(Amsterdam) Die Euthanasiemaschine in den Niederlanden ist gut geölt. Die jährliche Zuwachsrate an registrierten Tötungsfällen von rund 10 Prozent belegt es. Doch jene, die schon seit langem für die Verbreitung eines „Rechts zu sterben“ kämpfen, scheinen sich damit keineswegs zufrieden zu geben.
Die NVEE, die Niederländische Vereinigung für das Recht zu sterben, erklärte, bis 2012 eine Klinik zu eröffnen, mit der sie allen Menschen „helfen“ wolle, die keinen Arzt fänden, der bereit wäre, sie bei einem „sanften Tod“ zu unterstützen. Laut Schätzungen soll es sich um eine Klinik handeln, die imstande wäre, jährlich mehr als 1000 Menschen zu töten. Zu diesen sollen nicht nur Kranke in Endstadium gehören, sondern auch psychisch Kranke oder altersdemente Personen. Daß es sich bei der neuen Einrichtung um eine Maschinerie großen Maßstabs handeln soll, die „fließbandmäßig“ von denen, „die es wünschen“, wie Lorenzo Schoepflin schrieb, den Tod herbeiführen soll, zeigt ein Vergleich mit den derzeitigen Zahlen. 2009 wurden in den Niederlanden 2600 Fälle von „Tötung auf Verlangen“ durchgeführt.
Die Klinik würde also allein 40 Prozent aller durchschnittlich registrierten Fälle „abwickeln“. Die niederländische Ärztevereinigung zeigte sich irritiert vom NVEE-Projekt. Ein Sprecher erklärte, daß eine solche Klinik den Tod „zu leicht“ machen würde, indem der Patient in einen Tunnel gedrängt werde, aus dem es nur mehr einen einzigen Ausweg gebe, nämlich getötet zu werden. Zweifel werden auch an einer effizienten Kontrolle und Überwachung der Klinik geäußert, ob die niederländischen Euthanasie-Richtlinien eingehalten würden.
Die NVEE machte sich unterdessen auf die Jagd nach Geldgebern für die Klinik, die nach den Vorstellungen der Vereinigung in unmittelbarer Nähe eines großen Krankenhauses oder einer Klinik für Kranke im Endstadium gebaut werden solle. Petra de Jong, die Direktorin der NVEE, verwies bei der Vorstellung des Projekts auf eine selbst durchgeführte Erhebung, wonach heute bereits in 80 Prozent aller niederländischen Krankenhäuser und Kliniken Euthanasie praktiziert werde. Dies würde den „konkreten Bedarf“ belegen.
In den Niederlanden ist zudem die Debatte um eine Ausdehnung eines „Rechts auf Euthanasie“ der über 70jährigen noch nicht verstummt. Im März 2010 waren dafür mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt und der Regierung übergeben worden. Diese erklärte, daß keine Änderungen des Euthanasiegesetzes vorgesehen seien. Wie das NVEE-Projekt einer Euthanasieanstalt zeigt, wird sie allerdings von der Euthanasiefront von mehreren Seiten unter Druck gesetzt.
Giuseppe Nardi