Papst Franziskus über Kyrill, „Homo-Ehe“ und wiederverheiratete Geschiedene


Papst Franziskus mit den Journalisten
Papst Franziskus mit den Journalisten an Bord des Flugzeuges

(Rom) Auf dem Rück­flug von Mexi­ko nach Rom ging Papst Fran­zis­kus bei einer impro­vi­sier­ten Pres­se­kon­fe­renz an Bord des Flug­zeu­ges auf zahl­rei­che The­men ein. Neben Zika-Virus, Abtrei­bung und Ver­hü­tung sprach das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt auch über „Homo-Ehe“, Kom­mu­ni­on für wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne, Mau­ern, Ein­wan­de­rung und vie­les ande­re mehr.

Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen

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Auf die Fra­ge von Anne Thomp­son von NBC News sag­te Fran­zis­kus, daß das nach­syn­oda­le Schrei­ben über die Fami­li­en­syn­ode, das zunächst für März, dann für Febru­ar ange­kün­digt war, nun „viel­leicht vor Ostern“ ver­öf­fent­licht wer­den könnte.

„Beim Tref­fen mit den Fami­li­en in Tux­la war ein Paar von Wie­der­ver­hei­ra­te­ten in zwei­ter Ver­bin­dung, die in die Seel­sor­ge der Kir­che inte­griert sind. Das Schlüs­sel­wort, das die Syn­ode gebraucht hat, und das ich auf­grei­fen wer­de, ist, die ver­letz­ten Fami­li­en, die Fami­li­en der Wie­der­ver­hei­ra­te­ten in das Leben der Kir­che ‚inte­grie­ren‘“

Auf die Nach­fra­ge von Thomp­son, ob das bedeu­te, daß sie auch die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen wer­den dür­fen, ant­wor­te­te Franziskus:

„Das ist das Ziel. Inte­grie­ren in die Kir­che bedeu­tet nicht ‚die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen‘, denn ich ken­ne wie­der­ver­hei­ra­te­te Katho­li­ken, die ein­mal, zwei­mal im Jahr in die Kir­che gehen: ‚ Aber ich will zur Kom­mu­ni­on!‘, so als wäre die Kom­mu­ni­on eine Ehrung. Es geht um eine Arbeit der Inte­gra­ti­on… Alle Türen ste­hen offen, aber man kann nicht sagen: von heu­te an ‚kön­nen sie die Kom­mu­ni­on emp­fan­gen‘. Das wäre eine Wun­de auch für die Ehe­part­ner, für das Paar eine Wun­de, weil es sie nicht jenen Weg der Inte­gra­ti­on gehen las­sen wür­de. Und die­se bei­den [von Tux­la] waren glück­lich! Und sie haben einen sehr schö­nen Aus­druck gebraucht: ‚Wir kön­nen nicht an der eucha­ri­sti­schen Gemein­schaft [Kom­mu­ni­on] teil­neh­men, aber durch unse­re Besu­che im Kran­ken­haus, durch unse­ren Dienst an der Gemein­schaft teil­neh­men …‘ Ihre Inte­gra­ti­on ist dort. Wenn es mehr sein soll, wird es der Herr ihnen sagen, aber … es ist ein Weg.“

Gesetz zur „Homo-Ehe“

Ein aktu­el­les The­ma, der­zeit beson­ders in Ita­li­en. Vor der Beant­wor­tung die­ser Fra­ge hat sich der Papst jedoch gedrückt. „Der Papst mischt sich nicht in die ita­lie­ni­sche Poli­tik ein“. Er habe den Bischö­fen gesagt: „Küm­mert Euch selbst dar­um“. Grund­sätz­lich zog er sich auf jenen wort­kar­gen Mini­ma­lis­mus zurück, den er bereits im Juli 2013 auf dem Rück­flug von Rio de Janei­ro gebrauch­te und doch jenen berühmt-berüch­tig­ten Satz aus­sprach, der zum inof­fi­zi­el­len Mot­to sei­nes Pon­ti­fi­kats wur­de: „Wer bin ich, um zu urtei­len?“ Von Mexi­ko kom­mend, sag­te Fran­zis­kus nun zur Fra­ge der „Homo-Ehe“: „Was ich den­ke, ist das, was die Kir­che denkt.“ Was die Kir­che dazu denkt, will er selbst aber nicht recht aus­spre­chen. Er füg­te noch vage hin­zu, „sich nicht gut zu erin­nern“ an ein Doku­ment der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on von 2003, das es katho­li­schen Poli­ti­kern aus­drück­lich ver­bie­tet, für Geset­ze zu stim­men, die homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten anerkennen.

Fran­zis­kus beton­te, daß ein katho­li­scher Abge­ord­ne­ter „nach sei­nem gut gebil­de­ten Gewis­sen abstim­men muß“. Die­ses Mal beharr­te der Papst auf dem „gut gebil­det“, denn nach dem Gewis­sen ent­schei­den bedeu­te nicht „zu tun, was mir paßt“.

Dazu erzähl­te der Papst eine Epi­so­de aus Argen­ti­ni­en. Als in Bue­nos Aires 2010 über die „Homo-Ehe“ abge­stimmt wur­de, gab es einen Stim­men­gleich­stand. Am Ende habe sich fol­gen­des Gespräch zwi­schen zwei Abge­ord­ne­ten erge­ben. Einer sag­te zum ande­ren: ‚Blickst Du durch?‘ – ‚Nein‘, sag­te der ande­re. – ‚Ich auch nicht‘ – ‚Laß uns gehen.‘ – ‚Aber wenn wir gehen, errei­chen wir nicht das Quo­rum.‘ – Aber wenn wir das Quo­rum errei­chen, gewinnt Kirch­ner! – ‚Ich gebe es lie­ber Kirch­ner als Berg­o­glio!‘ Und so haben sie abge­stimmt. „Das ist kein gut gebil­de­tes Gewis­sen“, so der Papst.

Patriarch Kyrill und die orthodoxe Kirche

Auf die Fra­ge des fran­zö­si­schen Jour­na­li­sten Jean-Lou­is de la Vaissià¨re von France Pres­se sag­te Fran­zis­kus, er wer­de nicht per­sön­lich am pan­or­tho­do­xen Kon­zil teil­neh­men. „Ich wer­de im Geist auf Kre­ta dabei sein und eine Bot­schaft schicken. Ich wür­de ger­ne zum pan­or­tho­do­xen Kon­zil gehen und sie grü­ßen: das sind Brü­der. Aber ich muß es respek­tie­ren. Aber ich weiß, daß sie katho­li­sche Beob­ach­ter ein­la­den wol­len und das ist eine Brücke. Und hin­ter den katho­li­schen Beob­ach­tern wer­de ich sein, betend mit den besten Wün­schen, auf daß die Ortho­do­xen vor­wärts gehen, vor­wärts, denn es sind Brü­der und ihre Bischö­fe sind Bischö­fe wie wir“, so der Papst.

„Und Kyrill, mein Bru­der. Wir haben uns geküßt, umarmt und dann eine Stun­de Gespräch [„zwei Stun­den!“, ergänz­te Vati­kan­spre­cher Lom­bar­di]. Zwei Stun­den, in denen wir als Brü­der gespro­chen haben, ehr­lich, und nie­mand weiß, wor­über gespro­chen wur­de, nur das, was wir am Ende öffent­lich dar­über gesagt haben, was wir im Gespräch emp­fun­den haben.“

Die „verratene“ Ukraine

Und zur Kri­tik der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che sag­te Fran­zis­kus: „Als ich jenen Arti­kel, jene Erklä­run­gen in der Ukrai­ne gele­sen habe, war ich etwas besorgt, weil es Swja­to­slaw Schewtschuk war, der gesagt haben soll, daß das ukrai­ni­sche Volk, oder eini­ge Ukrai­ner, oder vie­le Ukrai­ner sich zutiefst ent­täuscht und ver­ra­ten füh­len.“ Dann erzähl­te der Papst eine per­sön­li­che Anek­do­te zu Groß­erz­bi­schof Schewtschuk und einer Iko­ne, die die­ser ihm in Bue­nos Aires geschenkt habe und die der Papst mit nach Rom genom­men habe. „Er ist ein Mann, für den ich Respekt habe und fami­liä­ren Umgang, wir duzen uns und des­halb schien mir das etwas selt­sam.“ Man müs­se des­halb auf die Her­me­neu­tik einer Nach­richt schau­en. Er habe daher das gan­ze Inter­view noch ein­mal gele­sen und fest­ge­stellt, daß die Kri­tik nur einen klei­nen Teil betref­fe, wäh­rend der Groß­erz­bi­schof anson­sten sei­ne „Ver­bun­den­heit und die Ein­heit mit dem Bischof von Rom betont“ und sich als „Sohn der Kir­che“ bekennt. Das sei „ortho­dox im besten Sinn des Wor­tes, sprich der katho­li­schen Doktrin“.

Ent­schei­dend sei die Begeg­nung gewe­sen, die Umar­mung: „Das ist der Herr, der Hei­li­ge Geist, der vor­wärts geht.“ Die Gemein­sa­me Erklä­rung? „Über das Doku­ment kann man dis­ku­tie­ren.“ Die Ukrai­ne sei ein Land im Krieg und unter die­sem Aspekt müs­se man die Aus­sa­gen des Groß­erz­bi­schofs sehen und ver­ste­hen. Ent­schei­dend sei die „Her­me­neu­tik des Gan­zen“, so der Papst.

Auf die Fra­ge, ob Patri­arch Kyrill ihn nach Mos­kau ein­ge­la­den habe, sag­te der Papst, er zie­he es vor, nicht dar­auf zu ant­wor­ten. Was öffent­lich zu sagen war, sei gesagt wor­den, der Rest des Gesprächs sei pri­vat. „Aber ich kann ihnen sagen: Ich bin glück­lich her­aus­ge­kom­men. Und er auch.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Combonianum

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