­ten“ der Groß­lo­ge sieht die Frei­mau­rer­groß­ta­gung in Rimi­ni ein reich­hal­ti­ges Rah­men­pro­gramm vor. Dazu gehö­ren eine Rei­he von Talk-Shows, die vom Jour­na­li­sten für Popu­lär­wis­sen­schaft und beken­nen­den Hom­o­ak­ti­vi­sten Ales­san­dro Cec­chi-Pao­ne mode­riert wer­den. Zu Gast sind Mei­nungs­trä­ger aus den Berei­chen Kul­tur und Wis­sen­schaft. Die erste Talk-Run­de befaß­te sich am 5. April mit dem The­ma „Staats­bür­ger­schaft und Ver­ant­wor­tung“ mit dem ehe­ma­li­gen Prä­si­den­ten des ita­lie­ni­schen Ver­fas­sungs­ge­richts Anto­nio Bald­as­sa­re, mit Enri­co Iachel­lo von der Uni­ver­si­tät Cata­nia, Aldo Masul­lo von der Uni­ver­si­tät Feder­i­co II von Nea­pel, Anto­nio Panai­no von der Uni­ver­si­tät Bolo­gna und gleich­zei­tig Chef­re­dak­teur der Frei­mau­rer-Zei­tung Hiram sowie dem bereits erwähn­ten Vale­rio Zanone.

Das The­ma des 6. April lau­te­te „Mul­ti­re­li­gio­si­tät und Ethik der Staats­bür­ger­schaft“ mit einer wei­te­ren Rei­he beschürz­ter Universitätsprofessoren.

Wäh­rend der drei­tä­ti­gen Logen­ar­beit kön­nen gleich drei Aus­stel­lun­gen besich­tigt wer­den: „Der Frei­mau­rer­tem­pel in Geschich­te und Tra­di­ti­on“, Zeug­nis­se der ita­lie­ni­schen Frei­mau­re­rei in der Welt“ und „Euro­pa: die Men­schen der Freiheit“.

Familiäre Logenbande: Silvia Roncheys „Hypatia“ und ihre antichristlichen Vorurteile

Vom Biblio­theks­dienst des Groß­ori­ents wer­den Kul­tur­tref­fen orga­ni­siert, so zum Bei­spiel „Ita­li­en und Kuba für eine Volks­frei­mau­re­rei“, an dem die höch­sten Ver­tre­ter der kuba­ni­sche Frei­mau­re­rei teil­neh­men, die die Grü­ße der Brü­der Castro über­brin­gen. Eben­so wer­den zahl­rei­che Buch­erschei­nun­gen von Frei­mau­rern und Sym­pa­thi­san­ten präsentiert.

Es erstaunt nicht, daß sich dar­un­ter auch die Histo­ri­ke­rin Sil­via Ron­chey, die jüngst mit dem geschichts­ver­zer­ren­den Buch „Die wah­re Geschich­te der Hypa­tia“ bekannt wur­de, das sich vor allem durch ihre eige­nen anti­ka­tho­li­schen und anti­christ­li­chen Vor­ur­tei­le aus­zeich­net. Ron­cheys Vater gehör­te der bereits mehr­fach erwähn­ten Repu­bli­ka­ni­schen Par­tei Ita­li­ens an und war von 1992 bis 1994 ita­lie­ni­scher Kulturminister.

Alber­to Ron­chey, damals einer der bekann­te­sten Jour­na­li­sten beim Cor­rie­re del­la Sera, dem Flagg­schiff der ita­lie­ni­schen Tages­pres­se, nahm 1969 in Mont Trem­blant in Kana­da am Bil­der­ber­ger Tref­fen teil. Er stand in der Brü­der-Hier­ar­chie weit oben. So weit, daß sei­ne Toch­ter in brü­der­li­cher Ver­bun­den­heit bei den Frei­mau­rern nicht nur eine gern­ge­se­he­ne Refe­ren­tin ist. Als im Novem­ber 2012 ihr Buch über Hypa­tia von der ört­li­chen Loge im sizi­lia­ni­schen Cata­nia vor­ge­stellt wur­de, rei­ste sogar Groß­mei­ster Raf­fi eigens an, um die Schluß­wor­te zu sprechen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Nicoloro/​Wikicommons

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2 Kommentare

  1. Dan­ke, Herr Nar­di! Wie­der ein sehr infor­ma­ti­ver, inter­es­san­ter Arti­kel. Ich kann nicht erken­nen, wer im „katho­li­schen deut­schen Inter­net“ katho​li​sches​.info das Was­ser rei­chen kann…

  2. Geht es Logen wirk­lich nur um Ethik oder auch um Politik?

    Was für eine Frage.

    Das was man die west­li­che Wer­te­ge­mein­schaft nennt ist nichts ande­res als Freimaurerei.
    Die USA sind frei­mau­re­risch, Eng­land ist es,Frankreich ist es,Italien ist es, und die deut­sche frei­heit­li­che Grund­ord­nung ist nichts ande­res als die frei­mau­re­ri­sche Grundordnung.

    Die Hoch­g­rad­frei­mau­re­rei ist auch hoch politisch.
    Frei­mau­re­rei heisst hier Rebel­li­on und Revo­lu­ti­on, bis die gro­ße Arbeit, die Umge­stal­tung der Welt im frei­mau­re­ri­schem Sinne,vollendet ist.

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