Martin Luthers Einzug im Vatikan – Chronologie der lutherisch-katholischen Annäherung seit 2013


Papst Franziskus mit Martin Luther
Papst Franziskus mit Martin Luther: "Schwamm-drüber"-Ökumene?

(Rom) Eine Sta­tue Mar­tin Luthers im Vati­kan, wo sonst Chri­stus- und Mari­en­fi­gu­ren und Hei­li­gen­dar­stel­lun­gen ste­hen, Kar­di­nä­le, die erklä­ren: „Luther hat­te recht“ und „Katho­li­ken kön­nen von Luther ler­nen“, ein gemein­sa­mes Refor­ma­ti­ons-Geden­ken mit Betei­li­gung des Pap­stes, obwohl der Glau­bens­prä­fekt der katho­li­schen Kir­che, Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler mein­te, 500 Jah­re Refor­ma­ti­on sei­en „für Katho­li­ken kein Grund zum Fei­ern“, kryp­ti­sche Aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus zur Fra­ge der Inter­kom­mu­ni­on. Vie­le Anzei­chen spre­chen dafür, daß es höch­ste katho­li­sche Ver­tre­ter drängt, einen Schluß­strich unter 500 Jah­re Luther-Pro­test zu ziehen. 

Anzei­ge

Am lieb­sten, zumin­dest könn­te man einen sol­chen Ein­druck gewin­nen, wür­de man den 1546 gestor­be­nen säch­si­schen Hitz­kopf in einem Son­der­spe­zi­al­ver­fah­ren durch Hei­lig­spre­chung ver­ein­nah­men. Dem steht die Exkom­mu­ni­ka­ti­on Luthers durch Papst Leo X. ent­ge­gen und die Ver­ur­tei­lung von zen­tra­len The­sen Luthers durch das Kon­zil von Tri­ent, die damit dog­ma­ti­schen, das heißt defi­ni­ti­ven Cha­rak­ter hat.

Die Luther­ma­nie scheint viel ver­ges­sen zu las­sen, etwa Luthers Lebens­wan­del, sei­nen maß­lo­sen Grö­ßen­wahn, sei­ne gren­zen­lo­se Selbst­über­schät­zung, sei­nen Unge­hor­sam, sein Sich-Auf­spie­len über sei­nen Orden, dem er sich durch Gelüb­de ver­pflich­tet hat­te, über das Kon­zil, über den Papst, über sein Prie­ster­tum, über die Tra­di­ti­on und sogar über die Hei­li­ge Schrift. Er ver­kün­de­te zwar sein „sola scrip­tu­ra“, doch ganz ernst mein­te er es damit nicht. Er warf selbst­herr­lich gan­ze Bücher und Apo­stel­brie­fe aus der Bibel, die ihm nicht in sein Kon­zept paß­ten, tadel­te sogar den Apo­stel­für­sten Pau­lus und wider­sprach selbst Aus­sa­gen von Jesus Chri­stus, wenn sie sei­nen Auf­fas­sun­gen im Weg stan­den. Luther postu­lier­te zwar sei­ne „Sola“-Grundsätze, doch das „sola fide“ (allein durch Glau­ben) war Luthers eigen­mäch­ti­ge Bibel­fäl­schung. Über allen und allem stand letzt­lich nur ein Grund­satz: „solo Luthe­re“ (allein durch Luther).

Doch das alles, sein Stolz, sein Hoch­mut, sei­ne Irr­leh­ren, sein selbst­ge­ba­stel­tes Kir­chen­ver­ständ­nis, sein Kahl­schlag der Sakra­men­te, von denen er statt der sie­ben nur mehr andert­halb übri­gließ, scheint ver­ges­sen, als wäre es Schnee von gestern. Als wür­de die luthe­ri­sche Kir­che von heu­te nicht auf die­ses, wenn auch im Rela­ti­vis­mus ver­blas­sen­de Erbe behar­ren. Ver­ges­sen schei­nen alle histo­ri­schen Fol­gen, die tie­fe Spal­tung des deut­schen Vol­kes, die Spal­tung des Abend­lan­des, der schreck­li­che Bru­der­krieg, der Gna­den­stoß für das römisch-deut­sche Reich, die Ent­glei­sung der deut­schen Geschich­te, die sich nur mehr auf Not­ge­lei­sen fort­be­we­gen konnte.

Chronologie der lutherisch-katholischen Annäherung seit 2013

Ein kur­ze und unvoll­stän­di­ge Chro­no­lo­gie der katho­lisch-luthe­ri­schen Annä­he­run­gen seit 2013.

Aus­gangs­punkt (2016):
Katho­li­sche Kir­che: 1,3 Mil­li­ar­den Katholiken
Luthe­ri­scher Welt­bund: 70 Mil­lio­nen Lutheraner

Stärk­ste Reli­gi­ons­ge­mein­schaft sind die Luthe­ra­ner heu­te in Däne­mark, Nor­we­gen, Schwe­den, Finn­land, Island, Lett­land und Namibia.

 17. Juni 2013 – „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“

Wäh­rend einer Tagung des Luthe­ri­schen Welt­bun­des wird ein „Stu­di­en­do­ku­ment“ der Luthe­ri­sch/­Rö­misch-katho­li­schen Kom­mis­si­on für die Ein­heit des Luthe­ri­schen Welt­bun­des und des Päpst­li­chen Rats zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten vor­ge­stellt. Es trägt den Titel: „Vom Kon­flikt zur Gemein­schaft“. Auf 90 Sei­ten wird die Idee aus­ge­brei­tet, im Jahr 2017 gemein­sam „500 Jah­re Refor­ma­ti­on“ zu fei­ern. Nicht die Kir­chen­spal­tung sol­le gefei­ert wer­den, son­dern die „theo­lo­gi­schen Ein­sich­ten“ der „Refor­ma­to­ren“ und die Ant­wor­ten, die das Kon­zil von Tri­ent dar­auf gab, denn es gehe im heu­ti­gen „öku­me­ni­schen Zeit­al­ter“ nicht mehr um Tren­nen­des, son­dern Gemein­sa­mes. Die inhalt­li­chen Fra­gen spie­len seit­her in den öffent­li­chen Aus­sa­gen aber eine erstaun­lich unbe­deu­ten­de Rol­le, weder die „Ein­sich­ten“ Luthers noch die Ant­wor­ten des Kon­zils von Tri­ent, des­sen Erwäh­nung selbst in man­chen katho­li­schen Krei­sen ver­pönt ist.

2. Januar 2015 – Kardinal Marx: Katholiken können von Luther lernen

Das Lutherbild von Kardinal Marx
Das Luther­bild von Kar­di­nal Marx

Kar­di­nal Rein­hard Marx, Erz­bi­schof von Mün­chen-Frei­sing, Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Vor­sit­zen­der der Kom­mis­si­on der Bischofs­kon­fe­ren­zen der EU (COMECE) und Mit­glied des C9-Kar­di­nals­ra­tes ist ein wich­ti­ger Mann in der katho­li­schen Kir­che. In einem Bei­trag für die Zei­tung „Poli­tik & Kul­tur“ des Deut­schen Kul­tur­ra­tes streut er der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Kir­che mit Blick auf das Luther-Jahr 2017 Blu­men, indem er Mar­tin Luther „exkul­piert“.

Mar­tin Luther habe „nicht die Spal­tung der Kir­che ange­zielt“, son­dern „woll­te mit sei­nen Reform­be­stre­bun­gen“ nur „auf Miss­stän­de auf­merk­sam machen, die die Bot­schaft des Evan­ge­li­ums ver­dun­kel­ten“. Nach einem hal­ben Jahr­hun­dert des „gemein­sa­men öku­me­ni­schen Dia­logs“ sei es auch für Katho­li­ken mög­lich, Luther „mit Aner­ken­nung zu lesen und von sei­nen Gedan­ken zu ler­nen“. Die­se Ent­wick­lung sei „nicht hoch genug zu schätzen“.

Zugleich ver­teilt der Kar­di­nal Ohr­fei­gen an die Katho­li­ken der ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­te, deren „Bild des Wit­ten­ber­ger Refor­ma­tors“ nur durch „Ver­ur­tei­lun­gen und Pole­mi­ken“ gekenn­zeich­net gewe­sen sei. Die „Luther­for­schung der letz­ten Jahr­zehn­te“ habe aber ein „Umden­ken“ gebracht.
Wor­in die Unter­schie­de zwi­schen Luthers Leh­re und der Leh­re der Kir­che bestehen, sag­te der Kar­di­nal nicht. Die US-Sei­te Rora­te Cae­li kom­men­tiert den Marx-Arti­kel mit den Worten:

„Nun, von dem, was man jeden Tag liest, scheint es, dass der wich­ti­ge deut­sche Häre­si­arch selbst am Ende sei­nes Lebens immer noch ‚ortho­do­xer‘ war als ein guter Teil der heu­ti­gen deutsch­spra­chi­gen katho­li­schen Bischö­fe und Kle­ri­ker, die an über­haupt nichts zu glau­ben schei­nen. Viel­leicht ist es das, was der Kar­di­nal mit ‚von Luther ler­nen‘ meint?“

4. Mai 2015 – Antje Jackelen im Vatikan: „Gemeinsame ökumenische Feier in Lund“

Die Erz­bi­schö­fin der luthe­ri­schen Schwe­di­schen Kir­che, Ant­je Jackelen, Rats­mit­glied des Luthe­ri­schen Welt­bun­des (LWB) wird von Papst Fran­zis­kus in Audi­enz emp­fan­gen. Aus Anlaß des Besu­ches von Papst Johan­nes Paul II. vor 25 Jah­ren in Schwe­den sei eine „gemein­sa­me öku­me­ni­sche Ves­per in Lund“ geplant. Jackelen erin­nert an das „Stu­di­en­do­ku­ment“ von 2013: „Vom Kon­flikt zur Gemein­schaft – Gemein­sa­mes luthe­risch-katho­li­sches Refor­ma­ti­ons­ge­den­ken im Jahr 2017“. Gerüch­te tau­chen auf, Papst Fran­zis­kus könn­te am Refor­ma­ti­ons­ge­den­ken teilnehmen.

16. September 2015 – Martin-Luther-Park in Rom

Die römi­sche Stadt­ver­wal­tung benennt einen klei­nen Park in der Nähe des Kolos­se­ums nach Mar­tin Luther. Ein ver­spä­te­ter Dank für die wenig freund­li­che Beti­telung Roms durch Luther als „Hure Baby­lon“? Am Fest­akt nah­men Roms links­ka­tho­li­scher Bür­ger­mei­ster Igna­zio und ein offi­zi­el­ler Ver­tre­ter des Deut­schen Bun­des­ta­ges teil. Der Antrag zur Umbe­nen­nung war von den Luthe­ra­nern und den Adven­ti­sten gestellt worden.

15. November 2015 – Papst Franziskus besucht evangelisch-lutherische Kirche in Rom

Papst Franziskus und Pastor Kruse (Lutherkirche Rom)
Papst Fran­zis­kus und Pastor Kru­se (Luther­kir­che Rom)

Am 15. Novem­ber besucht Papst Fran­zis­kus die evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Kir­che von Rom. Auf die Fra­ge einer Luthe­ra­ne­rin, die mit einem Katho­li­ken ver­hei­ra­tet ist, ob und wann es zwi­schen Katho­li­ken und Luthe­ra­nern die Inter­kom­mu­ni­on geben wer­de, ant­wor­tet der Papst mit einem aus­gie­bi­gen Wort­schwall, der aber nichts erklärt, son­dern allen mög­li­chen Inter­pre­ta­tio­nen Tür und Tor öff­net. Mit wenig väter­li­cher Klar­heit sagt das Kir­chen­ober­haupt zuerst „Nein“, dar­auf „Jein“ und schließ­lich ein fak­ti­sches „Ja“. Um genau zu sein, sagt der Papst, es sei eine Ent­schei­dung des sub­jek­ti­ven Gewis­sens, wes­halb er „nie“ ein „Ja“ sagen wer­de, aber … (sie­he Nein, Jein, ent­schei­det selbst).

Damit nimmt er den „Lösungs­an­satz“ vor­weg, den er am 8. April im nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris Lae­ti­tia im Zusam­men­hang mit einer ande­ren die Kom­mu­ni­on betref­fen­den Fra­ge wie­der­ho­len wird. In der Fra­ge, ob wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen dür­fen, ver­weist er letzt­lich auf das Forum inter­num. Die inof­fi­zi­el­le Ergän­zung dazu, die als Papst-Anwei­sung im Raum steht, lau­te­te bereits Mona­te vor­her: Und wenn ein Prie­ster die Kom­mu­ni­on ver­wei­gert, dann sol­le man ein­fach zu einem ande­ren Prie­ster gehen. Ein ent­spre­chen­des Tele­fon­ge­spräch des Pap­stes mit einer Argen­ti­nie­rin wur­de nach sei­nem Bekannt­wer­den vom Vati­kan bestä­tigt, und der behaup­te­te Inhalt nie dementiert.

12. Januar 2016 – Gemeinsames Reformationsgedenken

Luthe­ri­scher Welt­bund und Päpst­li­cher Rat zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten geben zeit­gleich in Genf und Rom bekannt, daß sie Initia­to­ren eines gemein­sa­men Refor­ma­ti­ons­ge­den­kens am 31. Okto­ber 2016 im schwe­di­schen Lund sind. Die katho­li­schen Bischofs­kon­fe­ren­zen wer­den „ein­ge­la­den“, den „Leit­fa­den“ zur Vor­be­rei­tung des Geden­kens an Luthers Refor­ma­ti­on zu ver­wen­den, so Kar­di­nal Kurt Koch in Rom. Ziel sei es, „um Ver­ge­bung zu bit­ten und die Wun­den der Kir­chen­spal­tung hin­ter sich zu las­sen.“ Wie das abge­se­hen von der „Schwamm-drüber“-Methode gesche­hen soll, da die inhalt­li­chen Dif­fe­ren­zen blei­ben, die Luther unver­söhn­lich postu­lier­te, wird nicht gesagt.

19. Januar 2016 – Pastor Kruse interpretiert Papst-Aussage

Das zustim­men­de Nicken der Zuhö­rer­schaft und der kräf­ti­ge Applaus lie­ßen bereits am 15. Novem­ber 2015 erken­nen, wie das Publi­kum in der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Kir­che in Rom die Bot­schaft auf­faß­te. Jens-Mar­tin Kru­se, der Pastor an der römi­schen Luther-Kir­che, der Papst Fran­zis­kus damals emp­fan­gen hat­te, faßt die­sen Ein­druck in einem Inter­view mit der katho­li­schen Pres­se­agen­tur Zenit mit den Wor­ten zusammen:

„Der Papst hat jeden Gläu­bi­gen ein­ge­la­den, sei­ne Ver­ant­wor­tung vor Gott zu über­neh­men, um nach sei­nem Gewis­sen zu ent­schei­den, ob die gemein­sa­me Teil­nah­me an der Eucha­ri­stie zwi­schen Katho­li­ken und Pro­te­stan­ten mög­lich ist. Es gibt kei­ne theo­lo­gi­schen Grün­de, war­um dem nicht so sein könnte.“

Am sel­ben Tag wird eine luthe­ri­sche Dele­ga­ti­on aus Finn­land von Papst Fran­zis­kus in Audi­enz emp­fan­gen. Im Anschluß dar­an nah­men die Dele­ga­ti­ons­teil­neh­mer an einer im Peters­dom zele­brier­ten Hei­li­gen Mes­se teil. Obwohl die Zele­bran­ten wis­sen, wen sie vor sich haben, spen­den sie auch den Luthe­ra­nern, dar­un­ter der ultra­li­be­ra­len Bischö­fin Irja Asko­la, die Kom­mu­ni­on (sie­he Von den Wor­ten zu den Taten – Inter­kom­mu­ni­on für Luthe­ra­ner im Peters­dom).

20. Januar 2016 – Generalaudienz: Papst-Worte an die Protestanten

Am 20. Janu­ar spricht Papst Fran­zis­kus bei der Gene­ral­au­di­enz, an der die luthe­ri­sche Dele­ga­ti­on teil­nimmt, über die Öku­me­ne und sagt:

„Wir alle, Katho­li­ken, Ortho­do­xe und Pro­te­stan­ten, bil­den ein könig­li­ches Prie­ster­tum und ein hei­li­ges Volk“.

25. Januar 2016 – Papst Franziskus wird nach Lund reisen – „Neue ökumenische Liturgie“

Der Vati­kan gibt bekannt, daß Papst Fran­zis­kus am 31. Okto­ber in das schwe­di­sche Lund rei­sen wird, um gemein­sam mit dem Luthe­ri­schen Welt­bund (LWB) der 500 Jah­re Refor­ma­ti­on zu geden­ken. Das Datum ent­spricht dem 499. Jah­res­tag, an dem Luther zusam­men mit Schrei­ben 95 The­sen an den Bischof von Bran­den­burg und den Erz­bi­schof von Mainz und Mag­de­burg schick­te, was als „The­sen­an­schlag von Wit­ten­berg“ in die reich­hal­ti­ge pro­te­stan­ti­sche Legen­den­bil­dung um die Figur Luthers Ein­gang fand. Der LWB begeht zugleich den 70. Jah­res­tag sei­ner Grün­dung 1947 in der schwe­di­schen Stadt.

Fran­zis­kus, der amtie­ren­de LWB-Prä­si­dent Bischof Munib Youn­an sowie Gene­ral­se­kre­tär Mar­tin Jun­ge wer­den im Dom von Lund gemein­sam einen „öku­me­ni­schen Got­tes­dienst“ fei­ern, der sich nach der kürz­lich vor­ge­stell­ten öku­me­ni­schen „Com­mon Prayer“-Liturgie rich­ten wird. Zudem soll eine gemein­sa­me Kon­fe­renz katho­li­scher und luthe­ri­scher Kir­chen­lei­ter stattfinden.
Der Dom von Lund war von 1060–1536 Sitz eines katho­li­schen Bischofs. Seit 1537 ist er Sitz eines luthe­ri­schen Super­in­ten­den­ten und seit 1638 eines luthe­ri­schen Bischofs.

Ein Besuch der Katho­li­ken Schwe­dens ist nicht vorgesehen.

14. März 2016 – Kardinal Kaspers Buch über Martin Luther

Kardinal Kaspers Luther-Buch
Kar­di­nal Kas­pers Luther-Buch

Kar­di­nal Wal­ter Kas­per, der „Theo­lo­ge des Pap­stes“, legt das revi­sio­ni­sti­sche Buch „Mar­tin Luther. Eine öku­me­ni­sche Per­spek­ti­ve“ (Pat­mos) vor, das inzwi­schen in meh­re­ren Spra­chen erschie­nen ist. Dar­in gerät der ehe­ma­li­ge Vor­sit­zen­de des Päpst­li­chen Rates zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten ins Schwär­men für Mar­tin Luther. Er ver­tritt die The­se, daß Luther recht hat­te. Was im Umkehr­schluß bedeu­tet, daß die katho­li­sche Kir­che 1517/​1521 irr­te und bis heu­te irrt. Luther habe ver­geb­lich einen hals­star­ri­gen Papst zu über­zeu­gen ver­sucht und habe des­halb – nach­dem Rom „Luthers Auf­ruf zur Buße“ nicht ange­nom­men habe – in einem „Not­stand“ wider Wil­len eine neue Kir­chen­ord­nung („Not­ord­nung“) schaf­fen müs­sen. Anstatt „Buße“ zu tun, habe Rom mit einer „Ver­ur­tei­lung“ Luthers reagiert.

Im Klar­text: Luther war der katho­li­schen Kir­che, beson­ders Rom, mora­lisch weit über­le­gen und woll­te das Gute, wäh­rend die katho­li­sche Kir­che, gemeint ist beson­ders die Römi­sche Kurie, die in pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen als Feind­bild gilt, mora­lisch ver­wor­fen war und daher das Böse woll­te (und impli­zit nach die­ser Vor­stel­lung wohl immer noch will). Kein pro­te­stan­ti­scher Ver­tre­ter hät­te es pro­te­stan­ti­scher sagen können.

Damit nicht genug: Kar­di­nal Kas­per ent­fal­tet in sei­nem Buch noch wei­ter­ge­hen­de Geschichts­phan­ta­sien und stell­te Luther in eine Rei­he mit dem hei­li­gen Franz von Assi­si. Katho​li​sches​.info kom­men­tier­te damals:

„Luther also als zwei­ter Franz von Assi­si? Kas­pers Phan­ta­sie schei­nen kei­ne Gren­zen gesetzt. Spä­te­stens an die­ser Stel­le wird es aller­dings ärger­lich, selbst für den theo­lo­gisch und kir­chen­hi­sto­risch Unkun­di­gen. Den lebens­fro­hen, dem Essen und Trin­ken unmä­ßig frö­nen­den und ent­spre­chend fei­sten Luther kann man sich schwer­lich in der Gesell­schaft des in größ­ter Armut und Ent­halt­sam­keit, asze­tisch leben­den Franz von Assi­si vor­stel­len. Das für Luther als ‚Vor­läu­fer‘ weit zutref­fen­de­re Gegen­mo­dell zu Franz von Assi­si, näm­lich Petrus Val­des oder auch Jan Hus, erwähnt Kas­per nicht. Das locker-leicht auf­ge­türm­te Kar­ten­haus der Kas­per­schen Geschichts­dar­stel­lung wür­de anson­sten jäh in sich zusammenbrechen.“

25. März 2016 – Karfreitagspredigt im Petersdom: Luther „hat Wahrheit wieder ans Licht gebracht“

Wie gewohnt hält der Päpst­li­che Haus­pre­di­ger P. Ranie­ro Can­tal­am­es­sa OFMCap in Anwe­sen­heit des Pap­stes die Kar­frei­tags­pre­digt im Peters­dom. Dabei ver­kün­det er Erstaun­li­ches. Es sei das „Ver­dienst“ Mar­tin Luthers gewe­sen, die „Wahr­heit“ über die „Gerech­tig­keit Got­tes“ wie­der „ans Licht gebracht zu haben“. Vor Luther hät­te die Kir­che „jahr­hun­der­te­lang den Sinn dafür ver­lo­ren“ gehabt. Zugleich zitiert der päpst­li­che Haus­pre­di­ger Luthers spä­te­re Dar­stel­lung: „Da fühlt ich mich wie ganz und gar neu gebo­ren und durch offe­ne Tore trat ich in das Para­dies selbst ein“. Mit ande­ren Wor­ten sag­te Pater Can­tal­am­es­sa im Bei­sein des Pap­stes, daß Luther mehr „Wahr­heit“ besaß als die katho­li­sche Kir­che, und damit Luthers „Refor­ma­ti­on“ mehr als berech­tigt war, da die katho­li­sche Kir­che (hat­te das Luther nicht auch behaup­tet?) im Dun­keln getappt und sich auf Abwe­gen befun­den habe.

Bereits 2013 hat­te Can­tal­am­es­sa in sei­ner ersten Kar­frei­tags­pre­digt vor Papst Fran­zis­kus gefor­dert, „Trenn­wän­de“ zwi­schen den „ver­schie­de­nen christ­li­chen Kir­chen“ ein­zu­rei­ßen und „Über­bleib­sel der Ritua­le“ zu beseitigen.

7. Mai 2016 – Margot Käßmann: Papst Franziskus ein Reformator wie Luther

Der Osser­va­to­re Roma­no, die Tages­zei­tung des Pap­stes, ver­öf­fent­licht einen Kom­men­tar der offi­zi­el­len „Luther-Bot­schaf­te­rin“ Mar­got Käß­mann, ehe­ma­li­ge Rats­vor­sit­zen­de der Evan­ge­li­schen Kir­che Deutsch­lands (EKD), mit dem sie sich für die katho­li­schen „Blu­men“ für Luther bedankt und im Gegen­zug Papst Fran­zis­kus als „Refor­ma­tor so wie Mar­tin Luther“ bezeichnet.

1. Juni 2016 – Auch katholische Messe in Schweden

Im Tages­bul­le­tin gibt der Vati­kan bekannt, daß Papst Fran­zis­kus einen Tag län­ger als ursprüng­lich beab­sich­tigt in Schwe­den blei­ben wird. Das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt wird nicht nur am gemein­sa­men Refor­ma­ti­ons­ge­den­ken mit den Luthe­ra­nern teil­neh­men, son­dern auch die katho­li­sche Gemein­schaft des skan­di­na­vi­schen Lan­des besu­chen. Am 1. Novem­ber, dem Fest Aller­hei­li­gen, wird der Papst „mit der katho­li­schen Gemein­schaft“ die hei­li­ge Mes­se zele­brie­ren. Skan­di­na­vi­ens Katho­li­ken zeig­ten sich zuvor ent­täuscht, daß der Papst nur für das umstrit­te­ne Refor­ma­ti­ons­ge­den­ken ins Land kom­me, sie aber nicht besuche.

26. Juni 2016 – Papst Franziskus wiederholt Kaspers These: „Luther hatte recht“

Papst Fran­zis­kus wie­der­holt auf die Fra­ge eines ARD-Jour­na­li­sten die Skan­dal­the­se von Kar­di­nal Kas­per, daß Luther recht gehabt hät­te. Auf dem Rück­flug von Arme­ni­en sag­te das Kirchenoberhaupt:

„Heu­te sind wir Pro­te­stan­ten und Katho­li­ken uns einig über die Recht­fer­ti­gungs­leh­re: zu die­sem so wich­ti­gen Punkt lag er nicht falsch. Er mach­te eine Medi­zin für die Kir­che, dann hat sich die­se Medi­zin kon­so­li­diert, zu einer Dis­zi­plin, in eine Art, zu machen, zu glauben.“

Zuvor wie­der­hol­te Fran­zis­kus das gän­gi­ge Geschichts­kli­schee, daß Luther „pro­te­stiert“ habe, weil damals die Kir­che „nicht gera­de ein nach­ah­mens­wer­tes Vor­bild war: es gab Kor­rup­ti­on, Welt­lich­keit, Anhäng­lich­keit an Geld und Macht“. Der sozi­al­ro­man­ti­sche Ansatz streift besten­falls die histo­ri­schen Fak­ten und scheint wenig hilf­reich, die Grün­de zu ver­ste­hen, die Luther ange­trie­ben haben. Von evan­ge­lisch-luthe­ri­scher Sei­te wur­de „Freu­de“ über die­se Papst-Wor­te geäußert.

16. September 2016 – Kardinal Marx: Luther „ist eine bombastische Gestalt“

Kardinal Marx über Luther in Tutzing
Kar­di­nal Marx über Luther in Tutzing

Mit den histo­ri­schen Fak­ten schei­nen sich der­zeit maß­geb­li­che Kir­chen­ver­tre­ter in Bonn, Mün­chen und Rom nicht auf­hal­ten zu wol­len. Kar­di­nal Rein­hard Marx, der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, erklärt Luther auf einer gemein­sa­men Pres­se­kon­fe­renz mit dem amtie­ren­den EKD-Rats­vor­sit­zen­den Hein­rich Bedford-Strohm in Tutz­ing, ohne jeden iro­ni­schen Anflug zur „bom­ba­sti­schen Gestalt“. Unter­schie­de und Gegen­sät­ze zwi­schen luthe­ri­scher und katho­li­scher Leh­re bezeich­net Kar­di­nal Marx als „lan­ge geheg­te Vor­ur­tei­le“. Marx und Bedford-Strohm ver­kün­den das gemein­sa­me Ziel einer „ver­söhn­ten Ver­schie­den­heit“ ohne „ein­heit­li­che Organisation“.

13. Oktober 2016 – „Mit Luther zum Papst“

Papst Fran­zis­kus emp­fängt die Teil­neh­mer eines skur­ril anmu­ten­den „öku­me­ni­schen Pro­jek­tes“: „Mit Luther zum Papst“. Die­se gemein­sa­me Wall­fahrt von Katho­li­ken und Luthe­ra­nern wur­de in Zusam­men­ar­beit mit eini­gen Bischö­fen organisiert.
Der noch ganz mit­tel­al­ter­lich und vor allem nomi­na­li­stisch gepräg­te Luther besuch­te Rom nur ein ein­zi­ges Mal im Win­ter 1510/​1511 und war vom Rück­griff der Renais­sance auf die heid­ni­sche Anti­ke ent­setzt. Spä­ter fand er so wenig schmei­chel­haf­te Wor­te für Rom und das Papst­tum, daß es selbst sei­nen huma­ni­sti­schen Gesprächs­part­ner zu bunt wurde.
Die Teil­neh­mer von „Mit Luther zum Papst“ mach­ten ernst mit ihrem Mot­to und brach­ten eine rot­far­be­ne Luther-Sta­tue in den Vati­kan. „Wird Luther bald hei­lig­ge­spro­chen?“ frag­te daher die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Mes­sa in Lati­no.

Papst Fran­zis­kus sagt zu den Teilnehmern:

„Das, was uns eint, ist schon viel mehr als das, was uns trennt!“

14. Oktober 2016: Bundespräsident Gauck: „Luther hat eine welthistorische Leistung vollbracht“

Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck, selbst ehe­ma­li­ger evan­ge­li­scher Pastor, sagt in einem EPD-Inter­view:

„Luther hat eine welt­hi­sto­ri­sche Lei­stung vollbracht“

Bleibt die Fra­ge: Wel­che? Dazu Gauck: Luther habe einen „Epo­chen­wan­del hin zur Moder­ne ange­sto­ßen“. Und wei­ter: „So ein mit­tel­al­ter­lich geform­ter Christ, noch geprägt von der Furcht vor dem Teu­fel, ent­wickelt Schritt für Schritt eine Sicht auf den ein­zel­nen Men­schen, die mit einem gan­zen Welt­bild bricht. Das ist eigent­lich der Beginn der Moder­ne. Er rückt die Rol­le des Indi­vi­du­ums ins Zen­trum. Auch sei­ne Idee des Prie­ster­tums aller Gläu­bi­gen ist ein unglaub­li­cher Pro­test gegen eine Jahr­hun­der­te lang fest gefüg­te Insti­tu­ti­on und gegen kirch­li­che Obrig­keit. Er hat damit den Weg zur Idee der Wür­de jedes ein­zel­nen Men­schen gebahnt.“

Wie weit das Luther­bild des Bun­des­prä­si­den­ten den histo­ri­schen Fak­ten ent­spricht, oder einem von luthe­ri­scher Sei­te gepfleg­ten Wunsch­den­ken, sei dahin­ge­stellt. Der ehe­ma­li­ge Pastors weiß zumin­dest noch Gegen­sät­ze zu formulieren.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Radio Vatikan/​Reuters (Screen­shot)

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9 Kommentare

  1. Marx stell­te Luther als Vor­bild hin. – Ob Luther Marx auch so sehen wür­de, ist stark zu bezweifeln!

  2. Der seli­ge Papst Johan­nes Paul II. wür­dig­te schon bei sei­nem Deutsch­land­be­such im Novem­ber 1980 Mar­tin Luther als einen „Leh­rer im Glau­ben“. Bischof Karl Leh­mann griff die­se For­mu­lie­rung auf und ver­wen­de­te sie danach öfters.

  3. Mehr Ver­klä­rung geht nicht, als die die Luther in die­sen Zei­ten zuteil wird. Die Kir­chen­für­sten müs­sen das gläu­bi­ge Volk ja wirk­lich für außer­or­dent­lich dumm und naiv hal­ten, sonst wür­den sie ihnen nicht Mar­tin Luther als angeb­lich lobens­wer­tes Vor­bild hin­stel­len. Luther zu loben gehört ja in pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen zum guten Ton.

  4. „Vie­le Anzei­chen spre­chen dafür, daß es höch­ste katho­li­sche Ver­tre­ter drängt, einen Schluß­strich unter 500 Jah­re Luther-Pro­test zu ziehen.“
    Ja so wird es wohl sein. Am lieb­sten wür­den sie wohl Katha­ri­na von Bora als die Frau des Erlö­sers über die Mut­ter Got­tes stellen.
    Per Mari­am ad Christum.

  5. War­um so viel Häme gegen­über einem got­tes­fürch­ti­gen und treu­en Refor­ma­tor wie Mar­tin Luther. Wer weiss, wie lan­ge der Ablass­han­del der röm./kath.Kirche in der Form ohne das Ein­grei­fen Got­tes und der wahr­heits­u­chen­den See­le M. Luthers noch gedau­ert hät­te. Er hat die Bibel für das Volk über­setzt. Zum ersten Mal konn­ten die Men­schen selbst das ihnen von der röm.kath Kir­che vor­ent­hal­te­ne Wort Got­tes hören oder lesen. Das ist eine aner­ken­nens­wer­te und unschätz­ba­re Lei­stung, auch weil Luther die Spra­che hier­zu­lan­de refor­mier­te. Mutig, ent­schlos­sen und ohne Furcht trat er vor dem dama­li­gen „hohen Rat“ auf und bekann­te sich zu Gott. Er deck­te vie­les auf, was der röm./kath. Kir­che ein Dorn im Auge war und wohl immer noch ist. Ich zitie­re aus dem Gebet für die Bekeh­rung Deutsch­lands: -„Den­noch wur­de durch die pro­te­stan­ti­sche Irr­leh­re unser Volk im Glau­ben gespal­ten und hat an sei­ner gro­ßen Beru­fung in der Geschich­te des Heils gefre­velt. Uner­meß­li­che Demü­ti­gun­gen und Züch­ti­gun­gen haben uns daher heim­ge­sucht. Lügen­gei­ster und fal­sche Ido­le haben unser Land ver­führt. Schwer laste­te des­we­gen die Hand Got­tes auf uns“-.Zitatende. Selt­sam, war­um so ein doch recht „anti­kes“ Ansin­nen noch ganz aktu­ell oben auf­ge­führt ist. Sei s drum, Jesus hat gelehrt, dass wir dem Näch­sten von Her­zen ver­ge­ben und auch unse­re Fein­de lie­ben sollen.…

  6. Das kommt davon, wenn man Spiel­fil­me wie „Luther“ als histo­risch betrachtet.

    Nach der ersten über­lie­fer­ten Über­set­zung einer bibli­schen Schrift ins Deut­sche im Jah­re 748 ent­stan­den in den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten vie­le wei­te­re Über­set­zun­gen von Tei­len der Bibel. Ins­ge­samt sind etwa 70 deut­sche Über­set­zun­gen vor der Refor­ma­ti­on nach­weis­bar, dar­un­ter ver­schie­de­ne Evan­ge­li­en­har­mo­nien. (Nach der ersten über­lie­fer­ten Über­set­zung einer bibli­schen Schrift ins Deut­sche im Jah­re 748 ent­stan­den in den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten vie­le wei­te­re Über­set­zun­gen von Tei­len der Bibel. Ins­ge­samt sind etwa 70 deut­sche Über­set­zun­gen vor der Refor­ma­ti­on nach­weis­bar, dar­un­ter ver­schie­de­ne Evan­ge­li­en­har­mo­nien. (Quel­le Wikipedia)

    Luther ent­wickel­te in der Tat eige­ne Inter­pre­ta­tio­nen, die auf den Leh­ren der dama­li­gen Phi­lo­so­phie grün­de­te. Er über­setz­te sei­ne eige­ne Bibel, weil er durch
    Hin­zu­fü­gun­gen und Abän­de­run­gen „sei­ne Leh­re“ plau­si­bler machen konn­te. Das war
    zugleich der Ein­bruch in den Sub­jek­ti­vis­mus. Jeder legt sich die Bibel aus, wie es ihm ein­leuch­tet. (sub­jek­tiv) Und setzt sich damit als letzt­gül­ti­ge Auto­ri­tät am Schluß sogar über die Schrift selbst, mit der er letzt­lich dann frei han­tiert. Der Mensch rich­tet sich final nicht mehr nach der Schrift, son­dern er biegt sich die Schrift nach sei­nem Gut­dün­ken zurecht. Dabei sor­tiert er vor allem das aus, was ihm Mühe macht, oder für ihn unan­ge­nehm ist.

  7. Dabei hat er eini­ge Zir­kel­schlüs­se über­se­hen. So geht er unter Ande­rem von der völ­li­gen Ver­derbt­heit der mensch­li­chen Natur aus, wel­che von sich aus zu Nichts Gutem fähig sei, auf der ande­ren Sei­te traut er ihm bei die­ser Vor­aus­set­zung aber doch zu, die Hl.Schrift auf Anhieb und selbst rich­tig zu inter­pre­tie­ren. Wäh­rend in Wahr­heit Gott bereits der frü­hen Kir­che began­de­te Leh­rer zur Ent­fal­tung der bereits von den Apo­steln über­lie­fer­ten, und vor­han­de­nen Leh­re schenk­te, wel­che frü­he Glau­bens­sub­stanz­zer­stö­run­gen erfolg­reich abwehrten.

  8. Was treibt unse­re Kir­chen­für­sten eigent­lich an die Gestalt Luthers der­ar­tig zu ver­klä­ren und völ­lig an der Wirk­lich­keit vor­bei zu beurteilen?
    Es fehlt noch, dass sie von Luther sagen, wie bei den Pro­te­stan­ten üblich, die­ser sei ein Werk­zeug Got­tes um die Kir­che zu reformieren.

    Kurio­ser­wei­se hat Kar­di­nal Marx mit der Bezeich­nung bom­ba­stisch unge­wollt einen Voll­tref­fer gelan­det, das Adjek­tiv wird mit den Syn­ony­men: über­trie­ben viel Auf­wand auf­wei­send, schwül­stig; pom­pös im Duden ange­führt und ist im Gebrauch eher abwer­tend gemeint.

    Wirk­lich unge­heu­er ist, den arm­se­li­gen Luther wider bes­se­ren Wis­sens über­schwäng­lich zu loben, als hät­te er nur heh­re Zie­le ver­folgt und die Tugen­den eines Heiligen.

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