Papst predigt „Dialog“ und schickt den Kommissar – Brief von Kardinal Parolin an Malteserorden


Nun ist es fix: Papst Franziskus ignoriert die Souveränität des Malteserordens, erklärt alle Regierungsakte seit dem 6. Dezember für null und nichtig und schickt den Kommissar.
Nun ist es fix: Papst Franziskus ignoriert die Souveränität des Malteserordens, erklärt alle Regierungsakte seit dem 6. Dezember für null und nichtig und schickt den Kommissar.

(Rom) Der Hei­li­ge Stuhl macht ernst. Die bra­chia­le „Lösung“ des Kon­flikts mit dem Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­den durch Papst Fran­zis­kus, der am Diens­tag den Rück­tritt des Groß­mei­sters durch­setz­te, scheint in jedem Fall zu einem Pyr­rhus­sieg für die „deut­sche“ Rich­tung im Orden um Frei­herr von Boe­se­la­ger zu wer­den. Der Preis für sei­ne Rück­kehr und den mög­li­chen Umbau des Ordens zu einer huma­ni­tä­ren NGO mit Son­der­sta­tus scheint  die Sou­ve­rä­ni­tät zu sein. Der 1048 gegrün­de­te Mal­te­ser­or­den ist ein sou­ve­rä­ner Staat im Sin­ne des Völ­ker­rechts und ver­fügt damit über einen ein­zig­ar­ti­gen Sta­tus unter allen reli­giö­sen Orden der katho­li­schen Kir­che, aber auch unter allen Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen der Welt. Papst Fran­zis­kus ist gera­de dabei, sich über jedes Recht und Gesetz hinwegzusetzen.

„Alle Entscheidungen seit dem 6. Dezember null und nichtig“

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Der bri­ti­sche Jour­na­list Chri­sto­pher Lamb von The Tablet hat­te es bereits gestern ange­kün­digt. Ein inzwi­schen vor­lie­gen­des Schrei­ben von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin lie­fer­te die Bestä­ti­gung. Es wur­de dem Vati­ka­ni­sten Edward Pen­tin (Natio­nal Catho­lic Regi­ster) zuge­spielt. Dar­in erklärt der vati­ka­ni­sche Staats­se­kre­tär den Mit­glie­dern des Sou­ve­rä­nen Rates des Ordens, daß alle Regie­rungs­ak­te des Mal­te­ser­or­dens seit dem 6. Dezem­ber null und nich­tig sei­en. Am 6. Dezem­ber war es zur Kon­fron­ta­ti­on zwi­schen Groß­mei­ster Fra Matthew Fest­ing und dem Groß­kanz­ler Albrecht Frei­herr von Boe­se­la­ger gekom­men. Dabei ging es um einen Ver­trau­ens­bruch und einen Ver­stoß gegen die katho­li­sche Moral­leh­re durch För­de­rung der „Kul­tur des Todes“. Die Kon­fron­ta­ti­on ende­te mit der Amts­ent­he­bung des Groß­kanz­ler durch den Großmeister.

Der Brief des Kardinalstaatssekretärs
Der Brief des Kardinalstaatssekretärs

Mit der Annul­lie­rung durch den Kar­di­nal­staats­se­kre­tär wäre Boe­se­la­ger wie­der Groß­kanz­ler. Wei­ters teilt Kar­di­nal Paro­lin dem Orden mit, daß ihn der Papst unter kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung stel­len und einen Päpst­li­chen Lega­ten ernen­nen wer­de, der die Lei­tung des Ordens über­nimmt. Damit ist auch die Neu­wahl eines Groß­mei­sters in der Schwe­be. Der 80. Groß­mei­ster und Nach­fol­ger Fest­ings könn­te inner­halb weni­ger Wochen gewählt wer­den. Eine kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung durch den Vati­kan dau­ert in der Regel drei Jah­re und bedeu­tet den Ver­lust jeder Eigen­stän­dig­keit des Ordens und einen dem Papst gemä­ßen Umbau. In der Tat erwähnt das Schrei­ben des Kar­di­nal­staats­se­kre­tärs die Neu­wahl eines Groß­mei­sters nicht.

Damit ris­kiert der Orden sei­nen Sta­tus als inter­na­tio­na­les Völ­ker­rechts­sub­jekt zu ver­lie­ren. Sei­ne Sou­ve­rä­ni­tät und Unab­hän­gig­keit gegen­über dem Hei­li­gen Stuhl wäre damit ohne­hin erle­digt. Ein hoher Preis, um die „deut­sche“ Rich­tung im Orden und ihr „huma­ni­tä­res“ Pro­jekt durch­zu­set­zen. Wohl ein zu hoher Preis für einen so ver­dienst­vol­len und ehr­wür­di­gen Rit­ter- und Hos­pi­tal­or­den, der in 31 Jah­ren sein tau­send­jäh­ri­ges Grün­dungs­ju­bi­lä­um fei­ern wird – sofern es ihn dann noch gibt. Der­zeit sieht es so aus, als wer­de es ihn zumin­dest in sei­ner bis­he­ri­gen Form dann nicht mehr geben. Ist es das, was Boe­se­la­ger will? Stim­men sei­ne Plä­ne tat­säch­lich mit den Plä­nen von Papst Fran­zis­kus überein?

„Das Schrei­ben von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin ist recht­lich gese­hen null und nich­tig“, sagt ein bekann­ter Kir­chen­recht­ler. Der Orden ist sou­ve­rän, wes­halb das Staats­se­kre­ta­ri­at des Vati­kans, eines ande­ren Staa­tes, kei­nen Rechts­ti­tel für irgend­wel­che Ein­grif­fe in die inne­ren Ange­le­gen­hei­ten des Ordens besitzt. Wenn das den­noch ver­sucht wird, dann zeugt das von einer unglaub­li­chen Arro­ganz, ja Kalt­her­zig­keit und Kalt­schnäu­zig­keit, mit der die Regie­rung von Papst Fran­zis­kus vor­geht. In der Poli­tik nennt man das einen Staatsstreich.

Papst versucht „größten Rechtsbruch in der Geschichte des Ordens“

Nicht ein­mal der Rück­tritt von Groß­mei­ster Fest­ing ist noch rechts­kräf­tig, da der Sou­ve­rä­ne Rat, der den Rück­tritt anneh­men muß, erst mor­gen zusam­men­tritt. Den­noch will der Vati­kan unter Fran­zis­kus offen­bar voll­ende­te Tat­sa­chen schaf­fen, ehe sich der Orden vom uner­war­te­ten Schock des Groß­mei­ster-Rück­tritts erho­len kann. Fra Fest­ing selbst war von der fron­ta­len Vor­ge­hens­wei­se des Pap­stes über­rascht wor­den. Hat­te er eine offe­ne und ernst­haf­te Kon­fron­ta­ti­on zu den umstrit­te­nen Fra­gen erwar­tet, setz­te ihm der Papst mit einer Rück­tritts­for­de­rung ohne Wenn und Aber ohne Ankün­di­gung die Pisto­le auf die Brust. Sol­cher­ma­ßen über­rum­pelt, sah der Groß­mei­ster als treu­er Katho­lik gegen­über einer sol­chen For­de­rung des Pap­stes kei­nen ande­ren Weg, als in den Rück­tritt einzuwilligen.

Wird der Mal­te­ser­or­den die Fort­set­zung der mas­si­ven Ein­mi­schung des Hei­li­gen Stuhls in die inne­ren Ange­le­gen­hei­ten nicht hin­neh­men, oder wird er sich wider­stands­los die so lan­ge ver­tei­dig­te Sou­ve­rä­ni­tät weg­neh­men und zu einem Orden wie jedem ande­ren in der Kir­che degra­die­ren las­sen? Mit die­ser Fra­ge wird sich mor­gen bereits der Sou­ve­rä­ne Rat zu befas­sen haben. Dabei geht es bereits um Grund­sätz­li­ches: Wer darf mor­gen über­haupt an der Sit­zung des Sou­ve­rä­nen Rates teil­neh­men? Laut päpst­li­cher Anwei­sung soll Boe­se­la­ger als Groß­kanz­ler dabei sein. Laut Ordens­ver­fas­sung darf er das nicht. Das macht bereits deut­lich, wor­um es bei der päpst­li­chen Ein­mi­schung geht, näm­lich „um den größ­ten Rechts­bruch in der Ordens­ge­schich­te“, wie es in ordens­na­hen Krei­sen in Rom heißt. Nimmt Boe­se­la­ger auf­grund des Schrei­bens von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin an der Sit­zung teil, sind alle Beschlüs­se, ein­schließ­lich der even­tu­el­len Annah­me des Rück­tritts von Groß­mei­ster Fest­ing anfecht­bar, da offen­kun­dig nicht recht­mä­ßig zustan­de­ge­kom­men. Ver­fas­sungs­bruch wiegt in jedem Staat beson­ders schwer.

Mit dem Schrei­ben von Kar­di­nal Paro­lin setzt sich Papst Fran­zis­kus nicht nur über den sou­ve­rän getrof­fe­nen Ent­schei­dun­gen des Groß­mei­sters seit dem 6. Dezem­ber hin­weg, son­dern sogar über jene des Sou­ve­rä­nen Rates.

Ver­fügt der Orden über star­ke Per­sön­lich­kei­ten, die sich in Gehor­sam gegen­über dem Papst­tum üben, aber zugleich den ille­gi­ti­men Avan­cen von Fran­zis­kus zu wider­ste­hen wis­sen, der „Dia­log“ pre­digt, aber mit eiser­ner Faust regiert? Wer­den sie dem gel­ten­de Recht gemäß die Sou­ve­rä­ni­tät des Ordens ver­tei­di­gen und dem Hei­li­gen Stuhl Ein­halt gebie­ten, wo die­sem kein Rechts­ti­tel zusteht? Davon wird die Zukunft des Ordens abhän­gen, und davon wird es auch abhän­gen, ob er mor­gen noch ein Sou­ve­rä­ner Mal­te­ser­or­den sein wird oder nur ein Mal­te­ser­or­den.

Der Wortlaut des Schreibens

Der Wort­laut des Schrei­bens von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin an die Mit­glie­der des Sou­ve­rä­nen Rates vom 25. Janu­ar 2017:

Staats­se­kre­ta­ri­at
Nr. 338.217

Aus dem Vati­kan, 25. Janu­ar 2017

 

Geehr­te Mit­glie­der des Sou­ve­rä­nen Rates,

mich drängt, Sie zu infor­mie­ren, daß Sei­ne Hoheit Fra Matthew Fest­ing, Groß­mei­ster des Ordens, mit Datum 24. Janu­ar 2017 sei­nen Rück­tritt in die Hand des Hei­li­gen Vaters Fran­zis­kus erklärt hat, der ihn ange­nom­men hat.
Wie die Ver­fas­sung des Ordens im Art. 17 § 1 vor­sieht, wird der Groß­kom­tur ad inte­rim die Regie­rungs­ver­ant­wor­tung über­neh­men. Gemäß Art. 143 des Mal­te­ser-Codex wird er dafür sor­gen, die Staats­ober­häup­ter, mit denen der Orden diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen unter­hält, und die ver­schie­de­nen Mal­te­ser-Orga­ni­sa­tio­nen zu informieren.
Um dem Orden im Erneue­rungs­pro­zeß zu hel­fen, der, wie man sieht, not­wen­dig ist, wird der Hei­li­ge Vater einen per­sön­li­chen Lega­ten mit der Voll­macht ernen­nen, die er im Ernen­nungs­akt defi­nie­ren wird.
Der Groß­kom­tur, in der Funk­ti­on eines vor­über­ge­hen­den Statt­hal­ters, wird die Voll­mach­ten gemäß Art. 144 des Mal­te­ser-Sta­tuts aus­üben, bis ein Päpst­li­cher Legat ernannt sein wird.
Der Hei­li­ge Vater hat auf der Grund­la­ge des Evi­den­ten, das aus den von ihm erhal­te­nen Infor­ma­tio­nen her­vor­ge­gan­gen ist, ent­schie­den, daß alle vom Groß­mei­ster ab dem 6. Dezem­ber 2016 getä­tig­ten Akte null und nich­tig sind. So auch jene des Sou­ve­rä­nen Rates wie die Wahl des Groß­kanz­lers ad inte­rim.
Der Hei­li­ge Vater drückt, indem er die gro­ßen Ver­dien­ste des Ordens in der Ver­wirk­li­chung vie­ler Wer­ke zur Ver­tei­di­gung des Glau­bens und im Dienst der Armen und der Kran­ken aner­kennt, ihm sei­ne gan­ze pasto­ra­le Für­sor­ge aus und hofft auf die Zusam­men­ar­beit aller in die­sem deli­ka­ten und wich­ti­gen Moment für die Zukunft.
Der Hei­li­ge Vater seg­net alle Mit­glie­der, Frei­wil­li­gen und Wohl­tä­ter des Ordens und unter­stützt sie mit Sei­nem Gebet.

 

Pie­tro Kar­di­nal Parolin
Staatssekretär

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An die Mit­glie­der des Sou­ve­rä­nen Rates
des Sou­ve­rä­nen Rit­ter- und Hos­pi­tal­or­dens des
Hei­li­gen Johan­nes von Jeru­sa­lem, Rho­dos und Malta
ROM

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: scribd/​Edward Pentin

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