Von Klaus Obenauer*
Bei Katholiken, die der überlieferten Lehre und Praxis der Kirche verbunden sind, hat die jüngste Entscheidung von Papst Franziskus im Streit der Deutschen Bischofskonferenz über die Kommunionspendung an nichtkatholische Ehepartner (erneut) große Irritation ausgelöst. Auch bei mir.
Der Verzicht des Papstes, unzweideutig zugunsten der Einheit von Kirchengliedschaft und Sakramenten- und zumal Eucharistieempfang zu entscheiden, um stattdessen die Konfliktdynamiken auf lokalkirchlicher Ebene sich selbst zu überlassen, ist nach meinem Dafürhalten massiv verantwortungslos. Die Dogmatische Konstitution „Pastor aeternus“ des Ersten Vatikanums hebt im Rahmen der Definition des Dogmas vom Jurisdiktionsprimat des Römischen Pontifex (ibd. cap.3) ausdrücklich die Möglichkeit hervor, in allen die Kompetenz der Kirche betreffenden Angelegenheiten an das Urteil des Papstes zu appellieren: DS 3063. Wenn solche Fragen doktrinale und erstrangige pastorale Implikationen haben, so besagt dies im Gegenzug doch ganz offenkundig die Pflicht des Römischen Pontifex, klar und unzweideutig für die Sache von Glaube und Recht Partei zu ergreifen, zumal wenn die nächste Gefahr besteht, dass die Gläubigen irregeleitet werden.
„Amoris laetitia“ – „Gaudete et exsultate“ – die jüngste Direktive an die deutschen Bischöfe: drei aus einer Reihe von Äußerungen und Maßnahmen, die den Eindruck erwecken, dass Papst Franziskus eine Abneigung dagegen hat, den theoretischen und praktischen Anforderungen des Katholisch-Seins dort, wo sie einschneidend auf den Leib rücken, Nachdruck zu verleihen, ja sogar die starke Neigung, dieses Anforderungsprofil zu paralysieren. Es braucht dies im Einzelnen nicht mehr dargelegt zu werden: „Der Leser begreife“. Stattdessen wird den Zentrifugalkräften vor Ort freier Lauf gelassen, mit der weiteren Wirkung, dass die treu Katholischen immer mehr marginalisiert werden. Und wer die Treue anmahnt, der läuft Gefahr, als selbstgerechter Gesetzeslehrer mit irregeleiteter Spiritualität verunglimpft zu werden.
So geht es nicht weiter! Ich danke daher den Kardinälen Müller (Rom) und Eijk (Utrecht), dass sie deutliche Worte gefunden haben. Und so möchte ich meinerseits alle Kardinäle und Bischöfe, die diese gefährlichen Tendenzen des Bergoglio-Pontifikates sehen und bedauern, ganz, ganz herzlich und demütig bitten, endlich öffentlich klar Stellung gegen diese unselige ratio agendi von Papst Franziskus zu beziehen. Markieren die Wortmeldungen der genannten Kardinäle die innere Dramatik nicht deutlich genug? „Usque quo?“ oder: Möchten wir irgendwann aufwachen und merken, dass wir via Schlafwagen in der Endstation Apostasie angekommen sind?
*Dr. theol. habil. Klaus Obenauer, Privatdozent für Dogmatische Theologie an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn
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