Der Papstmacher – Wie Kardinal Murphy-O’Conner (und das Foreign Office) das Konklave 2013 beeinflußten


Britisches Außenministerium und das Konklave 2013
Britisches Außenministerium und das Konklave 2013

(London/​Rom) Cor­mac Kar­di­nal Murphy‑O’Connor ist am 1. Sep­tem­ber ver­stor­ben. Nur weni­ge Tage nach sei­nem Tod wur­de das Erschei­nen eines Buches ange­kün­digt, das Details ent­hält, wie der ehe­ma­li­ge Erz­bi­schof von West­mi­ni­ster und Pri­mas von Eng­land und Wales, zusam­men mit ande­ren Kar­di­nä­len, im Kon­kla­ve 2013 die Wahl von Jor­ge Mario Kar­di­nal Berg­o­glio zum Papst orga­ni­siert haben soll – und dabei auf die Unter­stüt­zung des bri­ti­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums zäh­len konnte.

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„Die Schlüs­sel und das König­tum“ – Murphy‑O’Connor im Team Berg­o­glio

The Keys and the Kingdom
The Keys and the Kingdom

Das Buch „The Keys and the Kingdom.The Bri­tish and the Papa­cy from John Paul II to Fran­cis“ (Die Schlüs­sel und das König­tum. Die Bri­ten und das Papst­tum von Johan­nes Paul II. bis Fran­zis­kus) stammt von Cathe­ri­ne Pepin­ster und wird vor­aus­sicht­lich im Okto­ber in den Buch­han­del kom­men. Pepin­ster, über­zeug­te Berg­o­glia­ne­rin, ist die ehe­ma­li­ge Her­aus­ge­be­rin der pro­gres­si­ven, bri­ti­schen Kir­chen­zei­tung The Tablet.

Bereits im Herbst 2014 hat­te ein ande­rer Berg­o­glia­ner, Austen Ive­reigh, der ehe­ma­li­ge Pres­se­spre­cher von Kar­di­nal Murphy‑O’Connor, in sei­nem Buch „Der gro­ße Refor­mer“ über Papst Fran­zis­kus, von einer orga­ni­sier­ten Ein­fluß­nah­me zugun­sten der Wahl von Berg­o­glio zum Papst berich­tet. Er nann­te eine Grup­pe aus vier Kar­di­nä­len das Team Berg­o­glio, zu dem neben Murphy‑O’Connor noch Wal­ter Kas­per, Karl Leh­mann und God­fried Dan­neels gehörten.

Ein Jahr spä­ter ent­hüll­ten die bei­den Bio­gra­phen von Kar­di­nal Dan­neels und die­ser selbst, daß die­ses Team Berg­o­glio Teil eines grö­ße­ren, gehei­men Netz­wer­kes in der katho­li­schen Kir­che war, dem höch­ste Kir­chen­ver­tre­ter ange­hör­ten. Die­ses Netz­werk wird seit­her nach ihrem Schwei­zer Ver­samm­lungs­ort Grup­pe von Sankt Gal­len genannt. Gegrün­det von Kar­di­nal Car­lo Maria Mar­ti­ni, einem Jesui­ten wie Berg­o­glio, setz­te sich der Geheim­zir­kel das Ziel, einen pro­gres­si­ven Papst zu instal­lie­ren und bis dahin das Wir­ken des Pap­stes, zunächst von Johan­nes Paul II., dann von Bene­dikt XVI., zu boy­kot­tie­ren. Kar­di­nal Dan­neels ent­hüll­te zudem, daß sich die Mit­glie­der des Geheim­zir­kels selbst als „Mafia“ bezeichneten.

Schei­tern im ersten Anlauf

Beim Kon­kla­ve 2005 war nach dem Tod von Johan­nes Paul II. einer erster Ver­such unter­nom­men wor­den, der jedoch an der domi­nan­ten Gestalt von Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger schei­ter­te, der zum Papst Bene­dikt XVI. gewählt wur­de. Damals tra­ten mit Kar­di­nal Mar­ti­ni und Kar­di­nal Berg­o­glio zwei Jesui­ten, bei­de pro­gres­siv, in den Ring um die Papst­wür­de. Kar­di­nal Mar­ti­ni, der sich jahr­zehn­te­lang als Papst in spe sah, erhielt nur weni­ge Stim­men. Daher kon­zen­trier­ten sich die pro­gres­si­ven Kräf­te auf Kar­di­nal Berg­o­glio. Wenn er schon nicht zum Papst gewählt wer­den könn­te, so das Ziel, soll­te er durch die Sperr­klau­sel zumin­dest die Wahl von Kar­di­nal Ratz­in­ger ver­hin­dern. Berg­o­glio gab jedoch vor­zei­tig auf.

2013 soll­te sich ein sol­cher Feh­ler nicht wie­der­ho­len. Dafür wur­de, laut Ive­reigh, das Team Berg­o­glio akti­viert: beim zwei­ten Anlauf erfolgreich.

Der Vati­kan reagier­te am 1. Dezem­ber 2014 auf die Ive­reigh-Ent­hül­lung mit einem vehe­men­ten Demen­ti. Der dama­li­ge Vati­kan­spre­cher, Pater Feder­i­co Lom­bar­di SJ, erklär­te, daß alle vier von Ive­reigh genann­ten Mit­glie­der des Teams Berg­o­glio „aus­drück­lich“ die von ihm getä­tig­ten Behaup­tun­gen „bestrei­ten“, es habe bereits vor dem Kon­kla­ve eine Über­ein­kunft mit Kar­di­nal Berg­o­glio gege­ben und es habe eine Kam­pa­gne für sei­ne Wahl gegeben.

Dai­ly Tele­graph: „The Popemaker“

Am 4. Sep­tem­ber ver­öf­fent­lich­te nun der Dai­ly Tele­graph den Artikel:

„The Pope­ma­ker: how Car­di­nal Cor­mac got his fri­end elec­ted.“

“Die Papst­ma­cher: Wie Kar­di­nal Cor­mac sei­nen Freund wäh­len ließ.“

Entschlossen, „einen weiteren konservativen Papst zu verhindern“
Ent­schlos­sen, „einen wei­te­ren kon­ser­va­ti­ven Papst zu verhindern“

Dar­in schreibt der Repor­ter Robert Men­dick, daß das Kon­kla­ve von 2013 nicht weni­ger „intri­gant“ ver­lau­fen sei, „als der meist­ver­kauf­te Thril­ler von Robert Har­ris über eine fik­ti­ve Papst-Wahl“.

Es sei bekannt­ge­wor­den, daß Kar­di­nal Cor­mac Murphy‑O’Connor im jüng­sten Kon­kla­ve „inter­ve­nier­te, um sicher­zu­stel­len, daß sein Freund zum Papst Fran­zis­kus gewählt wurde“.

Die bei­den Män­ner, der ehe­ma­li­ge Erz­bi­schof von West­min­ster und der amtie­ren­de Papst, sei­en sich das erste Mal am Tag ihrer Kar­di­nals­er­he­bung durch Johan­nes Paul II. im Jahr 2001 begeg­net. Dar­aus sei eine soli­de Freund­schaft geworden.

Emp­fang in der bri­ti­schen Bot­schaft (mit Wahlwerbung)

In den Tagen vor dem Kon­kla­ve von 2013 habe Murphy‑O’Connor, zusam­men mit dem bri­ti­schen Außen­mi­ni­ste­ri­um, in der bri­ti­schen Bot­schaft in Rom einen Emp­fang gege­ben, um Stim­men für die Wahl von Kar­di­nal Jor­ge Mario Berg­o­glio, „den pro­gres­si­ven Erz­bi­schof von Bue­nos Aires“, zu sammeln.

Laut dem vor der Ver­öf­fent­li­chung ste­hen­den Buch von Cathe­ri­ne Pepin­ster habe Murphy‑O’Connor die Kar­di­nä­le des Com­mon­wealth ein­ge­la­den, aller­dings unter Aus­schluß von zwei nam­haf­ten, aber „kon­ser­va­ti­ven“ Kar­di­nä­len: Kar­di­nal Marc Ouel­let aus Kana­da und Kar­di­nal Geor­ge Pell aus Australien.

„Der Plan, der erfolg­reich war, bestand dar­in, die Kar­di­nä­le von der Not­wen­dig­keit eines libe­ra­len Pap­stes zu überzeugen.“

Murphy‑O’Connor „war ent­schlos­sen, einen wei­te­ren kon­ser­va­ti­ven Papst zu verhindern“

Murphy‑O’Connor sei „kon­ster­niert“ gewe­sen, als 2005 Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger zum Papst gewählt wurde.

„Er war ent­schlos­sen, einen wei­te­ren kon­ser­va­ti­ven Papst zu verhindern.“

Pepin­ster schreibt, laut Dai­ly Tele­graph, in ihrem Buch, daß es in der Geschich­te zahlreiche„Königsmacher“ gege­ben habe:

„Cor­mac Murphy‑O’Connor war ein Papstmacher.“

"Der Papstmacher", Kardinal Murphy-O'Connor
„Der Papst­ma­cher“ (Dai­ly Telegraph)

Papst Fran­zis­kus wur­de am 13. März 2013, dem zwei­ten Tag des Kon­kla­ves, im fünf­ten Wahl­gang gewählt. Er brauch­te zwei Drit­tel der 115 Wahl­män­ner. Laut Pepin­ster waren die von Murphy‑O’Connor orga­ni­sier­ten Stim­men dafür ausschlaggebend.

Er selbst war 2013 bereits zu alt, um noch am Kon­kla­ve teil­neh­men zu dür­fen. Den­noch rei­ste er nach Rom, wie ande­re über 80 Jah­re alte Kar­di­nä­le, die kein Stimm­recht mehr hat­ten, auch, um an den Gesprä­chen und Gene­ral­kon­gre­ga­tio­nen vor dem Kon­kla­ve teil­zu­neh­men. Sei­ne Anwe­sen­heit in den ent­schei­den­den Tagen vor der Wahl fiel daher nie­mand son­der­lich auf, wäh­rend er jedoch mit Nach­druck, und offen­bar mit Unter­stüt­zung des bri­ti­schen Außen­mi­ni­ste­ri­ums, im Bereich des weit­räu­mi­gen Com­mon­wealth Stim­men für „sei­nen Freund Berg­o­glio“ organisierte.

Papst Fran­zis­kus nach der Wahl: „Du bist schuld“ (und das For­eign Office)

Murphy‑O’Connor war, laut Ive­reigh, nur einer von vier „Wahl­or­ga­ni­sa­to­ren“. Die Kar­di­nä­le Wal­ter Kas­per, Karl Leh­mann und God­fried Dan­neels „orga­ni­sier­ten“ ande­re Berei­che des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums. Sicher­heits­hal­ber sprach Kas­per eine ener­gi­sche War­nung an Papst Bene­dikt XVI. aus, sich nicht in die Wahl sei­nes Nach­fol­gers „ein­zu­mi­schen“.

Wel­ches Inter­es­se das bri­ti­sche For­eign Office an der Wahl von Kar­di­nal Berg­o­glio zum Papst hat­te, wäre klä­rungs­be­dürf­tig. Groß­bri­tan­ni­en ist ein mehr­heit­li­che angli­ka­ni­sches Land, die Queen das welt­li­che Ober­haupt der von Rom abge­spal­te­nen Church of Eng­land. War es nur eine Höf­lich­keits­ge­ste ohne Hintergedanken?

Kurz nach der Inthro­ni­sa­ti­on von Papst Fran­zis­kus soll die­ser jeden­falls zu Kar­di­nal Murphy‑O’Connor scherz­haft gesagt haben: „Du bist schuld“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL/​Daily Tele­graph (Screen­shot)

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