Marien‑, Engel- und Jesuserscheinungen – Was hat es mit dem Phänomen auf sich?


Die Marienerscheinungen von Laus sind kirchlich anerkannt. Für viele andere gilt das nicht.
Die Marienerscheinungen von Laus sind kirchlich anerkannt. Für viele andere gilt das nicht.

(Rom) Die Zahl der welt­wei­ten „Erschei­nungs­or­te“, an denen Engel, Maria oder Jesus einem oder meh­re­ren Per­so­nen erschei­nen, „Bot­schaf­ten“ geben, spe­zi­el­le „Offen­ba­run­gen“ ent­hül­len, „wun­der­sa­me“ Zei­chen schen­ken, Hei­lun­gen pas­sie­ren, hat in den ver­gan­ge­nen Jahr stark zuge­nom­men. Was sagt die Kir­che dazu? Skep­sis und Vor­sicht gegen­über For­men des Appa­ri­tio­nis­mus sind gebo­ten. Den­noch steht die Fra­ge im Raum, was es damit auf sich hat.

Anzei­ge

Zunächst stellt sich die Fra­ge nach der Echt­heit des einen oder ande­ren Phä­no­mens. Die Kir­che reagiert vor­sich­tig, zurück­hal­tend und behut­sam. Sie hat kei­ne Eile, weil die gött­li­che Offen­ba­rung mit Chri­stus abge­schlos­sen ist und „Son­der­of­fen­ba­run­gen“ ihr nichts mehr hin­zu­fü­gen kön­nen, was nicht schon gesagt ist. Es han­delt sich dabei, ob aner­kannt oder nicht, bei allen Phä­no­men seit­her um Pri­vat­of­fen­ba­run­gen, denen kein offi­zi­el­ler Cha­rak­ter zukommt und die – selbst bei kirch­li­cher Aner­ken­nung – von kei­nem Gläu­bi­gen geglaubt und aner­kannt wer­den müssen.

Marienerscheinung 1504 im Veltlin.
Mari­en­er­schei­nung 1504 im Veltlin.

Die Mari­en­er­schei­nun­gen von Fati­ma, die vor 100 Jah­ren statt­fan­den und von der Kir­che offi­zi­ell aner­kannt sind, las­sen sich mit der Auf­for­de­rung zu Buße und Umkehr zusam­men­fas­sen, die mit der Ver­hei­ßung ver­bun­den ist, daß dadurch Frie­den, Ein­tracht und Wohl­erge­hen herr­schen wer­den, aber auch mit der War­nung, daß andern­falls durch die Sün­de der Men­schen Krieg und Ver­der­ben her­auf­be­schwört wer­den. Die Bot­schaft von Fati­ma sind kei­ne neue Offen­ba­rung, son­dern eine Bekräf­ti­gung und Ver­deut­li­chung des bereits Bekannten.

Wenn die Kir­che ein­greift, dann pri­mär unter dem Gesichts­punkt, Gläu­bi­ge vor Ab- und Irr­we­gen zu bewah­ren. Pri­vat­of­fen­ba­run­gen sind dann als falsch abzu­leh­nen, wenn sie die gött­li­che Offen­ba­rung Jesu Chri­sti ver­bes­sern, ver­voll­stän­di­gen, ergän­zen, über­win­den oder kor­ri­gie­ren wol­len. Pri­vat­of­fen­ba­run­gen kön­nen nur dann echt sein, so die Kir­che, wenn sie die Gläu­bi­gen an die gött­li­che Offen­ba­rung her­an­füh­ren und bei­tra­gen, daß die Men­schen die­se bes­ser ver­ste­hen und sich zu eigen machen. Als Maß­stab bei der Fra­ge nach der Echt­heit gilt, ob eine „Erschei­nung“ sich ver­selb­stän­digt oder vom genann­ten Ziel abweicht und ein ande­res oder „bes­se­res“ Ange­bot macht, als den Heils­weg Chri­sti. Pri­vat­of­fen­ba­run­gen füh­ren, wenn sie echt sind, immer zur geof­fen­bar­ten Wahr­heit hin. Ein beson­de­res Merk­mal ist, daß sie zu einem bestimm­ten Zeit­punkt in einer bestimm­ten Gegend auf eine bestimm­te Wahr­heit hin­wei­sen, die gera­de bedroht ist. Ech­te Erschei­nun­gen kön­nen nie der blo­ßen Sen­sa­ti­ons­lust die­nen, wie Papst Fran­zis­kus mehr­fach kri­ti­sier­te und sogar von einer Erschei­nungs- und Bot­schaf­ten­sucht sprach.

Warum nehmen „Erscheinungen“ immer mehr zu?

Wei­ter stellt sich die Fra­ge, war­um es heu­te so vie­le Phä­no­me­ne gibt, die­se welt­weit auf­tre­ten und an Zahl immer mehr zuneh­men. Hat das eine beson­de­re Bedeu­tung? Sind es war­nen­de Zei­chen einer Nega­tiv­be­schleu­ni­gung im Wel­ten­lauf? Offen­bar sind sie Signa­le einer Über­hit­zung, doch wel­cher? Über­hitzt sich die Welt durch eine sünd­haf­te Abkehr von Gott? Über­hit­zen sich Tei­le der Chri­sten­heit als Reak­ti­on auf eine um sich grei­fen­de Ent­christ­li­chung? Oder han­delt es sich um eine vom Him­mel gewähr­te Form der spi­ri­tu­el­len Regu­lie­rung, weil die der­zei­ti­gen Kir­chen­ver­tre­ter den Gläu­bi­gen nicht mehr aus­rei­chend geist­li­che Nah­rung geben?

Es gibt Tabel­len, in denen alle bekann­ten Mari­en­er­schei­nun­gen der Geschich­te chro­no­lo­gisch auf­ge­li­stet sind. Die Auf­li­stun­gen sind unter­schied­lich. Der bekann­te Mario­lo­ge René Lau­ren­tin, der weni­ge Tage nach der letz­ten Mari­en­er­schei­nung in Fati­ma gebo­ren wur­de und daher im 100. Lebens­jahr steht,  listet in sei­nem 2010 erschie­nen, monu­men­ta­len Dic­tion­n­aire des appa­ri­ti­ons de la vier­ge Marie mehr als 2.400 unter­schied­li­che Mari­en­er­schei­nun­gen auf. Der weit­aus größ­te Teil ereig­ne­te sich in den ver­gan­ge­nen 350 Jah­ren, von denen nur über­schau­ba­re 15 von der Kir­che offi­zi­ell aner­kannt wur­den (Ort, Zeit, Name des Sehers):

  • Laus (1664–1718), Benà´ite Rencurel
  • Rom (1842), Alphon­se Ratisbonne
  • La Salet­te (1846), Maxi­min Giraud, Mela­nie Calvat
  • Lour­des (1858), Ber­na­dette Soubirous
  • Cham­pi­on (1859), Ade­le Brise
  • Pontmain (1871) Euge­ne Bar­be­det­te, Joseph Bar­be­det­te, Fran­cois Richer, Jean­ne Lebossé
  • Diet­richs­wal­de (1877), Justi­ne Schaf­rinska, Bar­ba­ra Samulowska
  • Knock (1879), Mar­ga­ret Beir­ne und wei­te­re Personen
  • Fati­ma (1917), Lucia Dos San­tos, Fran­ciso Mar­to, Jac­in­ta Marto
  • Beau­raing (1932), Fer­nan­de Voi­sin, Gil­ber­te Voi­sin, Albert Voi­sin, Andrée Dege­im­bre, Gil­ber­te Degeimbre
  • Ban­neux (1932), Mari­et­te Béco
  • Amster­dam (1945–1959), Ida Peerdemann
  • Aki­ta (1973–1981), Agnes Sasagawa
  • Beta­nia (1976–1988) Maria Espe­ran­za Medano
  • Kibe­ho (1981–1986), Aphon­si­ne Mumere­ke, Natha­lie Ukamazim­pa­ka, Marie-Clai­re Mukangango

Welche Bedeutung hat die Topograhie der Erscheinungen?

Wel­che Bedeu­tung kommt der Topo­gra­phie die­ser aner­kann­ten Erschei­nungs­or­te zu? Wel­che Bedeu­tung ihrem zeit­li­chen Auf­tre­ten? Es fällt auf, daß der ita­lie­ni­sche (Ratis­bon­ne war Sohn einer jüdi­schen Fami­lie aus dem Elsaß) und der deut­sche Sprach­raum (die bei­den Sehe­rin­nen im erm­län­di­schen Diet­richs­wal­de waren Polin­nen) nicht davon berührt sind, stark hin­ge­gen der fran­zö­si­sche Sprachraum.

Unsere Liebe Frau von Kibeho
Unse­re Lie­be Frau von Kibe­ho (Ruan­da)

An den Tabel­len läßt sich able­sen, daß in jüng­ster Zeit eine rapi­de Zunah­me die­ser Phä­no­me­ne statt­ge­fun­den hat. Wie erklärt sich das? Psy­cho­lo­gi­sie­rend wird in die­sem Zusam­men­hang ger­ne, gele­gent­lich auch inner­kirch­lich, auf eine unbe­wuß­te Sehn­sucht reli­giö­ser Men­schen nach Sicher­heit in einer zuneh­mend agno­sti­schen und unsi­cher wer­den­den Welt ver­wie­sen. Sind die „Erschei­nungs­phä­no­me­ne“ nur Pro­jek­tio­nen eines inne­ren Sicher­heits­be­dürf­nis­ses über­spann­ter Zeit­ge­nos­sen? Das Erklä­rungs­mu­ster ist alt und reicht bereits in vori­gen Jahr­hun­der­te zurück. So wenig wie es damals taug­te, scheint es auch heu­te untaug­lich, die quan­ti­ta­ti­ve und qua­li­ta­ti­ve Band­brei­te des Erschei­nungs­phä­no­mens aus­rei­chend erfas­sen und erklä­ren zu kön­nen. Ihm haf­tet zudem der Bei­geschmack anti­kle­ri­ka­ler Ableh­nung an. Wer nicht glau­ben will, wehrt sich mas­siv gegen über­na­tür­li­che Phä­no­me­ne, weil er instink­tiv wit­tert, daß die Bereit­schaft, auch nur die Echt­heit eines ein­zi­gen Phä­no­mens anzu­er­ken­nen, auf­grund der intel­lek­tu­el­len Red­lich­keit zwangs­läu­fig die Aner­ken­nung eines per­so­na­len Got­tes, der Herr über Leben und Tod und Gedeih und Ver­derb ist, nach sich zieht. Die Kir­che hat von die­sem anti­kle­ri­ka­len Zwang viel pro­fi­tiert, wie das Gezer­re um die Echt­heit des Turi­ner Grab­tu­ches belegt. Wer ehr­lich auf der Suche nach der Wahr­heit ist, und aus die­ser Hal­tung her­aus, die Echt­heit eines über­na­tür­li­chen Phä­no­mens zu wider­le­gen ver­sucht, dient letzt­lich der Kir­che, denn er wird am Ende Gegen­ar­gu­men­te ent­kräf­ten und neue Indi­zi­en für die Echt­heit lie­fern. Kein Nut­zen ent­steht dort, wo nicht Wahr­heits­su­che, son­dern ver­stock­te Ableh­nung am Werk sind. Die Mit­tel die­ser Geg­ner sind nicht die Wis­sen­schaft, son­dern Nie­der­tracht und Spott.

Sind die zahl­rei­chen „Erschei­nun­gen“ sogar hin­der­lich für die Glau­bens­wei­ter­ga­be? Dies behaup­ten man­che in der Kir­che, die einen Irra­tio­na­lis­mus gegen die Ratio am Werk sehen, der zu einer wei­te­ren Ent­frem­dung von Chri­sten und Nicht-Chri­sten bei­tra­ge und die Kluft zwi­schen der moder­nen Welt und einer zurück­ge­blie­be­nen Kir­che ver­tie­fe. Oder ist das Erschei­nungs­phä­no­men ein not­wen­di­ges Hilfs­mit­tel, das der Him­mel gera­de in unse­rer Zeit groß­zü­gig gewährt, um die Men­schen dar­an zu erin­nern, daß Gott die Natur­ge­set­ze geschaf­fen hat und sie selbst über­win­den kann, damit sie nicht im Mate­ria­lis­mus ersticken?

Welche Bedeutung hat die Botschaftenflut?

Mit der Zunah­me der „Erschei­nungs­or­te“ hat auch die Zahl der „Bot­schaf­ten“ zuge­nom­men. Damit ist nicht die Glei­chung mehr Orte, mehr Bot­schaf­ten gemeint. Die Zahl der an den ein­zel­nen „Erschei­nungs­or­ten“ aus­ge­ge­be­nen Bot­schaf­ten hat sich viel­mehr teils exor­bi­tant ver­mehrt. Es scheint eine gan­ze Pri­vat­of­fen­ba­rungs­in­du­strie zu geben. Wie erklärt sich die­ses Phä­no­men? Wel­chen Sinn und Nut­zen hät­te es, soll­te es echt sein? Wie­viel davon ist echt? Wie­viel Tritt­brett­fah­rer­tum? Wie­viel Betrug?

Med­jug­or­je scheint dabei ein Eck­punkt zu sein. Auch davor gab es Visio­nä­re, die oft jah­re­lang Schau­un­gen hat­ten, die sich in ver­schie­de­ner For­men arti­ku­lier­ten, aber nur in klei­nem Umfang in Form von Bot­schaf­ten für die Öffent­lich­keit. Med­jug­or­je ist der erste „Erschei­nungs­ort“, wo seit 1981 eine kaum mehr über­schau­ba­re Anzahl an „Bot­schaf­ten“ an die gan­ze Mensch­heit aus­ge­ge­ben wur­de und wei­ter­hin wer­den. Die­se „Bot­schaf­ten­flut“, die zuvor in der Kir­chen­ge­schich­te unbe­kannt war, trat seit­her an zahl­rei­chen ande­ren Orten auf. Haben Erschei­nun­gen in einer bestimm­ten histo­ri­schen Epo­che bestimm­te, gemein­sa­me Merk­ma­le? Ist die Bot­schaf­ten­flut die ein Merk­mal unse­rer Zeit?

In den ver­gan­ge­nen Jah­ren kam das Phä­no­men von „Anonym­bot­schaf­ten“ hin­zu, das unter dem Stich­wort „Die Wahr­heit“ bekannt wur­de. Nie­mand kennt den oder die „Seher“, alles geschieht anonym, unüber­prüf­bar und unkon­trol­lier­bar. Die Kir­che nahm nicht offi­zi­ell dazu Stel­lung. Von ver­schie­de­nen Kir­chen­ver­tre­tern wur­de das Phä­no­men jedoch als offen­kun­di­ger Betrug kri­ti­siert und nament­lich mit einer Sek­te mit Bezug zu Austra­li­en in Zusam­men­hang gebracht, deren Guru wegen sexu­el­len Miß­brauchs im Gefäng­nis sitzt. Was es auch immer damit auf sich haben soll­te: Anonym­bot­schaf­ten des Him­mels sind ein Wider­spruch in sich, wie Kir­chen­ver­tre­ter betonen.

So wie die „Die Wahr­heit“ auf­tauch­te, ver­schwand sie auch wie­der. Auch in die­sem Fall gibt es Nach­fol­ge­phä­no­me­ne, die plötz­lich dem­sel­ben Muster fol­gen und wie Tritt­brett­fah­rer wirken.

Kirchliches Vorgehen

1978 erließ die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Nor­men „über die Vor­gangs­wei­se bei der Beur­tei­lung angeb­li­cher Erschei­nun­gen und Offen­ba­run­gen“. Zustän­dig ist dem­nach der Orts­bi­schof. Er hat eine Exper­ten­kom­mis­si­on zu beru­fen und das Phä­no­men unter­su­chen zu las­sen. Auf der Grund­la­ge die­ser Unter­su­chung kann er sich äußern. Ist Gefahr im Ver­zug muß er sich äußern. Auf­grund von Beson­der­hei­ten und Aus­wir­kun­gen, die über die Diö­ze­san­gren­zen hin­aus­ge­hen, kann sich die Bischofs­kon­fe­renz des Lan­des damit befas­sen oder auch der Hei­li­ge Stuhl.

Schon damals beklag­te die Glaubenskongregation:

„Ande­rer­seits machen es die heu­ti­ge Men­ta­li­tät und die Not­wen­dig­keit einer kri­ti­schen wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chung schwie­ri­ger, wenn nicht fast unmög­lich, mit der gebo­te­nen Schnel­lig­keit jenes Urteil zu fäl­len, das in der Ver­gan­gen­heit die Unter­su­chun­gen zur Sache abge­schlos­sen hat (cons­tat de super­na­tu­ra­li­ta­te, non cons­tat de super­na­tu­ra­li­ta­te) und den Ordi­na­ri­en die Mög­lich­keit bot, den öffent­li­chen Kult oder ande­re For­men der Ver­eh­rung durch die Gläu­bi­gen zu gestat­ten oder zu verbieten.“

Drei mög­li­che Ent­schei­dun­gen bezüg­lich der Echt­heit sind vor­ge­se­hen: ein nega­ti­ves Urteil (cons­tat de non super­na­tu­ra­li­ta­te; die Nicht-Über­na­tür­lich­keit steht fest), ein abwar­ten­des Urteil (non cons­tat de  super­na­tu­ra­li­ta­te; die Über­na­tür­lich­keit steht nicht fest) und ein posi­ti­ves Urteil (cons­tat de super­na­tu­ra­li­te; die Über­na­tür­lich­keit steht fest). Das abwar­ten­de Urteil besagt neu­tral, daß zum gege­be­nen Zeit­punkt eine Über­na­tür­lich­keit des Phä­no­mens nicht fest­steht, aber eben­so­we­nig ein nega­ti­ves Urteil abge­ge­ben wer­den kann. In den Nor­men von 1978 ist die­se neu­tra­le Zwi­schen­stu­fe nicht vor­ge­se­hen, wird aber seit­her praktiziert.

Im März 2015 sprach der Erz­bi­schof von Brin­di­si ein nega­ti­ves Urteil über die von einem ört­li­chen „Seher“ behaup­te­ten „Erschei­nun­gen“ aus.

Es gibt noch einen vier­ten Weg, der in der Ver­gan­gen­heit mehr­fach began­gen wur­de. Ein Orts­bi­schof äußert sich offi­zi­ell gar nicht zu einem Phä­no­men, erkennt aber die Güte der dadurch geför­der­ten Fröm­mig­keit an. In die­sem Fall wur­den „Erschei­nungs­or­te“ nicht als sol­che aner­kannt, aber zu Gebets­stät­ten erho­ben und damit der Kult in gewis­ser Wei­se erlaubt. So ist es in Herolds­bach gesche­hen oder jüngst durch den Erz­bi­schof von Cata­nia, der 2000 den „Erschei­nungs­ort“ von Bel­pas­so zur Gebets­stät­te erhob. Dort soll von 1981–1986 die Got­tes­mut­ter erschie­nen sein. Die Erschei­nun­gen wur­den nicht aner­kannt. Der Erz­bi­schof begab sich den­noch jähr­lich zum Jah­res­tag der „Erschei­nun­gen“ zur Gebets­stät­te, eben­so inzwi­schen sein Nachfolger.

Auch Gua­d­a­lu­pe in Mexi­ko wur­de offi­zi­ell nie aner­kannt, son­dern nur de fac­to. Weil die Aner­ken­nun­gen seit Jahr­hun­der­ten kon­so­li­diert ist, ver­zich­tet die Kir­che auf eine nach­träg­li­che Formalisierung.

Die von Maria gewünschte Wundertätige Medaille
Die von Maria gewünsch­te Wun­der­tä­ti­ge Medail­le (1830)

Als die Got­tes­mut­ter dem bereits getauf­ten Azte­ken Juan Die­go (sein heid­ni­scher Name war Cuauht­la­to­atz­in) 1531 erschien, war das Chri­sten­tum gera­de erst seit zehn Jah­ren bis in die­se Gegend vor­ge­drun­gen. Der Orts­bi­schof ließ am Ort der Erschei­nung eine Kapel­le errich­ten. Kurz dar­auf gewähr­te Papst Gre­gor XIII. den Pil­gern einen voll­kom­me­nen Ablaß. Die Aner­ken­nung erfolg­te sofort, wenn auch ohne Dekret. 2002 wur­de Juan Die­go von Papst Johan­nes Paul II. heiliggesprochen.

Kei­ne offi­zi­el­le Aner­ken­nung gibt es auch für die Erschei­nun­gen der hei­li­gen Cathe­ri­ne Labou­ré von Paris. Eine sol­che lehn­te Labou­ré ab, weil sie jedes Auf­se­hen um ihre Per­son ver­mei­den woll­te. Ihre Mit­schwe­stern im Orden erfuh­ren erst Jahr­zehn­te spä­ter, daß die Got­tes­mut­ter ihr den Auf­trag zum Prä­gen der Wun­der­tä­ti­gen Medail­le erteilt hat­te. Die Medail­le war daher vom Erz­bi­schof von Paris nur mit­tels pasto­ra­ler Maß­nah­men aner­kannt und geför­dert worden.

Erschei­nun­gen und Pri­vat­of­fen­ba­run­gen kön­nen, wenn sie echt sind, immer nur zum Glau­ben hin­füh­ren, aber nie Grund sein, vom Glau­ben weg­zu­füh­ren. Wo sie mehr Anlaß zu Streit und Kon­flik­ten in der Kir­che und unter den Gläu­bi­gen sind, schei­nen Zwei­fel angebracht.

Die ganz unter­schied­li­chen, nicht aner­kann­ten Phä­no­me­ne wie Med­jug­or­je, Gara­band­al, Civi­ta­vec­chia, Schio, Oli­ve­to Citra, Cua­pa, Bay­si­de, Hee­de, Mar­pin­gen, St. Leon­hard in Kärn­ten, Ghi­aie di Bona­te, Pla­ca­ni­ca, San Dami­a­no Pia­cen­ti­no, Turin, Ter­ni, Mal­ta, Pia­na del Tau­ro und vie­le ande­re mehr stel­len in jedem Fall eine Her­aus­for­de­rung für die Kir­che dar. Selbst bei einem abwar­ten­den oder nega­ti­ven Urteil sind die Hin­ter­grün­de jedes ein­zel­nen Phä­no­mens zu unter­su­chen und zu ergründen.

Text: Ger­traud Schwaiger
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