Roberto de Mattei: Fatima lehrt uns, auf den Himmel zu achten


Das "Sonnenwunder" am 13. Oktober 1917 in Fatima.
Das "Sonnenwunder" am 13. Oktober 1917 in Fatima.

Von Rober­to de Mattei*

Anzei­ge

Die Erschei­nun­gen von Fati­ma von 1917 ver­mit­teln uns, hun­dert Jah­re spä­ter, noch immer vie­le Leh­ren. Eine davon ist die Auf­for­de­rung, die Zei­chen des Him­mels zu lesen zu wis­sen. In Fati­ma wur­de jede Erschei­nung, in denen sich die Got­tes­mut­ter drei Hir­ten­kin­dern zeig­te, von einem atmo­sphä­ri­schen Phä­no­men begleitet.

Das außer­ge­wöhn­lich­ste ereig­ne­te sich am 13. Okto­ber 1917. Die Got­tes­mut­ter selbst kün­dig­te der klei­nen Lucia, dem ein­zi­gen der drei Seh­erkin­der, mit dem sie sprach, an, daß ihre Erschei­nun­gen mit einem Wun­der abge­schlos­sen wür­den, damit alle von der Echt­heit der Bot­schaft über­zeugt wer­den: „Im letz­ten Monat voll­brin­ge ich ein Wun­der, auf daß alle glau­ben“. Zehn­tau­sen­de von Men­schen, Pil­ger, aber auch Skep­ti­ker, die die Falsch­heit der Erschei­nun­gen bewei­sen woll­ten, ström­ten am 13. Okto­ber in der Cova da Iria zusam­men. Die Tages­zei­tun­gen jener Zeit berich­ten von 40–50.000 Anwe­sen­den. Die Zahl war aber wahr­schein­lich viel grö­ßer. Am Ende des letz­ten Gesprächs von Lucia mit der Got­tes­mut­ter, im Augen­blick, in dem die aller­se­lig­ste Jung­frau sich zum Him­mel erhob, hör­te man den Schrei des Hir­ten­mäd­chens: „Schaut, die Sonne!“

Die Wol­ken öff­ne­ten sich – in der Nacht hat­te es noch hef­tig gereg­net und es herrsch­te dich­te Bewöl­kung – und lie­ßen die Son­ne her­vor­tre­ten, die mit nie gese­he­ner Inten­si­tät strahl­te, ohne die Augen zu blenden:

„Das Erstaun­lich­ste war, die Licht und Wär­me aus­strah­len­de Son­nen­schei­be für lan­ge Zeit betrach­ten zu kön­nen, ohne die Augen zu schä­di­gen oder die Netz­haut zu verletzen“,

wie José Maria de Almei­da Gar­rett, ein Pro­fes­sor der Natur­wis­sen­schaf­ten an der Uni­ver­si­tät von Coim­bra bezeugte.

Der Jour­na­list Ave­li­no de Alme­dia, Chef­re­dak­teur der sozia­li­sti­schen Tages­zei­tung O Secu­lo von Lis­sa­bon, der bis dahin die Ereig­nis­se lächer­lich gemacht hat­te, schrieb am 15. Okto­ber in sei­ner Zeitung:

„Die immense Men­ge schau­te Rich­tung Son­ne, die sich wol­ken­los am Zenit zeigt. Der Stern scheint eine Schei­be aus dunk­lem Sil­ber und es ist ohne jede Anstren­gung mög­lich, ihn anzu­schau­en. Es brennt nicht und blen­det nicht. Es scheint, als wür­de eine Son­nen­fin­ster­nis statt­fin­den. Da erhebt sich ein kolos­sa­ler Ruf und die Zuschau­er, die sich am näch­sten befin­den, rufen: ‚Ein Wun­der, ein Wunder!‘“

Anto­nio Borel­li Macha­do beschreibt das Phä­no­men mit die­sen Worten:

„Der Son­nen­glo­bus begann sich schwin­del­erre­gend zu dre­hen, sei­ne Rän­der wur­den schar­lach­rot und er ent­fern­te sich in den Him­mel wie eine Tur­bi­ne, die rote Feu­er­flam­men aus­streu­te. Die­ses Licht spie­gel­te sich am Boden, auf den Pflan­zen, den Bäu­men, sogar auf den Gesich­tern der Men­schen und ihren Klei­dern wider in einem fun­keln­den Ton und ver­schie­de­nen Far­ben. Drei­mal von einer ver­rück­ten Bewe­gung ange­sto­ßen, schien der Feu­er­ball zu zit­tern, sich zu schüt­teln und im Zick­zack­kurs auf die ter­ro­ri­sier­te Men­ge zu stür­zen. Das Gan­ze dau­er­te unge­fähr zehn Minuten.“

Der Rechts­an­walt Domin­hos Pin­to Coel­ho schrieb in der katho­li­schen Tages­zei­tung O Ordem:

„Die Son­ne war in man­chen Momen­ten von pur­pur­nen Flam­men umge­ben, in ande­ren von einem gel­ben und roten Schein, in wie­der ande­ren schien sie ganz schnell zu rotie­ren und dann schien sie sich vom Him­mel zu lösen und der Erde zu nähern.“

Manu­el Nunes For­mi­gao, ein Prie­ster aus dem Semi­nar von Sant­arem, berichtete:

„Die Son­ne begann schwin­del­erre­gend sich wie das wun­der­bar­ste Feu­er­werk, das man sich nur vor­stel­len könn­te, um die eige­ne Ach­se zu dre­hen. Sie nahm alle Far­ben des Regen­bo­gens an und stieß viel­far­bi­ge Licht­strah­len aus. Die­ses erha­be­ne und unver­gleich­li­che Schau­spiel, das sich drei­mal wie­der­hol­te, dau­er­te unge­fähr zehn Minu­ten. Die gro­ße Men­ge, über­wäl­tigt von der Offen­sicht­lich­keit die­ses erschüt­tern­den Wun­ders, fiel auf die Knie.“

End­lich kehr­te die Son­ne im Zick­zack­kurs zum Aus­gangs­punkt zurück und ver­harr­te wie­der ruhig und strah­lend mit dem Licht aller Tage.

Der „Son­nen­tanz“ des 13. Okto­ber ist eine histo­ri­sche Tat­sa­che, von Tau­sen­den von Men­schen bezeugt, die ihn bis in die letz­ten Details beschrie­ben haben. In den 60er Jah­ren wid­me­te der Kano­ni­kus Mar­tins dos Reis ein gan­zes Werk dem Stu­di­um die­ses Wun­ders (O Milag­re do Sol e o Segre­do de Fáti­ma, Ed. Sale­sia­nas, Por­to, 1966). Die Got­tes­mut­ter kün­dig­te den drei Hir­ten­kin­dern aber noch ein ande­res Him­mels­phä­no­men an. Am 13. Juli sag­te sie zu ihnen:

„Wenn ihr eines Nachts ein unbe­kann­tes Licht sehen wer­det, so wis­set, es ist das Zei­chen von Gott, daß nun die Züch­ti­gung nahe ist.“

Die Nacht vom 24. auf den 25. Janu­ar 1938 war über ganz Euro­pa von einem gran­dio­sen Nord­licht erhellt. Die Tages­zei­tun­gen berich­te­ten über das „außer­ge­wöhn­li­che“, „äußerst sel­te­ne“ und „in ganz Euro­pa sicht­ba­re“ Ereig­nis. Sr. Lucia war über­zeugt, daß die­ses außer­or­dent­li­che Nord­licht das von der Got­tes­mut­ter vor­her­ge­sag­te Zei­chen war. Die Histo­ri­ker stim­men heu­te dar­in über­ein, daß der Krieg in Euro­pa 1938 begon­nen hat: mit dem Anschluß Öster­reichs im März und der Anglie­de­rung des Sude­ten­lan­des im Okto­ber durch Hitler-Deutschland.

Ein zwei­tes Nord­licht erleuch­te­te den Him­mel in den frü­hen Mor­gen­stun­den des 22. August 1939: Albert Speer, hoher natio­nal­so­zia­li­sti­scher Ver­tre­ter, schrieb dazu in sei­nen Erinnerungen:

„In der Nacht stan­den wir auf der Ter­ras­se des Berg­ho­fes und bestaun­ten ein selt­sa­mes Natur­schau­spiel. Ein über­aus star­kes Polar­licht über­flu­te­te den gegen­über­lie­gen­den, sagen­um­wo­be­nen Unters­berg für eine lan­ge Stun­de mit einem roten Licht, wäh­rend der Him­mel dar­über in den ver­schie­den­sten Regen­bo­gen­far­ben spiel­te. Der letz­te Akt der ‚Göt­ter­däm­me­rung‘ hät­te nicht effi­zi­en­ter in Sze­ne gesetzt wer­den kön­nen. Auch unse­re Gesich­ter und unse­re Hän­de waren in ein unna­tür­li­ches Rot getaucht. Das Schau­spiel löste in uns eine tie­fe Unru­he aus. Mit einem Schlag sag­te Hit­ler zu einem sei­ner Mili­tär­be­ra­ter gewandt: ‚Das sieht nach viel Blut aus. Dies­mal wird es nicht ohne Gewalt abgehen‘.“

Zur glei­chen Zeit fan­den unter Geheim­hal­tung auf Hoch­tou­ren die letz­ten Ver­hand­lun­gen zum Rib­ben­trop-Molo­tow-Pakt statt, der das Datum vom 23. August trägt und das unglück­se­li­ge Bünd­nis zwi­schen Hit­ler und Sta­lin besie­gel­te, das zum Aus­bruch des Krie­ges führ­te. Die schreck­li­chen Lei­den des Zwei­ten Welt­krie­ges waren aber nicht aus­rei­chend, um die Mensch­heit zur Besin­nung zu brin­gen. In den ver­gan­ge­nen 70 Jah­ren stürz­te sie immer tie­fer in den Abgrund der öffent­li­chen Sün­den aller Art. Das Sze­na­rio, das der Herr Sr. Lucia am 3. Janu­ar 1944 offen­bar­te [Gemeint ist damit nicht die am sel­ben Tag erfolg­te Nie­der­schrift des soge­nann­ten „Drit­ten Geheim­nis­ses“ von Fati­ma“ durch Sr. Lucia], betrifft lei­der unse­re Zukunft:

„Und ich fühl­te mei­nen Geist erfüllt mit einem Geheim­nis des Lich­tes, das Gott ist, und in Ihm sah und hör­te ich – Die Spit­ze der Lan­ze, die sich wie eine Flam­me löst und die Erd­ach­se berührt: Sie erzit­tert: Ber­ge, Städ­te, gro­ße und klei­ne Dör­fer mit ihren Ein­woh­nern wer­den begra­ben. Das Meer, die Flüs­se und die Wol­ken tre­ten aus ihren Begren­zun­gen her­aus, lau­fen über, über­flu­ten und rei­ßen in einem Wir­bel unzäh­li­ge Häu­ser und Men­schen mit sich; es ist die Rei­ni­gung der Welt von der Sün­de, in die sie ein­ge­taucht ist. Der Haß und der Ehr­geiz ver­ur­sa­chen den zer­stö­re­ri­schen Krieg!“

Die Krie­ge und die Ver­fol­gung, die von der Got­tes­mut­ter in Fati­ma vor­her­ge­sagt wur­den, wer­den von schreck­li­chen atmo­sphä­ri­schen Umbrü­chen beglei­tet sein, dem allem wird aber wahr­schein­lich ein gro­ßes Zei­chen am Him­mel vor­aus­ge­hen, zu dem die Nord­lich­ter von 1938 und 1939 nur Vor­bo­ten waren. Am 3. Janu­ar 1944 spür­te Sr. Lucia einen beschleu­nig­ten Herz­schlag und hör­te „in mei­nem Geist“ eine „sanf­te Stim­me“, die sagte:

„ ‚In der Zeit ein ein­zi­ger Glau­be, eine ein­zi­ge Tau­fe, eine ein­zi­ge, hei­li­ge, apo­sto­li­sche Kir­che. In der Ewig­keit der Him­mel!‘ Die­ses Wort ‚Him­mel‘ erfüll­te mei­ne See­le mit Frie­den und Glück­se­lig­keit, so daß ich fast unbe­wußt lan­ge Zeit wie­der­hol­te: ‚Der Him­mel! Der Himmel!‘.“

Unser Blick muß immer zum Him­mel gerich­tet sein, weil die Him­mel die Herr­lich­keit Got­tes rüh­men (Psalm 18, 2) und am Him­mel, wie die Gehei­me Offen­ba­rung (12, 1) ankün­digt, ein gro­ßes Zei­chen erschei­nen wird:

„Eine Frau, mit der Son­ne bekleidet“.

Durch Beob­ach­tung des Him­mels, der zual­ler­erst ein spi­ri­tu­el­ler, dann erst phy­si­scher Raum ist, wer­den wir die tra­gi­sche Stun­de der Züch­ti­gung vor­her­se­hen, aber auch den strah­len­den Tri­umph des Unbe­fleck­ten Her­zens Mariens.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil – eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, Rup­picht­eroth 2011.

Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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