Ein Jahr Hausarrest für Erzbischof Philip Wilson


Philip Wilson
Emeritierter Erzbischof von Adelaide muß ein Jahr in den Hausarrest. Als Neupriester hatte er vor mehr als 40 Jahren den sexuellen Mißbrauch seines Pfarrers nicht zur Anzeige gebracht.

(Ade­lai­de) Der eme­ri­tier­te Erz­bi­schof Phil­ip Wil­son von Ade­lai­de ist der rang­höch­ste Kir­chen­ver­tre­ter, der in Austra­li­en wegen Ver­tu­schung von sexu­el­lem Miß­brauch ver­ur­teilt wur­de. Heu­te wur­de ent­schie­den, daß er die Haft im Haus­ar­rest ver­brin­gen muß.

Anzei­ge

Ein Gericht in New­cast­le ver­ur­teil­te den 67 Jah­re alten Erz­bi­schof zu einem Jahr Haus­ar­rest. Er wur­de schul­dig befun­den, den ihm zur Kennt­nis gelang­ten Fall des pädo­phi­len Prie­sters James Flet­cher, nicht bei der Poli­zei zur Anzei­ge gebracht zu haben.

James Flet­cher hat­te sich in den 70er Jah­ren in der Gegend von Hun­ter Val­ley an zwei Mini­stran­ten ver­gan­gen, als Wil­son, der 1975 die Prie­ster­wei­he emp­fan­gen hat­te, sein Hilfs­prie­ster war. Flet­chers Pfar­rei war die erste seel­sorg­li­che Auf­ga­be, die dem Neu­prie­ster Wil­son damals zuge­wie­sen wor­den war.

1996 wur­de Wil­son zum Bischof von Wol­lon­gong ernannt. 2000 folg­te die Ernen­nung zum Erz­bi­schof-Koad­ju­tor von Ade­lai­de. 2001 wur­de er dort Erzbischof.

Flet­cher starb an 2006 an einem Schlag­an­fall, als er wegen des Miß­brauchs­fal­les ver­ur­teilt wer­den sollte.

Erz­bi­schof Wil­son wur­de nun vor Gericht gestellt und ihm vor­ge­wor­fen, er habe mehr als 40 Jah­re zuvor als jun­ger Hilfs­prie­ster die Straf­ver­fol­gung Flet­chers „ver­hin­dert“, weil er ihn damals nicht zur Anzei­ge gebracht hatte.

Am ver­gan­ge­nen 22. Mai wur­de Msgr. Wil­son von Rich­ter Robert Stone von New­cast­le schul­dig gespro­chen. Er stell­te sein Amt ruhend. Papst Fran­zis­kus ernann­te am 3. Juni einen Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor für das Bis­tum. Wil­son bekennt sich für nicht schul­dig und gab bekannt, gegen das Urteil Beru­fung ein­le­gen zu wol­len. Einen Rück­tritt lehn­te er des­halb auch nach der erst­in­stanz­li­chen Ver­ur­tei­lung ab.

Am 19. Juli mel­de­te sich sogar Austra­li­ens Pre­mier­mi­ni­ster Mal­colm Turn­bull zu Wort und for­der­te Papst Fran­zis­kus auf, Wil­son zu eme­ri­tie­ren. Am 30. Juli gab der Erz­bi­schof schließ­lich sei­nen Rück­tritt bekannt, den Fran­zis­kus offen­bar von ihm ein­ge­for­dert hatte.

Heu­te wur­de vom Gericht bekannt­ge­ge­ben, daß Msgr. Wil­son sei­ne Haft im Haus­ar­rest ver­brin­gen dür­fe, also nicht ins Gefäng­nis muß. Als Ort des Haus­ar­re­stes wur­de ihm der Wohn­ort sei­ner Schwe­ster zuge­wie­sen. Nach Ver­bü­ßung von sechs Mona­ten sieht er austra­li­sche Straf­voll­zug die Mög­lich­keit vor, auf Bewäh­rung vor­zei­tig ent­las­sen zu werden.

Rich­ter Stone begrün­de­te die Stra­fe mit dem Man­gel an Reue. Msgr. Wil­son habe vor­dring­lich nur an das Wohl der Kir­che gedacht. Es sei zwar unwahr­schein­lich, daß der Bischof noch ein­mal so han­deln wür­de, den­noch sei eine Stra­fe not­wen­dig als Abschreckung für andere.

Bischof Greg O’Kelly SJ vo Port Pirie, den Fran­zis­kus zum Apo­sto­li­schen Admi­ni­stra­tor des Erz­bis­tums Ade­lai­de ernannt hat­te, erklär­te, er bete für Wil­son, der die­sen neu­en Abschnitt in sei­nem Leben begin­nen müs­se, und für alle Opfer des Miß­brauchs in der Kirche“.

Erz­bi­schof Wil­son wur­de Alz­hei­mer im Früh­sta­di­um diagnostiziert.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL (Screen­shot)

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1 Kommentar

  1. Man muß sich das mal vorstellen:
    Vor rund 40 Jah­ren war Bischof Wil­son qua­si ein Hilfs­prie­ster, dem jetzt vor­ge­wor­fen wird sei­nen „Chef“ damals nicht ange­zeigt zu haben.
    Zu so etwas gehört schon sehr viel Courage.
    Zudem sind 40 Jah­re eine sehr lan­ge Zeit. Mag sein, dass die Ver­jäh­rungs­fri­sten in Austra­li­en deut­lich län­ger sind als bei uns. Trotz­dem, eine sehr lan­ge Zeitspanne.
    Ohne Kennt­nis der austra­li­schen Rechts­la­ge und der genau­en Umstän­de behaup­te ich, dass dort ein­fach ein kir­chen­feind­li­ches Exem­pel gesetzt wur­de. Wäre Bischof Wil­son ein gewöhn­li­cher Laie, so hät­te er sicher kei­ne Angst vor einer Veur­tei­lung haben müssen.

    Man darf auch nicht ver­ges­sen, dass es in Austra­li­en einen Gesetz­ent­wurf gibt, dass ein Prie­ster der in der Beich­te von sexu­el­lem Miss­brauch erfährt, dies dann der Poli­zei mel­den muß – unter Ver­let­zung des Beichtgeheimnisses.
    Bei Zuwie­der­hand­lun­gen dro­hen ent­we­der hohe Geld­stra­fen oder Haft.
    Ein unge­heu­rer Vorgang !!

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