„Lage der Religionsfreiheit hat sich weltweit verschlechtert“ – Jahresbericht 2017 der US-Kommission für Religionsfreiheit vorgestellt


USCIRF-Jahresbericht 2017 über die Religionsfreiheit in der Welt
Am 15. August wurde in Washington der USCIRF-Jahresbericht 2017 über die Religionsfreiheit in der Welt vorgestellt. Im Bild die Kommissionsmitglieder.

(Washing­ton) 2016 hat sich die Lage für die Reli­gi­ons­frei­heit in der Welt ver­schlech­tert. Dies geht aus dem soeben ver­öf­fent­lich­ten Jah­res­be­richt der United Sta­tes Com­mis­si­on on Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom (USCIRF) her­vor. „Ins­ge­samt ist die Situa­ti­on schlech­ter gewor­den. 2016 haben sich die Ver­let­zun­gen der Reli­gi­ons­frei­heit ver­schlim­mert und aus­ge­wei­tet“, so P. Tho­mas Ree­se SJ, der Vor­sit­zen­de der Kom­mis­si­on. Der Jah­res­be­richt 2017 wur­de am 15. August in Washing­ton vor­ge­stellt. Er umfaßt das Jahr 2016 und die ersten Mona­te von 2017. Ree­se sagte:

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„Die offe­nen Angrif­fe sind der­ma­ßen erschreckend gewor­den – Geno­zid­ver­su­che, Mas­sa­ker an unschul­di­gen Men­schen, völ­li­ge Zer­stö­rung von Kult­stät­ten –, daß ande­re, nicht min­der schwer­wie­gen­de For­men der Gewalt unbe­ach­tet blei­ben oder zumin­dest in den Hin­ter­grund gedrängt wer­den. Vie­le Beob­ach­ter sind unsen­si­bel gewor­den für die Ver­let­zung des Rech­tes auf Mei­nungs­frei­heit, Gewis­sens­frei­heit und Religionsfreiheit.“

„Massive, andauernde, systematische“ Verletzung der Religionsfreiheit

Der 243 Sei­ten umfas­sen­de Bericht besteht aus vier Tei­len. Ein Haupt­teil befaßt sich mit den Län­dern, in denen extre­me Ver­hält­nis­se herr­schen und vom US-Gesetz über die inter­na­tio­na­le Reli­gi­ons­frei­heit, dem Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom Act of 1998, als „sehr besorg­nis­er­re­gend“ ein­ge­stuft wer­den. In die­sen Län­dern wird die Reli­gi­ons­frei­heit auf „mas­si­ve und andau­ern­de“ Wei­se „syste­ma­tisch“ ver­letzt. Der Jah­res­be­richt 2017 nennt 16 Staa­ten in die­ser Kategorie:

  • Myan­mar
  • Volks­re­pu­blik China
  • Eri­trea
  • Iran
  • Nord­ko­rea
  • Sau­di-Ara­bi­en
  • Sudan
  • Tadschi­ki­stan
  • Turk­me­ni­stan
  • Zen­tral­afri­ka­ni­sche Republik
  • Nige­ria
  • Paki­stan
  • Ruß­land
  • Syri­en
  • Viet­nam

Alle die­se Staa­ten, aus­ge­nom­men Ruß­land, fin­den sich auch in der von Open Doors vor­ge­leg­ten Liste der 50 Län­der, in denen die Chri­sten am mei­sten ver­folgt werden.

Erstmals Verletzung der Religionsfreiheit durch nichtstaatliche Akteure berücksichtigt

Jahresbericht 2017
Jah­res­be­richt 2017

Wie Open Doors berück­sich­tigt inzwi­schen auch die United Sta­tes Com­mis­si­on on Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom (USCIRF) Ver­let­zun­gen der Reli­gi­ons­frei­heit durch Regie­run­gen und ande­re Akteu­re. Ver­let­zun­gen, die den Regie­run­gen ange­la­stet wer­den, betref­fen die Gesetz­ge­bung, aber auch repres­si­ve Maß­nah­men, die zum Bei­spiel unter Beru­fung auf die „natio­na­le Sicher­heit“ ergrif­fen wer­den. Als beson­ders schlim­mes Bei­spiel für ein Gesetz gegen die Reli­gi­ons­frei­heit wird das paki­sta­ni­sche Anti-Blas­phe­mie­ge­setz ange­führt, das här­te­ste Stra­fen für die „Belei­di­gung“ von Allah, Moham­med und den Islam vor­sieht, ein­schließ­lich der Todesstrafe.

Ins­ge­samt nennt der Jah­res­be­richt 70 Staa­ten, in denen Geset­ze in Gel­tung sind, mit denen die Reli­gi­ons­frei­heit ein­ge­schränkt wird. Als Bei­spiel für repres­si­ve Maß­nah­men im Namen der „natio­na­len Sicher­heit“ wird Bah­rein genannt. Die sun­ni­ti­sche Herr­scher­dy­na­stie Al Cha­li­fa der Emi­re von Bah­rein (seit 2002 Köni­ge) ver­schärf­te 2016 die Maß­nah­men zur Unter­drückung der schii­ti­schen Bevölkerungsmehrheit.

Die nicht von Regie­run­gen aus­ge­hen­de Ver­fol­gung ist nicht weni­ger schwer­wie­gend, wie die Kom­mis­si­on betont. Seit 2016 sieht ein US-Gesetz vor, daß auch die Ver­let­zung der Reli­gi­ons­frei­heit durch nicht­staat­li­che Akteu­re erfaßt wer­den soll. Die Kom­mis­si­on lob­te die Ergän­zung ihrer Auf­ga­ben, denn nicht­staat­li­che Orga­ni­sa­tio­nen, die teil­wei­se gan­ze Land­stri­che kon­trol­lie­ren, könn­ten noch bru­ta­ler sein als Regie­run­gen. Der Jah­res­be­richt, der erst­mals den erwei­ter­ten Auf­trag berück­sich­tigt, nennt in der Kate­go­rie „sehr besorg­nis­er­re­gend“ drei nicht­staat­li­che Akteu­re. Dabei han­delt es alle­samt um isla­mi­sche Mili­zen: den Isla­mi­schen Staat (IS) im Irak und in Syri­en, die Tali­ban in Afgha­ni­stan und die Hara­kat al-Shaba­ab al-Mud­schah­din (kurz al-Shaba­ab) in Soma­lia. Sie bedro­hen die Reli­gi­ons­frei­heit durch Ter­ror­an­schlä­ge und in den von ihnen kon­trol­lier­ten Ter­ri­to­ri­en durch stren­ge Ver­hal­tens­re­geln und har­te Stra­fen gegen deren Mißachtung.

Im Som­mer 2016 hat­te der dama­li­ge US-Außen­mi­ni­ster John Ker­ry erklärt, daß der Isla­mi­sche Staat (IS) im Irak und in Syri­en einen Geno­zid ver­übt. Es war das erste Mal seit 2004, daß eine US-Regie­rung eine Situa­ti­on als Geno­zid bezeich­ne­te. 2004 hat­te Außen­mi­ni­ster Colin Powell die blu­ti­gen Vor­gän­ge in Dar­fur im west­li­chen Sudan, als Geno­zid bezeichnet.

Schutz der verfolgten Christen „Priorität für die Regierung Trump“

Der amtie­ren­den Außen­mi­ni­ster Rex Til­ler­son bekräf­tig­te die Erklä­rung vom ver­gan­ge­nen Mai, mit der sich US-Prä­si­dent Donald Trump und Vize­prä­si­dent Mike Pence ver­pflich­te­ten, die Chri­sten­ver­fol­gung zu bekämp­fen. In einer Erklä­rung zum „erbar­mungs­lo­sen Mas­sa­ker“ an ägyp­ti­schen Chri­sten, die der Isla­mi­sche Staat (IS) ver­übt hat­te, waren sie eine sol­che Ver­pflich­tung eingegangen.

Til­ler­son erneu­er­te den Geno­zid­vor­wurf gegen den Isla­mi­schen Staat (IS). Er wol­le dies­be­züg­lich jede Zwei­deu­tig­keit besei­ti­gen, die durch frü­he­re Erklä­run­gen und Berich­te des Außen­mi­ni­ste­ri­ums ent­stan­den sein könn­ten. Dabei ging es um Gerüch­te, daß der Begriff „Geno­zid“ im Zusam­men­hang mit dem Isla­mi­schen Staat (IS) aus offi­zi­el­len Regie­rungs­do­ku­men­ten besei­tigt wor­den sei.

„Der IS ist ein­deu­tig des Geno­zids an Jesi­den, Chri­sten und schii­ti­schen Mus­li­men schuldig“,

so Til­ler­son am 15. August bei der Vor­stel­lung des Jah­res­be­rich­tes 2017. Der Schutz der vom Isla­mi­schen Staat (IS) und von ande­ren gewalt­tä­ti­gen Extre­mi­sten ver­folg­ten Grup­pen „habe Prio­ri­tät für die Regie­rung Trump“, so der Außenminister.

Til­ler­son beton­te zudem, daß es das bevor­zug­te Ziel der Regie­rung sei, die Vor­aus­set­zun­gen zu schaf­fen, daß die ver­folg­te Bevöl­ke­rung „in ihre Her­kunfts­or­te zurück­keh­ren“ könne.

Die USCIRF ist eine Einrichtung der US-Bundesregierung

USCIRF-Kommissionsmitglieder
USCIRF-Kom­mis­si­ons­mit­glie­der

Die United Sta­tes Com­mis­si­on on Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom (USCIRF) geht auf eine For­de­rung der evan­ge­li­ka­len Bewe­gung in den USA zurück und wur­de 1998 mit dem Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom Act errich­tet. Es han­delt sich um eine Insti­tu­ti­on der Bun­des­re­gie­rung, die aus zehn Kom­mis­si­ons­mit­glie­dern besteht. Drei wer­den vom Prä­si­den­ten der USA ein­ge­setzt, drei vom Prä­si­den­ten des US-Senats, wobei zwei von der Par­tei bestimmt wer­den, die zu die­sem Zeit­punkt nicht den US-Prä­si­den­ten stellt. Drei wei­te­re wer­den durch den Spre­cher des Reprä­sen­tan­ten­hau­ses ernannt, wobei wie­der­um zwei davon vom Spre­cher der Par­tei benannt wer­den, die nicht den US-Prä­si­den­ten stellt. Das zehn­te Mit­glied ist der Son­der­bot­schaf­ter für Inter­na­tio­na­le Reli­gi­ons­frei­heit, der 1998 zusam­men mit der Kom­mis­si­on ein­ge­führt wur­de, aber in der Kom­mis­si­on nicht stimm­be­rech­tigt ist.

Die Tätig­keit der Kom­mis­si­ons­mit­glie­der erfolgt ehren­amt­lich. Erstat­tet wer­den die Rei­se­ko­sten und Mit­ar­bei­ter zur Ver­fü­gung gestellt. Die Ernen­nung erfolgt für die Dau­er von zwei Jah­ren und kann um wei­te­re Amts­pe­ri­oden ver­län­gert werden.

Die der­zei­ti­ge Kom­mis­si­on wur­de im März 2016 unter Barack Oba­ma ernannt. Von ihm wur­de auch P. Tho­mas Ree­se SJ beru­fen, der 2005 wegen sei­ner hete­ro­do­xen Ansich­ten unter dem Druck der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on die Schrift­lei­tung der US-ame­ri­ka­ni­schen Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca zurück­zu­le­gen muß­te. Seit 2013 schreibt er für das pro­gres­si­ve Flagg­schiff der katho­li­schen Medi­en der USA, den Natio­nal Catho­lic Repor­ter. 2014 berief ihn Barack Oba­ma in die United Sta­tes Com­mis­si­on on Inter­na­tio­nal Reli­gious Free­dom, deren Vor­sit­zen­der er seit 2016 ist.

Neuer Sonderbotschafter für Internationale Religionsfreiheit

Sam Brown­back

Am ver­gan­ge­nen 26. Juli gab das Wei­ße Haus bekannt, daß US-Prä­si­dent Donald Trump das Amt des zehn­ten, nicht stimm­be­rech­tig­ten Mit­glieds neu besetzt hat. Er ernann­te den amtie­ren­den Gou­ver­neur von Kan­sas, Sam Brown­back, zum neu­en Son­der­bot­schaf­ter für Inter­na­tio­na­le Reli­gi­ons­frei­heit. Der seit 2011 amtie­ren­de 46. Gou­ver­neur von Kan­sas wider­setz­te sich der Ein­füh­rung der „Homo-Ehe“ und bekennt sich zum Lebens­recht unge­bo­re­ner Kinder.

2012 erließ er ein Gesetz, das es Apo­the­kern ermög­licht, aus Gewis­sens­grün­den die Abga­be von Mit­teln mit abtrei­ben­der Wir­kung zu ver­wei­gern. 2013 ließ er gesetz­lich die Ver­wen­dung von Steu­er­mit­teln für Abtrei­bungs­or­ga­ni­sa­tio­nen und die selek­ti­ve Abtrei­bung nach dem Geschlecht ver­bie­ten. 2015 unter­zeich­ne­te er als erster US-Bun­des­staat einen Unborn Child Pro­tec­tion From Dis­mem­ber­ment Abor­ti­on Act, mit dem die mei­sten Abtrei­bungs­me­tho­den ver­bo­ten wur­den, die für Spät­ab­trei­bun­gen ein­ge­setzt werden.

Die Auf­he­bung des Urteils Roe gegen Wade, mit dem 1973 vom Ober­sten Gerichts­hof  die Abtrei­bung in den USA frei­ge­ge­ben wur­de, bezeich­net Brown­back als „glor­rei­chen Tag für die Freiheit“.

Im März 2018 wer­den die neun stimm­be­rech­tig­ten Kom­mis­si­ons­mit­glie­der für die Amts­pe­ri­ode 2018/​2020 neu ernannt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: USCIRF (Screenshots)/Wikicommons (Gage Skidmore)

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