Ein Heiliges Jahr ohne Ablaß: Das Jubeljahr, das keines sein wollte


8. Dezember 2015: Papst Franziskus öffnete am Fest Mariä Unbefleckte Empfängnis die Heilige Pforte der Peterskirche im Vatikan.
8. Dezember 2015: Papst Franziskus öffnete am Fest Mariä Unbefleckte Empfängnis die Heilige Pforte der Peterskirche im Vatikan.

von Rober­to de Mattei*

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Laut den am 12. Novem­ber von Msgr. Rino Fisi­chel­la [1]Kuri­en­erz­bi­schof Rino Fisi­chel­la ist seit 2010 Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Rates zur För­de­rung der Neue­van­ge­li­sie­rung, der Aus­lands­pres­se mit­ge­teil­ten Zah­len, wer­den bis zum Abschluß des Hei­li­gen Jah­res am kom­men­den Sonn­tag 21 Mil­lio­nen Pil­ger nach Rom gekom­men sein. Eine Mil­li­ar­de Men­schen wird die in der gan­zen Welt geöff­ne­ten Hei­li­gen Pfo­ten durch­schrit­ten haben. Laut den offi­zi­el­len Zah­len der Prä­fek­tur des Päpst­li­chen Hau­ses waren im Hei­li­gen Jahr 2000 32 Mil­lio­nen Men­schen nach Rom gekom­men. Der Rück­gang beträgt dem­nach mehr als 30 Prozent.

Daß es einen Ein­bruch gab, bestä­tigt die Schät­zung des renom­mier­ten ita­lie­ni­schen Sozi­al- und Wirt­schafts­for­schungs­in­sti­tuts Cen­sis, die am 21. Juli 2015 von La Repubbli­ca ver­öf­fent­licht wur­de und davon aus­ging, daß der Berg­o­glio-Effekt im Hei­li­gen Jahr 33 Mil­lio­nen Pil­ger und Tou­ri­sten nach Rom brin­gen werde.

Dem war aber nicht so. Der star­ke Rück­gang der Gläu­bi­gen deckt sich mit dem deut­li­chen Teil­neh­mer­rück­gang an den Gene­ral­au­di­en­zen im Lau­fe der drei­ein­halb Jah­re die­ses Pon­ti­fi­kats. Laut offi­zi­el­len Zah­len des Vati­kans nah­men 6.623.900 Men­schen 2013 in den ersten neun Mona­ten des Pon­ti­fi­kats dar­an  teil, 5.916.800 im gan­zen Jahr 2014 und 3.210.860 im gan­zen Jahr 2015.

Die wah­ren Früch­te des Jubel­jah­res wer­de man, so Msgr. Fisi­chel­la, in den kom­men­den Jah­ren sehen. Was aller­dings bedeu­tet, daß die­se Früch­te vor­erst nicht zu sehen sind. Und die Hei­li­gen Pfor­ten, durch die die  Mil­li­ar­de Men­schen, über die gan­ze Welt ver­streu­te Kir­chen betre­ten hat, wären in jedem Fall durch­schrit­ten wor­den und brin­gen daher für Rom als dem eigent­lich Ort des Jubel­jah­res kei­nen Mehrwert.

Unab­hän­gig von den Zah­len soll­te das Hei­li­ge Jahr jedoch in erster Linie ein geist­li­ches Ereig­nis sein, das dank der Indul­genz, also dem Ablass (Nach­lass) der zeit­li­chen Sün­den­stra­fen, die Gele­gen­heit bie­tet, das Leben zu ändern. Johan­nes Paul II. erklär­te aus­führ­lich in sei­nem Schrei­ben, mit dem er das Hei­lig Jahr 2000 ver­kün­de­te, die enge Bin­dung des Ablas­ses an das Sakra­ment der Beich­te. Durch die Reue und das Beken­nen der eige­nen Sün­den erhält der Sün­der die Los­spre­chung und kann die Hei­li­ge Eucha­ri­stie empfangen.

Wenn aber nur von Ver­ge­bung und Barm­her­zig­keit die Rede ist, könn­ten wir ver­an­laßt sein, zu glau­ben, es genü­ge, auch ohne Beich­te die Hei­li­ge Pfor­te zu durch­schrei­ten, um die Ver­ge­bung der Sün­den zu erlangen.

War­um wur­de in die­sem Jahr so viel über die Barm­her­zig­keit, aber nie über den Ablaß gespro­chen? Weil das die Posi­ti­on Luthers war. An des­sen Rebel­li­on vor 500 Jah­ren gegen die Kir­che gedach­te Papst Berg­o­glio in Lund. Die berühm­ten 95 The­sen, die Luther am 31. Okto­ber 1517 an die Kir­chen­tür in Wit­ten­berg gena­gelt haben soll, leug­nen den Wert der Indul­genz und jedes Ver­dienst und jedes gute Werk. Das Hei­li­ge Jahr der Barm­her­zig­keit, des­sen Ende naht, war daher das erst Jubel­jahr der Geschich­te, in dem nicht über Abläs­se gespro­chen wur­de. Ein Jubel­jahr also, das gar kein Jubel­jahr sein wollte.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt erschie­nen: Vica­rio di Cri­sto. Il pri­ma­to di Pie­tro tra nor­ma­li­tà  ed ecce­zio­ne (Stell­ver­tre­ter Chri­sti. Der Pri­mat des Petrus zwi­schen Nor­ma­li­tät und Aus­nah­me), Vero­na 2013; in deut­scher Über­set­zung zuletzt: Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil – eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, Rup­picht­eroth 2011. Die Zwi­schen­ti­tel stam­men von der Redaktion.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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1 Kuri­en­erz­bi­schof Rino Fisi­chel­la ist seit 2010 Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Rates zur För­de­rung der Neuevangelisierung,
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Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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12 Kommentare

  1. Es konn­te über­haupt kein Ablass gewon­nen wer­den. Der Papst hat zwar beson­de­re Abläs­se im Schrei­ben vom 1. od. 2. Sept. 2015 genannt/​angekündigt, ein ent­spre­chen­des Dekret der hl. Pöni­ten­tia­rie wur­de dann aber nie promulgiert.

  2. Beich­te und Ablass, die zen­tra­len Gna­den­ak­te der Kir­che, in denen sich Got­tes Barm­her­zig­keit dem Men­schen gegen­über ereig­net, ver­kom­men im „Hei­li­gen Jahr der Barm­her­zig­keit 2016“ zu ent­behr­li­chen Neben­pro­duk­ten. Man sieht, in welch erschrecken­dem Aus­maß sich Rom unter Berg­o­glio bereits pro­te­sta­ni­siert hat.

  3. Weder AL noch Barm­her­zig­keits­jahr haben etwas bewirkt. Die Kir­chen­be­su­che sind wei­ter gesun­ken, von den WvGs sind nicht mehr gekom­men. Ande­re Kon­fes­sio­nen, bei denen sich andau­ernd ent­schul­digt wird, dan­ken es nicht. Nur der Bei­fall der Kir­chen­fein­de ist eini­ger­ma­ßen kon­stant geblie­ben. Jetzt kommt sogar Kri­tik von den­sel­ben („Unter­wer­fung“). Der Miser­i­cor­dis­mus ist ein Kata­ly­sa­tor der Auflösung.

  4. Ich glau­be mich erin­nern zu kön­nen, dass es doch eine Art Ablass gege­ben hat. Oder täu­sche ich mich da?
    Falls nicht, wür­de das die Lee­re und Ober­fläch­lich­keit die­ses angeb­li­chen „Jubel“-Jahres unterstreichen.
    Denn es wur­de oft genug das Wort Barm­her­zig­keit stra­pa­ziert, ohne etwa auf die Beich­te, das ver­ges­se­ne Sakra­ment, hin­zu­wei­sen. Immer nur Barm­her­zig­keit im Sin­ne von Wohl­tä­tig­keit und mit der Behaup­tung, dass Gott doch sowie­so all­barm­her­zig sei, jede Sün­de ohne Reue ver­ge­ben wür­de. Und dazu Ehe­bre­cher die durch die wir­ren Aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus zum Anspruch des Kom­mu­nion­emp­fangs ver­lei­tet sahen.
    Ich fin­de es niveau­los, dass der angeb­li­che The­sen-Anschlag Mar­tin Luthers als „legen­där“ bezeich­net wird, wenn auch an ande­rer media­ler Stel­le behaup­tet. Da wun­dert man sich, wie­so so oft der Begriff Lügen­pres­se oder Lügen­me­di­en gebraucht wird.
    Mit dem Wort „Anschlag“ wird ver­sucht, Luther ein Stück Hel­den­haf­tig­keit zu ver­lei­hen. Obwohl nicht ein­mal sicher ist, dass er dazu Ham­mer und Nägel benutzt hat.
    Falls doch wür­de ich es anders deu­ten. Waren es nicht auch Ham­mer und Nägel die Jesus den Tod brachten?

    • Und mit dem Ende das Jah­res der Barm­her­zig­keit wer­den dann wohl die zeit­gei­stig moder­nen Pfor­ten der Barm­her­zig­keit ver­schwin­den, die ja an man­chem Orte als Aus­druck für die Unter­stüt­zung der Flücht­lings­po­li­tik a la Ange­la Mer­kel zweck­ent­frem­det wur­den. Also wenn man in die Kir­che geht, dann soll­te einem gleich vor­weg ein schlech­tes Gewis­sen vor Augen geführt wer­den, falls man nicht schon auf den zeit­gei­sti­gen Mei­nungs­zug auf­ge­sprun­gen war.

    • In dem Sep­tem­ber­brief hat der Papst Abläs­se genannt, aber es kam nie ein ent­spre­chen­des Dekret der Hl. Pönitentiarie.

      • Ver­ste­he. Dann gab es also wirk­lich kei­nen Ablass, der sich spe­zi­ell auf das Jahr der Barm­her­zig­keit bezo­gen hat.

  5. Wenn hier „Miser­i­cor­dis­mus (…) ein Kata­ly­sa­tor der Auf­lö­sung“ genannt wird, dann ist das Zen­trum des Evan­ge­li­ums in der katho­li­schen Kir­che längst ver­lo­ren gegan­gen. Mich schau­dert die Unbarm­her­zig­keit der Kom­men­tar­schrei­ber. An was wol­len sie denn fest­hal­ten? Ja, ein Papst­wort zählt für sie nur dann, wenn es in ihre reak­tio­nä­re, flücht­lings­feind­li­che, über­heb­li­che Hal­tung passt. Herr, ver­gib ihnen, denn sie wis­sen nicht, dass sie in ihrer Hart­her­zig­keit die katho­li­sche Kir­che ent­ker­nen, das Geheim­nis des Glau­bens in den Schmutz ziehen.

    • eine frau, da machen sie es sich viel zu einfach.

      Schau­en sie, Papst­amt ist Papst­amt, aber die katho­li­sche Glau­bens­leh­re ist die katho­li­sche Glau­bens­leh­re. Der Papst ist nicht unfehl­bar, wenn er für alle offen­sicht­lich die Bot­schaft des Evan­ge­li­ums gegen seich­ten Huma­nis­mus aus­zu­tau­schen versucht.
      Und Papst­wör­ter zum Fest­hal­ten? War­um und wofür? Wenn Ihnen jemand einen Unsinn erzählt, stel­len sie den doch auch in Fra­ge, oder?!

      Ken­nen Sie die Hei­li­ge Schrift? Dar­in gibt es mehr als genug zum dar­an „Fest­hal­ten“.

      Und fal­len sie nicht dar­auf her­ein, dass der Papst so tut, als wären alle Flücht­lin­ge tat­säch­lich wel­che! Es hat sich längst her­aus­ge­stellt, dass nur 20–33%, also maxi­mal ein Drit­tel der ange­kom­me­nen angeb­li­chen Syri­en-Flücht­lin­ge, wirk­lich wel­che waren. Der Rest sind Wirt­schafts­mi­gran­ten, absicht­lich haben sie den Pass weg­ge­wor­fen, dafür besit­zen sie ein sünd­teu­res Smart­phone und alle sind sie zwi­schen 20–30 Jah­re alt. Zum Dank ver­ge­wal­ti­gen sie zu Syl­ve­ster wehr­lo­se Frau­en. Ken­nen Sie die Pres­se­bil­der über Flücht­lin­ge und wis­sen Sie wie ein typi­scher Syrer eigent­lich aus­sieht? Wenn nicht, infor­mie­ren sie sich drin­gend, ehe sie die­ser gewal­ti­gen Medi­en­lü­ge wei­ter aufsitzen.

      Flücht­lings­feind­lich ist Papst Fran­zis­kus, denn Men­schen wie er(oder Mer­kel) haben durch ihre Aussagen(was Amts­miss­brauch gleich­kommt) dafür gesorgt, dass die wah­ren Flücht­lin­ge zu Hau­se geblie­ben sind in über­wie­gen­der Zahl.

      In Deutsch­land droht den ver­trie­be­nen Chri­sten Ver­fol­gung durch den Islam in Asy­lan­ten­hei­men, so sieht die Rea­li­tät aus. Außer­dem kön­nen die Deut­schen gar nicht für die Unter­brin­gung, Inte­gra­ti­on und ein fried­li­ches Zusam­men­le­ben zwi­schen Mos­lems und Chri­sten sorgen.
      Die müs­sen erst die gesetz­lich Asyl­UN­be­rech­tig­ten abschie­ben, aber auf­grund eines ewig lan­gen Bear­bei­tungsstaus und der in Deutsch­land qua­si nicht vor­han­de­nen Abschie­be­pra­xis blockie­ren Wirt­schafts­mi­gran­ten Platz und Raum für ech­te Flücht­lin­ge. Freun­den sie sich mit die­ser Rea­li­tät an. Jesus Chri­stus steht für die Wahrheit(er IST die Wahr­heit) und Gott mag Lügen nicht.
      Auch wenn die Wahr­heit für sie schwer zu fin­den sein mag.
      Und die katho­li­sche Kir­che ent­ker­nen, das macht schon Papst Fran­zis­kus, indem er die 10 Gebo­te nach und nach auf­hebt. Dazu müss­ten sie aber dar­an glau­ben, dass Glau­be und Lehr­amt nicht ver­än­dert wer­den können/​dürfen, um hier zur Wahr­heit zu gelangen.

  6. Wer bei der dbk​.de unter Hei­li­gem Jahr nach­schaut fin­det eine recht schö­ne Hand­rei­chung die als e‑book ein­seh­bar ist.
    Der ver­ant­wort­li­che Weih­bi­schof hat sich alle Mühe gege­ben das Sakra­ment der Beich­te und den Sinn des Ablaß­es mit den dazu­ge­hö­ri­gen Bedin­gun­gen dazulegen.
    Eini­ge Diö­ze­sen haben oder hat­ten eine eige­ne Home­page frei­ge­schal­tet. Beson­ders gut fand ich die Augs­bur­ger mit einer sehr über­sicht­li­chen Erklärung.

  7. Die Ueber­schrift koenn­te man belie­big ergaen­zen, der Papst der kein Papst sein will, die Kir­che dir nicht Katho­lisch sein will, Kle­ri­ker die ihren Stif­ter nicht wol­len und sofort !
    Am besten, „Laden“ schlie­ssen, Per­so­nal ent­pflich­ten, Kir­chen­steu­er auf­ge­ben und wie­der von vor­ne anfan­gen, will hei­ssen: das Mess­op­fer (ueber­lie­fer­ter Ritus) in das Zen­trum stel­len und die Gut­wil­li­gen zu Gebet und Nach­fol­ge zusammenrufen.
    Das aktu­el­le Gewu­sel und Gewursch­tel kotzt einen lang­sam nur noch an !

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