„Der Teufel muß nicht mehr arbeiten, es kommen so viele von allein in die Hölle“


Ettore Gotti Tedeschi: "Der Teufel hat aufgehört zu arbeiten, weil so viele von allein in die Hölle kommen"
Ettore Gotti Tedeschi: "Der Teufel hat aufgehört zu arbeiten, weil so viele von allein in die Hölle kommen"

(Rom) Der ehe­ma­li­ge Prä­si­dent der Vatik­an­bank Etto­re Got­ti-Tede­schi leg­te weni­ge Tage vor Weih­nach­ten, zusam­men mit dem Jour­na­li­sten Pao­lo Gam­bi, das Gesprächs­buch „Un mestie­re del Dia­vo­lo“ (Ein Hand­werk des Teu­fels) vor. Dar­in sagt der Ex-Ban­ker des Pap­stes: „Der Teu­fel hat auf­ge­hört zu arbei­ten“. Der Grund dafür sei, weil inzwi­schen so vie­le ganz von allei­ne in die höl­li­schen Flam­men wan­dern wür­den. „Viel­leicht gibt es ja des­halb die men­schen­ge­mach­te Erd­er­wär­mung…“ Was iro­nisch klin­ge, sei durch­aus ernst­ge­meint, so der Vati­ka­nist San­dro Magister.

Bankier sui generis

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Got­ti-Tede­schis Gesprächs­buch habe „vom Titel weg“ zumin­dest eine Sache mit Papst Fran­zis­kus gemein­sam. Im Mit­tel­punkt steht eine Gestalt, die auch in der Bibel eine zen­tra­le Rol­le spielt, näm­lich der „Fürst der Lüge“.

Got­ti-Tede­schi „ist ein Ban­kier sui gene­ris, ein bren­nen­der Katho­lik und ein Huma­nist“, so Magi­ster. Er sei mehr Ein­zel­gän­ger, dem das Grup­pen­spiel nicht beson­ders liegt. Als er 2009 in den Vati­kan beru­fen wur­de, um der Vatik­an­bank IOR vor­zu­ste­hen, mach­te er sich die Auf­ga­be „mit abso­lu­ter Hin­ga­be“ zu eigen, wie jemand, der sich selbst „zum Eunu­chen macht, um des Him­mels­rei­ches wil­len“, wie er in Anleh­nung an das Neue Testa­ment selbst sagt.

Kon­kret woll­te er die IOR wie­der zu dem machen, was sie eigent­lich sein soll­te, nur eine bank­ähn­li­che Ein­rich­tung, um die Arbeit der Kir­che rei­bungs­los erfül­len zu kön­nen und ihre Unab­hän­gig­keit zu sichern.

Der Teufel der „große Pensionist“, weil er „heute nicht mehr arbeiten muß, um die Hölle zu füllen“

„Prompt wur­de er 2012 aus dem Amt gejagt“, so Magi­ster. Auch im Buch sagt er nicht von wem. Letzt­lich sei das da auch zweit­ran­gig. „Nicht zweit­ran­gig ist hin­ge­gen der unsicht­ba­re Gast auf jeder Sei­te des Buches, der Teu­fel, den Got­ti-Tede­schi, den ‚gro­ßen Pen­sio­ni­sten‘ nennt, weil er heu­te von so vie­len ‚Fans’ umla­gert ist, daß er gar nicht mehr arbei­ten muß, um die Höl­le zu füllen.“

Die wah­ren Wur­zeln für die Unord­nung in der Welt sieht Got­ti-Tede­schi in der Moral und letzt­lich in der Theo­lo­gie. Die öko­no­mi­schen und öko­lo­gi­schen Desa­ster sei­en nicht die Ursa­che, son­dern die Wir­kung. Doch in den Wor­ten des Ban­kiers ist kein trau­ri­ger oder resi­gnier­ter Unter­ton her­aus­zu­hö­ren. „Wenn der Teu­fel sich auch amü­siert, gibt es immer noch jeman­den, der wei­ter­ar­bei­tet und erleuch­tet und am Ende siegt. Es ist die Gött­li­che Vor­se­hung, dank der auf geheim­nis­vol­le, aber unfehl­ba­re Wei­se alle Din­ge ‚coope­ran­tur in bonum‘.“

Respekt für den Papst, doch andere Kardinäle schätzt er mehr an der Spitze der Kirche

Der Dia­log zwi­schen Got­ti-Tede­schi und sei­nem Gesprächs­part­ner „ist ein Schwim­men gegen den Strom mit iro­ni­schen und über­ra­schen­den Über­le­gun­gen“, so Magi­ster. Die The­men sind aber immer gewich­tig: Wirt­schaft, Umwelt und Kir­che „mit dis­so­nan­ten Spit­zen im Gegen­satz zur all­ge­mei­nen, aber häu­fig wenig getreu­en Nar­ra­ti­on, die Papst Fran­zis­kus welt­weit umhüllt.“

Dem Papst zollt Got­ti-Tede­schi Respekt und pflicht­schul­di­gen Gehor­sam, ohne dabei jedoch zu ver­ber­gen, daß er Kar­di­nä­le wie Robert Sarah, Car­lo Caf­farra, Ger­hard Mül­ler, Ray­mond Bur­ke und Geor­ge Pell, letz­te­ren „als Theo­lo­gen“, wie er betont, als geist­li­che Füh­rer an der Spit­ze der Katho­li­schen Kir­che mehr schätzt und bewundert.

Un mestie­re del dia­vo­lo. Pao­lo Gam­bi im Gespräch mit Etto­re Got­ti Tede­schi, Ver­lag Giu­bilei Regna­ni, Cese­na 2015, 260 Sei­ten, Euro 15,00

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Set­ti­mo Cielo/​Giulei Regna­ni (Screen­shot)

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