New York Times verteidigt Papst durch Verharmlosung


Papst Franziskus
Papst Franziskus von der New York Times verteidigt.

(Rom) Am Sonn­tag kam es zur bri­san­te­sten Ent­hül­lung des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats, und das zu einem The­ma, das die Welt­pres­se umtreibt. Vom Vati­kan herrscht zum explo­si­ven Memo­ran­dum völ­li­ge Funk­stil­le. Die inter­na­tio­na­len Medi­en hin­ge­gen kön­nen die Ent­hül­lung nicht igno­rie­ren. Die füh­ren­den Main­stream-Medi­en ver­tei­di­gen Papst Fran­zis­kus nach der Stra­te­gie, Angriff ist die beste Ver­tei­di­gung, und spre­chen von einer „Intri­ge gegen den Papst“. Vor zwei Tagen, mit einer Vor­ankün­di­gung am spä­ten Sams­tag­abend, wur­de vom Vati­ka­ni­sten Mar­co Tosat­ti in ita­lie­ni­scher, spa­ni­scher und eng­li­scher Spra­che über drei Medi­en die­ser Sprach­räu­me die Denk­schrift eines Spit­zen­di­plo­ma­ten des Hei­li­gen Stuhls ver­öf­fent­licht. Der ehe­ma­li­ge Nun­ti­us in den USA, Car­lo Maria Viganò, doku­men­tier­te in einem Dos­sier von 14 Sei­ten, daß Papst Fran­zis­kus genau infor­miert war über den sexu­el­len Miß­brauch, des­sen sich Kar­di­nal Theo­do­re McCar­ri­ck, vor­mals Erz­bi­schof von Washing­ton und von Newark, schul­dig gemacht hatte.

Päpstliche Gedächtnislücken

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Inner­halb von nur einem hal­ben Jahr holt damit der zwei­te Fall den regie­ren­den Papst ein, bei dem sei­ne Aus­sa­gen mit sei­nem Han­deln nicht in Ein­klang ste­hen. Man könn­te es auch anders sagen: Es han­delt sich um zwei Fäl­le, jenen von Bischof Bar­ros in Chi­le und von Kar­di­nal McCar­ri­ck in den USA, bei denen – so die Kri­ti­ker – den Papst offen­sicht­lich sein Gedächt­nis im Stich ließ. In bei­den Fäl­len behaup­te­te Fran­zis­kus, nichts von den Anschul­di­gun­gen gegen die bei­den Prä­la­ten gewußt zu haben. Hät­te er davon gewußt, dann hät­te er sofort ein­ge­grif­fen, so die wie­der­hol­te Aus­sa­ge des argen­ti­ni­schen Papstes.

Viganò-Dossier
Viganò-Dos­sier

In bei­den Fäl­len wur­de dann aber der Nach­weis erbracht, daß Papst Fran­zis­kus bereits seit Jah­ren und detail­liert infor­miert war. Zu Reak­tio­nen kam es erst, als die inter­na­tio­na­le Pres­se dar­über berich­te­te. Kei­nes­wegs unzu­tref­fend könn­te gesagt wer­den, daß Fran­zis­kus in bei­den Fäl­len erst reagier­te, als die New York Times Kri­tik an sei­ner Amts­füh­rung anklin­gen ließ. Bischof Juan Bar­ros Madrid, den Fran­zis­kus Anfang 2015 zum Bischof von Osor­no ernannt hat­te, wur­de im Juni von Fran­zis­kus eme­ri­tiert. Drei­ein­halb Jah­re zu spät, wie Kri­ti­ker mei­nen. Kar­di­nal McCar­ri­ck wur­de von Papst Bene­dikt XVI. bald nach sei­ner Wahl, aller­dings noch bei ganz ande­rer Fak­ten­la­ge, eme­ri­tiert und dann, nach wei­te­ren Ermitt­lun­gen, zu einem Leben der Buße und des Gebets ver­ur­teilt. Wie der Vati­kan­di­plo­mat und Kuri­en­erz­bi­schof Viganò nun ent­hüll­te, reha­bi­li­tier­te Papst Fran­zis­kus McCar­ri­ck, obwohl der neue Papst detail­liert über die Ver­ge­hen des Kar­di­nals infor­miert war. Dafür hat­te Viganò als dama­li­ger Apo­sto­li­scher Nun­ti­us in den USA per­sön­lich durch sei­ne Berich­te nach Rom gesorgt. Erst als die New York Times, aus bis­her noch nicht geklär­ten Grün­den, mit zwei Arti­keln das Dop­pel­le­ben des Kar­di­nals ent­hüll­te, reagier­te Fran­zis­kus und ent­zog dem US-Pur­pur­trä­ger in einem auf­se­hen­er­re­gen­den Schritt sogar die Kardinalswürde.

Warnung vor Homo-Kabale in der (und gegen die) Kirche

Im Zusam­men­hang mit der am Sonn­tag erfolg­ten Ver­öf­fent­li­chung des Viganò-Dos­siers wur­de der Rück­tritt von Papst Fran­zis­kus gefor­dert. Cor­ri­spon­den­za Roma­na nann­te Viganò einen „muti­gen Prä­la­ten“. Papst-Kri­tik wird unter Fran­zis­kus weit weni­ger gelit­ten als unter sei­nen bei­den Vor­gän­gern. Der Vati­kan reagier­te auf die Ent­hül­lun­gen bis­her mit einer Stra­te­gie des Schwei­gens. Bereits auf dem Rück­flug von Irland hat­te Fran­zis­kus das The­ma beim Gespräch mit den Jour­na­li­sten aus­ge­klam­mert. Wört­lich sag­te Fran­zis­kus auf die Fra­ge einer CBS-Journalistin:

„Ich wür­de es vor­zie­hen – wenn ich auch auf Ihre Fra­ge ant­wor­ten wer­de –, wür­de es vor­zie­hen, daß wir zuerst über die Rei­se spre­chen und dann über ande­re The­men…, aber ich ant­wor­te. Ich habe heu­te mor­gen jene Erklä­rung gele­sen. Ich habe sie gele­sen und muß ehr­lich sagen, Ihnen und allen von Ihnen, die dar­an inter­es­siert sind: Lesen Sie selbst, auf­merk­sam, die Erklä­rung und bil­den Sie sich selbst Ihr Urteil. Ich wer­de kein Wort dazu sagen.“

Den­sel­ben Weg gehen auch die vati­ka­ni­schen Medi­en und das Pres­se­amt. Das The­ma exi­stiert für den Hei­li­gen Stuhl nicht. Dabei nennt Kuri­en­erz­bi­schof Viganò nicht nur Umstän­de, son­dern auch Namen, die den Vati­kan mehr als hell­hö­rig machen müß­ten. Im Dos­sier fin­det sich nicht nur der Name von Ex-Kar­di­nal McCar­ri­ck, son­dern auch wei­te­rer Bischö­fe. Er wirft ihnen Homo­se­xua­li­tät vor und spricht von einer Homo-Kaba­le in der Kir­che. Dabei gehe es nicht nur um Homo-Seil­schaf­ten, son­dern um die Ände­rung der kirch­li­chen Leh­re zur Homo­se­xua­li­tät. Viganò stellt dabei einen direk­ten Zusam­men­hang zwi­schen einem homo­se­xu­el­len Kle­rus und dem Skan­dal des sexu­el­len Kin­des­miß­brauchs her.

Tosatti: „Habe Erzbischof Viganò überzeugt, Dossier zu verfassen“

Der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti, der die Ent­hül­lun­gen am Sonn­tag publi­ziert hat­te, sag­te unter­des­sen der inter­na­tio­na­len Pres­se­agen­tur Asso­cia­ted Press, er habe Kuri­en­erz­bi­schof Viganò über­zeugt, das Memo­ran­dum zu ver­fas­sen und ihm dabei gehol­fen. Grund sei die Ver­öf­fent­li­chung des Penn­syl­va­nia-Berichts gewe­sen. Homo­se­xu­el­le Kle­ri­ker, ob Prie­ster oder Bischö­fe, wür­den die Kir­che in einen „mora­li­schen Bank­rott“ trei­ben. Die Schand­ta­ten von Prie­stern sei­en in dem Aus­maß, wie ihn der Penn­syl­va­nia-Bericht auf­zeigt, nur mög­lich gewor­den, weil sie von eini­gen Bischö­fen gedeckt wur­den, so Tosat­ti. Genau das hat­te ihm Viganò mit kon­kre­ten Namen und Fak­ten bestätigt.

Die bereits erwähn­te New York Times, das Flagg­schiff des glo­ba­len, links­li­be­ra­len Main­streams, wähl­te ihre eige­nen Stra­te­gie. Ähn­lich gesinn­te „Leit­me­di­en“ fol­gen ihr dar­in. Trotz der Ent­hül­lun­gen mit ihren schwer­wie­gen­den Anschul­di­gun­gen steht das Ost­kü­sten­blatt an der Sei­te von Papst Fran­zis­kus. Die Ohr­fei­gen, die die­sel­be Zei­tung in der­sel­ben Situa­ti­on gegen Bene­dikt XVI. aus­ge­teilt hät­te, las­sen sich gar nicht ermes­sen. Die Reak­ti­on hät­te sich viel­mehr an die Spit­ze einer Kam­pa­gne gestellt, mit der sein sofor­ti­ger Rück­tritt ver­langt wor­den wäre. Zur Erin­ne­rung: Kurz vor sei­nem Amts­ver­zicht ver­such­ten bestimm­te Krei­se mit Kon­tak­ten bis ins Wei­ße Haus, wo damals Barack Oba­ma saß, Papst Bene­dikt XVI. wegen weit weni­ger vor ein inter­na­tio­na­les Straf­tri­bu­nal in Den Haag zu zer­ren. Ganz anders ver­hal­ten sich die­sel­ben Krei­se gegen­über Papst Franziskus.

Verharmlosung durch New York Times – Ablenkung durch Süddeutsche Zeitung

Das The­ma kann zwar nicht ver­schwie­gen wer­den. Die­sen Weg kann der Vati­kan gehen, aber nicht eine inter­na­tio­na­le Tages­zei­tung wie die New York Times. Alle Fak­ten wer­den daher berich­tet, dabei jedoch der Ein­druck ver­mit­telt, es hand­le sich ledig­lich um eine Intri­ge papst­kri­ti­scher, „kon­ser­va­ti­ver“ Kir­chen­krei­se. Die Über­schrift des Arti­kels weist bereits die Rich­tung der Ver­harm­lo­sung: „Pope Fran­cis, the Accu­sa­ti­ons and the Back Sto­ry“ (Papst Fran­zis­kus, die Anschul­di­gun­gen und die Hin­ter­grün­de). Auf der einen Sei­te stün­de der Papst der Erneue­rung und der Moder­ni­sie­rung, auf der ande­ren Sei­te „ultra­kon­ser­va­ti­ve Hard­li­ner“. Die­se Begrif­fe wur­den zwar nicht expli­zit im genann­ten Arti­kel ver­wen­det, aber bereits viel­fach in frü­he­ren Artikeln.

Für die New York Times gibt es eine kla­re Front­stel­lung in der Kir­che, wobei das Blatt kein Hehl aus sei­nen Sym­pa­thien für Fran­zis­kus macht. Immer­hin weiß man sich in zahl­rei­chen The­men einig, vor allem in der Ableh­nung von US-Prä­si­dent Donald Trump. Zur Ver­deut­li­chung erwähn­te die Zei­tung auch im Zusam­men­hang mit den Viganò-Ent­hül­lun­gen die Dubia-Kar­di­nä­le Brand­mül­ler, Caf­farra, Mül­ler und Meis­ner nament­lich, um zu sagen, das sei­en die­sel­ben Krei­se. Die Süd­deut­sche Zei­tung ging den­sel­ben Weg und titel­te noch offen­si­ver: „Vati­kan: Intri­ge gegen den Papst“. Die Par­tei­nah­me ist so offen­sicht­lich, daß sie für sich einen Aus­sa­ge­wert nahe­legt. Er scheint zu besa­gen, daß sich nicht nur im Vati­kan man­che der gan­zen Spreng­kraft der Ent­hül­lun­gen von Erz­bi­schof Viganò bewußt sind. Der ehe­ma­li­ge Spit­zen­di­plo­mat des Vati­kans, Kuri­en­erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, for­mu­lier­te näm­lich eine kla­re Forderung:

„Jetzt muß Papst Fran­zis­kus zurücktreten“.

Die New York Times ver­öf­fent­lich­te gestern auch einen Kom­men­tar von Matthew Schmitz der füh­ren­de kon­ser­va­ti­ven Zeit­schrift der USA, First Things, der vom Kampf zwi­schen „Libe­ra­len“ und „Tra­di­tio­na­li­sten“ in der Kir­che schrieb, der sich für die Welt­kir­che vor allem in den USA ent­schei­de. Schmitz schrieb auch:

„Papst Fran­zis­kus muß zurück­tre­ten. Die­se Schluß­fol­ge­rung ist unaus­weich­lich, wenn die Vor­wür­fe, die in einem Schrei­ben von Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò ent­hal­ten sind, der Wahr­heit entsprechen“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: New York Times (Screen­shot)

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