(Kiew) Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche fühlt sich nach dem Treffen von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill von Moskau vom Vatikan „verraten“. Das römisch-katholische und das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt kamen am vergangenen 12. Februar auf Kuba erstmals zu einer Begegnung zusammen. Laut Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk von Kiew-Halytsch handelte es sich in Havanna um ein Treffen zwischen „zwei Parallelwelten“. In Kiew herrscht distanzierte Skepsis, wenn es um Moskau geht. Dabei wird mit einiger Besorgnis auch nach Rom geblickt. Manche griechischen Katholiken befürchten, das Bauernopfer der Annäherung zu werden.
Seine Bewertung stützt der Großerzbischof auf die unterschiedlichen Kommentare auf beiden Seiten nach der Begegnung. „Die beiden Seiten befinden sich in unterschiedlichen Dimensionen und haben sich unterschiedliche Ziele gesetzt“, so der griechisch-katholische Großerzbischof in einem Interview mit dem Pressedienst der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche.
Zwölf Prozent der Ukrainer sind griechische Katholiken
Rund 12 Prozent der Ukrainer gehören der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche an und konzentrieren sich vor allem im ehemals österreichischen Westen der Ukraine. Weitere zwei bis drei Prozent sind lateinische Katholiken. Etwa 53 Prozent der Ukrainer sind orthodoxe Christen, wobei die Union des autokephalen, kanonisch nicht anerkannten Kiewer Patriarchats und das Moskauer Patriarchat in etwa gleich stark sind. Geschätzte 15 Prozent der Ukrainer gehören verschiedenen protestantischen Freikirchen an, die seit der Unabhängigkeit sehr intensiv in der Ukraine tätig sind.
Das Moskauer Patriarchat habe bereits vor dem historischen Treffen in der Karibik erklärt, daß es in der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine das größte Hindernis für eine Annäherung zwischen russischen Orthodoxen und Katholiken sehe. Zum Ausdruck gebracht wurde das durch die Ablehnung eines von Rom gewünschten, gemeinsamen Gebets zwischen Patriarch und Papst. Begründet wurde diese Ablehnung mit dem Flughafen, der als „neutraler und nicht-kirchlicher“ Raum ungeeignet für ein feierliches Gebet sei.
Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk interpretierte das Treffen als Begegnung von „Parallelwelten“: „Nach den Regeln der Mathematik finden zwei parallele Gerade nie zusammen.“
Der Großerzbischof fand lobende Worte für die „Demut“ von Papst Franziskus, dessen Handeln auf der geistlichen Ebene im Zusammenhang mit dem Heiligen Geist verstanden werden müsse. Gleichzeitig warnte er vor jenen, die den Papst für ihre politischen Interessen „ausnützen“ wollten, womit die russische Seite gemeint war.
Kritische Worte zu Ukraine-Passagen der Gemeinsamen Erklärung
Schewtschuks Urteil über die Gemeinsame Erklärung, die von Papst Franziskus und Patriarch Kyrill in Havanna unterzeichnet wurde, fiel deutlich schärfer aus. „Grundsätzlich“ handle es sich um einen „positiven“ Text, so der Großerzbischof, der „Fragen aufwirft, die sowohl Katholiken als auch Orthodoxe beschäftigen, und der neue Perspektiven der Zusammenarbeit eröffnet“.
Der Teil der Gemeinsamen Erklärung, der die Ukraine betreffe, werfe jedoch „mehr Fragen auf, als er Antwort gibt“. Die politische Darlegung sei unzutreffend. Laut Gemeinsamer Erklärung herrsche in der Ukraine ein Bürgerkrieg. In Wirklichkeit handle es sich „um die Aggression“ eines Nachbarstaaten. „Für ein Dokument, das nicht theologischer, sondern gesellschaftspolitischer Natur sein sollte, ist das eine schwache Darstellung.“ Die Kritik gilt direkt Metropolit Hilarion, dem „Außenminister“ des Moskauer Patriarchats, und Kardinal Koch, dem Vorsitzenden des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, die den Text vorbereitet hatten.
Kardinal Koch sei in „theologischen Fragen kompetent“, aber nicht in Fragen der internationalen Politik und schon gar nicht „in Fragen der russischen Aggression in der Ukraine. Das wurde vom Außenamt des Moskauer Patriarchats ausgenützt“, so der Großerzbischof.
Großerzbischof Schewtschuk: „Sie sprechen von uns ohne uns“
Schewtschuk ist selbst Mitglied im Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen, doch “niemand hat mich eingeladen, meine Meinung zu sagen, wie es auch schon in der Vergangenheit geschehen ist. Sie sprechen von uns ohne uns.“
Im Paragraph 25 der Gemeinsamen Erklärung „scheint es, daß sie [Moskau] unser Existenzrecht nicht mehr in Frage stellen“, so der Großerzbischof. „Wir brauchen aber niemanden um Erlaubnis zu fragen, ob wir existieren und wirken dürfen. In der Vergangenheit hat man uns vorgeworfen, in das kanonische Gebiet des Moskauer Patriarchats einzudringen. Nun wurden unsere Rechte, uns um unsere Gläubigen zu kümmern, wo immer sie es brauchen, anerkannt. Ich nehme an, daß das auch für die Russische Föderation gilt, wo wir heute keine Möglichkeit haben, frei und legal zu wirken, ebensowenig auf der von Rußland annektierten Krim, wo wir faktisch liquidiert wurden.“
Kritisch sieht der Großerzbischof auch jenen Teil der Gemeinsamen Erklärung, wo „unsere Kirchen in der Ukraine“ eingeladen werden, für die „soziale Eintracht“ zu arbeiten und sich aller Feindseligkeiten zu enthalten und den Konflikt nicht zu fördern. „Es scheint, daß sich das Moskauer Patriarchat weigert, anzuerkennen, selbst Partei in diesem Konflikt zu sein, indem es die Aggression Rußlands gegen die Ukraine unterstützt und die Militäraktionen Rußlands in Syrien als ‚Heiligen Krieg‘ segnet.“ Die griechisch-katholische Kirche habe „immer für den Frieden gearbeitet“.
„Tiefe Enttäuschung“ unter ukrainischen Katholiken
Die Gemeinsame Erklärung habe unter den griechisch-katholischen Gläubigen der Ukraine eine „tiefe Enttäuschung“ ausgelöst, so der Großerzbischof. „Viele haben mich kontaktiert, um mir zu sagen, daß sie sich vom Vatikan verraten fühlen und von den Halbwahrheiten in der Erklärung sowie der indirekten Unterstützung des Heiligen Stuhls für die Aggression gegen die Ukraine enttäuscht sind.“
Er rufe die Gläubigen auf, Geduld und Ruhe zu bewahren: „Wir haben verschiedene Erklärungen erlebt und werden auch diese überleben. Die Einheit und die Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater, dem Nachfolger des Apostels Petrus, ist nicht das Ergebnis eines politischen Abkommens oder eines diplomatischen Kompromisses, sondern eine Frage unseres Glaubens“, so Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
Hier fehlt einfach das Fingerspitzengefühl von Franziskus. Anstatt die geplante Annäherung zwischen Rom und der russisch-orthodoxen Kirche, mit den zuständigen Autoritäten von der griechisch-katholischen Kirche zu besprechen, werden diese als außen vor behandelt. Das sieht Franziskus ähnlich, die eigenen Brüder sind nicht so interessant, weil sie nicht so ein großes Aufsehen und Medienrummel erzeugen, als die russisch-orthodoxe Kirche. Das hat mit der neuen Barmherzigkeit zu tun, die eigenen Brüder werden mitunter bestraft, Außenstehende, oft auch Kirchenfeinde, werden hofiert.
Das sehe ich genauso. Es ist mir völlig unerklärlich, wie gerade in diesem Spannungsfeld griechisch-katholische Kirchen nicht berücksichtigt werden. Franziskus denkt wohl nur in Großmachtkategorien.
Vor allem der am Schluß zitierte Satz des Großerzbischofs rückt die Sache in das rechte Licht.
Es ist wahr, daß die Katholiken der Ukraine sehr sehr schwer unter der Sowjetherrschaft leiden mußten. Und nach wie vor meint die ROK, daß die Ukraine ihr kanonisches Territorium sei, wo die katholische Kirche nichts verloren habe.
Der Bürgerkrieg in der Ukraine aber wurde von der heutigen Regierung der Ukraine mithilfe westlicher Staaten angezettelt. Hier muß der Erzbischof ganz klar die Regierungslinie verteidigen. Die Bewohner der Ostukraine sind Russen und das will Kiew so nicht akzeptieren wie bspw. die Anerkennung des RussÃschen als Amtssprache dort.
Der Vorgang zeigt aber, daß der Vatikan unsauber gearbeitet hat, und die Probleme nicht aus dem Weg geräumt waren und sind. Das Treffen war von beiden Kirchenoberhäuptern wie es aussieht übers Knie gebrochen und hätte nicht stattfinden können und dürfen. Und dann noch im von Europa weit entfernten kommunistischen Kuba. Man hätte sich auch in Rumänien, in der Slowakei und anderen Staaten Europas treffen können, aber das wäre der Seriösität wegen dann so nicht möglich gewesen.
Ich möchte diesen Kommentar zurückziehen.
So wie Sie von Katholisches.info @zeitschnur alles alles durchgehen lassen, stellen Sie ihre Seriösität zur Disposition. Wenn diese Dame in schamlosester Weise und völlig enthemmt aggressivst ausnahmslos alle (Mitdiskutanten, alle Päpste, die Kirche insgesamt) wie eine Nazi-Scharfrichterin verurteilen darf, stellen sich Fragen.
Von einer Rücknahme bzw. Entschuldigung habe ich von dieser Dame noch nichts lesen können in den letzten 2–3 Jahren. Das heißt: Sie erlauben ihr ihre wüsten Beschimpfungen, Verdrehungen der Wahrheit und Bösartigkeiten.
Die meisten müssen sich hier vor ihr in acht nehmen, aber das stört Sie offenkundig nicht.
Da Sie keine echte E‑Mail-Adresse hinterlegt haben, muß ich hier antworten. Es gibt nur drei Möglichkeiten: 1.) den Kommentarbereich zu schließen, wie es viele katholische Seiten nach der Wahl von Papst Franziskus getan haben; 2.) den Kommentarbereich streng zu zensurieren, wie es andere Seiten tun, oder 3.) die bisherige Linie von Herausgeber und Redaktion beizubehalten und einen ausgesprochen freien und unzensurierten Kommentarbereich zuzulassen.
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Ich gehe mit Ihnen in manchen Punkten überein
Doch stehe ich voll und ganz auf Seiten Giuseppe Nardis, wie wichtig es ist, nach sorgfältiger Abwägung der Dinge einen Raum zu schaffen, der alle Aspekte unzensiert darstellt. Grossen Dank Herr Nardi – ich glaube, Sie werden darob oft viel zu leiden haben – aber wir beten für Sie und Ihre gute Sache mit der Prim eines jeden Tages: absitat et vecordia – fort mit aller Hasenfüssigkeit!
Lieber Franzel,
ohne jetzt konkret auf den Inhalt Ihres Kommentars einzugehen, ist mir schon häufiger aufgefallen, dass Sie sich entschuldigt oder einzelne Teile Ihres Kommentares zurückgenommen haben, wenn Sie dies wohl für nötig erachtet haben.
Ehrlich, ich finde das ganz großartig und vorbildhaft!
@ Franzel
Ihr oberflächlicher Eindruck täuscht Sie wieder einmal! Das Treffen auf dem Flughafen in Havanna ist in jahrelang arbeitenden Untergruppen vorbereitet worden. Deren Ergebnisse lagen den beiden Herren in dem bekannt exzellenten Grundsatzpapier unterschriftsreif vor.
„Wir haben verschiedene Erklärungen erlebt und werden auch diese überleben. Die Einheit und die Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater, dem Nachfolger des Apostels Petrus, ist nicht das Ergebnis eines politischen Abkommens oder eines diplomatischen Kompromisses, sondern eine Frage unseres Glaubens“
Daran könnten sich so manche irrlichtilierende Geister, die hier im Forum unter frommen biblischen Sirenengesängen oder mit der Attitüde eines unverstandenen Rufers in der Wüste ihr antipapistisches Mütchen kühlen, ein Beispiel nehmen.
Franzel, hicesthodie, Giuseppe Nordi @ Liebe Kommentar-Schreiber ! Wir sollten alle bedenken, dass wir erwachsene Menschen sind und jeder eine Meinung hat. Aus diesem Grunde sollten wir auch eine Meinung die uns nicht gefällt ertragen. Sicher, was falsch ist, muss man beanstanden, aber ohne zu beleidigen. Was manchmal stört ist, die oft sehr langen Beiträge, die meistens, jedenfalls von mir, nicht ganz gelesen werden.
Vielleicht sollten die Ukraine nach jahrhundertelangerMissachtung durch Rom ueber die Selbstständigkeit nachdenken.
@hiceshodie: Ach so,dann begreifen Sie sich als ‚Papist‘, nicht? Na wenn das so ist, dann zähle ich mich gerne zu den ‚antipapsisten‘,denn das ist nun das Gebot der Stunde! Die „geistigen Irrlichter“ sollten Sie dort suchen, wo sie wirklich vorhanden sind, und die befinden sich vorzüglich bei den ‚Papisten‘. Oder war’s doch doch nur eine Vatikanische Fatamorgana?
@Geschätze/r Leone: „Ach so,dann begreifen Sie sich als ‚Papist‘, nicht?“
Ja natürlich, insofern ich die hierarchisch verfasste Struktur der römisch-katholischen Kirche und die Beschlüsse des I. Vatikanischen Konzils voll und ganz bejahe und als in Gottes Willen begründet glaube. Ich glaube hingegen nicht, dass Bergoglio dieses katholische Glaubensgut wirklich bejaht, denn seine Absicht, die Kirche zu Dezentralisieren – und damit bis zur Selbstzerstörung zu schwächen – spricht dafür, dass er eine andere Kirche glaubt und will. Insofern ist er für mich kein Papst. Die berechtigte Kritik an Bergoglio sollte jedoch nicht dazu führen, dass Papsttum an sich in Frage zu stellen, wie es in diesem Forum einige Irrlichter tun, denn das ist kryptoprotestantisch! Für meine etwas missverständliche Formulierung oben entschuldige ich mich.
KORREKTUR:@ hicesthodie muss es heissen und nicht hiceshodie.Sorry.
Der Verrat an den Unierten begann am vatikanischen Räuberkonzil und fand seine Vollendung in der Balamond Erklärung unter dem synkretistischen Assisi-Pontifex, der die glaubenstreuen Ostkatholiken wie weggelegte Kinder behandelte. Kein Wunder: Die Päpste der Neukirche sehen den Primat eben nicht mehr als konstitutives Glaubenselement, sondern als politisch verhandelbare Größe. Dem theologischen Gartenzwerg Bergoglio dürften diese Fragen entweder überfordern oder schlichtweg egal sein – ein Hobby für ewiggestrige Pelagianer eben!
Ich war zweimal in der Westukraine und fühle mich seit Jahren der Griechisch-Katholischen Kirche der Ukraine sehr verbunden. Ich nahm auch oft an der Liturgie der Ukrainer in Wien teil.
Leider muß man aber eine penetrante Politisierung der UGKK sowohl in der Heimat als auch in Österreich konstatieren (den deutschen Predigten in St. Barbara nach zu schließen).
Wir erinnern uns, daß die Hierarchen der UGKK auf dem Maidan vor einer überdimensionierten EU-Flagge angetreten sind. Die Homepage der Ukrainischen Katholischen Universität hat sich ebenfalls einer unkritischen EU-Propaganda überlassen.
Es ist tragisch mitanzusehen, wie sich diese Leute vom Westen vereinnahmen und täuschen haben lassen. Leider sind hier auch persönliche Freundschaften zerbrochen.
Ich verstehe alle Aversionen der Ukrainer gegen die – mittleriweile Gott sei Dank historische – Sowjetunion. Ich verstehe, daß sich die Ukrainer über den völligen Mangel an Geschichtsbewußtsein im Westen ärgern (weder die hl. Union von Brest 1596 noch der Holodomor 1932/33 scheinen im Bewußtsein des Westen auch der westlichen Kirchen zu sein).
Ich verstehe aber nicht, daß sie stattdessen die (inkohärente) Mischung aus US-amerikanischer Plutokratie, EU-Euphorie und übersteigertem Nationalismus (inklusiver militanter Bewegungen) inhaliert haben und gelegentlich Putin als „schlimmer als Stalin“ (schon gehört!) deklarieren.
Leider haben die Ukrainer und ihre Hierarchen nicht verstanden, daß sie nur Bauern auf dem geopolitischen Schachbrett sind.
Die Hierarchie der UGKK wäre also gut beraten, in den politischen Fragen genauer zu differenzieren. Großerzbischof Schewtschuk scheint ohnehin ein vernünftiger Mann zu sein. Er sollte aber der Instrumentalisierung durch den Westen mehr Widerstand entgegen setzen.
Werter@ Wolfram Schrems
Danke für Ihren ausgezeichneten Beitrag aus österreichischer Sicht! Besonders Ihre folgenden Aussagen sind zu unterstreichen:
„Ich verstehe aber nicht, daß sie stattdessen die (inkohärente) Mischung aus US-amerikanischer Plutokratie, EU-Euphorie und übersteigertem Nationalismus (inklusiver militanter Bewegungen) inhaliert haben und gelegentlich Putin als „schlimmer als Stalin“ (schon gehört!) deklarieren. Leider haben die Ukrainer und ihre Hierarchen nicht verstanden, daß sie nur Bauern auf dem geopolitischen Schachbrett sind“.
Zum letzten Satz möchte ich ergänzen, dass amerikanische Großinvestoren bereits riesige Flächen der ukrainische Schwarzerdeböden aufgekauft haben und der amerikanische Kongress eine Resolution zur Ukrainekrise verabschiedet hat, die in den zentralen Passagen jener gleicht, welche der gleiche Kongress vor dem letzten Irak-Krieg abgesegnet hat.
Der Ausdruck „Putin = „schlimmer als Stalin““ ist die in der westlichen Welt verbreitete US-Sichtweise, die verschleiern möchte, dass der Westen im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands die Sicherheitinteressen Russlands durch die Ostausdehnung der NATO schändlichst hintergangen hat. Die Maidan-Ukraine hat sich in Putin verrechnet, der nicht vergessen hat, dass der Ukrainer Chrustschow als Generalsekretär der UdSSR die Krim der Sowijet-Republik Ukraine völkerrechtewidrig geschenkt hat. Dass sie unter Jelzin in der Schwächephase des neuen Staates Russland 1991 nicht als altes Staatsgebiet zurückgegeben worden ist, muss bedauert werden. Nun ist die Situation für Russland noch prekärer! Im Falle einer erfolgreichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine hätten US-Atomraketen von der Krim aus mit ganz kurzen Vorwarnzeiten Moskau und alle anderen Städte Russlands erreichen können. Das hat zu den bekannten Reaktionen Russlands unter Putin geführt, die wiederum seitens der EU mit selbstschadenden Sanktionen beantwortet worden sind. Bevor man also hier wieder ins Anti-Franziskus-Horn bläst, sollte man doch gutheißen, dass wenigstens das Treffen in Havanna stattgefunden hat und die vorbereitete Unterzeichnung geschehen ist.
PS:
@ Herr Giuseppe Nardi – danke für Ihre Stellungnahme!
„Leider muß man aber eine penetrante Politisierung der UGKK sowohl in der Heimat als auch in Österreich konstatieren (den deutschen Predigten in St. Barbara nach zu schließen).“
Diese Politisierung erfolgt im Einklang mit den schon seit Metropolit Andreas Szeptyckyi (gest. 1944), der ja im Dauerkonflikt mit dem lateinischen polnischen katholischen Episkopat lag, beobachtbaren Bestreben eine De-Latinisierung (also eine quasi vollständige Annullierung der Synode von Zamość anno 1720) der griechisch-katholischen Kirche zu betreiben um so sich den vom Moskauer Patriarchat abtrünnigen Orthodoxen der Ukraine als Option anzubieten. Gegen beides gibt es damals (in der antebellum Periode der polnischen Ukraine) wie heute nach 1989/91 z.T. recht heftigen Widerstand aus dem Basilianerorden, welche Husars von Schewtschuk nun aktuell fortgesetztes Ralliement mit der ukrainischen orthodoxen Kirche Patriarchat Kiew, Patriarch Filaret (Denisenko) sehr ungern und kritisch sehen. Und Sie wissen ja wo Patriarch Filaret politisch zu verorten ist.
Zu @Franzel und Herrn Nardi:
Wenn ich Franzel richtig verstanden habe, ging es ihm nicht darum, unterschiedliche Meinungen nicht zu Wort kommen zu lassen. Die müssen ausgehalten werden, füge ich als meine Überzeugung hinzu. Auch deftige Formulierungen.
Doch wie @ Franzel richtig angemerkt hat: Die Beleidigungen von der „genannten Dame“ gegenüber Päpsten, traditionsorientierten Kardinälen und Bischöfen, der kath. Kirche, als sei ihre Geschichte eine einzige Abfolge von Verbrechen, Unterdrückung, Tyrannei, und von Mitdiskutanten empfinde ich immer wieder als maßlose Aggression.
Bei aller Freiheit: Wo ist die Grenze?
(@ Franzel hat seinen Kommentar zurückgenommen, es handelt sich bei um @ zeitschnur.)
Nachtrag zum Thema:
Der Großerzbischof mag sich verraten vorkommen, das will ich nicht leugnen. Wenn er nicht in Rom gehört wird, dann ist das beklagenswert. Dennoch ist seine Sicht politisch einseitig. Die politischen Probleme in und um die Ukraine als Staat muss auch er differenziert sehen, doch davon ist in seiner Stellungnahme keine Rede.
Im übrigen ist es für uns Katholiken schon beschämend, ich empfinde es jedenfalls so:
Es bedurfte erst des Zusammentreffens zwischen dem Papst und dem russisch-orthodoxen Patriarchen, dass der Papst sich dermaßen deutlich über die Geißel der Abtreibung äußert.
Die Ehrfurcht, mit der der Name des dreifaltigen Gottes ausgesprochen wurde, vermisse ich bei Papst Franziskus sehr oft sehr schmerzlich. Der russisch-orthodoxe Kirchenführer weigert sich, den banalisierenden Sprachstil des römisch-katholischen Kirchenoberhauptes zu übernehmen. Das war vorauszusehen. Es tut dennoch weh.
Geehrter @Sophus: es mir klar, daß diese Begegnung die Frucht von jahrelangen Vorbereitungen ist. Was ich sagen wollte ist dies: der jetzige Zeitpunkt und vor allem auch der Ort der Begegnung werfen doch Fragen auf. Diese muß man stellen, denn beide haben sich ja nicht irgendwo getroffen. Warum im kommunistischen Kuba? Was sind oder waren da die Interessen sowohl der vatikanischen wie der russischen Seite? Hätten Sie dazu eine schlüssige Erklärung?
@ Franzel
Es ging um die doppelte Unterschrift, gesagt und geschrieben war alles. Wozu dafür den Umstand eines offiziellen,teuren, mit Sicherheitsproblemen behafteten Besuchs des einen oder anderen in Rom oder Moskau? Man traf sich in Havanna, weil man da zur gleichen Zeit „durchkam“. Das nimmt den unterschriebenen Text nichts von seiner historischen Bedeutung, auch wenn das die Ukrainer schon aus Selbtstachtung anders sehen wollen. Das Positionspapier beschreibt den Ist-Zustand an Gemeinsamkeiten zwischen der russisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche – erstmalig nach fast 1000 Jahren. Die Gemeinsamkeiten mit der Unierten griechisch-katholischen Kirche brauchen in diesem Rahmen nicht behandelt zu werden, sie sind beiden Seiten bekannt.
Danke liebe Marienzweig für Ihre Antwort. Ich schäme mich nicht, aus meiner Sicht auch Abwegiges wieder zurückzunehmen oder auch eine Entschuldigunsbitte auszusprechen.
Ich gehe auch immer wieder zur Beichte und halte sowieso häufig Betrachtung über den Tag. In der Beichte kann man sich ja immer wieder reinigen bzw. gereinigt werden.
Das ist wie beim Obstbaumschnitt im Februar/März, je nachdem, (und bei abnehmendem Mond am besten), wo ja überflüssige Äste herausgeschnitten werden müssen im Hinblick auf eine mögliche gute Ernte. Oder wie beim Weinanbau: die Rebzweige müssen jährlich zurechtgeschnitten werden. Ansonsten würden die Trauben klein und ungenießbar und nach einigen Jahren würde der gesamte Weinberg schon halbwegs überwuchert sein.
So ist das bei uns Menschen doch auch. Ich frage mich oft, warum so viele Christen gar nicht mehr beichten gehen und diese leider auch teilweise gar nicht mehr angeboten wird von den Priestern.
Mir tun Brüder aus der Ukraine sehr leid. Sie haben es durch die Geschichte sehr schwer gehabt. Wo man hinschaut, eigentlich nur Feinde. Kein Wunder, aber fatal, dass sie jetzt ihr Heil im Westen zu erblicken wähnen (kommt von Wahn). Die Russophobie ist, wie Herr Schrems brillant dargelegt hat, verständlich, aber katastrophal, ein völlig falscher Instinkt.
An und für sich haben hat die UGKK einen Zulauf, von dem unsere weichgespülten „Pfarrer“ nur träumen können. Der Verrat durch F. wird sie nicht sehr schwer treffen, meine ich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Papst dort im Osten sehr viele Freunde hat.
Gerade (Donnerstag 18.Februar 2016 22:21) las ich auf der Website http://www.kath.net die Meldung, daß Franziskus öffentlich sein Verständnis über die Irritationen in der Ukraine betr. das Dokuments von Patriarch Kyrill und Franziskus äusserte.
So gut und lange vorbereitet war das alles offenbar nicht ( 🙂 )
Ich habe übrigens recht lange @Sophus’Kommentar dazu als Ironie verstanden (wo ich mich offensichtlich irrte- Verwirrung überall).
Eine alte Börsenweisheit lautet: „Hin und her macht Taschen leer“.
Da macht der Vatikan keine Ausnahme.