Der Malteserorden und die 30 Millionen Schweizer Franken


Malteserorden
Malteserorden: Großkanzler von Boeselager, der inzwischen zum Rücktritt veranlaßte Großmeister Fra Festing und Papst Franziskus. Damals herrschte vordergründig noch eine bessere Stimmung.

(Rom) Der Pres­se­spre­cher des Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­dens, Euge­nio Ajrol­di di Rob­bia­te, bemüh­te sich, die Ange­le­gen­heit der 30 Mil­lio­nen Schwei­zer Fran­ken, die in den ver­gan­ge­nen Tagen bekannt wur­den, ins rech­te Licht zu rücken. Der bald 1000 Jah­re alte Hos­pi­tal- und Rit­ter­or­den steht der­zeit unter päpst­li­cher, kom­mis­sa­ri­scher Auf­sicht. Das pro­vo­zier­te wie­der­um die Reak­ti­on von Rit­tern, die dem ehe­ma­li­gen Groß­mei­ster Fra Matthew Fest­ing nahe­ste­hen. Fest­ing, der 79. Groß­mei­ster des Ordens, war am 24. Janu­ar von Papst Fran­zis­kus zur Abdan­kung gezwun­gen wor­den, weil die­ser sich gewei­gert hat­te, den von ihm abge­setz­ten, ehe­ma­li­gen Groß­kanz­ler Albrecht Frei­herr von Boe­se­la­ger wie­der in sein Amt ein­zu­set­zen. Boe­se­la­ger wur­de am 25. Janu­ar vom Papst wie­der zum Groß­kanz­ler gemacht und ist seit­her der mäch­ti­ge Mann im groß­mei­ster­lo­sen Orden. Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster ver­öf­fent­lich­te nun dazu die Zuschrift eines Ordens­rit­ters. Magi­ster, dem der Name des Rit­ters bekannt ist, ver­öf­fent­lich­te die Zuschrift anonym.

Lieber Magister,

Anzei­ge

manch­mal äußern auch die Pres­se­ver­ant­wort­li­chen von gro­ßen Orga­ni­sa­tio­nen fal­sche oder unge­naue Behaup­tun­gen. Von die­ser Regel ist auch der Mal­te­ser­or­den nicht aus­ge­nom­men, der in jüng­ster Zeit gro­ße Ver­wir­rung ver­ur­sacht hat, beson­ders was den neu­see­län­di­schen Treu­hand­fonds CPVG mit Schwei­zer Treu­hän­der anbe­langt, indem er zuerst des­sen Exi­stenz leug­ne­te und dann eine gro­ße Ver­wir­rung rund um die recht­li­chen Vor­gän­ge stif­te­te, die Orden und Fonds in einem Gegen­satz sahen.

Es sind eini­ge Rich­tig­stel­lun­gen zur jüng­sten Stel­lung­nah­me des Ordens not­wen­dig, die deren Inhalt kor­ri­gie­ren oder widerlegen.

Albrecht Frei­herr von Boe­se­la­ger war nicht ent­las­sen wor­den, weil er gewähl­tes Mit­glied des Sou­ve­rä­nen Rates war, son­dern weil gegen ihn ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren eröff­net wor­den war. Die­ser Umstand hat­te zur Sus­pen­die­rung sei­ner Mit­glied­schaft im Orden geführt und damit zum auto­ma­ti­schen Ver­lust von sei­nem Amt als Groß­kanz­ler. Das gesam­te Ver­fah­ren war von der Gene­ral­an­walt­schaft des Ordens über­wacht wor­den, die des­sen Gül­tig­keit bestä­tigt hat­te. Alle nähe­ren Umstän­de waren in einer Mit­tei­lung auf der Inter­net­sei­te des Ordens ver­öf­fent­licht wor­den, die spä­ter aller­dings gelöscht wur­de. Der Groß­mei­ster hat­te eine Kopie davon einem Brief bei­gefügt, der am 14. Janu­ar 2017 an zahl­rei­che mit dem Orden ver­bun­de­ne Per­sön­lich­kei­ten ver­schickt wur­de. In den ver­gan­ge­nen 15 Jah­ren waren zwei ande­re Mit­glie­der des Sou­ve­rä­nen Rats, bei­de Ita­lie­ner, von ihrem Amt zurück­ge­tre­ten, weil der Groß­mei­ster es gefor­dert hatte.

Der Groß­mei­ster, wie dem Bericht der Ethik­kom­mis­si­on des Ordens zu ent­neh­men ist, die er im Lau­fe des Jah­res 2015 errich­te­te, hat­te von der Ver­tei­lung von Kon­do­men und Abtrei­bungs­pil­len durch Mal­te­ser Inter­na­tio­nal (in der Zeit 2004–2014, dann fort­ge­setzt 2015) Ende 2014 nach einer Ver­samm­lung der Hos­pi­ta­lier des Ordens erfah­ren, die in Hong Kong statt­fand. Nach der dar­auf­hin erfolg­ten Errich­tung der Ethik­kom­mis­si­on und der Ver­öf­fent­li­chung von deren Bericht (Anfang 2016) bat der Groß­mei­ster Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, um sei­ne Beur­tei­lung (12. März 2016). Als die­se vor­lag, begann er Boe­se­la­ger unter Druck zu set­zen. Es gab also kei­ne Debat­te bezüg­lich der Ver­tei­lung von Ver­hü­tungs­mit­teln und von Abtrei­bungs­pil­len in Gegen­wart des Groß­mei­sters oder im Sou­ve­rä­nen Rat vor Ende 2014, wie auch der Groß­mei­ster in sei­nem Brief vom 8. April 2016 bestätigte.

In dem oben erwähn­ten Schrei­ben vom 14. Janu­ar 2017 gab der Groß­mei­ster die Kon­sti­tu­ie­rung einer pro­fes­sio­nel­len. ordens­in­ter­nen Kom­mis­si­on bekannt, um Klar­heit zur Sache mit dem neu­see­län­di­schen Fonds zu schaf­fen. Die­ser Umstand löste eine rasche Beschleu­ni­gung der Ereig­nis­se aus, die zur erzwun­ge­nen Abdan­kung des Groß­mei­sters führ­te. Offen­sicht­lich will nie­mand, daß Licht in die Sache mit dem Fonds, sei­nem Geld und des­sen Her­kunft gebracht wird. Es ist daher unprä­zi­se, zu behaup­ten, daß es die inter­ne Kom­mis­si­on nicht gege­ben habe: Deren Kon­sti­tu­ie­rung war offi­zi­ell bekannt­ge­ge­ben worden.

Ein Ver­fah­ren gegen den Treu­hän­der des CPVG-Fonds war mit einer Straf­an­zei­ge bei der Staats­an­walt­schaft durch zwei phy­si­sche Per­so­nen am 26. April 2013 ein­ge­lei­tet wor­den. Am sel­ben Tag lei­te­te der Staats­an­walt straf­recht­li­che Ermitt­lun­gen gegen Unbe­kannt ein wegen „gesti­on déloya­le qua­li­fi­ée, abus de con­fi­ance e blan­chi­ment d’ar­gent“. Der Mal­te­ser­or­den und der Hos­pi­tal­or­den des hei­li­gen Johan­nes von Gott (Barm­her­zi­ge Brü­der) brach­ten am 10. Mai 2013 ihrer­seits eben­falls eine Straf­an­zei­ge gegen den­sel­ben Treu­hän­der ein und schlos­sen sich dem Ver­fah­ren an.

Das Ver­mö­gen des CPVG-Fonds war bereits am 29. April 2013 von der Staats­an­walt­schaft beschlag­nahmt wor­den. Ein Antrag des Fonds-Treu­hän­ders auf Frei­ga­be des Ver­mö­gens wur­de von der Beru­fungs­straf­kam­mer des Gen­fer Gerichts am 30. April 2014 abge­wie­sen. Das Ver­mö­gen ist noch immer beschlagnahmt.

Was den mut­maß­li­chen Inter­es­sens­kon­flikt von drei Mit­glie­dern der Kom­mis­si­on anbe­langt, die vom Staats­se­kre­ta­ri­at des Vati­kans am 21. Dezem­ber 2016 ernannt wor­den war, den der Groß­mei­ster in sei­nem Schrei­ben vom 14. Janu­ar 2017 geäu­ßert und begrün­det hat­te, wür­de es mehr als ver­wun­dern, wenn aus­ge­rech­net das Staats­se­kre­ta­ri­at die­sen Kon­flikt zuge­ge­ben würde.

Vom Orden wur­de behaup­tet, daß von den 30 Mil­lio­nen Schwei­zer Fran­ken, die vom CPVG-Fonds gütig gespen­det wur­den, drei Mil­lio­nen bereits aus­be­zahlt wor­den sind.

Aller­dings ver­ein­bar­te der Herr Marc Odend­all, man weiß nicht mit wel­cher Voll­macht, zwi­schen 2012 und 2013 mit dem Treu­hän­der des CPVG-Fonds eine Spen­de „an den Mal­te­ser­or­den“ von ca. zwei Mil­lio­nen Euro (nicht drei Mil­lio­nen Schwei­zer Fran­ken). Von die­sen zwei Mil­lio­nen wur­de etwa eine Mil­li­on an Mal­te­ser Inter­na­tio­nal über­wie­sen (aber viel­leicht hat Boe­se­la­ger, wie bei den Ver­hü­tungs­mit­teln, auch davon nichts mitbekommen).

100.000 Schwei­zer Fran­ken wur­den zudem an eine Stif­tung namens Cari­tas in Veri­ta­te gespen­det, deren Vor­sit­zen­der Erz­bi­schof Sil­va­no Toma­si ist, ein Pro­jekt, das von Odend­all in sei­ner Funk­ti­on als Ver­tre­ter des Mal­te­ser­or­dens Inter­na­tio­nal [sic] unter­stützt wird. 2014, als das CPVG-Ver­mö­gen beschlag­nahmt war, ver­such­ten Toma­si und Odend­all zusam­men mit Mar­wan Sen­haoui, den dama­li­gen Groß­kanz­ler Jean-Pierre Mazery davon zu über­zeu­gen, eine Trans­ak­ti­on mit dem Fonds-Treu­hän­der zu unter­zeich­nen. Sie ver­such­ten zusam­men mit dem 2014 als Nach­fol­ger von Mazery zum Groß­kanz­ler gewor­de­nen Boe­se­la­ger auch in den fol­gen­den Jah­ren den Groß­mei­ster in die­sem Sinn zu bedrän­gen. Am 21. Dezem­ber 2016 wur­den die drei [Toma­si, Odend­all, Sen­haoui] zu Mit­glie­dern der vom Staats­se­kre­ta­ri­at des Vati­kans ein­ge­rich­te­ten Kom­mis­si­on ernannt [mit dem Auf­trag die Abset­zung Boe­se­la­gers durch den Groß­mei­ster und auch die Sache mit dem CPVG-Fonds zu unter­su­chen, Anm. Red.].

Die Ent­schei­dung, die Straf­an­zei­ge gegen den CPVG-Fonds in Genf zurück­zu­zie­hen, sei von der Ordens­re­gie­rung 2016 getrof­fen wor­den. Dies­be­züg­lich wäre aller­dings näher zu bestim­men, was unter Ordens­re­gie­rung gemeint ist. Weder der Groß­mei­ster, der bis zum Schluß sei­ne Zustim­mung ver­wei­ger­te, noch der Sou­ve­rä­ne Rat, der laut Aus­kunft eini­ger sei­ner Mit­glie­der nie zu die­sem The­ma im Zusam­men­hang mit dem Fonds dis­ku­tier­te, haben je ent­schie­den, die Anzei­ge zurück­zu­zie­hen. Was der Ver­weis auf die „Ordens­re­gie­rung“ also genau besa­gen will, ist nicht klar, die aber in der Ver­fas­sung und im Codex des Ordens genau defi­niert ist.

Es wird zudem eine Ent­schei­dung vom Janu­ar 2017 zitiert, die Anzei­ge zurück­zu­zie­hen, doch jeder Regie­rungs­akt in der Zeit vom 6. Dezem­ber 2016 bis zum 28. Janu­ar 2017 wur­de vom Staats­se­kre­ta­ri­at des Hei­li­gen Stuhls am 25. Janu­ar 2017 für null und nich­tig erklärt, was vom Sou­ve­rä­nen Rat am 28. Janu­ar 2017 rati­fi­ziert wur­de. Es hät­te also jede Hand­lung unter­bro­chen und die Wahl des neu­en Groß­mei­sters abge­war­tet wer­den müs­sen, ehe die Trans­aka­ti­on mit der CPVG unter­zeich­net wer­den hät­te können.

Was die Bestim­mung der Spen­de anbe­langt, ist zumin­dest zu hof­fen, daß sie nicht für den Kauf von Kon­do­men ein­ge­setzt wird, son­dern für huma­ni­tä­re Pro­jek­te unter der allei­ni­gen Ver­ant­wor­tung des Ordens und nicht einer klei­ner Grup­pe von Deut­schen und den von ihnen kon­trol­lier­ten Organisationen.

Es bleibt ein berech­tig­ter Zwei­fel, was die Her­kunft die­ser 30 Mil­lio­nen Schwei­zer Fran­ken betrifft. Sie sol­len näm­lich von einer Stif­tung in Liech­ten­stein namens Mal­ta Stif­tung stam­men, die dann in einen Mal­ta-Fonds nach neu­see­län­di­schem Recht umge­wan­delt und schließ­lich in den CPVG-Fonds, eben­falls neu­see­län­di­schen Rechts, gemün­det ist. In der gerichts­an­hän­gi­gen Cau­sa, in der sich der Orden gegen den Treu­hän­der stell­te, wur­den auch zwei Stif­tun­gen mit Sitz in Pana­ma und ein wei­te­rer neu­see­län­di­scher Fonds genannt. Selt­sa­me Kreise.

Mit herz­li­chen Grüßen

(gezeich­ne­tes Schreiben)

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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