Die Neue Kirche hat uns die Heiligen genommen


Steinigung des Protomärtyrers Stephanus
Steinigung des Protomärtyrers Stephanus

Fast 2000 Jah­re wur­den Men­schen, die Chri­stus in her­vor­ra­gen­der Wei­se nach­folg­ten, als Beken­ner oder Mär­ty­rer ver­ehrt: als Hei­li­ge. Sie wur­den ver­ehrt und ihre Leben in der Nach­fol­ge als Vor­bild dar­ge­stellt –  in bild­li­chen Dar­stel­lun­gen und Beschrei­bun­gen (Hagio­gra­phien).
Erschreckend:   Einen Tag nach der Geburt des Ret­ters gedenkt die Kir­che der Ermor­dung des Ste­pha­nus – eines Nach­fol­gers Chri­sti. Die Kir­che erklärt ihn zum Hei­li­gen. Uner­klär­lich, war­um heu­te die Ver­nach­läs­si­gung der Hei­li­gen durch die Kir­che wahr­zu­neh­men ist.

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Dazu eine Abhand­lung von Pro­fes­sor Dr. med. Eber­hard Gross aus Hamburg.

Die Hei­li­gen der katho­li­sche Kir­che sind weit­ge­hend aus dem öffent­li­chen Bewusst­sein ver­schwun­den: Aus den Jah­res­ka­len­dern hat man sie schon lan­ge ver­bannt. Wozu auch soll­te man sie  dort auf­füh­ren, wo Namens­ta­ge bei Katho­li­ken doch aus der Mode gekom­men sind. Die Namen von Hei­li­gen die­nen der­zeit besten­falls noch als Adres­sen von Kir­chen. Aber auch in der Kir­che selbst weiß man mit den  Hei­li­gen nicht mehr viel anzu­fan­gen, glaubt man doch der säku­la­ren Gesell­schaft „Hei­li­ge“ nicht zumu­ten zu dür­fen, da es gleich­sam anstö­ßig sei, weil fun­da­men­ta­li­stisch, die Öffent­lich­keit mit dem Leben der Hei­li­gen zu kon­fron­tie­ren und so mit einem hei­lig­mä­ßi­gen Leben im Sin­ne  der Nach­fol­ge Chri­sti, einer Vor­stel­lung, die nicht nur der Gesell­schaft fremd ist, son­dern auch man­chen in der Kir­che abhan­den­ge­kom­men ist.

So sehen  man­che  Prie­ster in Hei­li­gen nur „komi­sche Hei­li­ge“, nach heu­ti­gen Maß­stä­ben mit Nach­sicht betrach­tet, in ihnen “Irre­ge­lei­te­te“, deren Lebens­form  der ver­gan­ge­nen unauf­ge­klär­ten, vor­mo­der­nen Zeit geschul­det ist: Hei­li­ge  als Opfer ihrer Zeit. Wie die Gesell­schaft kön­nen sol­che Prie­ster besten­falls noch etwas anfan­gen mit Hei­li­gen der dia­ko­nisch täti­gen Näch­sten­lie­be, ins­be­son­de­re, wenn sie zu Leb­zei­ten von einer gewis­sen Öffent­lich­keit beach­tet wer­den wie z. B. Mut­ter The­re­sa. Aller­dings fällt ihnen als Grund für ihre außer­ge­wöhn­li­che  Lebens­form kein ande­rer ein als die sozio­bio­lo­gi­sche Erklä­rung einer altru­isti­schen Spiel­art der Lebens­form, eine schein­bar ver­nünf­ti­ge Erklä­rung, aber eigent­lich die Lebens­form her­ab­set­zend, weil sie mit ihrer Anma­ßung von Wis­sen die reli­giö­se Dimen­si­on nicht sehen kann und will.

Auch der Hl. Fran­zis­kus genießt  in der Kir­che noch einen Sym­pa­thie­bo­nus, und zwar einen beson­de­ren, da die­ser Hei­li­ge  in der nicht­ka­tho­li­schen Öffent­lich­keit zu einer Gal­li­ons­fi­gur der Öko­lo­gie auf­ge­stie­gen ist. Hier hat der  Orden in Deutsch­land tat­kräf­tig sei­nen Grün­der und Namens­ge­ber gleich­sam als ersten Natur­schüt­zer instru­men­ta­li­siert und damit sein Geschäfts­mo­dell eines kirch­li­chen Bil­dungs­hau­ses als untaug­li­chen Ver­such, das Ster­ben des Ordens auf­zu­hal­ten, aufgehübscht.

Nichts kön­nen sol­che Prie­ster hin­ge­gen anfan­gen mit Johan­nes Maria Vian­ney, dem Hl. Pfar­rer von Ars, der das Prie­ster­tum als Mitt­ler zwi­schen Gott und den ihm Anver­trau­ten ver­sah und des­sen prie­ster­li­ches Leben ganz auf deren See­len­heil sub spe­cie aeter­ni­ta­tis aus­ge­rich­tet war. Er schafft es bei man­chem Prie­stern nicht ein­mal mehr zum “komi­schen Hei­li­gen“. Als Papst Bene­dikt  die­sen Hei­li­gen als prie­ster­li­ches Vor­bild im Jahr des Prie­sters 2009  aus­wähl­te, wies man dies zuwei­len empört zurück. Fol­ge­rich­tig  kann sich auch ein Prie­ster, der sich als Sozi­al­in­ge­nieur für Lebens­glück ver­steht, nur gegen ein Prie­ster­tum ver­wah­ren, wie es der Hl. Pfar­rer von Ars mit fol­gen­den Wor­ten aus­drück­te: 

„Der Prie­ster ist es, der das Werk der Erlö­sung auf Erden fort­führt […] Was nütz­te uns ein Haus vol­ler Gold, wenn es nie­man­den gäbe, der uns die Tür dazu öff­net? Der Prie­ster besitzt den Schlüs­sel zu den himm­li­schen Schät­zen: Er ist es, der die Tür öff­net; […] Der Prie­ster ist nicht Prie­ster für sich selbst, er ist es für euch.“

Die Ver­eh­rung der Hl. Maria und das Gebet zu ihr als Got­tes­mut­ter und damit als zen­tra­le Figur der Heils­ge­schich­te erschei­nen in der Kir­che noch unan­ge­foch­ten, gemes­sen an den regel­mä­ßi­gen Rosen­kranz­an­dach­ten in den Gemein­den und den Besu­chern von Wall­fahrts­or­ten, die ihr geweiht sind.  Aller­dings bleibt auch sie nicht ver­schont von ver­deck­ten Ver­su­chen, das Hei­li­ge vom Him­mel auf den pro­fa­nen Boden zu holen und damit die Got­tes­mut­ter  in ein zeit­ge­nös­sisch  pro­te­stan­ti­sches Kleid zu stecken ganz nach dem unchrist­li­chen Bekennt­nis von Bischö­fin Käßmann: 

“Da bin ich ganz Theo­lo­gin des 21. Jahr­hun­derts. Ich glau­be, dass Maria eine jun­ge Frau war, die ganz auf Gott ver­traut hat. Aber dass sie im medi­zi­ni­schen Sin­ne Jung­frau war, das glau­be ich nicht […] Ich den­ke, dass Josef im bio­lo­gi­schen Sin­ne der Vater Jesu war.“ Ganz in die­sem Sin­ne heißt es nun in der neu­en Ein­heits­über­set­zung der Bibel statt „dass Maria und Eli­sa­beth ein Kind emp­fan­gen, dass sie schwan­ger werden.“

Nach einer  Stel­lung­nah­me des katho­li­schen Bibel­wer­kes durch K. Brock­mül­ler klin­ge die­se For­mu­lie­rung nicht banal. Eine Schwan­ger­schaft, so K. Brock­mül­ler, sei für sie nie banal, man beto­ne viel­leicht die mensch­li­che Sei­te, wenn man „emp­fan­gen“ „schwan­ger“ nen­ne. In die­ser Absicht ist wohl auch aus der „Jung­frau“ in Jesa­ia 7 eine „jun­ge Frau“ gewor­den. Die­se wesent­li­che Umbe­nen­nung wird text­kri­tisch mit Bezug zum hebräi­schen Text begrün­det, obwohl in der Sep­tuag­in­ta (2 Jhd. ante Chri­s­tum!) „eine Jung­frau wird ein Kind bekom­men“ geschrie­ben steht. Ganz im Sin­ne einer „mensch­li­che­ren“ Sicht auf Maria hat Papst Fran­zis­kus wohl mit Kal­kül einen Zwei­fel an ihrer Hei­lig­keit und Ein­zig­ar­tig­keit als frei von der Erb­sün­de auf­kom­men las­sen und sich dabei unrich­ti­ger­wei­se auf Johan­nes Paul II. beru­fen, als er in einer Pre­digt am 20. Dezem­ber 2013 sagte.

Das Evan­ge­li­um sagt uns nichts: ob sie ein Wort gesagt hat oder nicht… Sie war still, doch in ihrem Her­zen – wie­viel sag­te sie doch dem Herrn! ‚Du hast mir damals gesagt – das ist es, was wir gele­sen haben –, daß er groß sein wird. Du hast mir gesagt, daß du ihm den Thron sei­nes Vaters David geben wirst, daß er über das Haus Jakob in Ewig­keit herr­schen wird. Und jetzt sehe ich ihn dort!’ Die Got­tes­mut­ter war mensch­lich! Und viel­leicht hät­te sie die Lust gehabt zu sagen: ‚Lügen! Ich bin betro­gen wor­den!’. Johan­nes Paul II. sag­te dies, als er von der Got­tes­mut­ter in jenem Moment sprach. Sie aber hat, mit der Stil­le, das Geheim­nis über­schat­tet, das sie nicht ver­stand, und mit die­ser Stil­le hat sie zuge­las­sen, daß die­ses Geheim­nis wach­sen und in der Hoff­nung erblü­hen kann“. 

Die Gemeinschaft der Heiligen
Die Gemein­schaft der Heiligen

Wäh­rend die Hei­lig­keit und Ein­zig­ar­tig­keit der Got­tes­mut­ter aus dog­ma­ti­schen Grün­den und der Volks­fröm­mig­keit wegen nicht so ein­fach ver­dun­kelt wer­den kann, spie­len die Hei­li­gen ins­ge­samt in der Glau­bens­pra­xis  prak­tisch kei­ne Rol­le mehr. So sind sie im Novus Ordo nicht mehr prä­sent. Weder wer­den die einen mit ihrem Namen genannt und um ihre Für­bit­te gebe­ten noch die ande­ren unzäh­li­gen, deren Zahl nur Gott kennt, als „Alle Hei­li­gen“ ange­ru­fen und sol­len so, wie man es den  Erfin­dern des Novus Ordo wegen die­ses radi­ka­len Schnitts unter­stel­len muss, schlicht ver­ges­sen wer­den wie die Hl. Maria, Johan­nes den Täu­fer, die Apo­stel Petrus und Pau­lus und alle Hei­li­gen, die im klas­si­schen römi­schen Ritus ein­mal  im Sün­den­be­kennt­nis (Con­fi­teor) beim Stu­fen­ge­bet und vor dem Kom­mu­nion­emp­fang, im Gebet an die Hei­li­ge Drei­fal­tig­keit (sus­ci­pe, sanc­ta tri­ni­tas) in der Opfer­mes­se und im Kanon in den bei­den  Gebe­ten mit der Gemein­schaft der Hei­li­gen (Com­mu­ni­can­tes) mit ande­ren Hei­li­gen, nament­lich mit den ande­ren Apo­steln und wei­te­ren Hei­li­gen wie z.B. Cos­mas und Dami­an vor der Wand­lung und nach der Wand­lung mit ande­ren Hei­li­gen wie z.B. Feli­ci­tas und Per­pe­tua (Nobis quo­que) ange­ru­fen wer­den. Der Hl. Erz­engel Micha­el, wird im Sün­den­be­kennt­nis als Zeu­ge des Bekennt­nis­ses und Über­brin­ger der Für­bit­te  ange­ru­fen. Die­ses Bekennt­nis kann im Novus Ordo fakul­ta­tiv gebe­tet wer­den, was zur Fol­ge hat, dass es so gut wie nicht gebe­tet wird, und  der Name des  Hl. Erz­engel Micha­el in der moder­nen Kir­che nicht mehr zu hören ist, des Schutz­pa­trons Deutsch­lands, des­sen Namen noch etli­che Kir­chen tra­gen. Die Hei­li­gen sind damit dem Novus Ordo zum Opfer gefal­len, sie sind gleich­sam auf dem Altar des Öku­me­nis­mus  geop­fert wor­den und sind mitt­ler­wei­le  auch vom noch prak­ti­zie­ren­den Kir­chen­volk ver­ges­sen wor­den. Die Pro­te­stan­ti­sie­rer der Kir­che haben somit gründ­li­che Arbeit geleistet.

Das Ver­ges­sen­ma­chen der Hei­li­gen ist nur ein Schritt auf dem Weg zur pro­te­stan­ti­sier­ten Kir­che. Der näch­ste und ent­schei­den­de Schritt aber ist die Ent­hei­li­gung der Hei­li­gen. Sie wird der­zeit mit gro­ßem Eifer, aber ver­deckt betrie­ben. Ver­deckt, weil es dem noch prak­ti­zie­ren­den Kir­chen­volk ver­bor­gen bleibt. Wie soll­te es die­se auch  bemer­ken kön­nen, wo es doch  mit und von der Kir­che auf den öku­me­ni­sti­schen Pfad geschickt wor­den ist, der began­gen wer­den müs­se, um mög­lichst vie­le „mit­zu­neh­men“, gleich­sam als  Heil­mit­tel gegen den all­ge­mei­nen Glau­bens­ab­fall, und  in Furcht, dass der Ver­kün­di­gungs­auf­trag nur noch inner­halb einer immer klei­ner wer­den­den  Gemein­de wahr­ge­nom­men wür­de,  und um die Dis­kurs­fä­hig­keit der Kir­che mit den außer­halb von ihr Ste­hen­den zu erhal­ten, schließ­lich aber auch aus der berech­tig­ten Sor­ge, dass eine kon­ti­nu­ier­lich schrump­fen­de Kir­che kei­ne gesell­schaft­li­che Bedeu­tung mehr hat.

Kardinal John Fisher
Kar­di­nal John Fischer

Das der­zei­ti­ge kirch­li­che Pro­ce­de­re lehr­amt­li­che Aus­sa­gen zu rela­ti­vie­ren, indem man sie durch eine pasto­ra­le Pra­xis unter­mi­niert, die von  den Orts­bi­schö­fen und mit­un­ter auch von den Prie­stern nach eige­nem Gusto bestimmt wird, ist mit dem Lehr­schrei­ben  Amo­ris lae­ti­tia  von Rom exem­pla­risch abge­seg­net wor­den, indem die Aus­sa­gen über die Unauf­lös­lich­keit der Ehe  einer Inter­pre­ta­ti­ons­will­kür über­las­sen wer­den. Die Kir­che mit ihrem theo­lo­gi­schen Sach­ver­stand hat wohl eine schwer­wie­gen­de Kon­se­quenz der Rela­ti­vie­rung lehr­amt­li­cher Aus­sa­gen ein­kal­ku­liert, die in dem Sach­ver­halt von Amo­ris lae­ti­tia mit den ein­fa­chen Fra­gen offen­kun­dig wird: Wofür sind die Hei­li­gen Tho­mas Morus, Lord­kanz­ler von König Hein­rich VIII  und John Fischer, Bischof von Roche­ster den Mär­ty­rer­tod gestor­ben? Haben sie nach der gegen­wär­ti­gen Pra­xis eine fal­sche Leh­re ver­tre­ten, sind sie einer von der dama­li­gen Kir­che ver­brei­te­ten irr­tüm­li­chen Leh­re auf­ge­ses­sen? War ihr Tod dem­nach nur ein ver­meint­li­cher Mär­ty­rer­tod? Waren sie aus heu­ti­ger Sicht ein Opfer der dama­li­gen Umstän­de, ver­ständ­lich, aber unnö­tig? Die ande­ren aus Adel und Kle­rus, die den Eid auf den Act of  Suc­ce­s­si­on lei­ste­ten, der die Ehe Hein­rich VIII mit Anna Boleyn legi­ti­mier­te und die Auto­ri­tät des Pap­stes über die Kir­che in Eng­land zurück­wies, hat­ten  also nach der heu­ti­gen Pra­xis der Kir­che rich­tig gehan­delt. Für die­se Kir­che ver­lie­ren sol­che Hei­li­ge, die sie als Opfer ihrer Zeit sieht, kon­se­quen­ter Wei­se den Sta­tus des vor­bild­haf­ten Chri­sten, der sein Leben für den Glau­ben hin­ge­ge­ben hat. Nicht nur die­sen  Hei­li­gen nimmt die Kir­che ihre Hei­lig­keit, son­dern unge­zähl­ten Beken­nern und Mär­ty­rern, die sich nach der gegen­wär­ti­gen  Pra­xis ein­fach nur unklug ver­hiel­ten, weil sie  ihren  Glau­ben nicht ver­leug­ne­ten. Ver­mei­det die Kir­che eine kla­re Posi­ti­on zum Wahr­heits­ge­halt der bibli­schen Über­lie­fe­rung, ver­zich­tet sie somit auf den Wahr­heits­an­spruch und steht sie nicht fest zur lehr­amt­li­chen Tra­di­ti­on, über­lässt sie viel­mehr lehr­amt­li­che Aus­sa­gen dem Unge­wis­sen oder hält Distanz zu ihnen, wofür sich etli­che Zeug­nis­se katho­li­scher Theo­lo­gen und Hier­ar­chen fin­den las­sen,   gibt sie in letz­ter Kon­se­quenz die Gemein­schaft der Hei­li­gen und mit den Hei­li­gen auf. Sie ver­ab­schie­det sich dann auch von ihrem ekkle­sio­lo­gi­schen Selbst­ver­ständ­nis der Kir­che als mysti­schem Leib Christi.

Die Kir­che wür­de damit auch die machia­vel­li­sti­sche Wen­de  nach­voll­zie­hen, die die Per­spek­ti­ve des poli­ti­schen Han­delns ver­än­dert hat, das  sich  nach Machia­vel­li dar­an ori­en­tie­ren soll, wie der Mensch tat­säch­lich lebt und nicht dar­an, wie er leben soll, wäh­rend die  Per­spek­ti­ve der klas­si­schen poli­ti­schen Wis­sen­schaft  die Ver­voll­komm­nung des Men­schen im Blick hat, wie der Mensch leben soll. Dabei war der Blick der Kir­che bis­her immer auf das See­len­heil gerich­tet gegen­über der Poli­tik mit ihrer irdi­schen Sicht. So ori­en­tiert sich die pasto­ra­le Pra­xis an der Lebens­wirk­lich­keit und arran­giert sich mit ihr. In einer sol­chen Pra­xis haben die Hei­lig­keit und die Hei­li­gen kei­nen Platz mehr; denn sie ste­hen an Abzwei­gun­gen des brei­ten Stroms der zur Norm erklär­ten Lebens­wirk­lich­keit, die zum See­len­heil, aber nicht zum größt­mög­li­chen Lebens­glück führen.

Äuße­re Zei­chen des Ver­ges­sen­ma­chens der  Hei­li­gen und ihre Ent­hei­li­gung sind auch der schlei­chen­de Iko­no­klas­mus der kirch­li­chen Innen­räu­me und die Archi­tek­tur moder­ner Kir­chen­bau­ten, die auf Ele­men­te ver­zich­tet, die auf das Sakra­le des Kir­chen­rau­mes ver­wei­sen, dafür viel­mehr Ele­men­te gewöhn­li­cher, zweck­mä­ßi­ger Ver­samm­lungs­räu­me verwendet.

Dass  die Hei­li­gen kei­nen Platz mehr haben, ja nicht ein­mal ver­misst wer­den, weil sie schon ver­ges­sen sind, bezeugt die Namens­fin­dung „Pfar­re zur fro­hen Bot­schaft“ für eine neue Gemein­de, die kürz­lich in Wien aus vier bis­he­ri­gen instal­liert wurde.

Wie die Rela­ti­vie­rung des Lehr­amts das Glau­bens­zeug­nis der Hei­li­gen frag­wür­dig,  ja wert­los erschei­nen lässt, so kon­ta­mi­niert ein wert­lo­ses Glau­bens­zeug­nis den Glau­ben  selbst mit der Frag­wür­dig­keit, rela­ti­viert ihn und über­lässt ihn der Belie­big­keit der Sub­jek­ti­vi­tät und dem Sub­jekt sich eine Pri­vat­re­li­gi­on zurecht­zu­le­gen.  Dabei geht es nicht um die Wahr­heit, son­dern um die Funk­tio­na­li­tät.  Das Arran­ge­ment mit der Lebens­wirk­lich­keit, die machia­vel­li­sti­sche, d.h. selbst­re­fe­ren­ti­el­le Hal­tung nach dem Mot­to „ich bin eben so wie ich bin und möch­te nicht anders sein“ schließt das Stre­ben  nach der Ver­voll­komm­nung des Men­schen im Sin­ne einer Hei­li­gung  durch ein hei­lig­mä­ßi­ges Leben aus.  Wer­den die Hei­li­gen und die Hei­li­gung durch das Ver­ges­sen und die Ent­hei­li­gung aus dem Cor­pus der Kir­che genom­men, wird auch ein  tran­szen­den­ter Bezug der Reli­gi­on gekappt: Ver­ges­se­ne Hei­li­ge kön­nen nicht mehr ange­ru­fen wer­den, und Ent­hei­lig­te ruft man nicht an. Hei­li­gung und Hei­lig­keit sind  nur aus ihrer Pola­ri­tät mit der Sün­de und Schuld zu ver­ste­hen. Wer­den Sün­de und Schuld, mar­gi­na­li­siert, aus­ge­blen­det oder gar geleug­net, wer­den Umkehr und Buße hin­fäl­lig. Eine Hei­li­gung und Hei­li­ge sind dann nicht mehr exi­stent und wer­den  damit ent­hei­ligt.    Es bleibt eine von  zen­tra­len  Glau­bens­aus­sa­gen ent­kern­te Reli­gi­on übrig, Der natu­ra­li­stisch aus­ge­höhl­te Glau­be (Thiel)  kennt den  Weg zur Hei­li­gung nicht und ver­läuft sich nur noch im Irdischen.

Bild: Dio­ce­si Padova/​MiL (Screen­shots)

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