Konsistorium ohne Begegnung mit dem Papst: Meidet Franziskus Kardinäle wegen ihrer Fragen zu Amoris laetitia?


Am 19. November findet die Kreierung von 17 neuen Kardinälen statt, aber Papst Franziskus meidet eine Begegnung mit dem Kardinalskollegium. "Um nicht auf die Dubia der vier Kardinäle zu Amoris laetitia antworten zu müssen", vermutet der Vatikanist Marco Tosatti.
Am 19. November findet die Kreierung von 17 neuen Kardinälen statt, aber Papst Franziskus meidet eine Begegnung mit dem Kardinalskollegium. "Um nicht auf die Dubia der vier Kardinäle zu Amoris laetitia antworten zu müssen", vermutet der Vatikanist Marco Tosatti.

(Rom) Für kom­men­den Sams­tag, den 19. Novem­ber, hat Papst Fran­zis­kus ein Kon­si­sto­ri­um ein­be­ru­fen. Anlaß ist die Kre­ierung von 17 neu­en Kar­di­nä­le, deren Namen der Papst am 9. Okto­ber bekannt­ge­ge­ben hat­te. Es wird sich jedoch um ein „selt­sa­mes Kon­si­sto­ri­um“ han­deln, so der Vati­ka­nist Mar­co Tosatti. 

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Im Gegen­satz zu den bis­he­ri­gen Kon­si­sto­ri­en wird es kei­ne Begeg­nung des Pap­stes mit dem Kar­di­nals­kol­le­gi­um geben. Tosat­ti ver­mu­tet, daß Fran­zis­kus das Hei­li­ge Kol­le­gi­um mei­det, um nicht auf die Dubia von vier Kar­di­nä­le zu Amo­ris lae­ti­tia ant­wor­ten zu müssen?

Konsistorium 2016: Eine „ungewöhnliche Anomalie“

Ein Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um ist immer ein beson­de­res Ereig­nis in der Geschich­te der Kir­che, beson­ders wenn neue Kar­di­nä­le kre­iert wer­den. Alle Kar­di­nä­le, denen es mög­lich ist, kom­men zu die­sem Anlaß nach Rom, um dem Ereig­nis einen fei­er­li­chen Rah­men zu ver­lei­hen. Die Kar­di­nä­le wer­den beru­fen, um dem Papst bei­zu­ste­hen und ihn in der Lei­tung der Kir­che zu bera­ten. Die sel­te­nen Begeg­nun­gen in so illu­strer Run­de wer­den zum Infor­ma­ti­ons- und Mei­nungs­aus­tausch genützt, und um aktu­el­le Fra­gen der Kir­che zu bespre­chen. So hielt es auch Papst Fran­zis­kus – zumin­dest bisher.

2014 ver­brach­ten die Kar­di­nä­le zwei Tage, den 20. und 21. Febru­ar mit dem Papst, bevor er den neu­en Kar­di­nä­len am 22. Febru­ar das Kar­di­nals­pur­pur ver­lieh und zusam­men mit die­sen am 23. Febru­ar im Peters­dom eine Hei­li­ge Mes­se zele­brier­te. Genau­so geschah es 2015. Den 12. und 13. Febru­ar ver­sam­mel­te Fran­zis­kus die Kar­di­nä­le um sich und am 14. fand die offi­zi­el­le Kar­di­nals­er­he­bung statt, am 15. die Hei­li­ge Messe.

2016 ist plötz­lich alles anders. Das offi­zi­el­le Pro­gramm sieht nur am 19. Novem­ber um 11 Uhr die Kar­di­nals­kre­ierung vor und die tra­di­tio­nell am näch­sten Tag zele­brier­te Hei­li­ge Mes­se im Peters­dom. Am Sams­tag­nach­mit­tag sind zwi­schen 16.30 Uhr und 18.30 Uhr „Höf­lich­keits­be­su­che“ angesetzt.

„Dabei sind wir am Ende eines Hei­li­gen Jah­res, das vom Papst so sehr gewünscht wur­de. Wel­che bes­se­re Gele­gen­heit könn­te es geben, um vor den Kar­di­nä­len, sei­nen Bera­tern, über ein wich­ti­ges The­ma wie die Barm­her­zig­keit zu spre­chen?“, so Tosat­ti. Für die­se „unge­wöhn­li­che Anoma­lie“ (Tosat­ti) liegt bis­her kei­ne offi­zi­el­le Erklä­rung vor.

Konsistorium 2014 war Auftakt für Kasper-Thesen

Am 20. Febru­ar 2014 hat­te Papst Fran­zis­kus Kar­di­nal Wal­ter Kas­per damit beauf­tragt, das Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um mit einer Rede zu begin­nen. Sie wur­de zur offi­zi­el­len Initi­al­zün­dung, die katho­li­sche Ehe- und Moral­leh­re in Fra­ge zu stel­len. Im Kar­di­nals­kol­le­gi­um rumor­te es wegen der Rede, sodaß am Mor­gen des 21. Febru­ar Fran­zis­kus per­sön­lich vor das Kon­si­sto­ri­um trat, um Kas­per über­schweng­lich zu loben: „Dan­ke, dan­ke“, wie­der­hol­te der Papst und sprach davon, daß Kas­per eine „Theo­lo­gie auf den Knien“ betrei­be. Kas­pers Vor­ga­be über­schat­te­te die Dop­pel­syn­ode von 2014 und 2015 über die Familie.

Zwei­ein­halb Jah­re spä­ter sieht die Lage ganz anders aus. Trotz Kas­pers Rede, trotz zwei­er Bischofs­syn­oden und trotz des nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia kön­nen beträcht­li­che Tei­le der Kir­che trotz aller Anstren­gung den angeb­li­chen „Schrei des Vol­kes“ nicht hören, den Papst Fran­zis­kus hören will. Jeden­falls sprach er davon in sei­ner Eröff­nungs­re­de der Bischofs­syn­ode 2014.

Dubia erlauben weder Schlupflöcher noch Fehler

Ganz im Gegen­teil: Vier Kar­di­nä­le haben am 19. Sep­tem­ber bei der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on einen offi­zi­el­len Ein­spruch gegen Amo­ris lae­ti­tia ein­ge­bracht. Sie haben fünf Fra­gen for­mu­liert, deren Beant­wor­tung Fran­zis­kus seit­her ver­wei­gert. Am ver­gan­ge­nen Mon­tag, dem 14. Novem­ber gin­gen die vier Kar­di­nä­le daher an die Öffentlichkeit.

Das Schrei­ben die­ser Pur­pur­trä­ger ist „pein­lich“ für den Papst, obwohl die dar­in for­mu­lier­ten Fra­gen schlicht und ein­fach sind.„Peinlich“, weil von ihm Klar­heit ver­langt wird, wo er offen­sicht­lich die Unklar­heit bewußt vorzieht.

Inzwi­schen steht fest, daß Papst Fran­zis­kus nicht ant­wor­ten will auf Fra­gen, die nach dem kla­ren theo­lo­gi­schen Sche­ma der Dubia for­mu­liert sind, „die kei­ne Schlupf­lö­cher, aber auch kei­ne Feh­ler erlau­ben“, so Tosatti.

Es ist sehr wahr­schein­lich, daß sich die Fra­ge der Dubia im Lau­fe einer Begeg­nung mit dem Kar­di­nals­kol­le­gi­um gestellt hät­te. Nicht nur durch einen der Unter­zeich­ner, son­dern wahr­schein­lich auch durch ande­re Pur­pur­trä­ger, die ein klä­ren­des Wort des Pap­stes wünschen.

„Genau aus die­sem Grund“, so Tosat­tis „Hypo­the­se“, „ist beim Kon­si­sto­ri­um am Sams­tag kei­ne kol­le­gia­le Begeg­nung mit den Pur­pur­trä­gern vor­ge­se­hen. Es hät­te zu wirk­lich pein­li­chen Aus­wir­kun­gen für den Papst kom­men kön­nen. So hat er es vorgezogen …“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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