Umgibt sich Papst Franziskus mit Spitzeln und Denunzianten?


Kardinal Müller in Stresa. Umgibt sich Papst mit Spitzeln und hört leider auf Denunzianten?
Kardinal Müller in Stresa. Umgibt sich Papst mit Spitzeln und hört leider auf Denunzianten?

(Rom) In Stre­sa übte Kar­di­nal Mül­ler vor drei Tagen deut­li­che Kri­tik an der unmit­tel­ba­ren Umge­bung des Pap­stes. Am ver­gan­ge­nen Sams­tag emp­fing Papst Fran­zis­kus die Gemein­schaft des Päpst­li­chen Bra­si­lia­ni­schen Pius-Kol­legs. Die bei­den Ereig­nis­se ste­hen in einem Zusammenhang.

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In sei­ner Anspra­che an die Semi­na­ri­sten und Prie­ster kam Papst Fran­zis­kus auch auf die Römi­sche Kurie zu spre­chen, und auf die „Bot­schaft“ der Got­tes­mut­ter an die Kurienmitarbeiter:

„Was die prie­ster­li­che Brü­der­lich­keit am mei­sten zer­stört ist Getrat­sche. Trat­schen ist ein ‚ter­ro­ri­sti­scher Akt‘, weil du mit dem Gere­de eine Bom­be wirfst, den ande­ren zer­störst, wäh­rend du ganz ruhig bist. Des­halb ist es not­wen­dig, die prie­ster­li­che Brü­der­lich­keit zu schüt­zen. Bit­te, kein Getrat­sche. Es wäre sehr gut, am Ein­gang ein Schild anzu­brin­gen: ‚Kein Getrat­sche‘. Hier (im Apo­sto­li­schen Palast) befin­det sich das Bild Unse­rer Lie­ben Frau des Schwei­gens, im Auf­zug des ersten Stockes; die Got­tes­mut­ter sagt: ‚Kein Getrat­sche‘. Das ist die Bot­schaft an die Kurie. Hal­tet Ihr es genauso.“

Fran­zis­kus scheint sich selbst aller­dings nicht unbe­dingt an sei­ne Auf­for­de­rung („Bot­schaft“) zu hal­ten, folgt man den Aus­füh­run­gen von Kar­di­nal Ger­hard Müller.

Von Spitzeln, Informanten und Denunzianten

Am 20. Okto­ber fand in Stre­sa am Lago Mag­gio­re der erste Tag der Tagung „Lea­der or Fol­lower?“ statt, die von der Stif­tung Ini­zia­ti­va Sub­al­pi­na orga­ni­siert wur­de. Mas­si­mo Fran­co, Jour­na­list des Cor­rie­re del­la Sera, führ­te dort ein Gespräch mit Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, den Papst Fran­zis­kus am 30. Juni ohne Nen­nung von Grün­den als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on entließ.

Mas­si­mo Fran­co ver­wies zunächst auf Aus­sa­gen von Kar­di­nal Mül­ler, daß der amtie­ren­de Papst Fran­zis­kus auf einer Wel­le von „Skan­da­len“ auf den Stuhl Petri gelangt sei.

Fran­co zitier­te dann Aus­sa­gen des Kar­di­nals, die die­ser in einem Inter­view tätig­te, das Edward Pen­tin Anfang Okto­ver im Natio­nal Catho­lic Regi­ster ver­öf­fent­lich­te. Dabei äußer­te Kar­di­nal Mül­ler deut­li­che Vor­be­hal­te gegen Per­so­nen, die Papst Fran­zis­kus umge­ben. Fran­zis­kus hole sich sei­ne Infor­ma­tio­nen dar­über, was in den Kon­gre­ga­tio­nen und Ämtern der Kurie geschieht, nicht von den zustän­di­gen Prä­fek­ten und ver­ant­wort­li­chen Direk­to­ren, son­dern von Spit­zeln und Informanten.

Mas­si­mo Fran­co: Sie haben in die­sem Inter­view auch gesagt, daß der Papst von eini­gen Spio­nen umge­ben ist, die dem Hei­li­gen Vater direkt jede Kri­tik berich­ten, auch die klein­ste, die ihm gegen­über geäu­ßert wird, und daß das beim Papst eine ziem­lich har­te Reak­ti­on pro­vo­ziert, daß vie­le auf­grund die­ser anony­men Aktio­nen ent­las­sen wer­den. Sehen Sie das als eine star­ke Gefahr für das Papsttum?

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler: Ich woll­te nicht öffent­lich über sol­che Din­ge spre­chen. In unse­rem Fall aber gab es drei gute Mit­ar­bei­ter an unse­rer Kon­gre­ga­ti­on, Per­so­nen mit gan­zer Kom­pe­tenz im Kir­chen­recht und einem guten geist­li­chen Leben als Prie­ster. Ich war wirk­lich sehr erstaunt allein schon des­halb, daß der Papst sich in sol­che Din­ge ein­mischt. Der Staats­prä­si­dent, der sich um die Mit­ar­bei­tern in irgend­ei­nem Mini­ste­ri­um kümmert.
Einer ist zum Papst gegan­gen und hat schlecht über die­se Per­so­nen gespro­chen, ohne kon­kre­te Argu­men­te. Mir als zustän­di­gen Ver­ant­wort­li­chen hat er nichts gesagt, nichts erklärt. Ich habe ihn gefragt, wel­che Anschul­di­gun­gen und Bewei­se denn vor­lie­gen, aber er hat kei­ne Ant­wort gege­ben. Sowas konn­ten sich die Leu­te nicht vor­stel­len, wes­halb es dann gerüch­te­wei­se hieß: Die wer­den schon irgend etwas gemacht haben, sonst wären sie nicht weg­ge­schickt wor­den. Des­halb habe ich mich in mei­ner Posi­ti­on als Ver­ant­wort­li­cher gefor­dert gefühlt, den guten Ruf die­ser drei Per­so­nen zu verteidigen.

Mas­si­mo Fran­co: Ihre Ver­tei­di­gung hat, wie mir scheint, aber nichts genützt.

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler: Nein, am Ende hat sie nichts genützt.

Mas­si­mo Fran­co: Weil der Papst ent­schlos­sen war, sie zu entlassen?

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler: Genau, sie zu entlassen.

Mas­si­mo Fran­co: Was ich aber ver­ste­hen woll­te: Gibt es heu­te vie­le die­ser Per­so­nen um den Papst, die – wie Sie sagen – ver­leum­den. Wel­chen Ein­druck haben Sie?

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler: Ich habe nur die Bei­spie­le und höre aus ande­ren Dik­aste­ri­en, daß nicht immer der Prä­fekt, obwohl Erst­ver­ant­wort­li­cher, der Gesprächs­part­ner des Pap­stes ist, son­dern es ande­re Wege hin­ten­rum gibt. Das scheint mir nicht gut. Ich den­ke, jeder hat sei­nen Rang und sei­ne Ver­ant­wor­tung, und das soll­te nicht umgan­gen werden.

Mas­si­mo Fran­co: Sie sagen, daß sich der Papst über die Akti­vi­tä­ten in den Kon­gre­ga­tio­nen nicht über die Prä­fek­ten infor­miert, son­dern durch Per­so­nen, die offen­sicht­lich sein Ver­trau­en genie­ßen, die aber – laut Ihrer Mei­nung – nicht die ange­mes­se­nen Kanä­le sind, daß der Papst sich Infor­ma­tio­nen holt. Ist das richtig?

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler: So ist es in mei­ner Kon­gre­ga­ti­on geschehen.

Mas­si­mo Fran­co: So ist es in Ihrer Kon­gre­ga­ti­on gesche­hen. Sie haben sich also ein wenig über­gan­gen gefühlt? Ver­ra­ten gefühlt?

Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler: Ja.

Das voll­stän­di­ge Inter­view von Mas­si­mo Fran­co mit Kar­di­nal Mül­ler in Stre­sa, das von Radio Radi­cale auf­ge­zeich­net und ver­öf­fent­licht wurde:

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Radio Radi­cale (Sreen­shot)

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