Einführung ins Christentum


Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum
Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum

von Pater Mat­thi­as Gau­dron FSSPX

Anzei­ge

Der Text wur­de zunächst als Leser­brief für die Deut­sche Tages­post ein­ge­reicht, aber dort lei­der nicht veröffentlicht.

In der Deut­schen Tages­post vom 29.3.2018 hat Micha­el Kar­ger an die Erst­ver­öf­fent­li­chung von Joseph Ratz­in­gers „Ein­füh­rung in das Chri­sten­tum“ erin­nert. Zwei­fel­los ent­hält die­ses Buch inter­es­san­te Denk­an­stö­ße und ist der Ver­such zu wür­di­gen, den katho­li­schen Glau­ben einer Zeit neu ver­ständ­lich zu machen, die dar­an war, die Glau­bens­wahr­hei­ten als drücken­den Bal­last abzu­wer­fen. Trotz­dem muss fest­ge­stellt wer­den, dass dem jun­gen Ratz­in­ger die­ser Ver­such nur teil­wei­se gelun­gen ist und es in die­sem Buch Aus­sa­gen gibt, denen man wider­spre­chen muss. Von daher ist es unver­ständ­lich, dass Ratz­in­ger die­ses Buch auch als Glau­bens­prä­fekt und Papst immer wie­der unver­än­dert auf­le­gen ließ. Ich grei­fe vier Punk­te heraus:

Ein­fueh­rung in das Chri­sten­tum von Joseph Ratzinger

1. Die Über­na­tür­lich­keit des Glau­bens kommt in die­sem Werk wenig zum Aus­druck. Glau­be und Unglau­be wer­den viel­mehr in einer Wei­se auf eine Stu­fe gestellt, die der katho­li­schen Leh­re nicht ent­spricht. Der Glau­ben­de und der Ungläu­bi­ge hät­ten bei­de „am Zwei­fel und am Glau­ben Anteil“. Kei­ner kön­ne „dem Zwei­fel ganz, kei­ner dem Glau­ben ganz ent­rin­nen“ (dtv-Aus­ga­be, S. 19). Rich­tig ist, dass der Gläu­bi­ge Ver­su­chun­gen gegen den Glau­ben und Stun­den des Zwei­fels ken­nen kann. Aber sei­ne Situa­ti­on ist trotz­dem ganz anders als die des Ungläu­bi­gen. So ist zunächst die Exi­stenz Got­tes schon für die natür­li­che Ver­nunft grund­sätz­lich sicher erkenn­bar, wie der hl. Pau­lus in Röm 1 lehrt und das Vati­ka­num I es zum Dog­ma erklärt hat. Der katho­li­sche Glau­be an die gött­li­che Offen­ba­rung ist sodann etwas von Gott selbst im Men­schen Bewirk­tes und ver­leiht dem Glau­ben­den eine über­na­tür­li­che Sicher­heit. Es ist das sog. Glau­bens­licht, das lumen fidei, das dem Gläu­bi­gen durch alle even­tu­ell auf­tre­ten­den Zwei­fel hin­durch immer eine letz­te Sicher­heit gewährt, dass der Glau­be wahr ist und man an ihm fest­hal­ten muss. Dar­um kann es für den Gläu­bi­gen nie­mals einen wah­ren Grund geben, den Glau­ben auf­zu­ge­ben, wie wie­der das I. Vati­ka­num lehr­te. Von all dem fin­det sich bei Ratz­in­ger kein Wort.

2. Äußerst frag­wür­dig ist sodann der Ver­such, die Gott­heit Chri­sti zu erklä­ren. Für Joseph Ratz­in­ger ist Jesus „der Mensch der Zukunft“, der Mensch, der am wenig­sten in sich ver­schlos­sen und „am mei­sten ent-schränkt“ ist und dadurch eins mit dem Unend­li­chen wird. Es heißt sogar: „Wenn Jesus der exem­pla­ri­sche Mensch ist, in dem die wah­re Gestalt des Men­schen, die Idee Got­tes mit ihm, voll­ends ins Licht tritt, dann kann er nicht dazu bestimmt sein, nur eine abso­lu­te Aus­nah­me zu sein, eine Kurio­si­tät“ (S. 169). Es gehört zu den moder­ni­sti­schen Metho­den, die tra­di­tio­nel­le Leh­re zu kari­kie­ren, um die­se Kari­ka­tur dann abzu­leh­nen. Natür­lich ist Jesus kei­ne Kurio­si­tät, aber er ist doch eine abso­lu­te Aus­nah­me, denn es gibt kei­nen zwei­ten Men­schen, der bean­spru­chen kann, wah­rer Gott und wah­rer Mensch zu sein. Dar­um ist die fol­gen­de, unter Beru­fung auf Teil­hard de Char­din gemach­te Aus­sa­ge unhalt­bar: „Der Glau­be sieht in Jesus den Men­schen, in dem – vom bio­lo­gi­schen Sche­ma her gespro­chen – gleich­sam der näch­ste Evo­lu­ti­ons­sprung getan ist; den Men­schen, in dem der Durch­bruch aus der be­schränkten Art unse­res Mensch­seins, aus sei­ner mona­di­schen Ver­schlie­ßung, gesche­hen ist“ (S. 194).

3. Der Abstieg Chri­sti in die Unter­welt wird gründ­lich ent­my­tho­lo­gi­siert. Vom Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che wird die­ser Glau­bens­ar­ti­kel fol­gen­der­ma­ßen erklärt: „Der tote Chri­stus ist in sei­ner See­le, die mit sei­ner gött­li­chen Per­son ver­eint blieb, zum Auf­ent­halts­ort der Toten her­ab­ge­stie­gen. Er hat den Gerech­ten, die vor ihm gelebt hat­ten, die Pfor­ten des Him­mels geöff­net“ (Nr. 637). Davon bleibt bei Joseph Ratz­in­ger nichts mehr übrig. Für ihn bedeu­tet der Satz viel­mehr, dass „Chri­stus das Tor unse­rer letz­ten Ein­sam­keit durch­schrit­ten hat, dass er in sei­ner Pas­si­on ein­ge­tre­ten ist in die­sen Abgrund unse­res Ver­las­sen­seins. … Damit ist die Höl­le über­wun­den, oder genau­er: der Tod, der vor­dem die Höl­le war, ist es nicht mehr“ (S. 220).

4. Die „Auf­er­ste­hung des Flei­sches“ schließ­lich ist jeden­falls „kei­ne Auf­er­ste­hung der Kör­per“. Es scheint nur irgend­ei­nen „letz­ten Zusam­men­hang zwi­schen Mate­rie und Geist“ zu geben, „in dem sich das Geschick des Men­schen und der Welt voll­endet“ (S. 266). Einen Auf­er­ste­hungs­leib, wie die Kir­che ihn immer gelehrt hat, scheint es also nicht zu geben.

Die­se weni­gen Bei­spie­le zei­gen, dass die „Ein­füh­rung in das Chri­sten­tum“ kein Werk ist, das man jeman­dem, der den katho­li­schen Glau­ben ken­nen­ler­nen will, vor­be­halt­los emp­feh­len kann.

Text: Mat­thi­as Gaudron
Bild: ZVAB (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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13 Kommentare

  1. Dan­ke für die­se – lei­der nicht über­flüs­si­ge – Klar­stel­lung! Sie zeigt, daß der Wurm des Moder­nis­mus doch wei­ter ver­brei­tet ist, als auch vie­le „kon­ser­va­ti­ve“ Katho­li­ken häu­fig zu den­ken geneigt sind.

    Der Duk­tus Joseph Ratz­in­gers klingt – beson­ders in Punkt 2 – rich­tig rah­ne­ria­nisch. Karl Rah­ner war nach all­ge­mei­nem Kennt­nis­stand ein Men­tor Joseph Ratz­in­gers. Offen­sicht­lich war doch eini­ges von des­sen ver­que­rem und ver­wirr­tem Den­ken (?) auf den jun­gen Theo­lo­gen übergesprungen. 

    Von daher erschei­nen Kar­di­nal Ratz­in­gers bzw. Papst Bene­dikts zwie­späl­ti­ge Hal­tung zu Fati­ma, Assi­si 2011, der myste­riö­se Rück­tritt und das jet­zi­ge Schwei­gen zum völ­li­gen Wahn­sinn des Berg­o­glio-Pon­ti­fi­kats in einem ande­ren Licht. 

    Ist doch ein Ver­haf­tet­sein im Moder­nis­mus Teil des Ratz­in­ger-Pon­ti­fi­kats – bei allen Unter­schie­den zu Papst Fran­zis­kus? So sieht es wohl aus. Dar­um war­ten so vie­le auf ein klä­ren­des, ggf. distan­zie­ren­des und retra­hie­ren­des Wort von Papst eme­ri­tus Bene­dikt. Es wäre sehr wichtig.

    • Das in Punkt 2. geäu­ßer­te Zitat sagt doch nichts ande­res als das Nach­fol­ge­ge­bot, z.B. Joh 12:26, Mt 19:21. Jesus woll­te eben gera­de kei­ne „Kurio­si­tät“ sein, die man bloß bestaunt, son­dern Er hat einen Weg gezeigt, den Weg schlecht­hin, und er ist die­sen Weg vor­an­ge­gan­gen mit der Auf­for­de­rung an Sei­ne Jün­ger, ihm zu fol­gen. Die­ses Vor­an­ge­hen ist das eigent­lich „Exem­pla­ri­sche“ an Jesus. Die Nach­fol­ge derer die an Jesus glau­ben ist der eigent­li­che „Evo­lu­ti­ons­sprung“.

  2. Zu Punkt 2 kann man sagen: Adam und Eva sind vom Einen und Drei­ei­nen Gott schon als per­fek­te Men­schen­we­sen geschaf­fen wor­den. Bei­de sind „wah­re Gestalt“ des Men­schen und allein der Sün­den­fall mach­te sie und uns zu gebrech­li­chen und sterb­li­chen Wesen dem Flei­sche nach; die See­le bleibt so oder so unsterb­lich. Ohne Sün­de wären sie und wir, ihre Kin­der, ab einem bestimm­ten Zeit­punkt nicht mehr bio­lo­gisch geal­tert und es gäbe den Tod nicht. Adam und Eva hät­ten auch nicht auf die jet­zi­ge Wei­se Kin­der gezeugt, weil in der Zeu­gung nach dem Sün­den­fall der leib­li­che Tod soz. bereits mit­ge­zeugt ist. Die Zeu­gung wäre gei­stig gewe­sen. Die 2. Per­son Got­tes hät­te als Gott­mensch unter den vie­len Men­schen des Para­die­ses wan­deln kön­nen, aber er wäre dann kein „exem­pla­ri­scher Mensch“ gewe­sen- und Er ist es auch nun­mehr nicht und kann es nicht sein, weil sein höch­st­er­ha­be­nes Gott­sein nicht von sei­nem voll­kom­me­nen Mensch­sein getrennt wer­den kann. „Exem­pla­ri­scher Mensch“ ist allein die aller­se­lig­ste Jung­frau und Got­tes­ge­bä­re­rin Maria. 

    Zu Punkt 4 läßt sich sagen, daß es sehr wohl einen Auf­er­ste­hungs­leib, eine Auf­er­ste­hung der Kör­per, gibt bzw. geben wird. Wie der dann jeweils aus­sieht, kann nie­mand sagen. Die­ser Auf­er­ste­hungs­leib ist jeden­falls ohne „Fal­ten“, gei­stig gese­hen ohne Fal­ten und makel­los und dem­entspre­chend auch kör­per­lich ohne Makel, weil, falls erfor­der­lich, gerei­nigt im Reinigungsort. 

    Auch die Aus­sa­ge im Punkt 1 ist frag­wür­dig. Die Mut­ter­got­tes hat­te nie gezwei­felt, auch nicht am/​nach Kar­frei­tag bis zum Oster­sonn­tag, und auch vie­le von den­je­ni­gen nicht, die ihrem Bei­spiel in Not und Bedräng­nis gefolgt sind, ein­fa­che, gläu­bi­ge See­len auch. Maria ist in Wahr­heit die Mut­ter aller Glaubenden/​Christgläubigen. Und durch sie geht der Weg zu Chri­stus. Der Herr selbst will es so.

    • Ergän­zung und Korrektur:
      Unter Punkt 2 ist hier bei Joseph Ratzinger/​Papst Bene­dikt XVI. die Rede von Jesus als einem „exem­pla­ri­schen“ Men­schen. Der Begriff exem­pla­risch ist m. Er. nicht ohne Tücken. War­um sagt man nicht ohne Umschwei­fe, daß Jesus wah­rer Mensch ist (und zunächst wah­rer Gott)?
      Er ist als Mensch vom Teu­fel ver­sucht wor­den und hat die­sen als Mensch wohl in der Gnade/​Kraft Got­tes über­wun­den. Er hat vor allem am Kreuz gelit­ten und hat auch da als Mensch in der Kraft und Gna­de Got­tes letzt­lich gesiegt und als Beweis und Zeug­nis dafür ist er auf­er­stan­den in einem, sei­nem dann ver­klär­ten Leib, der wie­der ganz ver­bun­den ist mit sei­nem Gott­sein bzw. sei­ner Gottheit.
      So mei­ne ich, könn­te es doch gesagt wer­den und dann ist alle Zwei­deu­tig­keit vom Tisch. Auch der Begriff Evo­lu­ti­ons­sprung in Joseph Ratz­in­gers Aus­füh­run­gen ist (im Deut­schen) sehr pro­ble­ma­tisch m. Er. Und auch von der zu ver­ste­hen­den Inhalts­sei­te her ist das Wort sehr frag­wür­dig. Kann man nicht von gei­sti­ger Neu­schöp­fung in Chri­stus Jesus reden, die dann auch Aus­wir­kun­gen hat bzw. haben kann und soll­te auf soz. das kör­per­li­che Sein des Men­schen? Der wah­re Christ ist in sei­nem gesam­ten Sein (gei­stig und kör­per­lich) nicht mehr Hei­de oder Ungläu­bi­ger- und des­we­gen nüt­zen neben­bei gesagt auch alle Anbie­de­run­gen an den Pro­te­stan­tis­mus und beson­ders an den Moham­me­da­nis­mus und Bud­dhis­mus über­haupt nichts. 

      Das Pro­blem der Theo­lo­gie heu­te besteht m.Er. auch gera­de in einer Art von Begriffs- und Spra­che­ver­wir­rung. Da wer­den an und für sich schon pro­ble­ma­ti­sche Begrif­fe in die Theo­lo­gie ein­ge­führt, die dann aber für den Gläu­bi­gen noch ver­wir­ren­der wer­den. Von Beginn der Kir­che an sind zu Recht oft­mals grie­chi­sche Begrif­fe in die erst­mals weit­hin juden­christ­li­che Kir­che ein­ge­führt wor­den, aber dann muß­ten sie letzt­lich (es gab immer Streit dar­über) auch vom Inhalt her nach pas­send sein. Das Wort vom Evo­lu­ti­ons­sprung scheint mir zu pro­ble­ma­tisch zu sein, denn auch die Stamm­eltern Adam und Eva waren kein „Evo­lu­ti­ons­sprung“.

    • zum Punkt 2:
      Adam und Eva waren bis zum Sün­den­fall eben­falls wie Maria frei von „Erb­sün­de“ und Sün­de, also eben­falls wie Maria Men­schen, wie Gott sie geschaf­fen hat. Erst der Sün­den­fall hat in Adam und in Eva etwas zer­stört von ihrem von Gott geschaf­fe­nen Mensch­sein; sie konn­ten das Zer­stör­te nicht ver­er­ben, das fehl­te nun­mehr ihren Kin­dern, das ist die Erb­sün­de, sie ver­er­ben also ihren Zustand nach ihrer Sün­de. Maria ist ohne Erb­sün­de emp­fan­gen, sie ist von Gott geschaf­fen wie Adam und Eva, Gott schenk­te ihr also das, was durch die Sün­de in Adam und Eva und allen wei­te­ren Men­schen bei der Emp­fäng­nis fehlt, sie ist gebe­ne­deit unter den Frauen.
      Es besteht kei­ne Not­wen­dig­keit, dass die Zeu­gung gei­stig gewe­sen wäre, wenn Adam und Eva nicht gesün­digt hät­ten, denn der Tod ist ja erst als Fol­ge, als Zer­stö­rung nach der Sün­de ver­erbt wor­den. Adam und Eva hät­ten auch auf die jet­zi­ge Wei­se Kin­der zeu­gen können.

      • Die jet­zi­ge Wei­se, Kin­der zu zeu­gen, näm­lich in, nun ja, sexu­el­ler Lust, ist eine Aus­wir­kung der Ursün­de. Alle Men­schen, alle Eva­kin­der, sind mit 2 Aus­nah­men, Maria und Jesus, in Sün­de emp­fan­gen wor­den. Bei den Juden- wie es heu­te ist, weiß ich nicht‑, galt eine Gebä­ren­de wenn‚s ein Kna­be, war 40 Tage lang als unrein und bei einem Mäd­chen gar 80 Tage- und die Frau muß­te vom Geistlichen/​Priester gerei­nigt werden.
        Wenn die Kir­che lehrt, daß Maria ohne Erb­sün­de emp­fan­gen wor­den ist, dann muß sie auf eine ande­re, als die gewöhn­li­che, Wei­se im Schoß ihrer Mut­ter Anna emp­fan­gen wor­den sein.

    • Ob die Zeu­gung gei­stig erfolgt wäre, wage ich zu bezwei­feln. Sie wäre gewiss leib­lich erfolgt, auf­grund der voll­kom­me­nen Herr­schaft der Geist­see­le über den Leib jedoch anders als nach dem Sün­den­fall nicht fleisch­lich im sün­de­ver­haf­te­ten Sinn. Auch vor dem Sün­den­fall waren Men­schen Men­schen und kei­ne Engel, somit kei­ne rei­nen Geist­we­sen. Ihrer Kör­per­lich­keit jedoch fehl­te die Nackt­heit, in wört­li­chen wie im über­tra­ge­nen Sinn.

  3. Die Grund­pro­ble­ma­tik liegt offen­sicht­lich in der Suche nach Ver­ein­bar­keit von Theo­lo­gie und zeit­ge­nös­si­cher Wissenschaft/​Naturwissenschaft.

    So lei­det die histo­risch-kri­ti­sche Metho­de am Man­gel jeg­li­cher Über­na­tür­lich­keit, weil sie die­se für nicht mehr plau­si­bel erkennt, und daher für natur­wis­sen­schaft­lich uner­klär­ba­re Glau­bens­in­hal­te ande­re, kom­pa­ti­ble Erklä­run­gen sucht und erar­bei­tet. Um an Universitäten/​ Fakul­tä­ten wei­ter­hin als aner­kann­te Wis­sen­schaft ver­tre­ten zu sein, sahen sich die füh­ren­den Theo­lo­gen nicht mehr im Stan­de, The­sen zu ver­tre­ten, die den metho­di­schen Natur­wis­sen­schaf­ten grund­sätz­lich zuwie­der lau­fen. Ratz­in­ger hat zwar die Unzu­läng­lich­keit und die „Blind­heit“ metho­di­scher, im Expe­ri­ment repro­du­zier­ba­rer Wirk­lich­keits­er­klä­rung erkannt, und benannt, den­noch als Theo­lo­ge an einer Universität/​Fakultät die Ver­söh­nung von Glau­be und Ver­nunft auf sei­ne Fah­nen geschrie­ben. Und Ver­nunft, so meint man, kann jenen, zwar als unzu­läng­lich erkann­ten Wis­sen­schaf­ten, aber den­noch nicht direkt zuwie­der lau­fen. Die Tra­gik liegt dar­in, dass die Theo­lo­gie der Moder­ne sich im Netz der empi­ri­schen Wis­sen­schaf­ten wie in einen Kokon selbst ein­ge­wo­ben, und Hand­lungs- und in wei­ten Tei­len auch Glau­bens­un­fä­hig gemacht hat. So ist auch der ver­kün­de­te Glau­be in eine Schief­la­ge gera­ten, der all­zu­oft in einem merk­wür­di­gen Kon­trast zum eigent­li­chen Glau­ben steht.

    • Ich stim­me Ihnen ganz zu. Aber woher kommt die­ses Aus­ein­an­der­klaf­fen, die­se gro­ße heu­ti­ge Kluft zwi­schen eigent­li­cher Theo­lo­gie und heu­ti­ger Phi­lo­so­phie (Natur­wis­sen­schaf­ten u.a.m.)?
      In den Wer­ken der hl. Hil­de­gard von Bin­gen stim­men soz. Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie ganz über­ein. Obwohl man bei­de for­mal schei­den kann, ergän­zen sie sich doch ganz und wider­spruchs­frei. Sie sind wie Schlüs­sel und Schloß und pas­sen wun­der­bar zusammen.
      Und schon beim hl. Apo­stel Pau­lus, wenn ich ihn recht ver­ste­he, har­mo­nie­ren Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie wun­der­bar mit­ein­an­der. Der Glau­be ist selbst­ver­ständ­lich ver­nünf­tig und die Ver­nunft ist glau­bend. Es sind 2 und doch eins so wie Mann und Frau, so wie Chri­stus und Sei­ne Kirche.
      Aber irgend­wann zer­brach die­se Ein­heit offen­kun­dig. Und heu­te gibt sich die Theo­lo­gie sel­ber weit­hin auf, um mit der heu­ti­gen und ver­nunft­wid­ri­gen/­gott-losen Phi­lo­so­phie eine unmög­li­che Ein­heit wie­der zu erreichen.
      Eine Lösung viel­leicht: die Phi­lo­so­phie nicht bei­sei­te zu schie­ben und zu ver­dam­men ähn­lich wie der (stren­ge) Moham­me­da­nis­mus es macht (das ist kei­ne Pro­blem­lö­sung), son­dern die Phi­lo­so­phie selbst­be­wußt zu bekeh­ren zu Chri­stus hin und zu rei­ni­gen, aber nicht in der Anbiederung.

    • Natur­wis­sen­schaft schließt per se die Tran­szen­denz aus, denn Natur­wis­sen­schaft ist das Glau­ben an eine Theo­rie die durch Fak­ten, erkann­te Gesetz­mä­ßig­kei­ten und wie­der­hol­ba­re Expe­ri­men­te sich als glaub­wür­dig erwie­sen hat. Das Ein­grei­fen Got­tes kann sie nicht erken­nen und bezüg­lich von Fak­ten und Gesetz­mä­ßig­kei­ten hin­sicht­lich Ver­gan­gen­heit und Zukunft setzt sie immer den begren­zen­den Rah­men der Ver­län­ge­rung heu­te bekann­ter Zustän­de und expe­ri­men­tel­ler Wie­der­hol­bar­kei­ten in die Ver­gan­gen­heit oder in die Zukunft vor­aus. Den­noch beruht wah­re Wis­sen­schaft auf der Ver­nunft und Glau­be, wider­strei­tet der Ver­nunft nicht. Heu­te wird lei­der vie­les als Natur­wis­sen­schaft ver­kauft, was nicht wis­sen­schaft­lich ist.
      Freie For­schung ist sehr teu­er und gibt es kaum noch. Der Auf­trag­ge­ber, der bezahlt, gibt häu­fig auch das Ziel vor. Wis­sen­schaft­ler, die Ergeb­nis­se gefun­den haben, die die gott­lo­se Welt nicht will, wer­den an den Uni­ver­si­tä­ten nicht geduldet.
      Der Grund, wes­halb man drin­gend Metho­den oder Theo­rien als Wis­sen­schaft ver­kauft, ist oft, den christ­li­chen Glau­ben als wis­sen­schafts­wi­der­sin­nig zu dis­kre­di­tie­ren. Dazu wer­den auf einer nicht bewie­se­nen Theo­rie Zir­kel­schlüs­se auf­ge­baut. Bei­spiel „Histo­risch-kri­ti­sche Metho­de und Evo­lu­ti­ons­theo­rie“. Wenn ich die Evo­lu­ti­ons­theo­rie (eine unbe­wie­se­ne ver­nunft­wid­ri­ge Theo­rie, die ich glau­ben muss) glau­ben will, weil die höch­ste Prio­ri­tät ist, die Welt ohne einen Schöp­fer zu erklä­ren und ich die­se dann zur Wis­sen­schaft mache (iro­ni­scher Wei­se heißt sie aber Evo­lu­ti­ons­theo­rie) brau­che ich zwin­gend so etwas wie eine „histo­risch-kri­ti­sche-Metho­de“, denn dann muss ich ja alle tran­szen­den­ten Fak­ten welt­im­ma­nent erklä­ren. Wenn ich die Evo­lu­ti­ons­theo­rie ver­nunft­ge­mäß Theo­rie sein las­se, benö­ti­ge ich kei­ne „histo­risch-kri­ti­sche-Metho­de“. Dann bewun­de­re, lobe, dan­ke ich Gott, dass Er die gefal­le­ne Welt noch so wun­der­schön erhält mit ihren schö­nen Pflan­zen und Tie­ren, die auf Grund der Weis­heit und All­macht Got­tes voll­endet je nach ihrer Art leben und sich ver­meh­ren kön­nen. Wenn Gott jede Sekun­de die Welt erhält, war­um soll Er sie dann nicht in sechs Tagen geschaf­fen haben? Nur, weil gott­lo­se Men­schen Jahr­mil­lio­nen brau­chen, in der Hoff­nung, dass die unwis­sen­den Men­schen dann leich­ter die Evo­lu­ti­ons­theo­rie glau­ben. Und wo kom­men die Jahr­mil­lio­nen her? Aus der Iso­to­pen-Zeit­be­stim­mung, deren Fun­da­ment, die nicht beweis­ba­re Theo­rie ist, dass vor Jahr­mil­lio­nen, die glei­chen Zer­falls­pro­zes­se wie heu­te herrschten.
      Es ist wirk­lich eine gro­ße Tra­gik, dass ungläu­bi­ge Theo­lo­gen die „Theo­lo­gie der Moder­ne“ in ein Netz der empi­ri­schen Wis­sen­schaf­ten wie in einen Kokon selbst ein­ge­wo­ben und so in wei­ten Tei­len glau­bens­un­fä­hig gemacht haben.

  4. Was die Tat­sa­che betrifft, daß Ratz­in­ger mei­nes Wis­sens kei­ne sei­ner Publi­ka­tio­nen bei Neu­auf­la­gen je aktua­li­siert hat, heißt mE nicht, daß er an allen Auf­fas­sun­gen grund­sätz­lich fest­hält. Es gibt bei ihm zwar eine gro­ße the­ma­ti­sche Kon­ti­nui­tät, aber inhalt­lich durch­aus Revi­si­on und Ent­wick­lung. „Kor­rek­tur“ ist in mei­nen Augen immer die jeweils aktu­el­le­re Äuße­rung zum glei­chen Gegen­stand oder Pro­blem. Er „wider­ruft“ frü­he­re Posi­tio­nen nicht, weil sie nur zusam­men mit neue­ren (und umge­kehrt) voll­stän­dig ver­stan­den wer­den. Außer­dem sind frü­he­re Sta­di­en gleich­sam not­wen­di­ge Schrit­te, um zum jeweils jet­zi­gen Stand­punkt zu gelan­gen. So zumin­dest habe ich Ratz­in­ger immer gele­sen und zu ver­ste­hen gesucht.

    • @Christoph Hagen

      Ihre Posi­ti­on – so nobel sie in ihrem Ver­such, Ratz­in­ger zu ver­ste­hen, ist – hat ein Pro­blem: Denn sicher ent­wickelt ein Den­ker sei­ne Posi­tio­nen wei­ter, aber eine Revi­si­on ist (abhän­gig davon, wie man „Revi­si­on“ ver­steht) gera­de kei­ne Ent­wick­lung, son­dern eine Ver­än­de­rung, ein Bruch. 

      Streng genom­men braucht es auch kei­ne irri­ge Posi­ti­on, um zu einer wah­ren Posi­ti­on zu gelan­gen. Im Gegen­teil: Der Irr­tum als sol­cher führt gera­de nicht zur Wahrheit.
      So wie Sie es for­mu­lie­ren, klingt es gleich­sam hege­lia­nisch („not­wen­di­ge Schrit­te“). Das ist aber fatal, weil hier das Nega­ti­ve gleich­sam ins System ein­ge­baut ist. Das wäre nicht katholisch.

      Der hl. Augu­sti­nus hielt es für nicht unter sei­ner Wür­de, gegen Ende sei­nes Lebens einen Wider­ruf für vie­le sei­ner frü­he­ren Aus­sa­gen zu ver­fas­sen (retrac­ta­tio­nes). Gera­de ange­sichts der unter Punkt 2 zitier­ten Aus­sa­gen wäre eine sol­che Retrak­ta­ti­on auch hier wich­tig. Man­ches darf man ein­fach nicht stehenlassen.

      • Ich wider­spre­che da nicht. Kri­tisch bei Ratz­in­ger sehe ich gera­de den hege­lia­ni­schen Aspekt im Den­ken Ratzingers.

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