Joannes Vermeer


Joannes Vermeer. Ansicht seiner Heimatstadt Delft: Ein begnadeter Künstler mit einer ganz unbergoglianischen Geschichte.
Joannes Vermeer. Ansicht seiner Heimatstadt Delft: Ein begnadeter Künstler mit einer ganz unbergoglianischen Geschichte.

von Amand Timmermans 

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Joan­nes Ver­meer van Delft gehört zu den berühm­te­sten Kunst­ma­lern des „Gou­den Eeuw“, des Gol­de­nen Zeit­al­ters der Nie­der­lan­de. Sei­ne Wer­ke gehö­ren zu den Prunk­stücken von eini­gen der größ­ten und berühm­te­sten Gemäl­de­samm­lun­gen. Durch viel­fäl­ti­ge und häu­fi­ge Repro­duk­tio­nen sind sei­ne Gemäl­de welt­weit bekannt. Sie wur­den inten­siv stu­diert und nicht zuletzt auch in Film und Buch referiert.

Johannes Vermeer: Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge (ca. 1665)
Johan­nes Ver­meer: Das Mäd­chen mit dem Per­len­ohr­ge­hän­ge (ca. 1665)

Recht wenig ist dage­gen über sein Leben über­lie­fert wor­den; und das, was bekannt ist, wur­de weit­ge­hend ver­schwie­gen oder kaum beachtet.

Joan­nes Ver­meer wur­de am 31. Okto­ber 1632 in der Neder­duytsch-refor­mier­ten Nieu­we Kerk (kal­vi­ni­stisch) in Delft getauft.

Die Fami­lie war von ein­fa­chem Stand: sein Vater war Gast­wirt und Samt­we­ber, dazu ein klei­ner Kunst­händ­ler. Er hat­te einen ungu­ten Ruf wegen Gewalt­tä­tig­kei­ten und finan­zi­el­len Problemen.

Die Fami­lie Ver­meer war kein ein­ge­schrie­be­nes Mit­glied der Refor­mier­ten Kir­che: in der dama­li­gen Zeit mit star­ker Pro­fi­lie­rung ein Zei­chen von reli­giö­sem Desinteresse.

Zwan­zig­jäh­rig ver­lieb­te Joan­nes Ver­meer sich in die katho­li­sche Catha­ri­na (Tri­jnt­je) Bol­nes.

Katho­li­ken waren damals in der Repu­blik der Nie­der­län­di­schen Pro­vin­zen Bür­ger drit­ter, wenn nicht gar vier­ter Klas­se. Sie wur­den grund­sätz­lich der Sym­pa­thien mit dem Erz­feind Spa­ni­en ver­däch­tig, in der Aus­übung ihres Glau­bens behin­dert (viel aus­ge­präg­ter als Juden und Mus­li­me), waren gleich­wohl aber als Pas­siv­bür­ger toleriert.

Vater Bol­nes stamm­te aus einer Fami­lie von Bau­un­ter­neh­mern. Er war äußerst rabi­at und gewalt­tä­tig. Nach mehr als zwei Jahr­zehn­ten häus­li­cher Gewalt (in den Akten  zum Über­druß doku­men­tiert) reich­te sei­ne Ehe­frau Maria geb. Thins die „Tren­nung von Tisch und Bett“  ein und bekam das Sor­ge­recht für ihre zwei jun­ge Töchter.

Unterschrift Vermeers und seiner Frau Katharina
Unter­schrift Ver­meers und sei­ner Frau Katharina

Maria Thins stamm­te aus einer rei­chen katho­li­schen Fami­lie von Händ­lern in Bau­ma­te­ria­li­en und Back­stei­nen aus Gou­da. Sie war eine sehr from­me, über­zeug­te Katho­li­kin und sehr besorgt um das Glück ihrer Toch­ter. Die Ver­bin­dung mit Joan­nes Ver­meer sah sie des­halb sehr kritisch.

Joan­nes Ver­meer, sehr ver­liebt, kon­ver­tier­te zur katho­li­schen Kir­che und konn­te mit­tels guten Leu­mund und Für­spra­che von bekann­ten Malern die Beden­ken von Maria Thins aus­räu­men. Am 20. April 1653 hei­ra­te­ten Joan­nes Ver­meer und Tri­jnt­je Bol­nes mit bür­ger­li­cher Beurkundung.

Es wur­de eine Lie­bes­ehe, mit 15 Kin­dern in 22 Jahren.

Zwei­und­zwan­zig­jäh­rig wur­de Ver­meer Mit­glied der Kunst­ma­ler­zunft St. Lukas und selb­stän­di­ger Mei­ster. Sein Ruhm wuchs schnell: sei­ne Male­rei­en wur­den mit dem dreißig‑, teils hun­dert­fa­chen Wert eines zeit­glei­chen Wer­kes von Jan Steen bewertet.

Katholische Geheimkirche in Delft
Katho­li­sche Geheim­kir­che in Delft

Sei­ne Pro­duk­ti­on war nicht sehr groß: Sie wird auf ca. 40–50 Gemäl­de geschätzt, wovon wir jetzt noch 35 siche­re und 5 dubio­se Wer­ke kennen.

Ver­meer arbei­te­te wahr­schein­lich im festen Dau­er­auf­trag von Mäzenen.

Die schnell wach­sen­de Fami­lie und die Beküm­me­rung des täg­li­chen Lebens führ­ten dazu, daß er 1660 in das gro­ße Haus sei­ner Schwie­ger­mut­ter Maria Thins ein­zog, wo er im ersten Stock sein Ate­lier ein­rich­te­te. Die Woh­nung lag übri­gens direkt neben der katho­li­schen Schuil­kerk (wört­lich „ver­steck­te Kir­che“, eine Geheimkirche).

Die sehr teu­ren Far­ben (Ultra­ma­rin, Blei­zinn­gelb und Smal­te), die gro­ße Kon­kur­renz von Maler­kol­le­gen und die nicht sehr gro­ße Pro­duk­ti­on von Male­rei­en mach­ten die Mal­tä­tig­keit van Ver­meer nicht sehr ertragreich.

Maria Thins unter­stütz­te ihre Toch­ter und Schwie­ger­sohn nicht nur mit Unter­kunft, son­dern auch finan­zi­ell. Sie besaß Bau­ern­hö­fe und Bau­ern­land mit regel­mä­ßi­gen Pacht­ein­künf­ten und hat­te aus­er­le­se­nes Mobi­li­ar (teils von Ver­meer als Requi­sit gemalt).

Im Hol­län­disch-Fran­zö­si­schen Krieg von 1672 erleb­te die Repu­blik eine Kata­stro­phe (Ramp­jaar). Ein Groß­teil des Ter­ri­to­ri­ums wur­de erobert und ver­wü­stet, der Kunst­markt brach ein, Hun­gers­not und Seu­chen gras­sier­ten. Maria Thins hat­te sehr weni­ge Ein­künf­te, weil ihr Grund­be­sitz als Teil der Hol­län­di­schen Was­ser­li­nie unter Was­ser gesetzt wor­den war und die Pacht ausfiel.

Inneres einer Geheimkirche (Amsterdam)
Inne­res einer Geheim­kir­che (Amster­dam)

Ver­meer wur­de dar­über so betrübt, daß er plötz­lich am 15.Dezember 1675 im Alter von 43 Jah­ren starb.

Zehn sei­ner 11 Kin­der waren noch minderjährig.

Maria Thins unter­stütz­te ihre Toch­ter wei­ter­hin. Die­se zwei star­ken Frau­en brach­ten die gro­ße Fami­lie durch pro­ble­ma­ti­sche Zeiten.

Der älte­ste Sohn, Johan­nes jr., wur­de katho­li­scher Priester.

Der jüng­ste, früh gestor­be­ne Sohn trug den sehr katho­li­schen Namen Igna­ti­us. Zwei sei­ner Schwe­stern hie­ßen Maria und Eli­sa­beth.

Bis heu­te gibt es zahl­rei­che Nach­fah­ren, beson­ders in weib­li­cher Linie.

Ins­ge­samt eine ganz unber­go­glia­ni­sche Geschichte:

Ein jun­ger kal­vi­ni­sti­sche Mann, der katho­lisch wird, um ein katho­li­sches Mäd­chen zu hei­ra­ten; 15 Kin­der in 24 Jah­ren (cfr. „Kar­nickel“); eine from­me und rei­che katho­li­sche Schwie­ger­mut­ter, wel­che die gan­ze Fami­lie ihrer Toch­ter unter­stützt; ein Sohn, der Prie­ster wird; eine älte­re Dame, die nach vie­len Jah­ren kör­per­li­cher Miß­hand­lung in der Ehe getrennt wird von Tisch und Bett und solo bleibt.
Und am Ende so viel rich­ti­ger Umgang mit Finan­zen in öko­no­misch schwie­ri­gen Zei­ten, daß die Fami­lie durchkam.

Quel­len:

Text: Amand Timmermans
Bild: Wikicommons

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1 Kommentar

  1. Dan­ke fuer den schoe­nen Arti­kel. Den Hin­weis auf eine „unber­go­glia­ni­sche“ Geschich­te („Kar­nickel“) haet­ten Sie sich aller­dings spa­ren koen­nen. Mit Ihrem histo­ri­schen Ver­staend­nis wis­sen doch auch Sie die Lebens­um­staen­de des 17 Jhdt. von den heu­ti­gen zu unterscheiden.

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