(Ermelo) Open Doors setzt sich seit 1955 für verfolgte Christen ein. Soeben veröffentlichte das Hilfswerk den Weltverfolgungsindex 2017. Darin werden die 50 Staaten aufgelistet, „wo Christen am stärksten verfolgt werden“.
Nach der jüngsten Einschätzung „leiden mehr als 200 Millionen Christen unter einem hohen Maß an Verfolgung“. Welche Verschlechterung sich ergeben hat, geht aus einem Vergleich hervor: Vor neun Jahren hatte Open Doors 100 Millionen verfolgte Christen geschätzt. Insgesamt 50 Staaten führt der Weltverfolgungsindex auf, mehr als jeden vierten Staat der Welt. Der Index staffelt sich nach Intensität der Verfolgung in drei Gruppen. In zehn Staaten wird die Verfolgung als „extrem“ eingestuft, in weiteren 20 Staaten herrscht „schwere Verfolgung“. In diesen 30 Staaten sind rund 215 Millionen Christen von Verfolgung betroffen. Hinzu kommen weitere 20 Staaten, in denen ein gewisser Grad an Verfolgung registriert wird.
2016 wurden 1.239 Kirchen beschädigt oder zerstört. Gegenüber 2015 ein deutlicher Rückgang. Damals wurden 2.400 attackierte Kirchen gezählt. Dennoch kein Grund für Entwarnung.
Dieser Rückgang von Fällen extremer Verfolgung geht in erster Linie auf die erfolgreiche Bekämpfung der islamistischen Terrormilizen Boko Haram und Islamischer Staat (IS) zurück. Allerdings hat er auch seinen Preis. Tausende von Christen haben wegen der Dschihadisten Nigeria und den Nahen Osten verlassen. Sie sahen sich gezwungen, die direkte Verfolgung mit dem Heimatverlust und einem unsicheren Status als Flüchtlinge einzutauschen. Laut Open Doors hat sich die Verfolgung weltweit verstärkt, aber subtilere Formen angenommen.
Der Islam bleibt weiterhin die Hauptursache für die Unterdrückung der Christen. Er ist in 35 von 50 Staaten für die Christenverfolgung verantwortlich. Acht der zehn Staaten, in denen eine extreme Verfolgung herrscht, sind islamische Staaten. Genauso viele waren es bereits 2015 mit dem Unterschied, daß sich Libyen vom 10. auf den 11. Platz leicht verbessert hat, dafür aber der Jemen, der 2015 den 11. Platz belegte, sich auf Platz 9 verschlechtert hat. Diese acht islamischen Staaten sind: Somalia, Afghanistan, Pakistan, Sudan, Syrien, Irak, Iran und Jemen. Auch auf den Plätzen 11–15 finden sich drei islamische Staaten und mit Nigeria ein stark islamischer Staat. In Somalia (Platz 2), Ägypten (21), Tunesien (29), und Indonesien (46) geht die Bedrohung für Christen vor allem von islamischen Terrororganisationen aus. Im Sudan (5) und in Saudi-Arabien (14) wird die Unterdrückung institutionell von der Regierung ausgeübt. In anderen Staaten werden die Christen sowohl von der Regierung als auch von Dschihad-Organisationen bedroht. In Pakistan (4), wo die Christen Attentate, Diskriminierung und Willkür erleiden, werden sie zudem vom berüchtigten Anti-Blasphemiegesetz „zum Schutz des Islams“ bedroht.
2016 ist es vor allem in Asien zu einer Zunahme der antichristlichen Intoleranz gekommen. Überall, wo die Christen eine Minderheit bilden, ist die Unduldsamkeit gewachsen. Das gilt neben den islamischen Staaten vor allem für Vietnam (17) und Laos (24), wo kommunistische Regime regieren, aber auch für Indien (15) und Sri Lanka (45), wo die Christenverfolgung von hinduistischen und buddhistischen Gruppen ausgeht und einen nationalistischen Charakter hat.
31 der 50 Staaten, die im Weltverfolgungsindex aufscheinen, liegen in Asien. Angeführt wird der Index seit 15 Jahren ununterbrochen von Nordkorea (1). Das kommunistische Regime bestraft jedes Praktizieren von Religion radikal und zwingt die Gläubigen zur absoluten Geheimhaltung ihres Glaubens. Christen, die erwischt werden, werden ins Gefängnis geworfen oder verschwinden für Jahre in Konzentrationslagern. Auf Fälle, die das Regime für besonders „schwerwiegend“ erachtet, steht die Todesstrafe.
Afrika folgt mit 15 Staaten an zweiter Stelle hinter Asien. Hauptbedrohungspunkt ist auch hier ein radikaler Islam. In Eritrea kommt noch „autoritäre Paranoia“ hinzu, wie Open Doors die Situation beschreibt. Eine besondere Situation besteht in Eritrea, Nigeria, Kenia, Tansania und der Zentralafrikanischen Republik, wo die Christen bedroht sind, obwohl sie die Bevölkerungsmehrheit bilden. Verantwortlich dafür sind der Islam gepaart mit Stammesdenken und Korruption.
Der afrikanische Staat Niger, der 2016 noch Platz 49 belegte, ist aus dem Index ausgeschieden. Neu hinzugekommen ist auf Platz 47 hingegen Mauretanien, ebenfalls ein islamischer Staat, in dem nur wenige Hunderte von Christen leben, vor allem Katholiken. Sorge bereiten auch dort islamistische Organisationen, die sich ausbreiten. Überhaupt ist der Kampf der Dschihadisten die Hauptsorge der verfolgten Christen in Afrika und in Teilen Asiens. Der Islam hat die Islamisierung Schwarzafrikas noch nicht aufgegeben. In Ost- und Südostasien geht die Bedrohung zudem vom Kommunismus aus.
Open Doors verweist auch auf eine „wachsende Zahl von Christen muslimischer Herkunft“. Sie stünden vor den größten Herausforderungen, da sie ihren neuen Glauben geheimhalten müssen, da im Koran auf Apostasie vom Islam der Tod steht.
Der vollständige Weltverfolgungindex 2017.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Open Doors (Screenshot)