Marie d’Armagnac: „Das Schweigen des Papstes“ – Keine Schwäche, sondern eine Strategie


Das Schweigen des Papstes 2
Das Schweigen des Papstes

In der Aus­ga­be 942 des fran­zö­si­schen Maga­zins Mon­de & Vie erschien der Arti­kel „Das Schwei­gen des Pap­stes“ von Marie d’Armagnac. Das 1953 gegrün­de­te Maga­zin gehört zu den bedeu­tend­sten Publi­ka­tio­nen des fran­zö­si­schen Tra­di­tio­na­lis­mus. Her­aus­ge­ber ist Jean-Marie Molitor, Chef­re­dak­teur seit 2014 Pater Guil­laume de Tanoüarn IBP. 1989 für die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. zum Prie­ster geweiht, trenn­te sich de Tanoüarn 2006 von die­ser und grün­de­te zusam­men mit Pater Phili­pe Lagué­rie das Insti­tut du Bon-Pasteur (IBP). Das Insti­tut kehr­te unter Papst Bene­dikt XVI. in die vol­le Ein­heit mit Rom zurück und gehört seit­her zu den soge­nann­ten Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten.

Das Schweigen des Papstes

Anzei­ge

von Marie d’Armagnac

Das Schwei­gen von Fran­zis­kus ist nicht ein Zei­chen von Schwä­che, son­dern viel­mehr Aus­druck einer gei­sti­gen Stra­te­gie, die in erster Linie dar­in besteht, Zeit zu gewin­nen, um die katho­li­sche Kir­che an ein neu­es Ver­ständ­nis der tra­di­tio­nel­len Moral zu gewöhnen.

Monde & Vie 492
Mon­de & Vie 492

Im ver­gan­ge­nen Dezem­ber wur­den alle 31 Mit­glie­der der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben ent­las­sen. Kurz dar­auf haben wir unter der Lei­tung von Msgr. Vin­cen­zo Paglia die Errich­tung eines gro­ßen Dik­aste­ri­ums für die Lai­en mit­er­lebt, in dem alle Fra­gen, wel­che die Fami­lie oder den Respekt für das Leben betref­fen, zusam­men­ge­faßt sind. Vor die­sem Hin­ter­grund wur­de die Ernen­nung der neu­en Mit­glie­der der Aka­de­mie für das Leben mit Sor­ge erwartet.

Zumin­dest kön­nen wir sagen, nicht ent­täuscht wor­den zu sein! Gewiß, Frau Lejeu­ne, Jean-Marie Le Mene, die Kar­di­nä­le Caf­farra, Sgreccia und Eijk, in der Ver­gan­gen­heit ent­schie­de­ne Ver­tei­di­ger des Lebens, wur­den bestä­tigt. Sie sind, wie Msgr. Paglia sagt, „die wert­vol­le Geschich­te der Aka­de­mie, die neben der neu­en Ära der Aka­de­mie nicht ver­ges­sen wer­den soll“. Vie­le ande­re wur­den aber ent­las­sen: dar­un­ter der ame­ri­ka­nisch Theo­lo­ge John Fin­nis, Autor eines sehr kri­ti­schen Offe­nen Brie­fes an den Papst zu Amo­ris lae­ti­tia; dar­un­ter der deut­sche Phi­lo­soph Robert Spae­mann; der Öster­rei­cher Josef Maria Sei­fert und vie­le ande­re Gelehr­te von Welt­ruf, die sich um die Lebens­rechts­be­we­gung ver­dient gemacht haben.

Was die Neu­er­nen­nun­gen anbe­langt, so sind sie – wie Msgr. Paglia in einem Inter­view mit Vati­can Insi­der berich­te­te – auf aus­drück­li­che Wei­sung von Papst Fran­zis­kus erfolgt, der ihn gebe­ten hat, „einen herz­li­chen und akti­ven Dia­log mit ande­ren wis­sen­schaft­li­chen Insti­tu­tio­nen im öku­me­ni­sche und inter­re­li­giö­sen Rah­men zu begin­nen, sowohl christ­li­cher Inspi­ra­ti­on als auch ande­rer kul­tu­rel­ler und reli­giö­ser Tra­di­tio­nen“. Von den neu­en Mit­glie­dern der Aka­de­mie sind drei Nicht-Chri­sten, ein Mus­lim, ein Jude und ein Schintoist.

Das Pro­blem ist nicht nur die Aus­wahl von kir­chen­frem­den Mit­glie­dern, denn das Leben ist ein Wert, der für alle Men­schen gilt. Emble­ma­tisch für die „neue Ära“ scheint viel­mehr die Ernen­nung von Mau­ri­zio Chio­di, Dozent der Moral­theo­lo­gie, des­sen hete­ro­do­xe Posi­tio­nen zu Ver­hü­tung, künst­li­cher Befruch­tung und Eutha­na­sie bekannt sind. Eine wei­te­rer „Fall“ ist die Ernen­nung von Nigel Big­gar, Angli­ka­ner, Pro­fes­sor der Moral­theo­lo­gie und der Pasto­ral­theo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Oxford. 2011 hat­te er in einem Inter­view gesagt: „Ich wäre dafür, die Abtrei­bung auf die 18 Wochen ab der Zeu­gung [bis zum 5. Schwan­ger­schafts­mo­nat!] zu beschrän­ken, bis mehr oder weni­ger eine gewis­se Evi­denz einer Gehirn­ak­ti­vi­tät, also das Bewußt­sein, gege­ben ist.“ Den inter­na­tio­na­len Wir­bel, den die­se Ernen­nung aus­lö­ste, kann man sich vor­stel­len. Auf ihn ant­wor­te­te Msgr. Paglia, irri­tiert, auf bezeich­nen­de, ja absur­de Wei­se, indem er erklär­te, daß Nigel Big­gar ver­spro­chen habe, bei den Aka­de­mie­sit­zun­gen nicht über die­ses Argu­ment zu spre­chen … Völ­li­ges Schwei­gen dazu von Papst Franziskus …

Das­sel­be Schwei­gen hören wir zur sehr kla­ren Auf­for­de­rung der vier Kar­di­nä­le Caf­farra, Bur­ke, Meis­ner und Brand­mül­ler, die den Papst gebe­ten haben, die Leh­re der Kir­che über die Zulas­sung oder Nicht-Zulas­sung zur Kom­mu­ni­on im Zustand der öffent­li­chen Sün­de auf ein­deu­ti­ge Wei­se zu bekräf­ti­gen. Der Ton ist aus­ge­spro­chen demü­tig, die Anfra­ge kurz und fak­ten­be­zo­gen. Kar­di­nal Car­lo Caf­farra muß­te den­noch erklä­ren, ein ganz unge­wöhn­li­cher und ver­blüf­fen­der Umstand, kein Sedis­va­kan­tist zu sein. Er erin­ner­te zugleich dar­an, daß „in die­ser Zeit öffent­lich Inter­pre­ta­tio­nen zu eini­gen objek­tiv zwei­deu­ti­gen Stel­len des nach­syn­oda­len Schrei­bens gege­ben wur­den, die vom bestän­di­gen Lehr­amt der Kir­che nicht nur abwei­chen, son­dern die­sem wider­spre­chen“. Sie betref­fen „nicht nur den Zugang zur Hei­li­gen Eucha­ri­stie von jenen, die objek­tiv und öffent­lich in einem Zustand der schwe­ren Sün­de leben und dar­in blei­ben wol­len, son­dern auch ein Ver­ständ­nis des mora­li­schen Gewis­sens, das der Tra­di­ti­on der Kir­che wider­spricht. Dadurch geschieht – wie schmerz­voll ist es, das fest­zu­stel­len! –, daß das, was in Polen Sün­de ist, in Deutsch­land gut ist, was im Erz­bis­tum Phil­adel­phia ver­bo­ten ist, auf Mal­ta erlaubt ist, und so wei­ter.“ […] Wir spü­ren die Last unse­rer Ver­ant­wor­tung, und unser Gewis­sen drängt uns, Sie demü­tig und respekt­voll um Audi­enz zu bitten.“

Fran­zis­kus hat dar­auf, eine in der Kir­chen­ge­schich­te nie dage­we­se­ne Tat­sa­che, kei­ne Ant­wort gege­ben und sich sogar gewei­gert, jene zu emp­fan­gen, die wegen des Kar­di­nals­mu­nus die ersten Bera­ter des Pap­stes sind. Man fragt sich, in wel­chem Kli­ma das näch­ste Kon­si­sto­ri­um statt­fin­den wird. Ein schnel­ler Blick auf das offi­zi­el­le Tages­pro­gramm von Papst Fran­zis­kus auf der Inter­net­sei­te des Vati­kans sagt uns, wen er heu­te in Audi­enz emp­fan­gen hat … die Natio­nal Foot­ball League!

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Mon­de & Vie (Screen­shots)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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1 Kommentar

  1. Das mit dem Schwei­gen ist gut erkannt. Er will es mög­lichst mit nie­man­den ver­scher­zen um kei­ne Anhän­ger zu ver­lie­ren. Er schaut zu wie die (sei­ne) Wöl­fe unter die Scha­fe gehen und ver­su­chen zu rei­ßen. Wenn das nicht rich­tig klappt wer­den wei­te­re Wöl­fe posi­tio­niert und frei­ge­las­sen. Die „Legi­on“ lässt grüßen.

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