Man kann eine falsche Beziehung zu Gott leben


Generalaudienz

Lie­be Brü­der und Schwestern,
guten Tag!

Wir set­zen die Kate­che­sen über die Gebo­te fort und wen­den uns heu­te dem Gebot zu: »Du sollst den Namen des Herrn, dei­nes Got­tes, nicht miss­brau­chen« (Ex 20,7). Zu Recht ver­ste­hen wir die­ses Wort als Auf­for­de­rung, den Namen Got­tes nicht zu belei­di­gen und zu ver­mei­den, ihn in unpas­sen­der Wei­se aus­zu­spre­chen. Die­se kla­re Bedeu­tung macht uns bereit, die­se kost­ba­ren Wor­te wei­ter zu ver­tie­fen: den Namen Got­tes nicht zu miss­brau­chen, ihn nicht in unpas­sen­der Wei­se auszusprechen.

Hören wir noch bes­ser hin. »Du sollst nicht gebrau­chen « über­setzt einen Aus­druck, der – im Hebräi­schen eben­so wie im Grie­chi­schen – wört­lich bedeu­tet: »Du sollst nicht an dich neh­men, du sollst nicht auf dich neh­men« Der Aus­druck »miss­brau­chen« ist noch deut­li­cher und bedeu­tet soviel wie »leer, unnütz« gebrau­chen. Und er nimmt Bezug auf eine lee­re Hül­le, auf eine Form ohne Inhalt. Das ist der Wesens­zug der Heu­che­lei, des For­ma­lis­mus und der Lüge: die Wor­te oder den Namen Got­tes gebrau­chen, aber leer, ohne Wahrheit.

In der Bibel ist der Name die inne­re Wahr­heit der Din­ge und vor allem der Men­schen. Der Name steht oft für die Sen­dung. Zum Bei­spiel emp­fan­gen Abra­ham im Buch Gene­sis (vgl. 17.5) und Simon Petrus in den Evan­ge­li­en (vgl. Joh 1,42) einen neu­en Namen, um den Rich­tungs­wech­sel in ihrem Leben anzu­zei­gen. Und den Namen Got­tes wirk­lich ken­nen­zu­ler­nen führt zur Ver­wand­lung des eige­nen Lebens: Von dem Augen­blick an, in dem Mose den Namen Got­tes ken­nen­lernt, ändert sich sei­ne Geschich­te (vgl. Ex 3,13–15). In den jüdi­schen Riten wird der Name Got­tes am Ver­söh­nungs­tag fei­er­lich aus­ge­ru­fen, und dem Volk wird ver­ge­ben, weil man durch den Namen mit dem Leben Got­tes, der Barm­her­zig­keit ist, in Berüh­rung kommt.

»Den Namen Got­tes auf sich neh­men« heißt also, sei­ne Wirk­lich­keit auf uns zu neh­men, in eine star­ke, in eine enge Bezie­hung zu ihm zu tre­ten. Für uns Chri­sten ist die­ses Gebot die Mah­nung, uns dar­an zu erin­nern, dass wir getauft sind »im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes«, wie wir jedes Mal sagen, wenn wir das Kreuz­zei­chen machen, um unser täg­li­ches Han­deln in Gemein­schaft mit der gefühl­ten und wirk­li­chen Gemein­schaft mit Gott, also in sei­ner Lie­be zu leben. Und dazu, zum Kreuz­zei­chen machen, möch­te ich noch ein­mal her­vor­he­ben: Lehrt die Kin­der, das Kreuz­zei­chen zu machen. Habt ihr gese­hen, wie die Kin­der es tun? Wenn man zu den Kin­dern sagt: »Macht das Kreuz­zei­chen«, dann tun sie etwas, von dem sie nicht wis­sen, was es ist. Sie ver­ste­hen es nicht, das Kreuz­zei­chen zu machen! Lehrt sie, es im Namen des Vaters, des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes zu machen. Der erste Glau­bens­akt eines Kin­des. Eine Auf­ga­be für euch, eine Auf­ga­be, die ihr über­neh­men sollt: die Kin­der zu leh­ren, das Kreuz­zei­chen zu machen.

Man kann sich fra­gen: Ist es mög­lich, den Namen Got­tes heuch­le­risch auf sich zu neh­men, als For­ma­li­tät, in der Lee­re? Die Ant­wort ist lei­der posi­tiv: Ja, das ist mög­lich. Man kann eine fal­sche Bezie­hung zu Gott leben. Jesus sag­te es zu den Schrift­ge­lehr­ten; sie taten etwas, aber sie taten nicht das, was Gott woll­te. Sie spra­chen von Gott, aber sie taten nicht den Wil­len Got­tes. Und der Rat, den Jesus gibt, lau­tet: »Tut, was sie euch sagen, aber nicht das, was sie tun.« Man kann eine fal­sche Bezie­hung zu Gott leben, wie jene Men­schen. Und die­ses Wort aus den Zehn Gebo­ten ist die Ein­la­dung zu einer Bezie­hung zu Gott, die nicht falsch ist, ohne Heu­che­lei, eine Bezie­hung, in der wir ihm alles anver­trau­en, was wir sind. Im Grun­de stel­len wir bis zu dem Tag, an dem wir mit dem Herrn das Leben ris­kie­ren und per­sön­lich erfah­ren, dass in ihm das Leben ist, nur Theo­rien auf.

Das ist das Chri­sten­tum, das die Her­zen berührt. War­um kön­nen die Hei­li­gen die Her­zen so sehr berüh­ren? Weil die Hei­li­gen nicht nur reden, son­dern uns bewe­gen! Unser Herz wird bewegt, wenn ein hei­li­ger Mensch zu uns spricht. Und sie kön­nen es, weil wir in den Hei­li­gen das sehen, nach dem unser Herz zutiefst ver­langt: Authen­ti­zi­tät, wah­re Bezie­hun­gen, Radi­ka­li­tät. Und das sieht man auch in den »Hei­li­gen von neben­an «: Das sind zum Bei­spiel die vie­len Eltern, die ihren Kin­dern das Vor­bild eines kon­se­quen­ten, ein­fa­chen, ehr­li­chen und groß­her­zi­gen Lebens vor Augen stellen.

Wenn immer mehr Chri­sten den Namen Got­tes ohne Falsch­heit auf sich neh­men – und so die erste Bit­te des Vater­un­sers prak­ti­zie­ren: »Gehei­ligt wer­de dein Name« –, dann wird die Ver­kün­di­gung der Kir­che mehr gehört und glaub­wür­di­ger. Wenn unser kon­kre­tes Leben den Namen Got­tes offen­bart, dann sieht man, wie schön die Tau­fe ist und welch ein gro­ßes Geschenk die Eucha­ri­stie ist, wel­che erha­be­ne Ver­ei­ni­gung zwi­schen unse­rem Leib und dem Leib Chri­sti besteht: Chri­stus in uns und wir in ihm! Ver­eint! Das ist kei­ne Heu­che­lei, das ist Wahr­heit. Das bedeu­tet nicht, wie ein Papa­gei zu reden oder zu beten, son­dern es bedeu­tet, mit dem Her­zen zu beten, den Herrn zu lieben.

Seit dem Kreuz Chri­sti kann nie­mand sich selbst ver­ach­ten und schlecht vom eige­nen Leben den­ken. Nie­mand und nie! Ganz gleich, was er getan hat. Denn der Name eines jeden von uns liegt auf den Schul­tern Chri­sti. Er trägt uns! Es lohnt sich, den Namen Got­tes auf uns zu neh­men, weil er unse­ren Namen bis ins Äußer­ste auf sich genom­men hat, auch das Böse, das in uns ist; er hat es ange­nom­men, um uns zu ver­ge­ben, um sei­ne Lie­be in unser Herz zu legen. Daher ver­kün­det Gott in die­sem Gebot: »Nimm mich auf dich, weil ich dich auf mich genom­men habe.« Jeder kann den hei­li­gen Namen des Herrn anru­fen, der die treue und barm­her­zi­ge Lie­be ist, in wel­cher Situa­ti­on auch immer er sich befin­det. Gott wird nie­mals »nein« sagen zu einem Her­zen, das ihn auf­rich­tig anruft. Und keh­ren wir zu den Haus­auf­ga­ben zurück: die Kin­der leh­ren, das Kreuz­zei­chen gut zu machen.

* * *

Ein herz­li­ches Will­kom­men allen Brü­dern und Schwe­stern deut­scher Spra­che, beson­ders den Pil­gern der Diö­ze­se Graz-Seckau unter Lei­tung ihres Bischofs Wil­helm. Als Chri­sten tra­gen wir den Namen Chri­sti. Das bedeu­tet, dass wir mit unse­rem gan­zen Leben Zeu­gen des leben­di­gen Got­tes und sei­ner barm­her­zi­gen Lie­be sind. Für die­ses Zeug­nis seg­ne Gott euch und eure Familien!

 

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