(Rom) In der Pfarrei San Martino di Rebbio-Como in der Diözese Como (Lombardei) las am 25. Dezember, dem Hochfest der Geburt des Herrn, am Ende der Heiligen Messe eine Vertreterin der örtlichen Moslem-Vereinigung Verse aus dem Koran vor, die von der Geburt Christi berichten. Die Weihnachtsmesse stehe „im Zeichen des interreligiösen Dialogs“ verkündete die Internetseite der Pfarrei. Nach der Koran-Rezitation überbrachte ein Moslemvertreter nahöstlicher Einwanderer vom Ambo des Altarraums die „Grüße“ der islamischen Gemeinschaft. Am Ende der Mitternachtsmette hatte bereits ein Vertreter der marokkanischen Moslems ebensolche „Grüße“ vom Ambo verkündet.
Die Lesung stieß keineswegs auf ungeteilte Zustimmung. Gegen Kritik bemühte die größte und ziemlich progressive katholische Wochenzeitung Italiens, Famiglia Cristiana, ihren Hausliturgiker Don Silvano Sirboni. Um die Diskussion abzuwürgen, wurde der Papst ins Spiel gebracht. Der Theologe erklärte die Sache für „liturgisch korrekt, weil sie am Ende des Ritus angesetzt war und es sich um eine Dialoginitiative in dem vom Papst vorgegebenen Stil“ handelte. [1]Famiglia Cristiana v. 12. Januar
Nicht davon beeindrucken ließ sich der Liturgiker Don Enrico Finotti, Chefredakteur der Fachzeitschrift für Liturgie „Culmen et fons“. Gegenüber Aleteia erklärte er, warum die Entscheidung der Pfarrei „unglücklich“ war und ein solches „zeitgeistiges Gutmenschentum“ nichts bringe, dafür aber schade.
„Niemand darf nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern“
„Die liturgischen Riten der katholischen Kirche sind Werke Christi und der Kirche, seines mystischen Leibes.“ Deshalb habe das Konzil in der Konstitution über die Liturgie Sacrosanctum Concilium festgestellt: „Infolgedessen ist jede liturgische Feier als Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht.“
Daraus folgerte das Konzil: „Deshalb darf durchaus niemand sonst, auch wenn er Priester wäre, nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern.“
Deshalb heißt es im Codex des Kirchenrechts: „Den Heiligungsdienst erfüllt die Kirche in besonderer Weise durch die heilige Liturgie, die als Ausübung des priesterlichen Dienstes Jesu Christi zu betrachten ist; darin wird die Heiligung der Menschen durch sinnenhafte Zeichen bezeichnet und in der diesen je eigenen Weise bewirkt sowie von dem mystischen Leib Jesu Christi, von Haupt und Gliedern, der unverbrüchliche amtliche Gottesdienst vollzogen.
Solch ein Gottesdienst ist dann gegeben, wenn er im Namen der Kirche von rechtmäßig dazu beauftragten Personen und durch Handlungen dargebracht wird, die von der kirchlichen Autorität gebilligt sind.“ [2]CIC, Canon 834, §1 und §2
Heiliger Ort Kirche – Soziale und kulturelle Ereignisse gehören ins Pfarrheim
Die Liturgie verlange nach einem geeigneten Ort und geeigneten Instrumenten. Nichts darf verwendet werden, was dem Ritus fremd ist. Das Kirchengebäude selbst soll so gebaut sein, daß es die Seelen der Gläubigen erhebt zu den übernatürlichen Wirklichkeiten und dauerhaft und ausschließlich der Gnadenvermittlung dient, also ein Sakramentale ist.
„Die Anwesenheit der Allerheiligsten Eucharistie im Tabernakel, ‚dem lebendigen Herz einer jeden Kirche‘ (Paul VI.), bedeutet, daß die Liturgie auf irgendeine Weise ständig zelebriert wird. Auch in der ‚leeren’ Kirche stellt die Gegenwart des Allerheiligsten Altarsakraments sicher, daß der ‚Weihrauch‘ des göttlichen Kultes immer aufsteigt“, so Don Finotti.
Das ist der Grund, weshalb eine Kirche nur und ausschließlich dem göttlichen Kult vorbehalten ist (Canon 1210), während alle anderen kirchlichen Aktivitäten in anderen für die Pastoral geeigneten Räumlichkeiten stattfinden sollen. Es sei unverständlich und abzulehnen, daß nicht-kultische Handlungen in der Kirche stattfinden, obwohl sie in einem Pfarrsaal nebenan stattfinden könnten und sollten. Das gelte für soziale und kulturelle Ereignisse verschiedenster Art, wozu auch ökumenische und interreligiöse Aktivitäten gehörten.
Ideologischer Relativismus, moralische Irenik, religiöser Synkretismus
„Wenn also der liturgische Ritus und der heilige Ort keine Experimente dulden, läßt die Lesung aus dem Koran noch eine dritte Alarmglocke läuten“, so Don Finotti. „Das Denken und Handeln ist heute stark von ideologischem Relativismus, moralischer Irenik und religiösem Synkretismus durchtränkt. Alles scheint relativ und jeder Wahrheitsanspruch gilt als fundamentalistisch und gefährlich für das ‚friedliche Zusammenleben‘“.
In diesem Kontext sei es für Katholiken schwierig geworden, „öffentlich die Frohe Botschaft mit den Worten des Apostels Petrus zu verkünden: ‚Jesus ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen‘ (Apg 4,11–12). Und mit dem Apostel Paulus zu fordern: ‚Damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: «Jesus Christus ist der Herr» – zur Ehre Gottes, des Vaters.‘ (Phil 2,10–11).“
Verantwortung der Hirten zur Verteidigung des Glaubens dringend gefordert
„Zweifelhafte und mehrdeutige pastorale Initiativen drohen Gläubige, zu verwirren“ und möglicherweise vom Glauben „zu entfernen“. Wenn „kirchen- und glaubensfremde Texte in einer Kirche dargeboten werden, wie sollen die einfachen Gläubigen noch unterscheiden können?“ Damit werde ein „oberflächlicher und kritikloser Eindruck, im Sinne des vorherrschenden Gutmenschentums vermittelt“. Der Schritt zum „fehlgeleiteten, ideologischen und religiösen Synkretismus und anderen Irritationen“ sei dann nicht mehr weit.
Darum, so der Kern der Aussage von Don Finotti zur Koran-Lesung: „Die große Verantwortung der Hirten der Kirche zur Verteidigung des Glaubens, seiner Verkündigung und dem Schutz der Gläubigen, ist wirklich dringend geworden und verlangt einen nicht alltäglichen Mut.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/parrocchiarebbio (Screenshots)