„Katholiken der Welt, seid wachsam“ – Venezuelas Staatspräsident warnt vor „Kampagne der Weltmächte“ gegen Papst


Venezuelas Staatspräsident Nicolas Maduro im Herbst 2016 bei einem unerwarteten Kurzbesuch bei Papst Franziskus im Vatikan. Zu jenem Zeitpunkt schien sein unmittelbarer Sturz bevorzustehen.
Venezuelas Staatspräsident Nicolas Maduro im Herbst 2016 bei einem unerwarteten Kurzbesuch bei Papst Franziskus im Vatikan. Zu jenem Zeitpunkt schien sein unmittelbarer Sturz bevorzustehen.

(Cara­cas) Vene­zue­las „Boli­va­ri­scher“ Staats­prä­si­dent Nico­las Madu­ro beklag­te in einem Inter­view eine „inter­na­tio­na­le Kam­pa­gne“, die gegen Papst Fran­zis­kus im Gan­ge sei und rief die Katho­li­ken auf, „wach­sam“ zu sein.

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Als Draht­zie­her der Kam­pa­gne sieht Madu­ro „die Welt­mäch­te“. Wört­lich sag­te Vene­zue­las Staatsoberhaupt:

„Wir haben in die­sen Tagen eine inter­na­tio­na­le Kam­pa­gne erlebt […], eine Kam­pa­gne gegen den Papst, weil der Papst der gan­zen Welt gro­ße Wahr­hei­ten sagt.“

Laut Madu­ro gehen die anti­päpst­li­chen Aktio­nen von „den Welt­mäch­ten“ (los pode­res del mun­do) aus, denen die Vor­schlä­ge, die der Papst „für den Frie­den“ vor­brin­ge, „nicht bequem sind“.

„Katho­li­ken der Welt, seid wach­sam: Beten wir für Papst Fran­zis­kus und unter­stüt­zen wir Papst Fran­zis­kus, so sagen wir das in Vene­zue­la, wo wir kein Blatt vor den Mund neh­men, um die Wahr­heit zu sagen.“

Mit die­sen Wor­ten for­der­te Madu­ro die Katho­li­ken zur Wach­sam­keit auf. Madu­ro im O‑Ton:

Maduros innenpolitische Probleme

Die Aus­sa­gen sind vor dem Hin­ter­grund des Dia­log­pro­zes­ses zwi­schen Regie­rung und Oppo­si­ti­on zu sehen, der auf Ver­mitt­lung des Hei­li­gen Stuhls seit ver­gan­ge­nem Okto­ber in Vene­zue­la statt­fin­det und von UNASUR unter­stützt wird. Die 2008 gegrün­de­te Uni­on Süd­ame­ri­ka­ni­scher Natio­nen gilt als Ver­such eines eigen­stän­di­gen, von den USA unab­hän­gi­gen Freihandelsraumes.

Nico­las Madu­ro ist seit 2013 Staats­prä­si­dent von Vene­zue­la. Das Amt über­nahm er nach dem Tod von Hugo Cha­vez, der ihn am Ende sei­nes Lebens als Vize­prä­si­den­ten ein­ge­setzt und zu sei­nem Nach­fol­ger bestimmt hat­te. Madu­ro stammt aus gemischt-reli­giö­sen Fami­lie sozia­li­sti­scher Akti­vi­sten. Der 1998 bei einem Auto­un­fall ums Leben gekom­me­ne Vater stamm­te aus jüdi­schem Haus, die Mut­ter aus katho­li­schem. Die Reli­gi­on habe jedoch kaum eine Rol­le gespielt. Der poli­ti­sche Akti­vis­mus für den Sozia­lis­mus und die „Rech­te der Ent­rech­te­ten“ sei im Vor­der­grund gestan­den, so Madu­ro selbst. Er wur­de katho­lisch getauft, stu­dier­te zum Teil auf Kuba und schloß sich früh­zei­tig der vene­zo­la­ni­schen Vari­an­te des Sozia­lis­mus, der Boli­va­ri­schen Befrei­ungs­be­we­gung von Hugo Cha­vez an, dem er 1997 auch in die Bewe­gung Fünf­te Repu­blik folg­te. Die­se wur­de 2007 in die Ver­ei­nig­te Sozia­li­sti­sche Par­tei (PSUV) umbenannt.

Intervention von Papst Franziskus zugunsten Maduros

Seit Cha­vez 1998 die Prä­si­dent­schafts­wah­len gewann, gilt in Vene­zue­la die „Boli­va­ri­sche Revo­lu­ti­on“ als Staats­dok­trin. Madu­ro wur­de 2006 Par­la­ments­prä­si­dent und Außen­mi­ni­ster. Vor eini­gen Jah­ren bezeich­ne­te sich Madu­ro noch als Anhän­ger des Gurus Sai Baba. Seit der Wahl von Papst Fran­zis­kus und der zuneh­men­den innen­po­li­ti­schen Kri­se in Vene­zue­la kam es zu einer neu­en Über­ein­stim­mung mit dem Hei­li­gen Stuhl.

Kri­ti­ker behaup­ten, Papst Fran­zis­kus habe Ende 2016 das Über­le­ben der „Boli­va­ri­schen“ Regie­rung gesi­chert. Wegen der anhal­ten­den Wirt­schafts­kri­se schien Madu­ros Sturz schon so gut wie sicher. Papst Fran­zis­kus äußer­te sich nie direkt zu innen­po­li­ti­schen Fra­gen Vene­zue­las. Aus sei­nem Umfeld war jedoch zu hören, daß er die Alter­na­ti­ve zu Madu­ros Regie­rung für das „grö­ße­re Übel“ hält. Vene­zue­la ver­fügt über die größ­ten Erd­öl­re­ser­ven der Welt, wie die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung 2011 berichtete.

Im Dezem­ber kam es beim „Dia­log­pro­zeß“ zu einem Still­stand, weil die Oppo­si­ti­on Madu­ro vor­wirft, sich nicht an die Ver­ein­ba­run­gen zu hal­ten. Sie for­dert die Öff­nung huma­ni­tä­rer Kanä­le, um Hilfs­lie­fe­run­gen von Nah­rungs­mit­teln und Medi­zin ins Land zu erlau­ben. Die Rede ist, daß für 90 Pro­zent der Bevöl­ke­rung Man­gel in die­sen Berei­chen herr­sche. Die Regie­rung macht die USA für die Kri­se ver­ant­wort­lich, die durch Sank­tio­nen die ihnen unlieb­sa­me Regie­rung stür­zen wol­le. Begrün­det wer­den die seit Jah­ren gel­ten­den Sank­tio­nen mit der „Gefähr­dung der natio­na­len Sicher­heit“ der USA durch Venezuela.

US-Sanktionen, Drogenhandel, Chavismo und die „einzige friedliche Lösung“

Vor einem Monat ver­häng­ten die USA Sank­tio­nen gegen Madu­ros soeben ernann­ten neu­en Vize­prä­si­den­ten Tareck El Ais­sa­mi. El Ais­sa­mi ist Dru­se. Sein Vater stammt aus dem syri­schen Dru­sen­ge­biet, sei­ne Mut­ter ist liba­ne­si­sche Chri­stin. Die links­ge­rich­te­te Fami­lie unter­stütz­te die Baath-Par­tei im Irak und in Syri­en. Die Abnei­gung gegen die USA gin­gen soweit, daß El Ais­sa­mis Vater publi­zi­stisch 2003 Sad­dam Hus­sein gegen den Angriff der USA ver­tei­dig­te und Osa­ma bin Laden als „größ­ten Mud­scha­hed­din der Welt“ bezeich­ne­te. El Ais­sa­mis Schwe­ster, die vene­zo­la­ni­sche Bot­schaf­te­rin in den Nie­der­lan­den ist, wird von den USA Ver­strickung in den inter­na­tio­na­len Dro­gen­han­del vor­ge­wor­fen. Vene­zo­la­ni­sche Regie­rungs­me­di­en spre­chen von einer „halt­lo­sen Diskreditierungskampagne“.

Die Oppo­si­ti­on for­dert zudem vor­ge­zo­ge­ne Wah­len, dar­un­ter auch eine Neu­wahl des Staats­ober­haup­tes. Im Vor­jahr war ein Abset­zungs­ver­fah­ren gegen Madu­ro ein­ge­lei­tet wor­den, das die Regie­rung verschleppt.

Die Regie­rung besteht dar­auf, daß der „Cha­vis­mo“ von Hugo Cha­vez nicht in Fra­ge gestellt wird und hält am Dia­log­pro­zeß fest, weil das „der ein­zi­ge fried­li­che Weg zur Lösung“ der schwie­ri­gen Situa­ti­on im Land sei.

Text: Andre­as Becker
Bild: Vati​can​.va (Scree­en­shot)

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