„Historisch“: Erste anglikanische Vesper im Petersdom – Gerüchte um neue Liturgiekommission


Kurienerzbischof Arthur Roche bei seiner gestrigen Predigt im Rahmen der ersten anglikanischen Vesper im Petersdom.
Kurienerzbischof Arthur Roche bei seiner gestrigen Predigt im Rahmen der ersten anglikanischen Vesper im Petersdom.

(Rom) Kuri­en­erz­bi­schof Arthur Roche ist die Num­mer Zwei in der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung. Er gilt als „Auf­pas­ser“ für Kar­di­nal­prä­fekt Robert Sarah. Gestern hielt er die Pre­digt bei einer histo­ri­schen Pre­mie­re. Erst­mals seit der Abspal­tung der Kir­che von Eng­land unter König Hein­rich VIII. vor 480 Jah­ren wur­de im Peters­dom in Rom mit päpst­li­cher Zustim­mung eine angli­ka­ni­sche Ves­per zele­briert. Die Pre­digt hielt Erz­bi­schof Roche, selbst Eng­län­der. Der Kuri­en­erz­bi­schof führt zudem seit kur­zem den Vor­sitz einer von Papst Fran­zis­kus neu­errich­te­ten Lit­ur­gie­kom­mis­si­on, die die Gerüch­te ins Kraut schie­ßen läßt.

„Dunkle“ Kurienreform

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Katho​li​sches​.info schrieb dazu am 12. Janu­ar: „Dunk­le“ Kuri­en­re­form: Eine neue Kom­mis­si­on soll den Kampf gegen Lit­ur­gie­miß­brauch behin­dern.

Die für Bene­dikt XVI. wich­ti­ge Fra­ge der kor­rek­ten Über­set­zung der Wand­lungs­wor­te pro mul­tis in die Volks­spra­chen als „für vie­le“ und nicht „für alle“ hat für sei­nen Nach­fol­ger Fran­zis­kus kei­ne Rele­vanz, wie er selbst zu ver­ste­hen gab. Seit Mar­co Tosat­ti Ende Dezem­ber erst­mals über die neue Kom­mis­si­on berich­te­te, wol­len die Gerüch­te kein Ende mehr neh­men. Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster schrieb dazu:

„Fran­zis­kus gab von Anfang an zu ver­ste­hen, daß ihm die Sache völ­lig gleich­gül­tig ist. Nun kommt er mit der Ein­rich­tung die­ser Kom­mis­si­on den Ideen jener ent­ge­gen, die eine Moder­ni­sie­rung der lit­ur­gi­schen Spra­che ver­tre­ten wie bei­spiels­wei­se der Lit­ur­gi­ker Andrea Gril­lo, der Pro­fes­sor am Päpst­li­chen Athe­nä­um Sant’Anselmo der Bene­dik­ti­ner ist und in San­ta Mar­ta sehr geschätzt wird.“

Magi­ster for­mu­lier­te Anfang des Jah­res noch eine wei­ter­ge­hen­de Sorge:

„Man­che befürch­ten, daß nach der Demo­lie­rung von Lit­ur­giam authen­ti­cam das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum ins Visier die­ser oder einer ande­ren Kom­mis­si­on gera­ten könn­te, das Doku­ment, mit dem Bene­dikt XVI. die Zele­bra­ti­on der Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus frei­ge­ge­ben hat.“

Päpstliches Drängen auf Ökumene und die Gerüchteküche

Die päpst­li­chen Freund­lich­kei­ten gegen­über den Luthe­ra­nern, die 2017 den 500. Jah­res­tag der „Refor­ma­ti­on“ Mar­tin Luthers fei­ern, der Kom­mu­nion­emp­fang fin­ni­scher Luthe­ra­ner im Peters­dom Anfang 2016 und die gestern im Peters­dom gefei­er­te erste angli­ka­ni­sche Ves­per las­sen die Gerüch­te­kü­che bro­deln. Im Mit­tel­punkt steht dabei die neue Kom­mis­si­on. Es wird behaup­tet, sie habe den Auf­trag, den römi­schen Ritus so zu adap­tie­ren, daß er sich für eine gemein­sa­me Zele­bra­ti­on mit den Pro­te­stan­ten und den Angli­ka­nern eig­ne. Die Quel­le für die­se Behaup­tung ist aller­dings dürf­tig und die Begrün­dung noch dürftiger.

Großbritanniens Botschafterin, Sally Axworthy, trägt die erste Lesung vor.
Groß­bri­tan­ni­ens Bot­schaf­te­rin, Sal­ly Axwor­t­hy, trägt die erste Lesung vor.

Unter ande­rem wird auf die Aner­ken­nung der Ana­pho­ra von Addai und Mari ver­wie­sen, die – so die The­se – für die „gemein­sa­men Zele­bra­tio­nen“ her­an­ge­zo­gen wer­den könn­te. Die Ana­pho­ra wur­de 2001 von Papst Johan­nes Paul II. nach einer kon­tro­vers geführ­ten Debat­te aner­kannt für den Fall einer „pasto­ra­len Not­wen­dig­keit“ der Inter­kom­mu­ni­on zwi­schen den Gläu­bi­gen der nicht mit Rom unier­ten, alt­ori­en­ta­li­schen Assy­ri­sche Kir­che des Ostens und den Gläu­bi­gen der im 16. Jahr­hun­dert aus ihr her­vor­ge­gan­ge­nen, mit Rom unier­ten Chaldä­isch-katho­li­schen Kir­che. Die Assy­ri­sche Kir­che zählt heu­te rund 400.000 Gläu­bi­ge, die Zahl der Ange­hö­ri­gen der Chaldäi­schen Kir­che wird auf eine Mil­li­on geschätzt. Das histo­ri­sche Ver­brei­tungs­ge­biet umfaß­te vor allem den heu­ti­gen Irak, Syri­en, den Süd­osten der Tür­kei sowie in klei­ne­rem Aus­maß den heu­ti­gen Iran und das Gebiet bis Indi­en. Der Groß­teil der Gläu­bi­gen bei­der Kir­chen lebt heu­te auf­grund der Krie­ge im Nahen Osten in der Diaspora.

Die päpst­li­chen Freund­lich­kei­ten sind eine Tat­sa­che, auch eine salop­pe, unschar­fe, teils zwei­fel­haf­te Annä­he­rung. Die Ana­pho­ra von Addai und Mari braucht es aller­dings nicht für eine „gemein­sa­me Zele­bra­ti­on“, denn die Wand­lungs­wor­te sind den histo­ri­schen Kon­fes­sio­nen der Refor­ma­ti­ons­zeit unstrit­tig. Ganz anders sieht es hin­ge­gen bezüg­lich des Eucha­ri­stie­ver­ständ­nis­ses aus. Die Ana­pho­ra ist jeden­falls weder ein Indiz noch braucht es sie für tat­säch­li­che Bestre­bun­gen in Rich­tung gemein­sa­mer Zele­bra­tio­nen mit den histo­ri­schen Kon­fes­sio­nen, die im 16. Jahr­hun­dert in Abspal­tung von der katho­li­schen Kir­che ent­stan­den sind. Es bleibt unklar, war­um sie im Zusam­men­hang mit ande­ren Gerüch­ten rund um die neue Lit­ur­gie­re­form in die Dis­kus­si­on ein­ge­führt wird.

Daß es über­haupt sol­che Gerüch­te gibt und die­se sogar schnel­le Ver­brei­tung fin­den, sagt vor allem etwas über das in Rom herr­schen­de Kli­ma aus. Es sagt zudem etwas dar­über aus, was gläu­bi­ge, katho­li­sche Krei­se inzwi­schen Papst Fran­zis­kus bereits „zutrau­en“.

Das Bild von Erz­bi­schof Roche wur­de von Sal­ly Axwor­t­hy, der bri­ti­schen Bot­schaf­te­rin beim Hei­li­gen Stuhl, auf Twit­ter ver­öf­fent­licht. Axwor­t­hy trug per­sön­lich die erste Lesung vor.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Sal­ly Axworthy/​Twitter (Screen­shots)

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