Piusbruderschaft-Vatikan – Signale der Annäherung von beiden Seiten, aber keine Entscheidung


Priesterweihe der Piusbruderschaft in Zaitzkofen
Priesterweihe der Piusbruderschaft in Zaitzkofen

(Menzingen/​Rom) In jüng­ster Zeit ver­dich­te­ten sich die Signa­le, die dar­auf hin­zu­deu­ten schie­nen, daß die Gesprä­che zwi­schen der tra­di­tio­na­li­sti­schen Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. und dem Hei­li­gen Stuhl auf eine Ver­stän­di­gung zustre­be. In der Schweiz tra­fen sich seit ver­gan­ge­nem Wochen­en­de die Obe­ren der Pius­bru­der­schaft zu einem Gedan­ken­aus­tausch.  Dabei soll es auch um die Gesprä­che mit Rom gegan­gen sein. Kon­kre­te Ent­schei­dun­gen dazu wur­den jedoch nicht gefällt. Die Gespräch mit Rom wer­den fortgeführt.

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„Das Ziel“ der Pius­bru­der­schaft „besteht vor allem in der Aus­bil­dung der Prie­ster“, heißt es in einer offi­zi­el­len Erklä­rung des Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft, Bischof Ber­nard Fel­lay. Die­se sei „eine wesent­li­che Bedin­gung für die Erneue­rung der Kir­che und die Wie­der­her­stel­lung der Gesellschaft“.

Kon­kret wird die Posi­ti­ons­be­stim­mung in vier Punk­ten defi­niert, wobei die kano­ni­sche Aner­ken­nung „nicht“ als vor­ran­gi­ges Ziel bezeich­net wird, da die Bru­der­schaft „als ein katho­li­sches Werk“ ohne­hin „ein Anrecht“ dar­auf habe.

In der katho­li­schen Kir­che herr­sche eine „gro­ße und schmerz­haf­te Ver­wir­rung“, die durch eine „gro­ße Zahl von Hir­ten“ begün­stigt wer­den, „bis hin zum Papst selbst“.

Nach­fol­gend die vier Punk­te im Wortlaut.

  1. In der gro­ßen und schmerz­haf­ten Ver­wir­rung, die augen­blick­lich in der Kir­che herrscht, erfor­dert die Ver­kün­di­gung der katho­li­schen Leh­re die Ankla­ge der Irr­tü­mer, die – unse­li­ger­wei­se begün­stigt durch eine gro­ßen Zahl von Hir­ten, bis hin zum Papst selbst – in ihren Schoß ein­ge­drun­gen sind.

  2. Der augen­blick­li­che Zustand des schwe­ren Not­stan­des gibt der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. das Recht und die Pflicht, allen See­len, die sich an sie wen­den, geist­li­che Hil­fe zu gewäh­ren. Des­halb sucht sie nicht in erster Linie die kano­ni­sche Aner­ken­nung, auf die sie – als ein katho­li­sches Werk – ein Anrecht hat. Sie hat nur ein Bestre­ben: Das zwei­tau­send­jäh­ri­ge Licht der Tra­di­ti­on sowohl inner­halb der Gesell­schaft wie auch der Kir­che treu wei­ter zu tra­gen. Das ist der ein­zi­ge Weg, dem es in die­ser Epo­che der Fin­ster­nis zu fol­gen gilt, wo der Kult des Men­schen sich an die Stel­le der Got­tes­ver­eh­rung gesetzt hat.

  3. Das « Alles in Chri­stus erneu­ern », wel­ches der hei­li­ge Papst Pius X. in Anknüp­fung an den hl. Pau­lus (Eph 1,10) gewollt hat, wird nicht ohne die Unter­stüt­zung eines Pap­stes zu ver­wirk­li­chen sein, der genau die­se Rück­kehr zur Hei­li­gen Tra­di­ti­on för­dert. In Erwar­tung die­ses geseg­ne­ten Tages gedenkt die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. die Anstren­gun­gen zu ver­dop­peln, um das sozia­le König­tum unser Herrn Jesus Chri­stus mit den ihr von der gött­li­chen Vor­se­hung gege­be­nen Mit­tel zu begrün­den und auszubreiten.

  4. Die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. betet und tut Buße, damit der Papst die Kraft hat, den Glau­ben und die Moral voll­um­fäng­lich zu ver­kün­den. So wird er – am Vor­abend des hun­dert­sten Jah­res­ta­ges der Erschei­nun­gen von Fati­ma – den Tri­umph des Unbe­fleck­ten Her­zens Mari­ens beschleu­ni­gen, auf den wir unse­re Hoff­nung setzen.

Nach­fol­gend das Kom­mu­ni­qué des Gene­ral­obe­ren als Audio­da­tei in fran­zö­si­scher Sprache

Den aktu­el­len Stand der Gesprä­che mit Rom schil­der­te Bischof Fel­lay jüngst in einem am 12. Juni vom Natio­nal Catho­lic Regi­ster ver­öf­fent­lich­ten Inter­view.

Wört­lich sag­te er damals:

„Mit dem neu­en Papst, Papst Fran­zis­kus, sind wir jetzt in eine neue Pha­se ein­ge­tre­ten, eine neue Situa­ti­on, die zwar sehr inter­es­sant, aber noch ver­wir­ren­der ist. Ich bezeich­ne sie als eine para­do­xe Situa­ti­on, da sich – wenn man so sagen will – gera­de die Pro­ble­me, die wir anpran­gern, in der Kir­che ver­schlim­mern. Gleich­zei­tig begin­nen, beson­ders in Rom, eini­ge Stim­men laut zu wer­den und ein­zu­räu­men, dass etwas getan wer­den muss.“

Die jüngst von bei­den Sei­ten aus­ge­sand­ten Signa­le lie­ßen den­noch Ver­mu­tun­gen auf­kom­men, daß eine kir­chen­recht­li­che Aner­ken­nung der Bru­der­schaft durch Rom unmit­tel­bar bevor­ste­hen könnte.

Signal der Piusbruderschaft

Am 21. Juni ver­öf­fent­lich­ten die Salz­bur­ger Nach­rich­ten ein Inter­view mit dem Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft, Bischof Ber­nard Fel­lay. Dabei sen­de­te der Bischof bemer­kens­wer­te Signa­le in Rich­tung Rom: „Kein Bischof darf Anspruch auf Teil­ha­be an der Lei­tung der Kir­che erhe­ben, wenn er nicht mit dem Papst ist und unter dem Papst steht.“ Eben­so sag­te Bischof Fel­lay, daß die Pius­bru­der­schaft „immer den Pri­mat des Pap­stes aner­kannt“ habe und „um nichts in der Welt eine Tren­nung von Rom“ haben wollte.

Zu den 1988 erfolg­ten  gül­ti­gen, aber uner­laub­ten Bischofs­wei­hen, auf die Rom mit der Fest­stel­lung der Exkom­mu­ni­ka­ti­on reagier­te, sag­te der Gene­ral­obe­re, daß die Wei­hen durch den Grün­der der Bru­der­schaft, Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re, „äußer­lich gese­hen“, als „eine Tat des Unge­hor­sams“ erschei­nen kön­ne, daß sie jedoch als ein „Akt der Not­wehr“ zu sehen sei­en. Daher sei, so Fel­lay, für die Pius­bru­der­schaft fest­zu­stel­len: „Wir sind kei­ne Schis­ma­ti­ker, wir sind nicht von der Kir­che getrennt“.

Dabei ste­hen sich die Pius­bru­der­schaft und der amtie­ren­den Papst und des­sen direk­te Umge­bung inhalt­lich kei­nes­wegs nahe. Bei­de Sei­ten mach­ten in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren kein Hehl daraus.

Signal von Regensburgs Bischof Voderholzer

Am 22. Juni nahm Bischof Rudolf Voder­hol­zer von Regens­burg zu den dies­jäh­ri­gen Prie­ster­wei­hen durch die Pius­bru­der­schaft in Zaitz­kofen Stel­lung. Dort befin­det sich das inter­na­tio­na­le Prie­ster­se­mi­nar der Bru­der­schaft für den deut­schen Sprach­raum und Ost­mit­tel­eu­ro­pa. Bischof Voder­hol­zer bezeich­ne­te dar­in die Wei­hen der Pius­bru­der­schaft als „unbe­denk­lich“. Er signa­li­sier­te damit, daß die Wei­hen offi­zi­ell „tole­riert“ werden.

In der Ver­gan­gen­heit hat­te das noch anders geklun­gen. Der amtie­ren­den Kar­di­nal­prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Ger­hard Mül­ler, hat­te als Bischof von Regens­burg und Vor­gän­ger Voder­holz­ers die jähr­lich statt­fin­den­den Prie­ster­wei­hen noch als einen  „Akt des Schis­mas“ und „Pro­vo­ka­ti­on“ kritisiert.

Seit­her hat sich eini­ges geändert.

Signale aus Rom

Anfang Mai schrieb die katho­li­sche Inter­net-Tages­zei­tung Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na, daß sich Rom und die Pius­bru­der­schaft „noch nie so nahe“ waren. Eine Ein­schät­zung, die ihre indi­rek­te Bestä­ti­gung im Mai in Berich­ten deut­scher Medi­en zu fin­den schien, dar­un­ter der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung und des Spie­gel, deren offen­kun­di­ge Absicht es zu sein schien, eine Eini­gung zu tor­pe­die­ren.

Am 1. April war Bischof Fel­lay, für die Öffent­lich­keit über­ra­schend, von Papst Fran­zis­kus emp­fan­gen wor­den. Das Gespräch sei „gut“ ver­lau­fen, hieß es im Anschluß von bei­den Sei­ten. Wie Bischof eini­ge Tage spä­ter in einer Pre­digt berich­te­te, habe der Papst die Pius­bru­der­schaft ohne Ein­schrän­kung als „katho­lisch“ aner­kannt und die Bru­der­schaft ermu­tigt, auch in Ita­li­en ein Prie­ster­se­mi­nar einzurichten.

Kuri­en­erz­bi­schof Gui­do Poz­zo, der Sekre­tär der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei, die für die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gemein­schaf­ten zustän­dig ist, hat­te die Pius­bru­der­schaft wis­sen las­sen, daß sie ohne Pro­ble­me zu den dies­jäh­ri­gen Prie­ster­wei­hen schrei­ten kön­ne. Die Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei unter­steht direkt Kar­di­nal Mül­ler. Es ist daher anzu­neh­men, daß der neue Kurs auch in sei­nem Sin­ne ver­tre­ten wird.

2012 war Einigung schon einmal zum Greifen nahe

2012 schien bereits ein­mal die Aus­söh­nung zwi­schen Rom und der Bru­der­schaft zum Grei­fen nahe. Der Gene­ral­obe­re Fel­lay war damals im Juni nach Rom gereist in der Über­zeu­gung, daß man eine Über­ein­kunft erreicht habe, die zur kir­chen­recht­li­chen Aner­ken­nung der Pius­bru­der­schaft füh­ren wür­de. Im letz­ten Augen­blick platz­te die Eini­gung aus bis heu­te nicht genau geklär­ten Grün­den: eine Chro­nik der Ereig­nis­se.

Seit­her hält sich das hart­näcki­ge Gerücht, auch die­ses „Schei­tern“ der mehr­jäh­ri­gen Gesprä­che habe dazu bei­getra­gen, in Papst Bene­dikt XVI. die Rück­tritts­ab­sicht rei­fen zu las­sen. Er hat­te 2005, kaum zum Papst gewählt, Hans Küng von der moder­ni­sti­schen Sei­te und Bischof Fel­lay von der tra­di­tio­na­li­sti­schen Sei­te zu einem per­sön­li­chen Gespräch nach Rom ein­ge­la­den. Wäh­rend sich dar­aus mit Küng kei­ne wei­te­ren Schrit­te erga­ben, began­nen mit der Pius­bru­der­schaft detail­lier­te theo­lo­gi­sche Gespräche.

Unter Papst Bene­dikt XVI. wur­de von der Pius­bru­der­schaft die Unter­zeich­nung einer „Dok­tri­nel­len Prä­am­bel“ gefor­dert, die in der Bru­der­schaft hef­tig umstrit­ten war. Sie wur­de teils sogar als Affront auf­ge­faßt, da sie mehr for­der­te, als von jedem ande­ren Katho­li­ken als Bekennt­nis ver­langt werde.

Im September 2014 knüpfte Kardinal Müller die Gespräche neu

Wäh­rend nach dem Schei­tern 2012 ein Still­stand ein­setz­te, folg­ten zwei Jah­re spä­ter unter Papst Fran­zis­kus uner­war­tet Zei­chen der Ent­span­nung. Den Auf­takt mach­te Glau­bens­prä­fekt Mül­ler, der Ende Sep­tem­ber 2014 Bischof Fel­lay in Rom empfing.Damit waren die Gesprä­che wie­der auf­ge­nom­men, obwohl par­al­lel ein Ver­trau­ter des Pap­stes den Gläu­bi­gen, wel­che die Sakra­men­te bei Prie­stern der Pius­bru­der­schaft emp­fan­gen, noch mit Exkom­mu­ni­ka­ti­on droh­te.

Ende 2014 und Anfang 2015 stat­te­ten Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler und Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der Ein­rich­tun­gen der Pius­bru­der­schaft Besu­che ab. Sie emp­fah­len anschlie­ßend Rom die Aner­ken­nung der 1970 gegrün­de­ten Gemein­schaft „so wie sie ist“.

Von einer dok­tri­nel­len Prä­am­bel war seit­her kei­ne Rede mehr. Im Herbst 2015 unter­brei­te­te Rom der Bru­der­schaft einen neu­en Vor­schlag. Um die­sen dreht sich seit­her die Frage.

„Willensbekundung des Papstes“ mit Personalprälatur

Im ver­gan­ge­nen Febru­ar beton­te Kuri­en­erz­bi­schof Poz­zo hin­ge­gen, daß es die „kla­re Wil­lens­be­kun­dung des Pap­stes sei, die kano­ni­sche Aner­ken­nung der Pius­bru­der­schaft zu fördern“.

Unver­än­dert blieb das Ange­bot Roms, die Pius­bru­der­schaft für den Fall einer Über­ein­kunft, in der Rechts­form einer Per­so­nal­prä­la­tur kano­nisch anzu­er­ken­nen. Ein Ange­bot, das auch von der Pius­bru­der­schaft durch­aus als sehr groß­zü­gig aner­kannt wird.

Bis­her ver­fügt nur das Opus Dei über die­se Rechts­form, die der Gemein­schaft die wei­test­ge­hen­de Selb­stän­dig­keit und auch Unab­hän­gig­keit von den Orts­bi­schö­fen sichert. Mit dem Prä­la­ten an der Spit­ze ver­fügt eine Per­so­nal­prä­la­tur im Gegen­satz zu den ande­ren kirch­li­chen Orden und Gemein­schaf­ten über einen eige­nen Bischof.

Dem Opus Dei wur­de 1982 der Staus einer Per­so­nal­prä­la­tur zuer­kannt. Seit 1994 ist Msgr. Javier Eche­var­ria der ein­zi­ge Prä­lat einer Per­so­nal­prä­la­tur der katho­li­schen Kir­che. Er soll der Aner­ken­nung der Pius­bru­der­schaft als zwei­ter Per­so­nal­prä­la­tur durch­aus posi­tiv gegenüberstehen.

Nach dem von vati­ka­ni­schen Rechts­exper­ten im Auf­trag von Papst Fran­zis­kus aus­ge­ar­bei­te­ten Ange­bot zur kano­ni­schen Errich­tung, soll­ten der Pius­bru­der­schaft – dem Ver­neh­men nach – sogar mehr Rech­te ein­ge­räumt wer­den, als das Opus Dei der­zeit besitzt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Prie­ster­se­mi­nar Herz Jesu (Screen­shot)

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