(Bern/Zürich) Nach der Hochrechnung der Schweizer Radio und Fernsehgesellschaft SRG haben am Wochenende 59% der Stimmenden Ja gesagt zum Verbot von Minaretten in der Schweiz.
Das Stimmvolk hat einer Volksinitiative überraschend zugestimmt, die nur aus einem einzigen Satz besteht, der in der Bundesverfassung verankert werden soll: „Der Bau von Minaretten ist verboten.“ Das Volksbegehren wurde im Juli 2008 mit knapp 115.000 Unterschriften von Einzelpersonen eingereicht, die der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Eidgenössischen Demokratischen Union (EDU) nahestehen.
„Die Schweizer wollen keinen politischen Islam hierzulande, keine Minarette, keine Muezzine und keine Scharia“, erklärte Nationalrat und Initiant Walter Wobmann, Mitglied der Schweizerischen Volkspartei (SVP), gegenüber dem Schweizer Fernsehen (SF) den überraschenden Erfolg. Jahrelang sei der Unmut in der Bevölkerung gegen den Bau von Minaretten „unter dem Deckel gehalten worden“, sagte er. Mit der Initiative habe das Volk eine Stimme erhalten.
Die Schweizer Bischöfe nennen den Entscheid des Stimmvolks in einer ersten Stellungnahme „ein Hindernis und eine große Herausforderung auf dem gemeinsamen Weg der Integration“. Es sei „offensichtlich nicht genügend gelungen, dem Stimmvolk vor Augen zu führen, daß das Bauverbot für Minarette das gute Zusammenleben der Religionen und Kulturen nicht fördert, sondern diesem im Gegenteil schadet“. Wörtlich schreiben die Bischöfe: „Der Abstimmungskampf mit seinen Übertreibungen und Verzeichnungen hat vor Augen geführt, daß der Religionsfriede keine Selbstverständlichkeit ist und immer wieder neu errungen werden muß.“ Das Ja zur Initiative mache die „Probleme unübersehbar, die sich aus dem Zusammenleben der Religionen und Kulturen ergeben“. Hauptvoraussetzung für die Bewältigung dieser Probleme sei, „daß die Bevölkerung im Zusammenleben von Religionen und Kulturen das nötige Vertrauen in unsere Rechtsordnung gewinnt und die angemessene Berücksichtigung aller Interessen gewährleistet sehen“. Dies zu erreichen, müsse die gemeinsame Aufgabe aller Menschen in der Schweiz sein. Die Schwierigkeiten im Zusammenleben der Religionen und Kulturen wiesen „über die Schweiz hinaus“, notiert das Statement. Das Bauverbot für Minarette werde „den bedrängten und verfolgten Christen in islamischen Ländern nichts nützen“, ja vielleicht sogar schaden.
Die Föderation Islamischer Dachverbände der Schweiz und die Koordination Islamischer Organisationen Schweiz haben die Annahme der Minarett-Initiative bedauert. Das Verbot, ihre Gotteshäuser mit einem Minarett zu schmücken, verstoße unter anderem gegen das Grundrecht der Religionsfreiheit.
[Update] Derzeit läuft auf Spiegel Online eine Leserumfrage zu einem Minarettverbot in Deutschlad. Demnach ist eine große Mehrheit für ein Verbot von Minaretten in Deutschland.
(JF)