Realisierung der neuen Theologie


Heinfels
Heinfels: liturgisch neue Anordnung

(Wien) Kir­chen­um­bau­ten unter­la­gen stets zeit­be­ding­ten Moden. Den­noch kri­ti­sie­ren Fach­leu­te, dar­un­ter der Kunst- und Kul­tur­kri­ti­ker Fran­ces­co Cola­femmi­na, einer­seits die „Ent­lee­rung“ im moder­nen Kir­chen­bau und ande­rer­seits die Anthro­po­zen­trik, die den Men­schen in den Mit­tel­punkt stellt. Die Anto­ni­us­kir­che von Hein­fels wur­de zum Bei­spiel der Avant­gar­de.

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Die Beto­nung des Men­schen, man könn­te auch Selbst­be­weih­räu­che­rung sagen, führt – wie die ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te auf beein­drucken­de Wei­se gezeigt haben –, zu einer mehr oder weni­ger sub­ti­len Ver­drän­gung Got­tes. Phy­sisch erfolg­te die Ver­drän­gung durch die Ver­la­ge­rung des Taber­na­kels vom Hoch­al­tar in eine Sei­ten­ka­pel­le, ein Sei­ten­schiff oder ganz aus der Kir­che hin­aus. Der Hoch­al­tar wur­de durch die Lit­ur­gie­re­form von 1969 nicht nur sei­ner Auf­ga­be ent­blößt, son­dern dadurch auch entleert.

Mit dem Pro­te­stan­tis­mus hielt erst­mals in Straß­burg in den 30er Jah­ren des 16. Jahr­hun­derts die Umdre­hung der Zele­bra­ti­ons­rich­tung Ein­zug. Ein tief­grei­fen­der und radi­ka­ler Para­dig­men­wech­sel. Mit der Lit­ur­gie­re­form der 60er Jah­re wur­de nach 450 Jah­ren die den Gläu­bi­gen zuge­wand­te, pro­te­stan­ti­sche Zele­bra­ti­ons­rich­tung von der katho­li­schen Kir­che übernommen.

Die Ent­wick­lung geht jedoch wei­ter. Selbst die­se Form gilt in zwei­er­lei Hin­sicht als unge­nü­gend. Sie sei zu wenig „demo­kra­tisch“, weil noch immer einer, der Prie­ster, vor­ne ste­he. Damit wer­de die hier­ar­chi­sche Struk­tur betont, die dem „all­ge­mei­nen Prie­ster­tum“ wider­spre­che. Zudem sol­le die „Hand­lung“ der Mes­se, das Mahl als Aus­druck der Gemein­schaft und des Tei­lens, noch mehr in den Mit­tel­punkt gerückt werden.

Nach­dem die Hoch­al­tä­re ihre Funk­ti­on ver­lo­ren haben, aber als „Relik­te“ durch eine unver­ständ­li­che Altardop­pe­lung (Hoch­al­tar, Volks­al­tar) noch an ande­re lit­ur­gi­sche Zei­ten erin­nern, wer­den sie ganz ent­fernt oder unbrauch­bar gemacht. Der Volks­al­tar wird ganz aus dem Pres­by­te­ri­um, dem Hei­lig­sten der Kir­che, hin­aus­ver­legt in das dem Volk zugäng­li­che und eigent­lich vor­be­hal­te­ne Kirchenschiff.

Kirche des heiligen Antonius von Padua in Panzendorf, Gemeinde Heinfels, vor der Renovierung
Kir­che des hei­li­gen Anto­ni­us von Padua in Pan­zen­dorf, Gemein­de Hein­fels, vor der Renovierung

Die­se „per­fek­te“ Auf­lö­sung wur­de soeben in einem Tiro­ler Berg­dorf ver­wirk­licht. Die Neu­ge­stal­tung der St. Anto­ni­us-Kir­che in Hein­fels (Ober­pu­ster­tal) aus dem 17. Jahr­hun­dert trägt die Hand­schrift der zustän­di­gen Gre­mi­en des Bis­tums Inns­bruck, zu dem Ort und Kir­che seit 1964 gehören.

Ästhe­tisch wirkt der Ein­druck gelun­gen. Ent­schei­den­der ist jedoch die Fra­ge nach der Theo­lo­gie, die durch die Umge­stal­tung zum Aus­druck kom­men soll.

Die Kir­che wur­de „revi­ta­li­siert“, was kon­kret bedeu­tet, daß der alte Hoch­al­tar nur mehr als Taben­akel dient, und die Kir­chen­bän­ke kreis­för­mig um einen Altar­tisch in der Mit­te ange­ord­net wur­den. Gleich­viel Gläu­bi­ge sehen den Prie­ster nun von seit­lich vor­ne, von ganz seit­lich oder von seit­lich hin­ten. Nie­mand steht ihm mehr genau gegen­über, wie es seit der Lit­ur­gie­re­form der Fall war. Die Fra­ge der Ostung, bzw. der Gott zuge­wand­ten Zele­bra­ti­on- und Gebets­rich­tung, stellt sich in der neu­en Anord­nung erst gar nicht mehr. Die „Demo­kra­ti­sie­rung“ erleb­te einen deut­li­chen Schub. Die Gläu­bi­gen, wel­che theo­lo­gi­sche Bewandt­nis es immer damit haben mag, sind nun „ganz nahe“ am Gesche­hen. Das Pres­by­te­ri­um exi­stiert nicht mehr. Es gibt kei­nen „hei­li­gen Boden“ mehr, von dem Gott im bren­nen­den Dorn­busch zu Moses sprach, und der sich vom Tem­pel in Jeru­sa­lem auf die Kir­chen über­tra­gen hat­te. Es gibt auch kei­ne Stu­fen mehr, die zum Altar hin­auf­füh­ren. Das Introi­bo ad alta­re Dei, wie es im Stu­fen­ge­bet des über­lie­fer­ten Ritus heißt, wird in der neu­en Anord­nung unmög­lich gemacht. Unmög­lich machen ist dabei ein wich­ti­ges Stichwort.

Ins­ge­samt drängt sich der Ver­dacht einer Strö­mung in diö­ze­sa­nen Bau­äm­tern auf, durch Umge­stal­tun­gen die Zele­bra­ti­on im über­lie­fer­ten Ritus zu behin­dern, wenn nicht unmög­lich zu machen.

Rund mit Tisch und Bischof
Rund mit Tisch und Bischof

Der Altar „steht jetzt in der Mit­te des Kirch­ls“, wie die Klei­ne Zei­tung berich­te­te. Wor­in sich wel­che Form von zen­tri­scher Sicht­wei­se mate­ria­li­siert hat?

Der zustän­di­ge Dekan Anno Schul­te-Her­brüg­gen spricht von einer „stein gewor­de­nen Theo­lo­gie. Wir haben nun einen Raum, der sam­melt“. Die Klei­ne Zei­tung über­setzt sei­ne Wor­te mit: Der Raum „füh­re die Men­schen zusammen“.

Da wäre sie wie­der, die Anthro­po­zen­trik: Der Mensch, der sich selbst sein Mit­tel­punkt ist, nicht der ein­zel­ne, aber in der Gemein­schaft. Soll damit gesagt sein, daß eine Mes­se nur mehr anthro­po­zen­trisch, aber nicht mehr theo­zen­trisch denk­bar ist? Der in jüng­ster Zeit so beton­te Begriff „Got­tes­dienst“ wäre dann aller­dings wohl auch zu überdenken.

Posi­tiv zu ver­mer­ken ist, daß der Hoch­al­tar a.D. samt Taber­na­kel erhal­ten geblie­ben ist, und auch die neu­en Kir­chen­bän­ke Knie­bän­ke haben. Längst kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit mehr, wie selbst Kir­chen­neu­bau­ten an inter­na­tio­na­len Wall­fahrts­or­ten wie San Gio­van­ni Roton­do, Fati­ma und Lour­des zeigen.

Das Bau­amt des Bis­tums Inns­bruck, das für die Neu­ge­stal­tung ver­ant­wort­lich zeich­net, betont, daß das „revi­ta­li­sier­te“ Anto­ni­us­kirchl in Ost­ti­rol, „die ein­zi­ge Kir­che mit die­ser Anord­nung“ sei.

Die Kosten für die Umge­stal­tung belau­fen sich auf 330.000 Euro.

Am 3. Juni kam Inns­brucks neu­er Bischof Her­mann Glett­ler zur Wei­he nach Heinfels.

Zu Bischof Glett­ler siehe:

Text: Mar­tha Burger
Bild: Klei­ne Zei­tung (Screenshot)/Wikicommons

 

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1 Kommentar

  1. „Ästhe­tisch wirkt der Ein­druck gelungen.“
    Dage­gen mel­de ich ern­ste Zwei­fel an.
    Der Raum sieht unge­müt­lich und über­mä­ßig mit son­der­ba­rer Möbela­ge aus­ge­füllt aus. Er kann nicht mehr frei atmen. Der neu­en Mit­te, die von einem Buf­fet-Steh­tisch gebil­det wird, fehlt jeg­li­che solem­ne Wür­de. Es fehlt zudem jeg­li­che freie Sicht­ach­se zum Allerheiligsten.
    Nein, die­ser Raum ist schon rein vom Ästhe­ti­schen her total ver­un­glückt. Und über­dies: Wen oder was soll man anbe­ten, wenn – wie zumeist der Fall – gera­de kei­ne Hl Mes­se statt­fin­det, das Aller­hei­lig­ste also nicht auf dem Buf­fet-Steh­tisch pla­ciert ist?

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