Papst applaudiert Scorseses Missionsfilm und distanziert sich von der Mission


Hinrichtung katholischer Missionare in Japan. Das Paradoxon eines Papstes, der sich innerhalb weniger Tage über Scorseses neuen Spielfilm über die Jesuitenmissionare des frühen 17. Jahrhunderts in Japan freut und gleichzeitig Bekehrungen, und damit die Mission an den Pranger stellt.
Hinrichtung katholischer Missionare in Japan. Das Paradoxon eines Papstes, der sich innerhalb weniger Tage über Scorseses neuen Spielfilm über die Jesuitenmissionare des frühen 17. Jahrhunderts in Japan freut und gleichzeitig Bekehrungen, und damit die Mission an den Pranger stellt.

(Rom) „Armer hei­li­ger Franz Xaver, so fixiert dar­auf, ‚Pro­se­ly­ten‘ zu machen.“ Die­se iro­ni­schen Wor­te wid­met der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster Papst Fran­zis­kus, der gestern beim Ange­lus erneut eine Breit­sei­te gegen das abge­feu­ert hat, was für ihn eine „schwar­ze Bestie“ ist, näm­lich die „Pro­se­ly­ten­ma­che­rei“. Nur weni­ge Tage zuvor, am 29. Novem­ber, hat­te Fran­zis­kus den ame­ri­ka­ni­schen Regis­seur Mar­tin Scor­se­se emp­fan­gen und sich über des­sen neue­sten Film erfreut gezeigt, der die dra­ma­ti­sche Geschich­te katho­li­scher Japan­mis­sio­na­re des frü­hen 17. Jahr­hun­derts erzählt. Ein Bericht dar­über, wie man es schafft, inner­halb einer Woche sich über die Mis­si­on gestern zu freu­en und die Mis­si­on heu­te an den Pran­ger zu stellen.

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Anlaß für die Audi­enz Scor­se­ses beim Papst war die Pre­mie­re sei­nes neu­en Kino­films „Silence“, die an kei­nem gerin­ge­ren Ort als dem Vati­kan statt­fand. „Silence“ schil­dert die Geschich­te der Kaku­re Kiris­hit­an, der „ver­bor­ge­nen Chri­sten“ Japans. Der hei­li­ge Franz Xaver und ande­re Jesui­ten­mis­sio­na­re hat­ten sie ab 1548 getauft. Obwohl das Mis­si­ons­werk kei­ne 40 Jah­re andau­ern konn­te, da ab 1587 eine eben­so radi­ka­le wie bru­ta­le Chri­sten­ver­fol­gung ein­setz­te, hat­te das mis­sio­na­ri­sche Wir­ken in der kur­zen Zeit so tie­fe Wur­zeln geschla­gen, daß die getauf­ten Japa­ner fast 300 Jah­re im Gehei­men und sogar ohne Prie­ster (die des Lan­des ver­wie­sen oder ermor­det wur­den) am katho­li­schen Glau­ben fest­hal­ten konn­ten. Als sich Japan 1856 wie­der der Außen­welt öff­ne­te und Chri­sten aus Euro­pa und den USA das Land betre­ten durf­ten, stie­ßen sie zu ihrem gro­ßen Stau­nen auf katho­li­sche Chri­sten im Land.

„Proselyti“ meint einfach die Hinzugekommenen

Soweit die histo­ri­schen Fak­ten. In Abwei­chung vom ursprüng­li­chen Rede­text sag­te Papst Fran­zis­kus gestern nach dem Ange­lus:

„Wenn ein Mis­sio­nar geht, wenn ein Christ geht, um Jesus zu ver­kün­di­gen, dann geht er nicht um Pro­se­ly­tis­mus zu betrei­ben, so als wäre er ein Fuß­ball­fan, der für sei­ne Mann­schaft mög­lichst vie­le Anhän­ger sucht. Nein, er geht ein­fach zu ver­kün­di­gen: ‚Das Reich Got­tes ist unter euch!‘ Und so berei­tet der Mis­sio­nar Jesus den Weg.“

Martin Scorsese wird von Franziskus empfangen
Mar­tin Scor­se­se wird von Fran­zis­kus empfangen

Papst Fran­zis­kus sprach ita­lie­nisch. Das Wort „pro­se­li­to“ ist in der ita­lie­ni­schen Spra­che, im Gegen­satz zum deut­schen Pro­se­lyt, in kei­ner Wei­se nega­tiv behaf­tet. Das grie­chi­sche Wort „pro­se­ly­tos“, kir­chen­la­tei­nisch „pro­se­ly­tus“ bedeu­tet ein­fach der „Hin­zu­ge­kom­me­ne“, der „Neu­be­kehr­te“. Wann der Begriff im Deut­schen einen abwer­ten­den Bei­geschmack bekam, sagt der Duden nicht, dürf­te aber jün­ge­ren Datums sein.

Abge­se­hen davon, so Magi­ster, „ist nicht bekannt, daß die katho­li­schen Mis­sio­na­re sich heu­te wie Fuß­ball­fans auf­füh­ren, wenn sie die Gebo­te des Auf­er­stan­de­nen Jesus in die Pra­xis umset­zen: ‚Dar­um geht zu allen Völ­kern und macht alle Men­schen zu mei­nen Jün­gern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Gei­stes, und lehrt sie, alles zu befol­gen, was ich euch gebo­ten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,19f).

Missionare führen sich nicht wie Fußballfans auf

„Erst recht unver­ständ­lich erscheint der päpst­li­che Tadel, da die Kir­che erst am Vor­tag, am 3. Dezem­ber, den Gedenk­tag des hei­li­gen Franz Xaver (1506–1552) began­gen hat. Franz Xaver war wie Jor­ge Mario Berg­o­glio ein Jesu­it und gehört zu den ersten Gefähr­ten des hei­li­gen Igna­ti­us von Loyo­la. Er wirk­te uner­müd­lich als Mis­sio­nar, er pre­dig­te, bekehr­te und tauf­te eine end­lo­se Schar von neu­en Jün­gern des christ­li­chen Glau­bens, eben Pro­se­ly­ten“, so Magi­ster. Er tauf­te die Neu­be­kehr­ten, die „Hin­zu­ge­kom­me­nen“, in Indi­en, auf den Moluk­ken, in Japan und schließ­lich in Chi­na, wo er starb.

„Die Viel­zahl der Bekehr­ten ist so groß, daß die Arme schmer­zen, weil sie soviel getauft haben, und ich kei­ne Stim­me und Kraft mehr habe, das Glau­bens­be­kennt­nis und die Gebo­te in ihrer Spra­che zu wiederholen.“

Angelus vom 4. Dezember 2016
Ange­lus vom 4. Dezem­ber 2016

Die­se Wor­te schrieb der Hei­li­ge selbst, der als Fran­cis­co Jas­so Azpi­li­cue­ta Aton­do y Azna­res, Señor de Javier, im König­reich Navar­ra gebo­ren wur­de und bas­ki­scher Abstam­mung war.

„Zeit­ge­nos­sen schät­zen, daß der hei­li­ge Jesu­it 500.000, wenn nicht sogar eine Mil­li­on tauf­te, „, so Magi­ster. 1619 wur­de er selig- und 1622 hei­lig­ge­spro­chen. 1748 erhob ihn Papst Bene­dikt XIV. zum Patron der Ost­mis­sio­nen, Pius XI. 1927 – gemein­sam mit der hei­li­gen The­re­se von Lisieux – zum Patron aller Missionen.

Hätte der heilige Franz Xaver befolgt, was Papst Franziskus empfiehlt …

„Doch nichts zu machen: Gera­de frisch aus den lit­ur­gi­schen Zele­bra­tio­nen die­ses sei­nes gro­ßen Mit­bru­ders zurück, hat­te Papst Berg­o­glio nichts Bes­se­res zu tun, als zum wie­der­hol­ten Mal eine fik­ti­ve Sün­de des ‚Pro­se­ly­ti­mus‘ an den Pran­ger zu stel­len, anstatt der lau­en, zu lau­en Kir­che von heu­te, die außer­ge­wöhn­li­che mis­sio­na­ri­sche Hin­ga­be die­ses Hei­li­gen als Vor­bild zu emp­feh­len“, so Magister.

Hät­te sich der hei­li­ge Franz Xaver der „Pro­se­ly­ten­ma­che­rei“ ent­hal­ten, ein Begriff der in ande­ren Spra­chen nichts Abwer­ten­des ver­paßt bekom­men hat, als er 1548 Japan betrat, und es sei­ne Mit­brü­der eben­so getan hät­ten, gäbe es heu­te nicht ein­mal den Stoff für die Hand­lung des Spiel­films „Silence“ von Mar­tin Scor­se­se, über den sich Papst Fran­zis­kus so zufrie­den zeig­te. Der Film han­delt zur Gän­ze vom Dra­ma der dama­li­gen Jesui­ten­mis­sio­na­re, von ihrem mis­sio­na­ri­schen Eifer, von den Kon­ver­ti­ten, vom Fal­len und von den Mär­ty­rern in jener har­ten Zeit der Christenverfolgung.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Anto­nia­na (Screen­shot)

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