von Manfred Ferrari
Dieser Kommentar gehört, typisch für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), zu den besten die ich bisher zum Thema gelesen habe. Als Fachjournalist, der sich seit drei Jahrzehnten mit der vatikanischen Kurie befasst, kann ich dem Autor in vielen Punkten beipflichten. Eine Kurienreform war längst überfällig. Doch muss diese mit Fingerspitzengefühl und mit Rücksicht auf die unzähligen, vatikanischen Seilschaften durchgezogen werden. Die Einstellung von sündhaft teuren Beratungsfirmen war eine unglückliche Wahl.
Zudem ist Papst Franziskus durch einige, unglückliche Personalentscheidungen ins interne Kreuzfeuer geraten, besonders auch deshalb weil er sie (wider besseres Wissen) nicht zurücknehmen wollte. Die Verschwendungssucht der Kurie, die oft einer erschreckenden Arroganz entspringt, hat auch unter dem neuen Pontifex kaum
abgenommen.
Ein Beispiel: Als am 16. September 2013 die griechisch-katholische Kirche in Astana/Kasachstan eingeweiht wurde*), orderte der Vatikan in der Schweiz einen Privatjet, damit der argentinische Kurienverantwortliche und seine Mitarbeiter „trockenen Fusses“ teilnehmen konnten. Dies geschah sicher nicht im Sinne von Papst Bergoglio. Aber schon Papst Paul VI. hatte seine liebe Mühe mit seiner Kurie. Als er bei Bischof Edouard Gagnon eine Analyse der Kurienreform in Auftrag gab, verschwand diese spurlos, noch bevor Papst Montini sie zu Gesicht bekam. Auch Papst Johannes Paul II. gelang es nicht, den Aufenthalt der (in einer einzigen Ausgabe existierenden) Studie ausfindig machen zu lassen.
*) Die Privatgesellschaft MAX Airlines hatte den Flug für Kurienkardinal Leonardo Sandri (Argentinien) ausgeführt (Bern-Rom-Kasachstan und zurück). Geschätzte Kosten ca. 15 – 20.000 Schweizer Franken, um als Gast bei der Kirchweihe dabei zu sein! Wie viele arme Kinder hätten damit versorgt werden können? Mit der Alitalia+Aeroflot hätte dieser Flug pro Person 548 Euro gekostet. Und nun klagt der Vatikan (nach meinen Informationen auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus) gegen zwei italienische Journalisten, weil sie in ihren beiden Büchern die Verschwendungssucht vatikanischer Kardinäle anprangern. Nach dem neuem Gesetzbuch des Vatikans müssen sie mit Gefängnisstrafen zwischen 5 – 10 Jahren rechnen, auch wenn sie voraussichtlich begnadigt werden. Mit dieser Aktion riskiert Papst Franziskus seinen Goodwill bei der internationalen Presse zu verlieren. Schade!
Text: Manfred Ferrari, Vatikanist, kathmedia.org, fotoferrari.com
Bild: Una Fides