Gramscis „kulturelle Hegemonie“ und die Schwierigkeiten mit der Meinungsfreiheit


Antonio Gramsci, die "kulturelle Hegemonie" und die Schwierigkeiten mit der Meinungsfreiheit am Beispiel einer Realsatire auf der Frankfurter Buchmesse.
Antonio Gramsci, die "kulturelle Hegemonie" und die Schwierigkeiten mit der Meinungsfreiheit am Beispiel einer Realsatire auf der Frankfurter Buchmesse.

(Ber­lin) Die Mei­nungs­frei­heit ist ein hohes Gut, mit dem nicht sorg­sam genug umge­gan­gen wer­den kann. Sie hat aber vie­le Gegner.

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Gegen­läu­fi­ge Ten­den­zen sind allent­hal­ben zu spü­ren, beson­ders seit sich das Inter­net als zuneh­mend ein­fluß­rei­ches Medi­um eta­bliert und die ver­öf­fent­lich­te Mei­nung der bis­he­ri­gen „Leit­me­di­en“ die öffent­li­che Mei­nung nicht mehr in dem Maße errei­chen, kon­trol­lie­ren und len­ken kann. Das Schlüs­sel­er­leb­nis war die Wahl von Donald Trump zum Prä­si­den­ten der USA, die zum Alp­traum des soge­nann­ten Estab­lish­ments wur­de. Die bedenk­li­che Fol­ge ist das Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz (NetzDG) in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, das am 1. Okto­ber in Kraft getre­ten ist.

Die Weltwoche 41 (2017)
Die Welt­wo­che 41 (2017)

Anto­nio Gram­sci postu­lier­te die „kul­tu­rel­le Hege­mo­nie“, die zur fak­ti­schen poli­ti­schen Herr­schaft führt. Gram­sci wird ger­ne als Phi­lo­soph genannt, gele­gent­lich auch als Mar­xist. Häu­fig ver­schwie­gen wird, daß er der Par­tei­vor­sit­zen­de (Par­tei­se­kre­tär) der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Ita­li­ens war. Er hat­te sich in der Sowjet­uni­on zum Berufs­re­vo­lu­tio­när aus­bil­den las­sen. Sei­ne Frau arbei­te­te für den sowje­ti­schen Geheim­dienst und KGB-Vor­läu­fer. Sein Ziel war die Welt­re­vo­lu­ti­on, die jedes Land in eine Sowjet­re­pu­blik umwan­deln unter unter der Füh­rung Mos­kaus einen soll­te. Die „kul­tu­rel­le Hege­mo­nie“ zeigt erst vor die­sem Hin­ter­grund ihr wah­res Gesicht.

Auf der Frank­fur­ter Buch­mes­se zeig­ten sich viel­schich­tig Schwie­rig­kei­ten mit der Mei­nungs­frei­heit. Einer­seits gestat­te­te die Buch­mes­sen­lei­tung und der Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels gön­ner­haft die Anwe­sen­heit von rech­ten Ver­la­gen, als soll­te das nicht eben­so selbst­ver­ständ­lich sein, wie die selbst­ver­ständ­li­che Prä­senz lin­ker Ver­la­ge. Gleich­zei­tig gaben die Ver­an­stal­ter die­sel­ben rech­ten Ver­la­ge zum Abschuß preis, weil sie öffent­lich dazu auf­rie­fen, „enga­giert“ gegen deren Posi­tio­nen auf­zu­tre­ten. Dazu wur­den gleich die genau­en Stand­ko­or­di­na­ten mit­ge­lie­fert. Sol­cher­ma­ßen her­bei­ge­ru­fen ver­wun­der­te es nicht, daß links­ra­di­ka­le Grup­pen die Stän­de der rech­ten Ver­la­ge beschä­dig­ten, stürm­ten und belagerten.

Die Schwie­rig­kei­ten mit der Mei­nungs­frei­heit betref­fen aber nicht nur das Estab­lish­ment, die Buch­mes­sen­lei­tung und links­ra­di­ka­le Gewalt­be­rei­te, son­dern – wie schon ange­deu­tet – die Leit­me­di­en und – sie­he Gram­sci – die lin­ken Intellektuellen.

Roger Köp­pel, der Chef­re­dak­teur der Schwei­zer Welt­wo­che, berich­tet in der jüng­sten Aus­ga­be sei­nes Wochen­ma­ga­zins über die­se Schwie­rig­kei­ten mit der Meinungsfreiheit:

„An der Buch­mes­se gab es beim ‚Spie­gel‘ ein unab­sicht­lich lusti­ges Panel über Demo­kra­tie, Brexit und die bösen Rech­ten. Zwei lin­ke Jour­na­li­stin­nen rede­ten mit einem lin­ken Jour­na­li­sten vor einem andäch­ti­gen lin­ken Publi­kum dar­über, dass es gar nicht gut sei, wenn Gleich­ge­sinn­te unter Gleich­ge­sinn­ten mit Gleich­ge­sinn­ten reden. Es war eine Real­sa­ti­re, was den Betei­lig­ten aber gar nicht auffiel.“

Text: Andre­as Becker
Bild: Wikicommons

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2 Kommentare

  1. Wobei die „lin­ken Gewalt­be­rei­ten“ in Frank­furt ein­mal mehr spür­bar Gewalt­tä­ti­ge waren.

  2. Unter­zieht man die bei Kino- und Fern­seh­pro­duk­tio­nen ange­wand­ten media­len Stra­te­gien einer kri­ti­schen Ana­ly­se (vgl. https://​kirch​fahr​ter​.word​press​.com/​2​0​1​7​/​0​3​/​0​1​/​k​u​l​t​u​r​e​l​l​e​-​h​e​g​e​m​o​n​i​e​-​u​n​d​-​m​e​d​i​a​l​e​-​b​e​e​i​n​f​l​u​s​s​u​ng/), wird man um die Fest­stel­lung nicht her­um­kom­men, dass die besag­te „kul­tu­rel­le Hege­mo­nie“ bereits geleb­te All­tags­rea­li­tät darstellt.

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