„Der Dschihadist konnte mich nicht köpfen und fragte: ‚Wer bist Du?‘ “ – Zeugnis von Abuna Nirwan


Ein Dschihadist wollte den Franziskaner Abuna Nirwan töten. Obwohl er es wollte, gelang es ihm nicht, so fragte er den Priester: "Wer bist Du?"
Ein Dschihadist wollte den Franziskaner Abuna Nirwan töten. Obwohl er es wollte, gelang es ihm nicht, so fragte er den Priester: "Wer bist Du?"

(Jeru­sa­lem) Abu­na Nir­wan ist ein aus dem Irak stam­men­der Fran­zis­ka­ner. Vor sei­ner Prie­ster­wei­he hat­te er ein Medi­zin­stu­di­um absol­viert. Als er 2004 für sei­nen Orden in das Hei­li­ge Land ging, schenk­ten ihm die Domi­ni­ka­ne­rin­nen des Rosen­kran­zes (auch Rosen­kranz­schwe­stern) eine Reli­quie und einen Rosen­kranz ihrer Grün­de­rin, die Pater Nir­wan immer bei sich trägt.

Maria Alfonsina Ghattas und die Dominikanerinnen des Rosenkranzes

Maria Alfonsina Ghattas
Maria Alfon­si­na Ghattas
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Die Domi­ni­ka­ne­rin­nen des Rosen­kran­zes, ein Mis­si­ons­or­den, wur­den von Maria Alfon­si­na Danil Ghat­tas gegrün­det, einer palä­sti­nen­si­schen Katho­li­kin, die 1843 im damals noch zum Osma­ni­schen Reich gehö­ren­den Jeru­sa­lem gebo­ren wur­de. In jun­gen Jah­ren trat sie einer fran­zö­si­schen Ordens­ge­mein­schaft bei, grün­de­te aber 1880, nach einer Visi­on, einen eige­nen Orden für ara­bi­sche Mäd­chen. Die heu­te in acht Län­dern des Nahen Ostens ver­brei­te­te Mis­si­ons­ge­mein­schaft ist der ein­zi­ge Orden, der im 1847 wie­der­errich­te­ten Latei­ni­schen Patri­ar­chat von Jeru­sa­lem gegrün­det wurde.

2009 wur­de Maria Alfon­si­na Danil Ghat­tas in der Ver­kün­di­gungs­ba­si­li­ka von Naza­reth selig­ge­spro­chen. Am 17. Mai 2015 erfolg­te durch Papst Fran­zis­kus die Hei­lig­spre­chung. Ihr lit­ur­gi­scher Gedenk­tag ist der 25. März, an dem sie 1927 in Ein Karim bei Jeru­sa­lem (damals bri­ti­sches Völ­ker­bunds­man­dat für Palä­sti­na) gestor­ben ist.

Als Bene­dikt XVI. 2009 ein Wun­der für die Selig­spre­chung der Ordens­frau aner­kannt hat­te, ord­ne­te der Hei­li­ge Stuhl wie üblich die Exhu­mie­rung der Lei­che an. Der Orts­bi­schof beauf­tragt damit einen Arzt. Mit der Exhu­mie­rung der Lei­che von Maria Alfon­si­na Danil Ghat­tas wur­de auf­grund sei­ner Aus­bil­dung Pater Nir­wan beauf­tragt, er auch den medi­zi­ni­schen Bericht dazu verfaßte.

Pater Nirwan (Mitte) als Leiter der Exhumierung
Pater Nir­wan (Mit­te) als Lei­ter der Exhumierung

Wie der in Jeru­sa­lem leben­de, spa­ni­sche Opus-Dei-Prie­ster Sant­ia­go Que­ma­da auf sei­nem Blog Un sacer­do­te en Tier­ra San­ta (Ein Prie­ster im Hei­li­gen Land) berich­te­te, hat­te sich zwei Jah­re zuvor Außer­ge­wöhn­li­ches ereig­net. Der Bericht von Que­ma­da wur­de nun von ver­schie­de­nen Medi­en aufgegriffen.

Was zu berich­ten ist, ereig­ne­te sich am 14. Juli 2007. Abu­na Nir­wan, der damals schon drei Jah­re im Hei­li­gen Land wirk­te, stat­te­te von dort aus sei­ner Fami­lie im Irak einen Besuch ab. In Jor­da­ni­en bestieg er ein Taxi, wie er im Früh­jahr 2016 in der Pre­digt in der fast zur Gän­ze christ­li­chen Palä­sti­nen­ser­stadt Beit Jal­la bei Beth­le­hem erzählte.

„Damals war es nicht mög­lich, mei­ne Fami­lie mit dem Flug­zeug zu besu­chen. Das war ver­bo­ten. Als Trans­port­mit­tel kam daher nur das Auto in Fra­ge. Mei­ne Absicht war es, Bag­dad zu errei­chen und von dort nach Mos­sul zu gelan­gen, wo mei­ne Eltern lebten.
Der Fah­rer war ver­äng­stigt wegen der Lage, die im Irak herrsch­te. Eine Fami­lie – Vater und Mut­ter mit einem zwei Jah­re alten Mäd­chen – hat­ten gefragt, ob sie mit­fah­ren könn­ten. Der Taxi­fah­rer sag­te mir, sie hät­ten ihn dar­um gebe­ten. Ich hat­te nichts dage­gen ein­zu­wen­den. Es waren Mus­li­me. Der Fah­rer war Christ. Er sag­te ihnen, daß im Taxi Platz ist, und sie mit­fah­ren kön­nen. Wir haben an einer Tank­stel­le gehal­ten, wo ein ande­rer jun­ger Mus­lim frag­te, ob er nach Mos­sul mit­fah­ren kön­ne. Da noch Platz war, haben wir auch ihn mitgenommen.
Die Gren­ze zwi­schen Jor­da­ni­en und dem Irak war bis zum Mor­gen geschlos­sen. Als die Son­ne auf­ging, öff­ne­te sich der Schlag­baum und an die 50 oder 60 Fahr­zeu­ge setz­ten sich hin­ter­ein­an­der lang­sam in Bewegung.
Wir setz­ten unse­re Rei­se fort. Nach mehr als einer Stun­de kamen wir an einen Kon­troll­punkt. Wir leg­ten unse­re Rei­se­päs­se bereit und hiel­ten an. Der Fah­rer sag­te: ‚Ich habe Angst vor die­ser Grup­pe‘. Es han­del­te sich um einen Mili­tär­kon­troll­po­sten. Wie sich aber her­aus­stell­te, hat­te eine isla­mi­sche Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on die Sol­da­ten getö­tet und die Kon­trol­le über den Posten übernommen.
Als wir beim Check Point waren, wur­den unse­re Päs­se kon­trol­liert, wäh­rend wir im Auto blie­ben. Dann gin­gen sie mit den Päs­sen weg. Eine Per­son kam wie­der und sag­te zu mir: ‚Pater, wir set­zen die Über­prü­fung fort. Sie kön­nen ins Büro kom­men.‘ ‚Nun gut‘, sag­te ich, ‚wenn wir kom­men sol­len, dann kom­men wir.‘ Wir sind dann alle eine Vier­tel­stun­de zu Fuß gegan­gen, bis wir zu einer Baracke kamen, die man uns ange­wie­sen hatte.
Dort ange­kom­men, kamen zwei Män­ner mit ver­mumm­tem Gesicht her­aus. Einer hat­te eine Video­ka­me­ra in einer Hand und ein Mes­ser in der ande­ren. Der ande­re hielt einen Koran in der Hand. Sie kamen auf uns zu, und einer frag­te mich: ‚Pater, woher kommst Du?‘ Ich sag­te, aus Jor­da­ni­en. Dann wie­der­hol­te er die Fra­ge an den Fah­rer. Schließ­lich dreh­te er sich zum jun­gen Mann, der mit uns rei­ste, pack­te ihn von hin­ten und töte­te ihn mit dem Mes­ser. Wir waren wie erstarrt. Sie fes­sel­ten mir die Hän­de und sag­ten zu mir: ‚Vater, wir zeich­nen alles auf für Al Jaze­era. Willst Du etwas sagen? Aber nicht län­ger als eine Minu­te‘. Ich sag­te: „Nein, ich möch­te nur beten“. Sie lie­ßen mich eine Minu­te beten.
Dann drück­te mich der Mann zu Boden bis ich vor ihm auf die Knie fiel und sag­te: „Du bist ein Prie­ster. Es ist ver­bo­ten, daß Dein Blut auf die Erde fällt, das wäre ein Sakri­leg.“ Er hol­te einen Kübel und kam, um mir die Keh­le durch­zu­schnei­den. Ich weiß nicht mehr, wel­che Gebe­te ich in die­sem Augen­blick gebe­tet habe. Ich hat­te gro­ße Angst. Dann sag­te ich zu Maria Alfon­si­na: ‚Wenn es so sein soll, daß der Herr mich fort­nimmt, dann bin ich bereit. Wenn dem aber nicht so ist, bit­te ich Dich, daß auch nie­mand ande­rer stirbt.“
Der Mann pack­te mei­nen Kopf und führ­te mit der ande­ren Hand sein Mes­ser her­an. Dann geschah nichts. Nach einem Augen­blick der Stil­le sag­te er: ‚Wer bist Du?‘ Ich ant­wor­te­te:  ‚Ein Ordens­bru­der‘. Dar­auf sag­te er: ‚Und war­um gelingt es mir nicht, das Mes­ser anzu­set­zen? Wer bist Du?‘
Ohne daß ich ant­wor­ten konn­te, ließ er von mir ab und sag­te: ‚Pater, Du und alle ande­ren, kehrt zum Auto zurück.‘
Das haben wir dann auch getan und konn­ten die Fahrt fortsetzen.
Seit die­sem Augen­blick habe ich auf­ge­hört, Angst vor dem Tod zu haben. Ich weiß, daß ich eines Tages ster­ben wer­de, aber nun ist mir wirk­lich bewußt, daß das dann sein wird, wenn Gott es will. Seit­her habe ich kei­ne Angst mehr, vor nichts und nie­mand. Was mir geschieht, wird nach dem Wil­len Got­tes gesche­hen. Er wird mir die Kraft geben, Sein Kreuz zu neh­men. Was zählt, ist der Glau­be. Gott nimmt sich derer an, die an Ihn glauben.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​F​r​a​n​z​i​s​k​a​n​e​r​k​u​s​t​o​die (Screen­shots)

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3 Kommentare

    • Tief beschämt ob unse­res west­li­chen Unglau­bens, ver­beu­ge ich mich vor die­sem Glaubenszeugnis
      Mit Dank an Pater Nir­wan erbit­te ich den Segen des drei­ei­ni­gen Gottes

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