Osservatore Romano will Weltfrieden mit „Hirschblase und Kuhhorn“ erreichen


Mit Kuhhorn und Hirschblase für den Frieden in Syrien und in der Welt: ein neuer Kolumnist des "Osservatore Romano"
Mit Kuhhorn und Hirschblase für den Frieden in Syrien und in der Welt: ein neuer Kolumnist des "Osservatore Romano"

(Rom) Damit in Syri­en Frie­den herrscht, emp­fiehlt der Osser­va­to­re Roma­no in sei­ner heu­ti­gen Aus­ga­be Kuh­horn und Hirsch­bla­se. „Wer es nicht glaubt, kann es selbst nach­le­sen“, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster, und zwar auf der Titel­sei­te der päpst­li­chen Tageszeitung.

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Wört­lich heißt es dort:

„Wir wis­sen, daß man Alep­po nicht mit Bom­ben befreit. Alep­po und Syri­en sind noch vom Elend und vom Kli­ma­wan­del zu befrei­en, die vor eini­gen Jah­ren Frau­en und Män­ner zur Land­flucht ver­an­laß­ten, die das demo­gra­phi­sche Gleich­ge­wicht desta­bi­li­sier­ten und die ersten syri­schen Revol­ten und dann den Krieg auslösten.“

„Magische“ biodynamische Landwirtschaft

Autor die­ser „erstaun­li­chen Ana­ly­se“ (Magi­ster) des Syri­en­kon­flikts ist Car­lo Tria­ri­co. Dazu der Vati­ka­nist: „Den Lesern der Tages­zei­tung des Pap­stes wird aber nicht gesagt, daß Tria­ri­co Vor­sit­zen­der der Ver­ei­ni­gung für bio­dyn­mai­schen Land­bau ist, also jener Anbau­me­tho­de, die vor einem Jahr­hun­dert vom öster­rei­chi­schen Eso­te­ri­ker Rudolf Stei­ner (1861–1925) erfun­den wur­de und auf einem Ritu­al der homöo­pa­thi­schen Dün­gung mit viel Kuh­horn und männ­li­cher Hirsch­bla­se beruht, mit denen die spi­ri­tu­el­len, kos­mi­schen und astra­len Kräf­te der Pflan­zen reak­ti­viert wer­den sol­len. Eine Metho­de, die im ver­gan­ge­nen Novem­ber in einem Offe­nen Brief an das ita­lie­ni­sche Land­wirt­schafts­mi­ni­ste­ri­um fast von der Gesamt­heit der wis­sen­schaft­li­chen Gesell­schaf­ten, die im Bereich der Land­wirt­schaft tätig sind, nach einer Tagung in Nea­pel, die von der Ver­ei­ni­gung orga­ni­siert wur­de, der Tria­ri­co vor­steht, als ‚Magie‘ abqua­li­fi­ziert wurde“.

Bereits anläß­lich jener Tagung zeig­te sich der Osser­va­to­re Roma­no, im Gegen­satz zur Fach­welt, sehr auf­ge­schlos­sen und räum­te Tri­ar­co brei­ten Raum für eine The­sen ein, wäh­rend das ver­nich­ten­de Urteil der Wis­sen­schaft­ler uner­wähnt blieb.

Esoterischer Landbau und die „Volksbewegungen“

In sei­nem Arti­kel vom 28. Novem­ber rühm­te sich Tria­ri­co, im Febru­ar 2016 eine Tagung über die Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to si von Papst Fran­zis­kus ver­an­stal­tet zu haben.

Zerstörtes Aleppo in Syrien
Zer­stör­tes Alep­po in Syrien

Tri­um­phie­rend erwähn­te Tria­ri­co, daß an der Tagung in Nea­pel Hun­der­te von Akti­vi­sten jener „Volks­be­we­gun­gen“ teil­ge­nom­men hat­ten, die Papst Fran­zis­kus am 5. Novem­ber zum drit­ten inter­na­tio­na­len Tref­fen in den Vati­kan gela­den hat­te, und die sei­ne „Aus­er­wähl­ten“ sind, so Magi­ster. Tria­ri­co schrieb wört­lich, daß die­se Teil­nah­me der Beweis dafür sei, daß „in der Welt ein gro­ße inno­va­ti­ve Bewe­gung für das gemein­sa­me Haus heranwächst“.

Doch damit nicht genug: Bereits am 18. Sep­tem­ber konn­te Tria­ri­co in den Spal­ten des Osser­va­to­re Roma­no sei­ne Welt­sicht zum Besten geben. Die Zei­tung des Pap­stes hat­te ihn aus­er­ko­ren, einen apo­ka­lyp­ti­schen Tadel gegen die Über­nah­me von Monsan­to durch Bay­er zu Papier zu bringen.

Bay­er gab im ver­gan­ge­nen Novem­ber bekannt, durch die Fusi­on mit Monsan­to „das Ernäh­rungs­pro­blem“ in der Welt lösen zu wol­len. Nicht min­der hoch­tra­bend ist der Anspruch, den Tria­ri­co in sei­nem heu­ti­gen Leit­ar­ti­kel erhebt, indem er eine Hym­ne auf die wun­der­sa­men Vor­zü­ge der bio­dy­na­mi­schen Land­wirt­schaft anstimm­te, mit der in der Welt „der Hun­ger gestoppt“ wer­den könne.

Hunger, Migration, Krieg und Klimawandel stoppen

Den Grund dafür sieht der Autor durch die Schaf­fung von Bedin­gun­gen, mit denen die Bau­ern dem Kli­ma­wan­del trot­zen kön­nen. Zugleich schei­nen damit für Tria­ri­co (und den Osser­va­to­re Roma­no) mehr oder weni­ger alle Pro­ble­me die­ser Welt gelöst zu wer­den, von den Migra­tio­nen bis zu den Krie­gen, und das nicht nur in Syri­en, son­dern auch in ande­ren Län­dern, die – wie im Arti­kel zu lesen ist – bereits von der bio­dy­na­mi­schen Anbau­me­tho­de Stei­ners erreicht wur­den, dar­un­ter „Jor­da­ni­en, Iran, Ägyp­ten, Alge­ri­en, Eri­trea, Äthio­pi­en, Jemen“.

In weni­gen Tagen wird Papst Fran­zis­kus am 9. Janu­ar sei­ne tra­di­tio­nel­le Neu­jahrs­an­spra­che an das beim Hei­li­gen Stuhl akkre­di­tier­te Diplo­ma­ti­sche Corps hal­ten und dabei sei­ne geo­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen dar­le­gen und die Wege auf­zei­gen, die sei­ner Mei­nung nach zur Errei­chung des Frie­dens ein­zu­schla­gen sind.

„Bis dahin bleibt zu hof­fen, daß kei­nem Bot­schaf­ter in den Sinn kommt, zu den­ken, das Rezept der Kir­che für den Frie­den in der Welt sei der heu­ti­ge Leit­ar­ti­kel der Tages­zei­tung des Pap­stes“, so Magister.

Text: Andre­as Becker
Bild: Osser­va­to­re Romano/​Ora Pro Siria (Screen­shots)

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