Oberster Gerichtshof Andalusiens stellt die Scharia über spanisches Recht und erkennt muslimische Polygamie an


Oberster Gerichtshof von Andalusien erkennt islamische Polygamie an
Oberster Gerichtshof von Andalusien erkennt islamische Polygamie an

(Madrid) Alle Betei­lig­ten der ver­wor­re­nen Geschich­te sind mus­li­mi­sche Marok­ka­ner. Eine ver­wor­re­ne Geschich­te oder ver­wirr­te Rich­ter? Dar­über wird der­zeit in Spa­ni­en hef­tig dis­ku­tiert. Streit­ge­gen­stand ist eine Wit­wen­ren­te. Der Ober­ste Gerichts­hof von Anda­lu­si­en fäll­te ein Urteil und erkann­te damit fak­tisch die Poly­ga­mie an.

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Eine Marok­ka­ne­rin, wir nen­nen sie Amur­ra, deren Mann, wir nen­nen ihn Baa­riq, 2012 ver­stor­ben ist, for­der­te die Aus­zah­lung einer Wit­wen­ren­te und bekam Recht. Aller­dings war Amur­ra nicht die ein­zi­ge Frau Baa­riqs. Der Marok­ka­ner war noch mit einer zwei­ten Frau, wir nen­nen sie Cha­fi­ka, ver­hei­ra­tet. Obwohl Poly­ga­mie in Spa­ni­en ver­bo­ten ist, erkann­te das anda­lu­si­sche Gericht die Ansprü­che der Zweit­frau an. Spa­ni­en muß den­noch nicht zwei Wit­wen­ren­ten aus­zah­len, weil Cha­fi­ka, Baa­riqs Erst­frau bereits 2005 ver­stor­ben ist. Es geht in der Fra­ge nicht ums Geld, son­dern um die Rechts­ord­nung. Gilt in Spa­ni­en euro­päi­sches Recht, das auf dem Römi­schen Recht grün­det, oder gilt isla­mi­sches Recht?

Baariq und Amurra waren nach spanischem Recht nie verheiratet

Als Baa­riq Amur­ra nach isla­mi­schem Ritus hei­ra­te­te, war er bereits mit Cha­fi­ka ver­hei­ra­tet, die damals noch am Leben war. Nach spa­ni­schem Recht ist eine Ehe­schlie­ßung zwi­schen Amur­ra und Baa­riq nie erfolgt und hät­te auch nie erfol­gen kön­nen, jeden­falls nicht vor dem Tod Cha­fik­as. Auch nach dem Tod der Erst­frau erfolg­te kei­ne Ehe­schlie­ßung mit Amur­ra nach spa­ni­schem Recht.

Der Tri­bu­nal Supe­ri­or de Justi­cia de Andalucà­a ist die höch­ste Gerichts­in­stanz der Auto­no­men Regi­on Anda­lu­si­en. Das 1989 errich­te­te Gerichts­hof ist Letzt­in­stanz in allen in Anda­lu­si­en begon­ne­ne Straf- und Zivil­ver­fah­ren, sofern nicht aus­drück­lich eine Zustän­dig­keit des spa­ni­schen Ober­sten Gerichts­hofs fest­ge­legt ist.

Der anda­lu­si­sche Ober­ste Gerichts­hof erkann­te mit sei­nem Urteil eine Ehe als gül­tig an, für die es kei­ne Rechts­grund­la­ge im spa­ni­schen Recht gibt. Die Ehe exi­stiert nur nach isla­mi­schem Recht, was bedeu­tet, daß die anda­lu­si­schen Höchst­rich­ter nicht nur die Scha­ria aner­kann­ten, son­dern die­se sogar über spa­ni­sches Recht stellten.

Die in Spa­ni­en straf­ba­re zwei­te Ehe wur­de in Nador, einer marok­ka­ni­schen Stadt 15 Kilo­me­ter süd­lich von Mel­il­la geschlossen.

Zuständige Stellen lehnten Anspruch Amurras ab

Amur­ras Antrag auf Aus­zah­lung einer Wit­wen­ren­te wur­de von allen zustän­di­gen Stel­len abge­lehnt, weil sie kei­nen Rechts­an­spruch gel­tend machen konn­te. Als sie dage­gen vor Gericht zog, lehn­te auch das Sozi­al­ge­richt ihre Kla­ge mit der Begrün­dung ab, daß „die Ehe der Antrag­stel­le­rin kei­ner­lei Grund­la­ge in der spa­ni­schen Rechts­ord­nung habe, da es sich um eine poly­ga­me Ehe han­delt, die ein Angriff gegen die spa­ni­sche Auf­fas­sung von der Ehe und der Wür­de der Frau dar­stellt, und die die Bestim­mun­gen der öffent­li­chen, spa­ni­schen Ord­nung mißachtet“.

Dage­gen leg­ten die Marok­ka­ne­rin Ein­spruch beim Ober­sten Gerichts­hof von Anda­lu­si­en ein, da sie Opfer einer „ein­deu­ti­gen Dis­kri­mi­nie­rung“ sei und ihrer „öko­no­mi­schen Ver­sor­gung“ beraubt werde.

Das Urteil der anda­lu­si­schen Höchst­rich­ter sorgt für hef­ti­ge Dis­kus­sio­nen. Sie erklär­ten, daß eine nich­ti­ge Ehe „nicht bedeu­tet, daß sie nicht exi­stiert“ habe. Die Wit­wen­ren­te sei der Marok­ka­ne­rin zuzu­spre­chen, weil ihre Ehe „nach marok­ka­ni­schem Recht recht­mä­ßig“ war.

Verwirrte Richter stellen islamisches Recht über spanisches

Die Rich­ter berie­fen sich auf ein bila­te­ra­les Abkom­men von 1979 zwi­schen Spa­ni­en und Marok­ko, das die Aus­zah­lung einer Wit­wen­ren­te vor­sieht, wenn Marok­ka­ner in Spa­ni­en gear­bei­tet und einen ent­spre­chen­den Anspruch erwor­ben haben. Die Hin­ter­blie­be­nen­ren­te ist zu glei­chen Tei­len auf jene auf­zu­tei­len, die Anspruch dar­auf haben. Das kön­nen nach marok­ka­ni­schem Recht auch meh­re­re Ehe­frau­en sein, da die Poly­ga­mie nach isla­mi­schem Recht erlaubt ist.

Das gilt für Marok­ko, nicht aber für Spa­ni­en. Das spa­ni­sche Zivil­recht schreibt vor, daß das per­sön­li­che Recht phy­si­scher Per­so­nen durch die Staats­an­ge­hö­rig­keit bestimmt wird. Die Antrag­stel­le­rin Amur­ra lebt jedoch nicht in Marok­ko, son­dern in Spa­ni­en und ist durch Ein­wan­de­rung spa­ni­sche Staats­bür­ge­rin gewor­den. Für sie gilt daher spa­ni­sches Recht, oder soll­te jeden­falls gel­ten. Die anda­lu­si­schen Höchst­rich­ter haben mit ihrem Urteil die Rechts­ord­nun­gen ver­mischt. Sie beru­fen sich auf das marok­ka­ni­sche Recht, für das sie kei­ne Zustän­dig­keit haben. In Wirk­lich­keit haben sie die Scha­ria anerkannt.

Kri­ti­ker spre­chen daher von einem Rechts­bruch, mit dem die Höchst­rich­ter das isla­mi­sche Recht über das spa­ni­sche Recht gestellt und im Wider­spruch zur spa­ni­schen Rechts­ord­nung die isla­mi­sche Poly­ga­mie in Spa­ni­en aner­kannt haben. Mit dem Urteil habe der Ober­ste Gerichts­hof von Anda­lu­si­en aktiv die Isla­mi­sie­rung Spa­ni­ens betrieben.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews/​Infovaticana (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. „Das spa­ni­sche Zivil­recht schreibt vor, daß das per­sön­li­che Recht phy­si­scher Per­so­nen durch die Staats­an­ge­hö­rig­keit bestimmt wird.“
    Das geht natür­lich letzt­end­lich auf die libe­ra­li­sti­sche Staats­idee Hob­bes zurück. Der Satz könn­te hin­ge­gen auch lau­ten: „Das spa­ni­sche Zivil­recht schreibt vor, daß das per­sön­li­che Recht phy­si­scher Per­so­nen durch die Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit bestimmt wird.“ Oder durch Zuge­hö­rig­keit zu einem son­sti­gen (Versicherungs-)Verbund, wie es Hans-Her­mann Hop­pe beschreibt. Das alles wäre noch kon­se­quent und kon­si­stent. Die aktu­el­le Vor­ge­hens­wei­se, will­kür­li­che Aus­nah­men und Bes­ser­stel­lun­gen für die Mus­li­men zu bewir­ken ist rechts­wid­rig und zudem brand­ge­fähr­lich. Und es zeigt eben auch, wie weit die Unter­wer­fung unter den sich ohne­hin zu Pri­vi­le­gi­en berech­tigt anse­hen­den Islam bereits gedie­hen ist. Ich sage es noch ein­mal: Das ist rechts­wid­rig und brandgefährlich.

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