Kardinal Kasper: „Schluß mit dem Häresievorwurf gegen Papst Franziskus“


Amoria laetitia Kardinal Kasper Franziskus
Kardinal Kasper wurde 85 und legte ein Buch über Amoris laetitia war. Kasper: Papst Franziskus vertritt keine Häresie. Schluß mit dem Häresievorwurf.

(Rom) Kar­di­nal Kas­per ver­tei­digt in einem Inter­view mit dem neu­en vati­ka­ni­schen Nach­rich­ten­por­tal Vati­can News das umstrit­te­ne, nach­syn­oda­le Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia. Die Gläu­bi­gen hät­ten das Schrei­ben genau ver­stan­den. Es müs­se Schluß sein mit „Häre­sie­vor­wür­fen“ gegen Papst Franziskus.

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Das Inter­view wur­de anläß­lich des 85. Geburts­ta­ges des deut­schen Kar­di­nals geführt, den der Pur­pur­trä­ger am 5. März beging. Es waren die­se fünf Tage, da Bene­dikt XVI. am 28. Febru­ar zurück­ge­tre­ten war, die es Kas­per 2013 erlaub­ten, noch am Kon­kla­ve teil­zu­neh­men, bei dem Papst Fran­zis­kus gewählt wur­de. Als die Wahl­ver­samm­lung eröff­net wur­de, hat­te er das 80. Lebens­jahr bereits über­schrit­ten, das als Alters­gren­ze für die Papst­wäh­ler gilt. Die Wahl­ord­nung nennt jedoch als Stich­tag nicht den Beginn des Kon­kla­ves, son­dern den Beginn der Sedis­va­kanz. Kar­di­nal Kas­per spiel­te als Mit­glied des Team Berg­o­glio bei der Wahl eine zen­tra­le Rol­le. Das Team hat­te im Auf­trag des Geheim­zir­kels von Sankt Gal­len die Wahl von Jor­ge Mario Berg­o­glio vor­be­rei­tet. Gegen Bene­dikt XVI. sprach Kas­per in die­ser Zeit der Sedis­va­kanz vor fünf Jah­ren zugleich eine ern­ste War­nung aus, sich nicht in das Kon­kla­ve und die Wahl sei­nes Nach­fol­gers ein­zu­mi­schen. Etwas, was Kas­per dafür um so eif­ri­ger tat.

Unmit­tel­ba­rer Anlaß für das Inter­view war neben dem Geburts­tag auch das neue Buch, das Kas­per zusam­men soeben mit einem ande­ren Papst-Ver­trau­ten, Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia, ver­öf­fent­licht hat. Es heißt „Die Bot­schaft von Amo­ris lae­ti­tia. Eine brü­der­li­che Dis­kus­si­on[1] Il Mess­ag­gio di Amo­ris lae­ti­tia. Una dis­cus­sio­ne fra­ter­na und ist im Ver­lag Quer­inia­na des klei­nen, ita­lie­ni­schen Ordens Con­gre­ga­tio Sac­rae Fami­liæ a Naza­reth her­aus­ge­ge­ben worden.

„Amoris laetitia steht in der Tradition des Konzils von Trient“

Kardinal Kasper wurde 85 und legte ein Buch über Amoris laetitia war. Kasper: Papst Franziskus vertritt keine Häresie. Schluß mit dem Häresievorwurf.
Kar­di­nal Kas­per wur­de 85 und leg­te ein Buch über Amo­ris lae­ti­tia war. Kas­per: Papst Fran­zis­kus ver­tritt kei­ne Häre­sie. Schluß mit dem Häresievorwurf.

Vati­can News: Kar­di­nal Kas­per, auf den ersten Sei­ten Ihres Buches, beto­nen Sie, daß Amo­ris lae­ti­tia kei­ne neue Dok­trin, son­dern eine krea­ti­ve Erneue­rung der Tra­di­ti­on ist. Kön­nen Sie die­sen Punkt erklären?

Kar­di­nal Kas­per: Die Tra­di­ti­on ist kein ste­hen­des Gewäs­ser, son­dern wie eine Quel­le, ein Fluß: Sie ist etwas Leben­di­ges. Die Kir­che ist ein leben­der Orga­nis­mus, und so muß sie die immer­gül­ti­ge katho­li­sche Tra­di­ti­on in die aktu­el­le Situa­ti­on über­set­zen. Das ist der Sinn des Aggior­na­men­to, von dem Papst Johan­nes XXIII. gespro­chen hatte.

Vati­can News: Der Unter­ti­tel Ihres Buches lau­tet: „Eine brü­der­li­che Dis­kus­si­on“. Sie schrei­ben auch, daß man kei­ne Angst vor Dis­kus­sio­nen haben brau­che, fügen aber hin­zu, daß „kein Platz für den Vor­wurf der Häre­sie“ ist. Was berührt Sie an die­ser so ange­fach­ten Debat­te, die auf die Ver­öf­fent­li­chung von Amo­ris lae­ti­tia gefolgt ist?

Kar­di­nal Kas­per: Zunächst möch­te ich sagen, daß die Debat­ten in der Kir­che not­wen­dig sind. Man braucht kei­ne Angst davor zu haben! Es gibt aber eine zu har­sche, zu har­te Debat­te, mit dem Vor­wurf der Häre­sie. Eine Häre­sie ist eine hart­näcki­ge Hal­tung, die ein for­mu­lier­tes Dog­ma leug­net. Die Leh­re von der Unauf­lös­lich­keit der Ehe wird von Papst Fran­zis­kus nicht in Fra­ge gestellt! Bevor man sagt, daß es sich um eine Häre­sie han­delt, soll­te man sich immer fra­gen, wie[2]Her­vor­he­bung im Ori­gi­nal, Anm. Katho​li​sches​.info. der ande­re sei­ne Aus­sa­ge meint. Und vor allem soll­te man vor­aus­set­zen, daß der ande­re katho­lisch ist, und nicht das Gegen­teil vermuten!

Vati­can News: Gera­de zur umstrit­te­nen Fuß­no­te 351 von Amo­ris lae­ti­tia über die Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zu den Sakra­men­ten sagen Sie im Buch, daß die­se Fuß­no­te im Licht des Dekrets über die Eucha­ri­stie des Kon­zils von Tri­ent zu lesen sei. Aus wel­chem Grund?

Kar­di­nal Kas­per: Das Kon­zil von Tri­ent sagt für den Fall, daß kei­ne schwe­re Sün­de vor­liegt, son­dern eine läß­li­che, die Eucha­ri­stie die­se Sün­de tilgt. Sün­de ist ein kom­ple­xer Begriff. Da ist nicht nur die objek­ti­ve Vor­schrift, son­dern auch die Absicht, das Gewis­sen der Per­son, und man muß – im Buß­sa­kra­ment – im Forum inter­num schau­en, ob wirk­lich eine schwe­re Sün­de vor­liegt oder viel­leicht eine läß­li­che Sün­de oder viel­leicht gar nichts. Wenn es sich nur um eine läß­li­che Sün­de han­delt, kann die Per­son los­ge­spro­chen und zum Sakra­ment der Eucha­ri­stie zuge­las­sen wer­den. Das ent­spricht bereits der Leh­re von Papst Johan­nes Paul II., und in die­sem Sin­ne steht Papst Fran­zis­kus in vol­ler Kon­ti­nui­tät in der Spur des Vor­gän­ger­pap­stes. Ich sehe also kei­nen Grund, zu sagen, daß das eine Häre­sie sei.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can News/​Quiriniana (Screen­shots)

 

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1 Il Mess­ag­gio di Amo­ris lae­ti­tia. Una dis­cus­sio­ne fraterna
2 Her­vor­he­bung im Ori­gi­nal, Anm. Katho​li​sches​.info.
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