Nur „administrative Entscheidung“ zu Medjugorje – Kardinal Puljics Empfehlung an den Papst


Medjugorje: Kardinal Puljic's Empfehlung an den Papst
Medjugorje: Kardinal Puljic's Empfehlung an den Papst

(Rom) Kar­di­nal Vin­ko Pul­jic, Erz­bi­schof von Sara­je­vo und Mit­glied der Päpst­li­chen Unter­su­chungs­kom­mis­si­on, die beauf­tragt ist, das Phä­no­men Med­jug­or­je zu stu­die­ren, erklär­te, dem Papst „emp­foh­len“ zu haben, zu Med­jug­or­je eine Ent­schei­dung nur  zu „admi­ni­stra­ti­ven“ Aspek­ten zu tref­fen, nicht aber zu den „Erschei­nun­gen“ und Botschaften.

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Die Pfar­rei von Med­jug­or­je, in der seit 35 Jah­ren sechs „Sehern“ regel­mä­ßig die Got­tes­mut­ter Maria erschei­nen soll, unter­steht der Juris­dik­ti­on des Bischofs von Mostar. Bischof Rat­ko Peric, wie auch sein Vor­gän­ger Pavao Zanic (bis 1993), steht dem Phä­no­men Med­jug­or­je mit gro­ßer Skep­sis gegen­über. Bischof Zanic erklär­te als zustän­di­ge kirch­li­che Auto­ri­tät, daß die angeb­li­chen Erschei­nun­gen „nicht über­na­tür­li­chen“ Cha­rak­ter hät­ten (non cons­tat de super­na­tu­ra­li­ta­te). Die­se Ent­schei­dung wur­de 1991 von der dama­li­gen Jugo­sla­wi­schen Bischofs­kon­fe­renz bestä­tigt und gilt noch heute.

Die Men­schen haben „das Recht, auch nach Med­jug­or­je zu gehen, um zu beten und Buße zu tun“, sag­te Kar­di­nal Pul­jic bereits im Dezem­ber zur staat­li­chen tür­ki­schen Nach­rich­ten­agen­tur Ana­do­lu Agen­cy (AA). Med­jug­or­je „ist einer der größ­ten Beicht­stüh­le, nicht nur des Bal­kans, son­dern von ganz Euro­pa, und das muß bei der Ent­schei­dung, die man tref­fen wird, irgend­wie berück­sich­tigt werden“.

Kar­di­nal Pul­jic emp­fahl daher dem Papst eine Ent­schei­dung „aus­schließ­lich“ über „admi­ni­stra­ti­ve Aspek­te“ zu tref­fen, „ohne auf die Fra­ge der Erschei­nun­gen“ ein­zu­ge­hen. „Wenn es sich um Visio­nen und Bot­schaf­ten han­delt, die noch geprüft wer­den, geht es bei der Kir­che nicht schnell. Die Kir­che hat es nicht eilig, gelangt aber immer zu einem Schluß. Ich bin nicht besorgt wegen der Hal­tung des Hei­li­gen Vaters oder jener der Glaubenskongregation.“

Medjugorje
Med­jug­or­je

Was die Pil­ger betref­fe, so der Kar­di­nal, gel­te das bereits Gesag­te: „Es ist wich­tig, daß die Per­so­nen die nach Med­jug­or­je gehen, für die Stär­kung ihres Glau­bens beten und getrö­stet nach Hau­se zurückkehren.“

„Salomonische“ oder „pädagogische“ Lösung?

Hin­ter den Kulis­sen fin­det im Vati­kan seit Jah­ren ein Tau­zie­hen rund um Med­jug­or­je statt. Der Vati­kan zeig­te sich immer zurück­hal­tend, wäh­rend eini­ge Kir­chen­ver­tre­ter, dar­un­ter Wiens Erz­bi­schof, Kar­di­nal Schön­born, von der Echt­heit des Phä­no­mens über­zeugt sind. Seit den 80er Jah­ren liegt von den zustän­di­gen kirch­li­chen Stel­le eine nega­ti­ve Ent­schei­dung zu Med­jug­or­je vor. Seit­her wird von Befür­wor­tern damit argu­men­tiert, Rom habe noch nicht dar­über ent­schie­den. Eine Ent­schei­dung Roms ist aller­dings kir­chen­recht­lich nicht not­wen­dig vor­ge­se­hen. Die unter Med­jug­or­je-Anhän­gern kol­por­tier­te Behaup­tung, Papst Johan­nes Paul II. und der dama­li­ge Glau­bens­prä­fekt Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger hät­ten sich posi­tiv zu Med­jug­or­je geäu­ßert, wur­de 1998 von Kar­di­nal Ratz­in­ger schrift­lich dementiert.

2009 bestä­tig­te die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on die Zustän­dig­keit der bos­ni­schen Bischö­fe und damit die ableh­nen­de Ent­schei­dung von 1991.

2010 setz­te Papst Bene­dikt XVI. schließ­lich eine vati­ka­ni­sche Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ein, um das Phä­no­men Med­jug­or­je zu unter­su­chen und die viel­dis­ku­tier­te Ent­schei­dung Roms her­bei­zu­füh­ren. Die aus der Kom­mis­si­on durch­sickern­den Signa­le waren in der Sache nega­tiv. Zum Jah­res­wech­sel 2012 leg­te sie dem Papst den Schluß­be­richt vor.

Seit­her wird von eini­gen Kir­chen­krei­se eine Ent­schei­dung ver­zö­gert, die durch den uner­war­te­ten Rück­tritt von Bene­dikt XVI. begün­stigt wur­de. Die Unter­su­chungs­kom­mis­si­on, die ihre Arbeit bereits abge­schlos­sen hat­te, blieb so wei­te­re zwei Jah­re bis 2014 im Amt.

Für einen Auf­schub wird argu­men­tiert, daß eine nega­ti­ve Ent­schei­dung vie­le Gläu­bi­ge ver­un­si­chern und in ihrem Glau­ben erschüt­tern könn­te. Tat­säch­lich bestä­ti­gen Ken­ner, daß unter Med­jug­or­je-Anhän­gern die Span­nung sehr groß sei. Die Gefahr von Spal­tun­gen, auch inner­halb der bos­ni­schen Fran­zis­ka­ner, macht regel­mä­ßig die Run­de. Ein Argu­ment, das in Rom – aus Erfah­rung – nicht auf die leich­te Schul­ter genom­men wird, wie das Zögern von Papst Fran­zis­kus bestä­tigt. Fran­zis­kus äußer­te sich mehr­fach gegen „Erschei­nungs- und Botschaften-Süchtigkeit“.

Am 6. Juni 2015 hat­te der Papst auf dem Rück­flug von Sara­je­vo selbst eine bal­di­ge Ent­schei­dung in Aus­sicht gestellt. Gesche­hen ist seit­her aber nichts. Bereits Ende Juni ließ Andrea Tor­ni­el­li, der päpst­li­che Haus­va­ti­ka­nist wis­sen, daß es eine Ent­schei­dung erst „nach der Som­mer­pau­se“, viel­leicht sogar erst „nach der Bischofs­syn­ode“ geben werde.

Im Tau­zie­hen zeich­net sich seit Mona­ten eine „admi­ni­stra­ti­ve“ Lösung ab. Ein Dekret liegt aus­for­mu­liert seit dem Früh­jahr 2015 auf dem Schreib­tisch des Pap­stes. Med­jug­or­je soll als Gebets­stät­te aner­kannt, die Seel­sor­ge dem Fran­zis­ka­ner­or­den anver­traut, aber der Juris­dik­ti­on und Auf­sicht Roms unter­stellt wer­den. Kei­ne leich­te Kon­struk­ti­on, da sie in die Rech­te der Diö­ze­se Mostar ein­greift. Öffent­li­che Auf­trit­te der „Seher“ sol­len zudem zurück­ge­drängt oder ganz unter­bun­den wer­den. Für eine Nicht-Ent­schei­dung über „Erschei­nun­gen“ und „Bot­schaf­ten“ wird ins Feld geführt, daß das Phä­no­men noch andaue­re und daher ein abschlie­ßen­des Urteil vor­ei­lig, ja unmög­lich sei. In Rom spricht man von einer „salo­mo­ni­schen“ oder „päd­ago­gi­schen“ Lösung.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cari Filii/​Wikicommons

 

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