„Angeblicher Besitz der Wahrheit“? – Die Osterwünsche der Kommissare der Franziskaner der Immakulata


Die seit Juni 2015 als Nachfolger von Pater Fidenzio Volpi amtierenden drei Kommissare der Franziskaner der Immakulata
Die seit Juni 2015 als Nachfolger von Pater Fidenzio Volpi amtierenden drei Kommissare der Franziskaner der Immakulata (rechts P. Sabino Ardito)

(Rom) Auf der offi­zi­el­len Inter­net­sei­te des Ordens der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, der unter kom­mis­sa­ri­scher Ver­wal­tung durch die Ordens­kon­gre­ga­ti­on steht, wur­den vom Apo­sto­li­schen Kom­mis­sar und sei­nen bei­den Assi­sten­ten „selt­sa­me“ Oster­glück­wün­sche ver­öf­fent­licht, wie Mes­sa in Lati­no berichtet.

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Nach­dem im Juni 2015 der erste Apo­sto­li­sche Kom­mis­sar, der Kapu­zi­ner Pater Fidenzio Vol­pi, gestor­ben war, setz­te der Vati­kan mit dem Sale­sia­ner Sabi­no Ardi­to einen neu­en Kom­mis­sar ein. Im Gegen­satz zu Vol­pi wur­den ihm zwei Assi­sten­ten zur Sei­te gestellt. Dabei han­delt es sich um den Kapu­zi­ner Car­lo Cal­lo­ni und den Jesui­ten Gian­fran­co Ghirlanda.

Ardi­to, Cal­lo­ni und Ghir­lan­da haben zusam­men die Oster­glück­wün­sche unter­zeich­net, deren Wor­te eini­ges Stau­nen auslösten:

Damit der Glau­ben ent­ste­hen kann, braucht es den Beweis des lee­ren Grabes.
Man muß, wie Petrus und Johan­nes, die eige­nen künst­li­chen Sicher­hei­ten verlieren:
dann wird man den Mut haben, in die Lee­re einzutreten.
Es ist not­wen­dig, daß auch wir den Mut fin­den, in das „Grab Got­tes“ ein­zu­tre­ten, das uns der angeb­li­che Besitz der Wahr­heit errichtet.
Der Auf­er­ste­hungs­glau­ben in und mit Chri­stus bil­det die Grund­la­ge der Lee­re von uns selbst.

Die Evangelien berichten nicht von „Leere“

Kryptische Osterbotschaft der Kommissare an alle Konvente und Einrichtungen des Ordens
Kryp­ti­sche Oster­bot­schaft der Kom­mis­sa­re an alle Kon­ven­te und Ein­rich­tun­gen des Ordens

„Der her­ge­stell­te Zusam­men­hang mit dem Ein­tritt der Apo­stel Petrus und Johan­nes in das Grab Chri­sti kön­nen nicht über­zeu­gen“, so Mes­sa in Lati­no. In den Evan­ge­li­en ist nie die Rede von „Lee­re“, auch nicht von einem „lee­ren Grab“. Wer zum Grab geht, fin­det dort einen „Engel des Herrn“, der vom Him­mel her­ab­kam, an das Grab trat und den Stein weg­wälz­te. „Sei­ne Gestalt leuch­te­te wie ein Blitz und sein Gewand war weiß wie Schnee“ (Mt 28,2–3); „zwei Engel in wei­ßen Gewän­dern“ (Joh 20,12). Wer in das Grab ein­tritt, „sah auf der rech­ten Sei­te einen jun­gen Mann sit­zen, der mit einem wei­ßen Gewand beklei­det war“ (Mk 16.5); „zwei Män­ner in leuch­ten­den Gewän­dern“ (Lk 24,4).
Die Frau­en waren in aller Frü­he zum Grab gegan­gen, „aber den Leich­nam Jesu, des Herrn, fan­den sie nicht“ (Lk 24,3). Sie berich­ten den Apo­steln „es sei­en ihnen Engel erschie­nen und hät­ten gesagt, er lebe“ (Lk 24,23). Die Apo­stel hiel­ten es „für Geschwätz und glaub­ten ihnen nicht“ (Lk 24,11). Petrus eil­te selbst zum Grab und „sah nur die Lei­nen­bin­den“ dort lie­gen (Lk 24,12). Johan­nes berich­tet, daß er mit Petrus dort war, „sich vor­beug­te und die Lei­nen­bin­den lie­gen sah“, aber zunächst nicht ins Grab ging, wäh­rend Petrus hin­ein­ging und „die Lei­nen­bin­den lie­gen und das Schweiß­tuch sah, das auf dem Kopf Jesu gele­gen hat­te; es lag aber nicht bei den Lei­nen­bin­den, son­dern zusam­men­ge­bun­den dane­ben an einer beson­de­ren Stel­le“ (Joh 20,5–7). Dann trat auch Johan­nes ins Grab und „sah und glaub­te“ (Joh 20,8).

Die Evan­ge­li­sten bezeu­gen alle, daß Chri­stus nicht mehr bei den Toten war, son­dern auf­er­stan­den ist. Des­halb kann aber nicht von „Lee­re“ gespro­chen wer­den, denn die Auf­er­ste­hung bedeu­tet wohl, mate­ri­ell gese­hen, ein lee­res Grab, aber kei­ne „Lee­re“, denn die von den Evan­ge­li­sten „geschil­der­te Sze­ne ist vol­ler Licht, Engeln und gött­li­cher Gegen­wart“, so Mes­sa in Lati­no.

Die Jünger und Frauen hatten keine „Sicherheiten“ zu verlieren

Auch die Rede von „künst­li­chen Sicher­hei­ten“ mag nicht zu über­zeu­gen, die man laut Kom­mis­sa­ren „wie Petrus und Johan­nes“ „ver­lie­ren“ müsse.

Aus den Evan­ge­li­en geht her­vor, daß weder die Jün­ger noch die Frau­en irgend­ei­ne Sicher­heit hat­ten, weder eine natür­li­che noch eine „künst­li­che“. Als die hei­li­ge Maria von Mag­da­la das erste Mal zum Grab geht war „es noch dun­kel“ (Joh 20,1). Nie­mand dach­te an die Auf­er­ste­hung. Die Evan­ge­li­en spre­chen von kei­ner Sicher­heit, son­dern von Dun­kel, Zwei­fel, Angst, die sich erst durch den Gang zum Grab auf­lö­sen. Sie fin­den dort nicht den Leich­nam des Herrn, aber sie fin­den dort auch nicht die „Lee­re“, son­dern Licht, Engel, gött­li­che Prä­senz und als Zei­chen die zusam­men­ge­fal­te­ten Lei­nen­tü­cher. Sie fin­den das genaue Gegen­teil von „Lee­re“, sie sahen und glaub­ten, wenn sie auch nicht genau ver­stan­den. Maria von Mag­da­la wird dann Jesus selbst am Grab begegnen.
Als Frau­en und Jün­ger zum Grab auf­bre­chen, sind sie vol­ler Zwei­fel, Lee­re und Angst, nicht mehr aber, sobald sie beim Grab sind. Beim Grab wer­den ihre Zwei­fel in Gewiß­heit umge­wan­delt. Bevor sie zum Grab kamen, hat­ten sie kei­ne Gewiß­heit, nicht ein­mal eine „mensch­li­che“, die sie auf­ge­ben hät­ten können.
„Damit steht die Fra­ge im Raum, was die ehr­wür­di­gen Väter Kom­mis­sa­re bewo­gen haben mag, die­ses selt­sa­men Oster­glück­wün­sche zu for­mu­lie­ren“, so Mes­sa in Lati­no. Ihre Bot­schaft eig­net sich auch kaum, die „Lee­re“ als „Nichts“ im Sin­ne des hei­li­gen Johan­nes vom Kreuz zu verstehen.

Woll­ten die Kom­mis­sa­re den Brü­dern und Schwe­stern der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta eine Bot­schaft über­mit­teln, die einen Sei­ten­hieb gegen das Orden­scha­ris­ma, die Ordens­grün­der, die Treue zur fran­zis­ka­ni­schen Ordens­re­gel und gegen die Wei­he an die Unbe­fleck­te dar­stel­len soll? Ist das alles als „künst­li­che Sicher­hei­ten“ gemeint, die man „ver­lie­ren“ müsse?

Gänz­lich kryp­tisch bleibt die Anspie­lung auf den „angeb­li­chen Besitz der Wahr­heit“. „Ver­ständ­lich“ wird die Oster­bot­schaft nur, wenn man sie als Oster­er­mah­nung liest, die gegen die Ordens­brü­der und Ordens­schwe­stern gerich­tet ist, die am Grün­dungs­cha­ris­ma der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta fest­hal­ten wol­len, an einer Ordens­re­gel, die an die ursprüng­li­che Regel des hei­li­gen Franz von Assi­si anknüpft, an der Wie­der­ent­deckung der zwei­tau­send­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on der Kir­che und damit auch der über­lie­fer­ten Form des Ritus. Eine Bot­schaft, die sich gegen das Bemü­hen des Ordens rich­tet, Wider­stand gegen jene Kräf­te und jenen Geist in der Kir­che zu lei­sten, die einer Her­me­neu­tik des Bruchs hul­di­gen, weil sie die­sen Bruch wol­len und gutheißen.

„Die ein­zi­ge ‚Lee­re‘, die man im Zusam­men­hang mit den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta daher erken­nen kann, ist ein ent­leer­ter Orden, ent­leert von sei­nem Cha­ris­ma, die Brü­der und Schwe­stern ihrer Grün­der beraubt, die Grün­der ihrer geist­li­chen Söh­ne und Töch­ter beraubt, ein Orden, der schutz­los gemacht wur­de. Die ein­zi­ge ‚Lee­re‘ ist daher jene, die von den Kom­mis­sa­ren im Auf­trag der Ordens­kon­gre­ga­ti­on und mit Zustim­mung von Papst Fran­zis­kus pro­du­ziert wird“, so Mes­sa in Lati­no.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: veri­tà  sul com­mis­sa­ria­men­to OFFI/​Messa in Lati­no (Screen­shot)

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