„Jeder Christ ist geistig ein Vendéaner“ – Kardinal Sarah über einen „inneren Aufstand“ gegen die „Höllenkolonnen“


Kardinal Sarah am Grab des heiligen Louis-Marie Grignion de Montfort, der aus der Bretagne stammte, aber in der Vendée gestorben ist und begraben wurde.
Kardinal Sarah am Grab des heiligen Louis-Marie Grignion de Montfort, der aus der Bretagne stammte, aber in der Vendée gestorben ist und begraben wurde.

(Paris) Eine außer­ge­wöhn­li­che und pro­phe­ti­sche Pre­digt hielt Robert Kar­di­nal Sarah, der Prä­fekt der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung, in Saint Lau­rent sur Sèv­res in der Ven­dée. Anlaß war die Eröff­nung der 700-Jahr­fei­ern des Bis­tums Luçon.
Die katho­li­sche und königs­treue Bevöl­ke­rung die­ser fran­zö­si­schen Land­schaft und ihrer Umge­bung erhob sich 1793 – 1796 in einem Auf­stand gegen die kir­chen- und königs­feind­li­che Schreckens­herr­schaft der fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on. Ihr Auf­stand wur­de von den Revo­lu­tio­nä­ren im Namen von „Frei­heit, Gleich­heit, Brü­der­lich­keit“ grau­sam nie­der­ge­schla­gen. Die Grau­sam­keit der Revo­lu­ti­ons­re­gie­rung und ihrer „Höl­len­ko­lon­nen“, wie die Revo­lu­ti­ons­trup­pen genannt wur­den, die den Auf­stand in der Ven­dée nie­der­schlu­gen, for­der­te durch syste­ma­ti­sches Nie­der­bren­nen gan­zer Ort­schaf­ten und Ermor­dung der Bevöl­ke­rung rund 200.000 Tote. Die Ver­nich­tungs­po­li­tik der Revo­lu­ti­on wird heu­te zum Teil als Geno­zid (Völ­ker­mord) und „popu­li­ci­de“ (Volks­mord) bezeichnet.
Der Kar­di­nal wird sich noch bis zum 15. August, dem Hoch­fest Maria Him­mel­fahrt, in der Ven­dée aufhalten.
Der voll­stän­di­ge Wort­laut der Predigt:

Liebe Brüder im Herrn!

Anzei­ge

Wir Chri­sten brau­chen den Geist der Bewoh­ner der Ven­dée! Wir brau­chen ein sol­ches Vor­bild! Wie sie müs­sen wir unse­re Aus­saat, unse­re Ern­te, die von unse­ren Pflü­gen gezo­ge­nen Fur­chen ver­las­sen, um zu kämp­fen – nicht für die Ver­tei­di­gung mensch­li­cher Inter­es­sen, son­dern für Gott!

Kardinal Sarah predigte am 12. August in der Vendée
Kar­di­nal Sarah am 12. August in der Vendée

Wer wird also heu­te für Gott auf­ste­hen? Wer wird es wagen, sich den moder­nen Ver­fol­gern der Kir­che ent­ge­gen­zu­stel­len? Wer wird den Mut haben sich zu erhe­ben, waf­fen­los, nur mit dem Rosen­kranz und dem Hei­lig­sten Her­zen, um sich den Todes­ko­lon­nen unse­rer Tage ent­ge­gen­zu­stel­len, die das sind: der Rela­ti­vis­mus, die Gleich­gül­tig­keit und die Ver­ach­tung Got­tes? Wer wird die­ser Welt sagen, daß die ein­zi­ge Wahr­heit, für die es zu ster­ben lohnt, die Frei­heit zu glau­ben ist?

Brü­der, wie einst unse­re Brü­der der Ven­dée, sind heu­te wir zum Bekennt­nis geru­fen, das heißt: zum Martyrium!

Heu­te ster­ben unse­re christ­li­chen Brü­der im Nahen Osten, in Paki­stan, in Afri­ka für ihren Glau­ben, ver­nich­tet von den Kolon­nen des sie ver­fol­gen­den Isla­mis­mus. Des­halb: Du, Volk von Frank­reich, Du, Volk der Ven­dée, wann wirst Du die fried­li­chen Waf­fen des Gebets und der Lie­be ergrei­fen, um Dei­nen Glau­ben zu verteidigen?

Lie­be Freun­de, das Blut der Mär­ty­rer fließt in Euren Adern. Seid ihm treu!

Wir alle sind gei­stig Söh­ne der Mär­ty­rer der Ven­dée! Auch wir Afri­ka­ner, die wir vie­le Mis­sio­na­re aus der Ven­dée bekom­men haben, die gekom­men sind, um uns Chri­stus zu ver­kün­den und bei uns zu ster­ben! Wir müs­sen ihrem Erbe treu bleiben!

An die­sem Ort umgibt uns der Geist die­ser Mär­ty­rer. Was sagen sie uns? Was wol­len sie uns weitergeben?

In erster Linie ihren Mut! Wenn es um Gott geht, ist kein Kom­pro­miß mög­lich! Die Ehre Got­tes steht nicht zur Dis­kus­si­on! Das hat bei unse­rem per­sön­li­chen Leben, unse­rem Gebets­le­ben und unse­rer Anbe­tung zu beginnen.

Brü­der, es ist Zeit, uns gegen den real exi­stie­ren­den Athe­is­mus zu erhe­ben, der unser Leben erstickt. Beten wir in der Fami­lie, stel­len wir Gott an erste Stel­le! Eine Fami­lie, die betet, ist eine Fami­lie, die lebt! Ein Christ, der nicht betet, der Gott kei­nen Raum durch Stil­le und Anbe­tung läßt, der stirbt!

Vom Bei­spiel der Ven­dée haben wir auch die Lie­be zum Prie­ster­tum zu ler­nen. Weil ihre „guten Hir­ten“ bedroht waren, haben sie sich erho­ben. Ihr Jün­ge­ren, wenn Ihr dem Bei­spiel Eurer Vor­fah­ren treu sein wollt, dann liebt Eure Prie­ster, liebt das Priestertum!

Ihr müßt Euch fra­gen: Bin auch ich geru­fen, ein Prie­ster in der Nach­fol­ge die­ser guten Prie­ster zu sein, die durch die Revo­lu­ti­on das Mar­ty­ri­um erlit­ten haben? Hät­te auch ich den Mut, das Leben ganz für Chri­stus und für mei­ne Brü­der hinzugeben?

Die Mär­ty­rer der Ven­dée leh­ren uns auch die Ver­ge­bung und die Barm­her­zig­keit. Trotz der Ver­fol­gung und des Has­ses haben sie in ihrem Her­zen die Sor­ge für den Frie­den und die Ver­ge­bung bewahrt. Erin­nert Euch, wie Kom­man­dant Bon­champs [Der katho­li­sche, kir­chen- und königs­treue Gene­ral Charles Mel­chi­or Artus de Bon­champs war einer der Anfüh­rer des Auf­stan­des in der Ven­dée. 1793 wur­de er im Kampf töd­lich ver­wun­det. Er voll­brach­te hel­den­haf­ten Taten, wegen sei­ner Mensch­lich­keit gilt er aber als Beken­ner und Mär­ty­rer, Anm. d. Red.] 1793 5.000 Gefan­ge­nen die Frei­heit geschenkt hat, weni­ge Minu­ten bevor er gestor­ben ist. Wir sol­len dem Haß ohne Res­sen­ti­ments und ohne Ani­mo­si­tä­ten ent­ge­gen­tre­ten. Wir sol­len mit dem Her­zen Jesu gerü­stet sein, und wie die­ses wol­len wir vol­ler Sanft­mut sein!

Schließ­lich haben wir von den Mär­ty­rern der Ven­dée auch noch die Groß­zü­gig­keit und die Selbst­lo­sig­keit zu lernen.

Eure Ahnen haben sich nicht für ihre Eigen­in­ter­es­sen geschla­gen. Sie hat­ten nichts zu gewin­nen. Heu­te leh­ren sie uns daher wah­re Mensch­lich­keit. Wir leben in einer Welt, die von der Dik­ta­tur des Gel­des, der Inter­es­sen und des Reich­tums beherrscht wird. Die Freu­de der Selbst­lo­sig­keit wird über­all ver­ach­tet und ver­spot­tet. Den­noch: Nur die groß­zü­gi­ge Lie­be und die unei­gen­nüt­zi­ge Hin­ga­be des eige­nen Lebens kön­nen den Haß gegen Gott und die Men­schen besie­gen, der Ursprung jeder Revo­lu­ti­on ist. Die Bewoh­ner der Ven­dée haben uns gelehrt, allen die­se Revo­lu­tio­nen zu wider­ste­hen. Sie haben uns gezeigt, daß es auf die Höl­len­ko­lon­nen, die natio­nal­so­zia­li­sti­schen Ver­nich­tungs­la­ger, die kom­mu­ni­sti­schen Gulag, die isla­mi­sti­schen Bar­ba­rei nur eine Ant­wort gibt: Die völ­li­ge Selbst­hin­ga­be des eige­nen Lebens. Nur die Lie­be besiegt die Mäch­te des Todes!

Heu­te wie­der, viel­leicht heu­te sogar mehr denn je, wol­len die Revo­lu­ti­ons­ideo­lo­gen den natür­li­chen Ort der Selbst­hin­ga­be, der freu­di­gen Groß­zü­gig­keit und der Lie­be ver­nich­ten – ich mei­ne die Familie!

Die Gen­der-Ideo­lo­gie, die Ver­ach­tung der Frucht­bar­keit und der Treue sind die neu­en Leit­sprü­che der Revo­lu­ti­on. Die Fami­li­en sind zu vie­len Ven­dées gewor­den, die aus­ge­rot­tet wer­den sol­len. Man plant syste­ma­tisch sie aus­zu­lö­schen, wie man es einst gegen die Ven­dée getan hat.

Die­se neu­en Revo­lu­tio­nä­re ärgern sich für die Selbst­lo­sig­keit der kin­der­rei­chen Fami­li­en. Sie lachen über die christ­li­chen Fami­li­en, weil die­se alles ver­kör­pern, was sie has­sen. Sie sind bereit, ihre Höl­len­ko­lon­nen gegen Afri­ka los­zu­schicken, um die Fami­lie unter Druck zu set­zen und ihr die Ste­ri­li­sa­ti­on, die Abtrei­bung und die Ver­hü­tung aufzuzwingen.

Afri­ka wird wider­ste­hen wie die Vendée!

Über­all: Die christ­li­chen Fami­li­en müs­sen freu­di­ge Avant­gar­de eines Auf­stan­des gegen die­se neue Dik­ta­tur des Ego­is­mus sein!

Jetzt muß sich im Her­zen einer jeden Fami­lie, eines jeden Chri­sten, eines jeden Men­schen guten Wil­lens eine inne­re Ven­dée erhe­ben! Jeder Christ ist gei­stig ein Ven­dé­a­ner! Las­sen wir es nicht zu, daß in uns die selbst­lo­se und groß­zü­gi­ge Hin­ga­be erstickt wird. Ler­nen auch wir, wie die Mär­ty­rer der Ven­dée, die­se Gabe aus ihrer Quel­le zu schöp­fen: das Herz Jesu. Bit­ten wir dar­um, daß sich eine mäch­ti­ge und freu­di­ge, inne­re Ven­dée sich in der Kir­che und der Welt erhebt.

Amen!

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Le Salon beige/​Messa in latino

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7 Kommentare

  1. Dan­ke für die­se auf­rüt­teln­de Pre­digt, lie­ber ver­ehr­ter Kar­di­nal Sarah!
    Und Dank auch katho​li​sches​.info für deren Veröffentlichung.
    Am kom­men­den Don­ners­tag­abend tref­fen wir ‑die Mit­glie­der des drit­ten Ordens der Fran­zis­ka­ner- uns wie­der zur monat­li­chen Andacht und zum anschlie­ßen­den Gedankenaustausch.
    Als Vor­ste­he­rin unse­rer ört­li­chen Grup­pe habe ich soeben beschlos­sen, mei­nen Geschwi­stern im Glau­ben die­se ein­dring­li­che Pre­digt vorzulesen. 

    Ich bin über­zeugt, dass es wich­tig ist, die­se wich­ti­ge Pre­digt nicht nur für uns pri­vat zu lesen, son­dern sie auch an ande­re weiterzugeben.
    Mög­lich­kei­ten dazu gibt es.

    • Die­se Pre­digt ist eine bei­spiel­haf­te Glau­bens-Unter­wei­sung und dient wirk­lich zur Stär­kung der Gläu­bi­gen. Die­ser Kar­di­nal lässt hof­fen. Mit sol­chen Män­nern, die ein Vor­bild für die Men­schen dar­stel­len, hat unse­re hl. kath. Kir­che tat­säch­lich eine Chan­ce, die der­zei­ti­ge kata­stro­pha­le Kri­se zu bestehen. Ich hof­fe, daß die­ser muti­ge und klu­ge Kar­di­nal eines Tages durch die kraft des hl. Gei­stes und mit der Unter­stüt­zung der Gebe­te der Gläu­bi­gen der näch­ste Papst unse­rer Mut­ter Kir­che wird.

    • Gestern abend habe ich die Pre­digt vor­ge­le­sen und hat­te mir eine leb­haf­te Dis­kus­si­on dar­über gewünscht.
      Doch lei­der Fehlanzeige!
      Die Gesprä­che blie­ben an der Ober­flä­che und ver­san­de­ten rela­tiv schnell.
      Die Glau­bens­ge­schwi­ster sind alle schon älter und waren wohl mehr an einem Geplau­der interessiert.
      Ich bin zwar auch nicht mehr die Jüng­ste, aber eine gewis­se Anzahl an Lebens­jah­ren ver­hin­dert ja nicht auto­ma­tisch einen regen Aus­tausch über den Inhalt der Pre­digt Kar­di­nal Sarah´s.
      Schade!

  2. Die­se letz­te Schlacht kön­nen wir nur mit der Wei­he an das unbe­fleck­te Herz Mari­ens, der Sie­ge­rin in allen Schlach­ten Got­tes und das Rosen­kranz­ge­bet durchstehen.

  3. Je mehr ich von die­sem hei­lig­mä­ßi­gen Kar­di­nal höre und lese, desto mehr lie­be ich ihn. Welch ein guter Hei­li­ger Vater er doch ist!

  4. Ist das Attri­but „pro­phe­tisch“ hier rich­tig am Plat­ze? So direkt nach der Pre­digt? Er hat ja nichts vor­aus­ge­sagt, was ein­mal in der Zukunft in Erfül­lung gehen soll­te, bzw. wir kön­nen das so direkt nach der Ver­kün­di­gung nicht prüfen.

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